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26.04.2023

Diskussionsentwurf zur Umsetzung der globalen effektiven Mindestbesteuerung in Deutschland

Das Bundesministerium der Finanzen hat einen Diskussionsentwurf für ein Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie zur Gewährleistung einer globalen Mindestbesteuerung für multinationale Unternehmensgruppen und große inländische Gruppen in der Union (Mindestbesteuerungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz – MinBestRL-UmsG) veröffentlicht. Die EU-Mitgliedstaaten haben sich am 15. Dezember 2022 auf die Richtlinie (EU) 2022/2523 zur Gewährleistung einer globalen Mindestbesteuerung für multinationale Unternehmensgruppen und große inländische Gruppen in der Union (Mindestbesteuerungsrichtlinie (MinBestRL)) geeinigt. Der vorliegende Diskussionsentwurf dient der Umsetzung dieser Richtlinie. Mit der nationalen Umsetzung der MinBestRL implementiert Deutschland zentrale Elemente der internationalen Vereinbarungen zur Säule 2 der sog. G20/OECD Zwei-Säulen-Lösung. Die darin enthaltenen Nachversteuerungsregelungen stellen eine globale effektive Mindestbesteuerung sicher, wirken schädlichem Steuerwettbewerb und aggressiven Steuergestaltungen entgegen und tragen damit zur Förderung der Steuergerechtigkeit und Wettbewerbsgleichheit bei. Es bestand die Möglichkeit zur Stellungnahme bis zum 21. April 2023.

Zusammenfassung des Diskussionsentwurfs

I. Überblick

Der Diskussionsentwurf dient der Umsetzung der Richtlinie zur Gewährleistung einer globalen Mindestbesteuerung für multinationale Unternehmensgruppen und große inländische Gruppen in der Union (MinBestRL). Die MinBestRL wiederum überführt die vom Inclusive Framework on BEPS erarbeiteten Global Anti-Base Erosion Model Rules in europäisches Recht. Der Entwurf berücksichtigt neben diesen Model Rules auch den dazugehörenden Kommentar, den das Inclusive Framework on BEPS am 14. März 2022 veröffentlicht hat, sowie die weiteren internationalen Arbeiten im Rahmen des sog. GloBE Implementation Framework, insbesondere die am 15. Dezember 2022 vorgelegten Regelungen für sog. Safe Harbours.

Mit der nationalen Umsetzung der MinBestRL implementiert die Bundesrepublik Deutschland zentrale Elemente der internationalen Vereinbarungen zur Säule 2 der sog. Zwei-Säulen-Lösung. Die darin enthaltenen Nachversteuerungsregelungen stellen eine globale effektive Mindestbesteuerung sicher, wirken schädlichem Steuerwettbewerb und aggressiven Steuergestaltungen entgegen und tragen damit zur Förderung der Steuergerechtigkeit und Wettbewerbsgleichheit bei.

II. Inhalt des Mindeststeuergesetzes (MinStG)

Der Diskussionsentwurf eines Gesetzes zur Gewährleistung einer globalen Mindestbesteuerung für Unternehmensgruppen (Mindeststeuergesetz – MinStG) besteht aus elf Teilen, deren Inhalt nachfolgend kurz zusammengefasst wird:

Teil 1: Allgemeine Vorschriften

Der erste Teil des Diskussionsentwurf enthält allgemeine Begriffsbestimmungen (§ 7 MinStG-E), Regelungen zum Anwendungsbereich und zur Bestimmung der Steuerpflicht (§ 1 MinStG-E) sowie zum Umfang der Unternehmensgruppe und ihrer Bestandteile (§ 4 MinStG-E).

Steuerpflichtig sind danach vor allem Geschäftseinheiten, die im Inland belegen sind und zu einer Unternehmensgruppe gehören, die in ihren Konzernabschlüssen in mindestens zwei der letzten vier Geschäftsjahr Umsatzerlöse von EUR 750 Million oder mehr ausgewiesen hat. Keine Anwendung findet das Gesetz dagegen auf sogenannte ausgeschlossene Einheiten im Sinne des § 5 (z.B. staatliche Einheiten oder NGO).

