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Sonderpostwertzeichen „Gebärdensprachen“
Gebärdensprachen sind visuelle Sprachen und die natürlichen Erstsprachen tauber Menschen. Sie sind das identitätsstiftende gemeinsame Kulturgut der Gemeinschaften tauber Menschen. Kennzeichnend für alle Gebärdensprachen ist die räumliche Nutzung verschiedener Artikulatoren wie Hände, Arme, Oberkörper, Kopf und Gesicht. Grammatische Informationen können daher teils simultan übermittelt werden. Die verschiedenen existierenden Gebärdensprachen der Welt haben sprachwissenschaftlich gesehen untereinander und auch im Vergleich zu den umgebenden Lautsprachen interessante Gemeinsamkeiten und Unterschiede.
In Deutschland wird die Deutsche Gebärdensprache (DGS) verwendet. Es ist davon auszugehen, dass zwischen 80.000 und 200.000 Menschen die DGS ausschließlich bis hin zu gelegentlich verwenden. Gebärdensprachen wurden geschichtlich vor allem seit dem sogenannten Mailänder Kongress 1880 zumindest im europäischen Raum verboten und aus der Pädagogik verbannt. Im Zuge dessen wurde die Sprache und die Kultur tauber Menschen massiv unterdrückt mit Auswirkungen bis in die heutige Zeit hinein. So spielt z. B. Sprachdeprivation und deren Auswirkungen auf Individuen und Gesellschaft eine große Rolle in aktueller Forschung, Lehre und pädagogischer Ausrichtung der Förderung bimodaler Mehrsprachigkeit.
Daher war es 2002 nach vielen Jahren der Auseinandersetzungen ein Erfolg, dass die DGS durch das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG §6.1) offiziell als eigenständige Sprache anerkannt wurde. Trotz diverser Gesetze und Verordnungen (SGB IX, JVEG, BGG, UN-BRK, etc.) bestehen jedoch weiterhin unzählige Barrieren. Für die Umsetzung gesetzlicher Regelungen muss im Alltag der tauben Menschen bis heute häufig gekämpft werden. Dennoch bieten sie verbindliche Rahmenbedingungen und eine bessere Aufklärungsgrundlage für eine regelmäßige Auseinandersetzung mit der Thematik und im Besonderen eine Grundlage, auf der Teilhabe in den Bereichen Alltag, Bildung und Beruf möglich werden kann.
Gestaltung des Postwertzeichens und der Ersttagsstempel: Katrin Stangl, Köln
Wert: 85 Cent
Text: Britta Harms, Simon Kollien & Annika Herrmann, Institut für Deutsche Gebärdensprache und Kommunikation Gehörloser, Universität Hamburg