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125. Geburtstag Lotte Reiniger
Lotte Reiniger ist die Filmpionierin des 20. Jahrhunderts. Sie prägte die Entwicklung des Animationsfilms noch vor den Erfolgen von Walt Disney: Bereits 1919 nimmt sie ihren ersten Kurzfilm auf und stellt 1926 den ersten abendfüllenden Animationsfilm der Weltgeschichte „Die Abenteuer des Prinzen Achmed“ fertig. Bis 1980 entsteht ein Oeuvre von über 60 Filmen. Neben Musik und Oper fokussiert sie dabei auf die Themen Mythologie und Märchen.
Reiniger wird 1899 in Berlin geboren und wächst in einem bürgerlichen Haushalt auf. Der frühe Kontakt zum Schauspieler und Filmregisseur Paul Wegener bringt sie an das Deutsche Theater, wo sie Schauspielunterricht nimmt. Im neu gegründeten Institut für Kulturforschung entwickelt sie gemeinsam mit ihrem späteren Ehemann Carl Koch den Tricktisch, auf dem sie ihre Figuren aus Pappe bewegt und jeden einzelnen Bewegungsschritt abfotografiert – für einen Film sind 24 Aufnahmen pro Sekunde nötig.
Aber nicht nur im Film schafft Lotte Reiniger Bahnbrechendes. Den Scherenschnitt entwickelt sie vom bloßen Umrissschnitt zu aufwändig gestalteten Kompositionen. Höhepunkt ihrer Scherenschnittkunst sind vier umfangreiche Folgen zu Mozartopern aus dem Jahr 1971. Schließlich setzt sie ihre ausgeschnittenen Figuren auch im Theater ein: Nach dem Vorbild des orientalischen Straßentheaters führt sie zahlreiche Stücke auf und prägt damit das moderne europäische Schattentheater entscheidend.
Während des Nationalsozialismus arbeitet das Ehepaar Reiniger-Koch in London, Paris und Rom und zieht nach einem vierjährigen Aufenthalt in Berlin endgültig nach London. Zurückgezogen stirbt Lotte Reiniger 1981.
Das Stadtmuseum Tübingen verwahrt ihren künstlerischen Nachlass und präsentiert einen Querschnitt ihres Schaffens in der Ausstellung: „Die Welt in Licht und Schatten“.
Gestaltung des Postwertzeichens und der Ersttagsstempel: Laucke Siebein GbR, Offenbach am Main
Motiv: „Aschenputtel“, Lotte Reiniger, Scherenschnitt 1922 © VG Bild-Kunst, Bonn 2023
Wert: 160 Cent
Text: Dr. Evamarie Blattner, stellvertretende Leitung, Stadtmuseum Tübingen