Zudem sind in §§ 4 und 5 MinStG-E u.a. die Definitionen von Geschäftseinheiten, der obersten Muttergesellschaft sowie der ausgeschlossenen Einheiten (z.B. staatliche Einheiten oder NGOs) enthalten. Letztere werden zwar bei der Prüfung der Umsatzschwelle berücksichtigt, die in Teil 2 enthaltenen Ergänzungssteuerregelungen finden auf sie selbst aber keine Anwendung.

Des Weiteren ist im ersten Teil geregelt, was unter einer Mindeststeuergruppe zu verstehen ist, die den zentralen Anknüpfungspunkt des im elften Teil enthaltenen Besteuerungsverfahrens bildet.

Teil 2: Ergänzungssteuerregelung

Der zweite Teil des Diskussionsentwurfs enthält Vorschriften über die Besteuerung einer inländischen Muttergesellschaft nach der Primärergänzungssteuerregelung (PES) sowie einzelner inländischer Geschäftseinheiten nach der Sekundärergänzungssteuerregelung (SES). Er bildet somit das Kernstück des Gesetzes.

Der PES unterliegen die Muttergesellschaften einer Unternehmensgruppe. Unter den Begriff der Muttergesellschaften sind neben der obersten Muttergesellschaft nach § 4 Absatz 3 MinStG-E auch die zwischengeschaltete und die in Teileigentum stehende Muttergesellschaft nach § 4 Absätze 4 und 5 MinStG-E zu fassen. Für die Anwendung der PES ist entscheidend, welche Geschäftseinheit in der Beteiligungshierarchie am höchsten steht („Top-Down-Ansatz“).

Die SES (§§ 11 ff. MinStG-E) ist subsidiär zu der PES anzuwenden und dient als Auffangtatbestand für Sachverhaltskonstellationen, in denen die Niedrigbesteuerung nicht bereits durch die Anwendung der PES ausgeglichen wird. Der auf Deutschland entfallende Teil am Steuererhöhungsbetrag wird gem. § 12 MinStG-E anhand einer substanzbasierten Formel ermittelt.

Teil 3: Ermittlung des Mindeststeuer-Gewinns oder Mindeststeuer-Verlusts

Der dritte Teil des Diskussionsentwurfs beinhaltet die Vorschriften für die Ermittlung des Mindeststeuer-Gewinns oder Mindeststeuer-Verlusts (Mindeststeuer-Gewinnermittlung) einer jeden Geschäftseinheit. Die Teile sechs und sieben ergänzen den dritten Teil und enthalten Sonderregelungen, die auch die Mindeststeuer-Gewinnermittlung betreffen. Ausgangspunkt ist der Jahresüberschuss II oder Jahresfehlbetrag II einer Geschäftseinheit (§ 15 MinStG-E). Hier wird bereits deutlich, dass sich das Gesetz an handelsrechtlichen Vorgaben ausrichtet.

Dieser Jahresüberschuss II oder Jahresfehlbetrag II wird um international übliche Abweichungen zwischen dem im Jahresabschluss ausgewiesenen Ergebnis und dem steuerpflichtigen Gewinn oder Verlust angepasst, um bestimmten steuerpolitischen Zielvorgaben Rechnung zu tragen. Beispiele für Anpassungen sind z. B. die Kürzung von Dividendenerträgen, die Hinzurechnung des Gesamtsteueraufwands sowie Anpassungen aufgrund der Berücksichtigung des Fremdvergleichsgrundsatzes. § 17 MinStG-E enthält eine allgemeine Übersicht über alle Anpassungen.

Im dritten Abschnitt dieses Teils sind zudem Wahlrechte (z. B. in Bezug auf die Behandlung aktienbasierter Vergütungen (§ 30 MinStG-E) oder zur Anwendung von Konsolidierungsgrundsätzen (§ 33 MinStG-E) enthalten, die entweder über ein oder fünf Jahre ausgeübt werden können und sich zumeist auf alle Geschäftseinheiten der Unternehmensgruppe beziehen, die in einem Steuerhoheitsgebiet belegen sind.

