Nach wie vor steht Deutschland zu seiner moralischen und finanziellen Verantwortung gegenüber den Opfern der Verfolgung durch die Nationalsozialisten. Mehr als 65.000 Holocaust-Überlebende weltweit bekommen derzeit eine monatliche Unterstützung zum Lebensunterhalt aus Deutschland. Zusätzlich erhalten fast 100.000 jüdische Opfer auf der ganzen Welt Pflege- beziehungsweise Fürsorgeleistungen in den Bereichen hauswirtschaftliche Unterstützung, personenbezogene Grundpflege und – wenn nötig – auch fachliche Krankenpflege sowie medizinische Versorgung. Darüber hinaus werden auch Leistungen wie z. B. Essen auf Rädern, Lebensmittelpakete, Tagesbetreuung und Transportleistungen unterstützt. Zur Vorbeugung von Isolation und Vereinsamung der zumeist hoch betagten Opfer werden Aktivitäten wie Besuchsprogramme und Erzählcafés durchgeführt.
Um all diese Angebote zur Verfügung stellen zu können, arbeitet das Bundesministerium der Finanzen mit Verfolgtenorganisationen, insbesondere der Conference on Jewish Material Claims Against Germany (JCC) zusammen und koordiniert die Programme. Ziel ist es, den im Nationalsozialismus verfolgten Menschen einen Lebensabend in Würde zu ermöglichen.
Die demographische Entwicklung zeigt, dass ein Ende dieser aktiven Leistungen an die Opfer der Verfolgung durch die Nationalsozialisten in der näheren Zukunft absehbar ist. Nach Auffassung der Bundesregierung soll dies aber keineswegs einen Schlussstrich unter dem Engagement der Bundesrepublik Deutschland im Bereich der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts bedeuten. Neue Aufgaben werden sein:
- eine finanzielle Förderung von Holocaust Education, einem bereits bestehenden Bildungsprogramm der JCC, welches Projekte und Maßnahmen aus Opfersicht weltweit fördert.
- die Bildungsagenda NS-Unrecht als ein neues, zentrales Förderprogramm, das das BMF und die Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft (EVZ) im Jahr 2021 gemeinsam ins Leben gerufen haben. Ziele des Programms sind die Wissensvermittlung und Wachhalten der Erinnerung, und zwar – als Besonderheit dieses Förderprogramms – unter Berücksichtigung aller Opfergruppen der nationalsozialistischen Verfolgung. Darüber hinaus sollen die historischen Prozesse und Maßnahmen Deutschlands nach dem 2. Weltkrieg zur Aufarbeitung der NS-Verbrechen aufgezeigt werden. Je weiter das Ende des Zweiten Weltkriegs zurückliegt und in Anbetracht der Tatsache, dass in Deutschland junge Generationen heranwachsen, die durch Migration ohne familiären/regionalen oder kulturellen Bezug zur Zeit des Nationalsozialismus sind, bedeutet dies eine große Herausforderung für die Zukunft.
Dieses Engagement soll die bestehenden allseitigen Bemühungen Deutschlands im Bereich der Bildung, des Gedenkens und Erinnerns ergänzen.
Schließlich plant das Bundesministerium der Finanzen u. a. mithilfe eines „Themenportals Wiedergutmachung“ den enormen Aktenbestand der Wiedergutmachung zu erschließen, zu digitalisieren und öffentlich zugänglich zu machen. Die im In- und Ausland verteilten Akten dokumentieren in einzigartiger Weise Familiengeschichten und individuelle Verfolgungsschicksale und sind gleichermaßen für die wissenschaftliche Forschung wie auch für Angehörige und Nachkommen der Opfer und Überlebenden von unschätzbarem Wert.