Stabilitäts- und Wachstumspakt

Der Stabilitäts- und Wachstumspakt konkretisiert die EG-vertraglichen Bestimmungen hinsichtlich der Koordinierung und Überwachung der Wirtschafts- und Finanzpolitik in den EU-Mitgliedstaaten. Der Pakt verfolgt dabei das Ziel, Haushaltsdisziplin in den Mitgliedstaaten zu gewährleisten sowie die Entstehung übermäßiger Defizite und Schuldenquoten zu vermeiden.

Allgemeines

Aufgrund der Bestimmungen des sog. "Maastricht-Vertrages" (1992) zur Errichtung der Wirtschafts- und Währungsunion wurde Mitte der 1990er Jahre ein ergänzendes Regelwerk erarbeitet: der Stabilitäts- und Wachstumspakt. Zum einen soll der Pakt negativen finanzpolitischen Effekten auf die Gemeinschaft vorbeugen, die durch Entscheidungen in einem Mitgliedstaat hervorgerufen werden können. Zum anderen flankiert eine auf Tragfähigkeit und Disziplin ausgerichtete Finanzpolitik den Auftrag der Europäischen Zentralbank, die Preisniveaustabilität zu wahren. Damit trägt der Pakt den besonderen Anforderungen an die Haushalts- und Finanzpolitik Rechnung, die aus der Währungsunion resultieren.

Infolge der europäischen Staatsschuldenkrise wurde der Stabilitäts- und Wachstumspakt durch die so genannten "Sixpack"-Reformen im Jahr 2011 deutlich verschärft.

Um die oben genannten Ziele - Haushaltsdisziplin sowie Vermeidung übermäßiger Defizite und Schuldenquoten - umzusetzen, verfügt der Pakt über einen "präventiven Arm". Hierfür ist die Verordnung (EG) 1466/97 einschlägig. Die Euro-Mitgliedstaaten sollen gemäß dem präventiven Arm in ihren Stabilitätsprogrammen bzw. die Nicht-Euro-Mitgliedstaaten in ihren Konvergenzprogrammen darlegen, wie sie ihr länderspezifisches mittelfristiges Haushaltsziel (MTO) eines nahezu ausgeglichenen Haushalts oder eines Überschusses erreichen und dauerhaft einhalten und damit das Entstehen übermäßiger öffentlicher Haushaltsdefizite verhindern. Darüber hinaus ist zur Sicherstellung eines ausreichenden Anpassungspfads an das mittelfristige Haushaltsziels eine Ausgabenregel einzuhalten. Bei erheblichen Abweichungen vom MTO oder vom vereinbarten Anpassungspfad hin zum MTO kann der Rat Empfehlungen aussprechen, Abweichungen innerhalb von maximal fünf Monaten zu beheben. Werden keine wirksamen Maßnahmen ergriffen, können nach den neuen Regeln bereits auf dieser Stufe Sanktionen gegenüber Euro-Staaten verhängt werden. Eine entsprechende Empfehlung der Europäischen Kommission kann der Rat nur mit qualifizierter Mehrheit stoppen (Quasi-Automatismus).

Wird jedoch die Haushaltsdisziplin in einem Mitgliedstaat nicht eingehalten, so dass ein übermäßiges Defizit oder eine übermäßige Schuldenstandsquote vorliegt, greift der "korrektive Arm", der durch die Verordnung (EG) 1467/97 konkretisiert wird. Falls in einem Mitgliedstaat das Defizit über 3 % des Bruttoinlandprodukts liegt und/oder wenn bei einer Schuldenquote von über 60 % diese nicht kontinuierlich entsprechend dem vorgegebenen Abbaupfad zurückgeführt wird, wird ein "Verfahren wegen übermäßigen Defizits" ausgelöst. Anhand von konkreten Politikempfehlungen bis hin zu Geldbußen steht dann ein differenziertes Sanktionsinstrumentarium zur Verfügung: Bereits bei Eröffnung des Defizitverfahrens greifen Sanktionen für Euro-Staaten: Eine im präventiven Arm verhängte verzinsliche Einlage wird in eine unverzinsliche Einlage umgewandelt. Werden keine wirksamen Maßnahmen zum Abbau des übermäßigen Defizits und/oder der übermäßigen Schuldenstandsquote entsprechend der Empfehlung des Rates ergriffen, kann eine Geldbuße in Höhe von 0,2 % des BIP verhängt werden. Dabei können von der Kommission empfohlene Sanktionen auch hier nur mit qualifizierter Mehrheit durch den Rat abgelehnt werden. Werden auch in der Folgezeit weiterhin keine Maßnahmen getroffen, können am Ende des Verfahrens schließlich die im Primärrecht vorgesehenen Sanktionen (in der Regel ein Bußgeld in Höhe von maximal 0,5 % des BIP) verhängt werden.