Bankenaufsicht

Ziel der Bankenaufsicht ist es, die Funktionsfähigkeit des Finanzsektors einer Volkswirtschaft sicherzustellen. Die Bankenaufsicht umfasst sowohl die Beaufsichtigung von Bankgeschäften, als auch sonstiger Finanzdienstleistungen. In Deutschland wird die Bankenaufsicht für die weniger bedeutenden Institute (LSI) von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und der Deutschen Bundesbank wahrgenommen. Die rechtliche Grundlage dazu ist das Gesetz über das Kreditwesen (KWG). Bedeutende Institute (SI) werden im Rahmen des Einheitlichen Aufsichtsmechanismus (Single Supervisory Mechanism – SSM) von der Europäischen Zentralbank (EZB) beaufsichtigt.

Aufgabenteilung im Bereich der Bankenaufsicht

Die BaFin hat als Nachfolgerin des Bundesaufsichtsamtes für Kreditwesen die Verantwortung für alle hoheitlichen Maßnahmen bei der Bankenkontrolle. Die operative Bankenaufsicht liegt in den Händen der Deutschen Bundesbank. Sie wertet die von Instituten eingereichten Unterlagen, Meldungen, Jahresabschlüsse und Prüfberichte aus und führt Aufsichtsgespräche. Bei bankaufsichtlichen Prüfungen, welche von der BaFin angeordnet werden, prüft die Bundesbank die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsorganisation der Banken. Dazu gehört auch die Prüfung, ob die Banken über ein angemessenes Risikomanagement verfügen. Für SIs hält die EZB im Rahmen des SSM das direkte Aufsichtsmandat. Die operative Bankenaufsicht wird dabei von gemeinsamen Aufsichtsteams (Joint Supervisory Team – JST) wahrgenommen.

Geschichte der Bankenaufsicht

Die Bankenkrise von 1931 war der Auslöser dafür, eine umfassende staatliche Aufsicht über alle Banken in Deutschland zu etablieren. Sie war eine Folge der Weltwirtschaftskrise, die 1929 mit dem Börsencrash in New York („Schwarzer Freitag“) begonnen hatte. Unter dem Eindruck dieser Krise erließ die deutsche Reichsregierung zahlreiche Notverordnungen, darunter die „Verordnung über Aktienrecht, Bankenaufsicht und über Steueramnestie“ vom September 1931. Die Verordnung wurde zum Grundstein für eine einheitliche staatliche Aufsicht über alle Banken. Zuvor waren nur einzelne Institutsgruppen oder einzelne Arten von Bankgeschäften Aufsichtsregeln unterworfen. Ansonsten herrschte bis zum Anfang der dreißiger Jahre auch im Bankensektor im Wesentlichen der Grundsatz der Gewerbefreiheit.

Die Notverordnung vom September 1931, die im Interesse der Stabilisierung des Finanzsektors erlassen worden war, führte die beobachtende Bankenaufsicht ein. Eine darüber hinaus gehende Bankenaufsicht wurde mit dem Kreditwesengesetz (KWG) vom 5. Dezember 1934 etabliert. Das Gesetz markierte den Beginn einer allgemeinen, kodifizierten Bankenaufsicht, deren Grundprinzipien sich teilweise bis heute erhalten haben. Dazu gehören zum Beispiel die Einbindung der Notenbank in die Bankenaufsicht, die Erlaubnispflicht für Bankgeschäfte, Grundsätze für die Liquiditätshaltung und die Berichtspflicht aller Banken. Das KWG von 1934 führte zudem das neue, bei der Reichsbank gebildete Aufsichtsamt für das Kreditwesen ein.

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges dezentralisierten die westlichen Militärregierungen die Bankenaufsicht und übertrugen sie auf die neugeschaffenen Bundesländer. Zur Koordinierung schufen die Landesregierungen einen „Sonderausschuss Bankenaufsicht“, dem Vertreter aller Bankaufsichtsbehörden, der Bank deutscher Länder – der späteren Deutschen Bundesbank – sowie ab 1949 Vertreter der zuständigen Bundesministerien angehörten.

Schon bald nach Kriegsende setzten Bestrebungen ein, das KWG umfassend zu überarbeiten. Nach mehrjähriger Vorarbeit trat am 1. Januar 1962 das Gesetz über das Kreditwesen vom 10. Juli 1961, das neue KWG, in Kraft. Mit ihm wurde als zentrale Bankenaufsichtsbehörde das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen (BAKred) geschaffen. Als Sitz der neuen Behörde wurde aus politischen Gründen Berlin gewählt.

Das KWG wurde seit 1961 mehrmals grundlegend überarbeitet (so genannte Novellen). Seit Anfang der 1990iger Jahre dienten die Novellen des KWG insbesondere der Umsetzung von Richtlinien der europäischen Union in deutsches Recht. Mit diesen wurden die Voraussetzungen für den freien Verkehr mit Finanzdienstleistungen im europäischen Binnenmarkt geschaffen. Dieser basiert auf dem Prinzip der Herkunftsstaatkontrolle und setzt die gegenseitige Anerkennung der Aufsicht bei gleichzeitiger Einhaltung vereinbarter aufsichtlicher Mindeststandards voraus (Einführung des „Europäischen Passes“).

