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24.02.2021

Mehr Biss für die Finanzaufsicht

Der ehemalige Bundesfinanzminister Olaf Scholz will die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) grundlegend reformieren und dadurch flexibler und schlagkräftiger aufstellen. Insbesondere soll die BaFin künftig stärker präventiv agieren und Verdachtsfällen in der Bilanzkontrolle schneller und effizienter nachgehen können.

Erste wesentliche Schritte zur Stärkung der BaFin hat das Bundesministerium der Finanzen schon mit dem im Dezember 2020 vom Kabinett beschlossenen Gesetzentwurf für ein Finanzmarktintegritätsstärkungsgesetz (FISG) gemacht.

Im Auftrag des Bundesfinanzministeriums wurden parallel zu den gesetzlichen Maßnahmen seit Herbst die Strukturen der Bundesanstalt auf Herz und Nieren geprüft und Reformvorschläge entwickelt, wie die BaFin künftig aufgestellt werden muss, um ihren Aufgaben noch wirksamer nachzugehen. Die Untersuchung war im September 2020 in Reaktion auf die Bilanzmanipulationen beim Dax-Unternehmen Wirecard AG auf den Weg gebracht worden, parallel zum Aktionsplan der Bundesregierung zur „Bekämpfung von Bilanzbetrug und zur Stärkung der Kontrolle über Kapital und Finanzmärkte“.

In die Untersuchung sind neben externem Beratersachverstand auch Stellungnahmen von Verbraucherschutzorganisationen und NGOs sowie Expertise aus dem Finanzsektor eingeflossen. Auf Grundlage der Ergebnisse der Untersuchung wird das Ministerium die Neuaufstellung der BaFin nun sehr zügig gemeinsam mit der BaFin und mit Unterstützung externer Beratung angehen und den Start der Transformation einleiten. Im Sommer sollen erste konkrete Ergebnisse der Umsetzung präsentiert werden.

Drei übergeordnete Ziele verfolgt das Bundesfinanzministerium mit der Neuaufstellung der BaFin:

  • Die Schlagkraft im Aufsichts- und Prüfungshandeln stärken.
  • Die internen Strukturen und Abläufe straffen, Verantwortung klarer zuteilen.
  • Den Finanzmarkt mit modernster Technologie wirksamer beaufsichtigen.

Der Sieben-Punkte-Plan des Bundesfinanzministeriums zur Reform der BaFin sieht konkrete Verbesserungen vor, damit die BaFin ihrer Aufgabe künftig besser gerecht werden kann. Außerdem braucht die BaFin einen grundlegenden Kulturwandel.

  1. Für die Kontrolle komplexer Unternehmen wird eine Fokusaufsicht geschaffen, die alle Geschäftsbereiche der BaFin umfasst und Unternehmen noch enger beaufsichtigt als bisher. Damit wird die BaFin in die Lage versetzt, auf die teils rasante Entwicklung auf den Finanzmärkten rascher zu reagieren.
  2. Eine neue, forensisch geschulte Taskforce soll eingerichtet werden, damit die BaFin künftig Ad-hoc- und Sonderprüfungen in Eigenregie und ggf. in Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft vor Ort durchführen kann.
  3. Das Bilanzkontrollverfahren wird grundlegend reformiert. Die BaFin erhält erheblich gestärkte Zugriffsrechte und mehr kompetentes Personal, insbesondere Wirtschaftsprüferinnen und Wirtschaftsprüfer, um Bilanzen besser überprüfen zu können. Mit ihren ausgedehnten Zugriffsrechten wird die BaFin in die Lage versetzt, auf hoheitlicher Basis forensische Prüfungen vorzunehmen – mindestens auf dem Eingriffsniveau, das im Fall Wirecard im Ergebnis zur Aufdeckung des Bilanzbetrugs gesorgt hat. 
  4. Der Austausch mit Marktteilnehmerinnen und -teilnehmern soll intensiviert werden und die Erkenntnisse von Whistleblowerinnen und Whistleblowern sollen systematisch erfasst und ausgewertet werden. Informationen aus dem Markt und von Whistleblowerinnen und Whistleblowern sind für die Arbeit der BaFin besonders wertvoll. Die Bearbeitungsprozesse sollen und ein Monitoring eingeführt werden, damit Auffälligkeiten leichter erkannt werden.
  5. Mit Verbraucher- und Anlegerschützerinnen und -schützern soll regelmäßig und intensiv der Austausch gesucht werden; die Erkenntnisse aus diesem Austausch sollen in die Aufsichtsarbeit einbezogen werden. Die Handlungsbefugnisse der BaFin werden gestärkt und die Instrumente für den proaktiven Anleger- und Verbraucherschutz ausgebaut.
  6. Die Position des künftigen BaFin-Präsidenten /der künftigen BaFin-Präsidentin wird gestärkt. Er/sie erhält mehr Verantwortung in Fragen der zentralen Steuerung der BaFin. Damit können Entscheidungsprozesse auf Leitungsebene effizienter und effektiver getroffen werden. Der Präsident/die Präsidentin koordiniert neben der Modernisierung der BaFin auch die beiden neuen Einheiten Task Force und die Fokusaufsicht.
  7. Eine zentrale Data Intelligence Unit (DIU) und ein digitales Aufseher-Cockpit sollen das Rückgrat einer IT-getriebenen Aufsicht des Finanzsektors bilden.

Die Umsetzung des Sieben-Punkte-Plans hat das Kabinett bereits in Teilen auf den Weg gebracht. Dazu hat es am 24. Februar 2021 eine entsprechende Formulierungshilfe beschlossen. Sie sieht die Stärkung der zentralen Steuerungsfunktion der Präsidentin/des Präsidenten der BaFin sowie die Entlastung des Direktoriums von Fragen zur Organisation, Personal und Haushalt vor. Die BaFin soll außerdem künftig die Möglichkeit für verdeckte Testkäufe ("mystery shopping") erhalten. Dies soll ihr erleichtern, verbraucherschutzrelevante Missstände zu verhindern oder zu beseitigen.

Details zum FISG:

Mit dem Gesetz zur Stärkung der Finanzmarktintegrität (FISG) hat die Bundesregierung bereits im Dezember einen Entwurf beschlossen, der weitreichende Maßnahmen in drei Bereichen vorsieht: Verbesserte Prüfsysteme und Kontrollrechte des Aufsichtsrates sollen, erstens, die Corporate Governance in den Unternehmen stärken. Zweitens wird die Unabhängigkeit der Abschlussprüferinnen und Abschlussprüfer gestärkt, damit sich alle Marktakteurinnen und -akteure auf deren Testate verlassen können. So werden sie zur Rotation nach spätestens zehn Jahren verpflichtet, und die Vorgaben zur Trennung von Prüfung und Beratung werden verschärft, um Interessenkonflikten vorzubeugen. Zudem wird ihre zivilrechtliche Haftung ausgeweitet und Fehlverhalten von Abschlussprüferinnen und -prüfern stärker sanktioniert. Und drittens erhält die BaFin mit dem FISG mehr Durchgriffsrechte bei der Bilanzkontrolle. Das Verfahren wird künftig stärker staatlich-hoheitlich geprägt sein, so dass Anlass- und Verdachtsprüfungen grundsätzlich in die alleinige Zuständigkeit der BaFin fallen. Damit die Aufsicht nicht durch Auslagerungen umgangen wird, erhält die BaFin zudem mehr Kontrollmöglichkeiten. Maßnahmen zum besseren Anleger- und Verbrauchschutz und zum Kampf gegen Terrorismusfinanzierung und Geldwäsche kommen hinzu. Ein sehr weitgehendes Verbot des privaten Handels mit Finanzinstrumenten für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der BaFin stellt sicher, dass Zweifel an der Integrität der Aufsicht gar nicht erst aufkommen.

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