Zum 1. Mai 2002 wurde das BAKred mit den damaligen Bundesaufsichtsämtern für den Wertpapierhandel (BAWe) und das Versicherungswesen (BAV) zur Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) verschmolzen.

Als Lehre aus der Finanzkrise der Jahre 2007 und 2008 wurden zum 1. Januar 2011 neue europäische Finanzaufsichtsstrukturen geschaffen: Zur Überwachung der Stabilität des gesamten Finanzsystems wurde ein Europäischer Ausschuss für Systemrisiken (ESRB) errichtet. Ferner wurden drei europäische Finanzaufsichtsbehörden im Banken-, Versicherungs- und Wertpapiersektor geschaffen, die gemeinsam mit den nationalen Aufsichtsbehörden Aufgaben der Solvenz- und Marktaufsicht wahrnehmen. Im Bereich der Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute ist dies die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA). Während die nationalen Aufsichtsbehörden für die tägliche Aufsicht verantwortlich sind, nehmen die Europäischen Finanzaufsichtsbehörden vornehmlich harmonisierende Aufgaben wahr, um die Zusammenarbeit der nationalen Aufseher zu intensivieren und ein einheitliches Aufsichtshandeln sicherzustellen.

Auf nationaler Ebene wurde zum 1. Januar 2013 in Anlehnung an den ESRB der Ausschuss für Finanzstabilität (AFS) eingerichtet. Dieser ergänzt die mikropudenzielle (institutsbezogene) Bankenaufsicht der BaFin und der Deutschen Bundesbank um eine makroprudentielle (auf das Finanzsystem als Ganzes gerichtete) Überwachung. Der Ausschuss besteht aus drei Vertretern des Bundesministeriums der Finanzen, drei Vertretern der Deutschen Bundesbank, drei Vertretern der BaFin sowie – ohne Stimmrecht – dem für den Geschäftsbereich Abwicklung zuständigen Mitglied im Direktorium der BaFin. Aufgabe des Ausschusses (und insbesondere der Deutschen Bundesbank) ist es, den Finanzmarkt zu beobachten und Analysen zu erstellen, auf Grundlage derer der Ausschuss im Ernstfall Warnungen und Empfehlungen für Gegenmaßnahmen aussprechen kann.

Im November 2014 wurde der Einheitliche Aufsichtsmechanismus (Single Supervisory Mechanism, kurz SSM) gegründet. Mit der Schaffung des SSM wurde der EZB die direkte Aufsicht über die bedeutenden Banken und Bankengruppen (Significant Institutions) in den jeweiligen Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebietes übertragen. Mitgliedstaaten außerhalb des Euroraums können freiwillig am SSM eilnehmen (sogenannte enge Zusammenarbeit; seit 1. Oktober 2020 Bulgarien und Kroatien). Die „Verordnung des Rates vom 15. Oktober 2013 zur Übertragung besonderer Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute auf die Europäische Zentralbank“ (SSMR) bildet die rechtliche Grundlage für die Aufsicht durch die EZB. Die SSM-VO wird durch eine sogenannte Rahmenverordnung der EZB ergänzt. Der SSM setzt sich zusammen aus der EZB und den nationalen Aufsichtsbehörden der teilnehmenden Mitgliedstaaten. Für die Aufsicht über die weniger bedeutenden Institute (Less Significant Institutions) sind hingegen die nationalen Aufsichtsbehörden weiterhin zuständig.

Mittlerweile beaufsichtigt die EZB rund 120 für das europäische Bankensystem bedeutend eingestufte Institute (Stand: 2021). 

Ziele der europäischen Bankenaufsicht sind, (a) die Sicherheit und Solidität des europäischen Bankensystems zu gewährleisten, (b) die Finanzintegration und -stabilität zu stärken und (c) eine einheitliche Aufsicht in Europa sicherzustellen. Der SSM bildet neben dem Einheitlichen Abwicklungsmechanismus (Single Resolution Mechanism – SRM) und der harmonisierten Regelung der Einlagensicherung (Deposit Guarantee Schemes Directive) die Säulen der Bankenunion.

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Urteil vom 30. Juli 2019 (2BvR 1685/14 und 2BvR 2631/14) eine Verfassungsbeschwerde zur Europäischen Bankenunion zurückgewiesen und festgestellt, dass die europäische Bankenaufsicht und Bankenabwicklung mit dem Grundgesetz vereinbar sind. Die Verfassungsbeschwerde richtete sich im Wesentlichen die Zuständigkeitsübertragungen durch die SSMR und SRMR. In seinem Urteil führt das Bundesverfassungsgericht aus, dass die Europäische Union bei strikter Auslegung ihrer durch die Verträge zugewiesenen Kompetenzen bei den Regelungen zur Europäischen Bankenunion nicht überschritten hat.

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