In §§ 34 und 35 MinStG-E ist die Zuordnung von Gewinnen und Verlusten zwischen Betriebsstätte und Stammhaus sowie bei transparenten Einheiten geregelt.

Teil 4: Ermittlung der angepassten erfassten Steuern

Der vierte Teil des Diskussionsentwurfs beinhaltet Vorschriften zur Ermittlung der angepassten erfassten Steuern, die gemeinsam mit dem Mindeststeuer-Gewinn oder Mindeststeuer-Verlust die Grundlage zur Ermittlung des effektiven Steuersatzes sowie des Steuererhöhungsbetrags im fünften Teil bilden. Der Betrag der angepassten erfassten Steuern ergibt sich aus den erfassten Steuern nach § 37 MinStG-E, die um die in § 36 Absatz 1 MinStG-E katalogartig aufgeführten Beträge angepasst werden. Diese Anpassungen ergeben sich aus den übrigen Vorschriften des vierten Teils sowie aus § 32 Absatz 5 und den §§ 61 und 62 MinStG-E.

Analog zum dritten Teil sind auch hier u.a. spezielle Zuordnungsregelungen für Betriebsstätten- Konstellationen sowie transparente Einheiten enthalten (§ 41 MinStG-E). § 42 MinStG-E enthält Vorgaben, wie und in welchem Umfang latente Steuern bei der Ermittlung der angepassten erfassten Steuern zu berücksichtigen sind.

Nachträgliche Anpassungen und Änderungen der erfassten Steuern sind in § 44 MinStG-E geregelt.

Teil 5: Ermittlung des effektiven Steuersatzes und des Steuererhöhungsbetrags

Der fünfte Teil des Diskussionsentwurfs regelt die Ermittlung des effektiven Steuersatzes und des Steuererhöhungsbetrags. Als erster Ermittlungsschritt ist in § 45 MinStG-E zunächst die Ermittlung des effektiven Steuersatzes der Unternehmensgruppe für ein Steuerhoheitsgebiet geregelt. Hier werden die Mindeststeuer-Gewinne oder Mindesteuer-Verluste aller in einem Steuerhoheitsgebiet belegenen Geschäftseinheiten der Summe der erfassten angepassten Steuern gegenübergestellt.

Die Ermittlung des Steuererhöhungsbetrags richtet sich nach § 46 MinStG-E.

Teil 6: Unternehmensumstrukturierungen und Beteiligungsstrukturen

Der sechste Teil des Diskussionsentwurfs enthält Sonderregelungen für Unternehmens­umstrukturierungen und besondere Beteiligungsstrukturen. Diese ergänzen die Vorschriften der Teile eins bis fünf.

Der erste Abschnitt regelt dabei die Anwendung der in § 1 Absatz 1 MinStG-E normierten Umsatzgrenze bei Zusammenschlüssen oder Teilungen (§ 55 MinStG-E). Der zweite Abschnitt regelt Veränderungen der Unternehmensgruppe, namentlich den Austritt und Beitritt von Geschäftseinheiten (§ 56 MinStG-E) sowie die Übertragung von Vermögenswerten oder Schulden (§ 58 MinStG-E). Der dritte Abschnitt enthält Vorschriften für besondere Beteiligungs­strukturen. Hierzu gehören Joint Ventures (§ 59 MinStG-E) und Unternehmensgruppen mit mehreren Muttergesellschaften (§ 60 MinStG-E).

Teil 7: Besonderheiten bei obersten Muttergesellschaften, Ausschüttungsregimen und Investmenteinheiten

Der siebte Teil des Diskussionsentwurf beinhaltet spezielle Regelungen für Geschäftseinheiten, die besonderen Steuerregimen unterliegen und ergänzt diesbezüglich insbesondere die Vorschriften betreffend die Mindeststeuer-Gewinnermittlung und die Ermittlung der angepassten erfassten Steuern . Dies umfasst neben Sonderregelungen für oberste Mutter­gesellschaften, die steuerlich transparent sind, oder einem Dividendenabzugsregime auch Geschäftseinheiten, die einem zulässigen Ausschüttungssystem unterworfen werden sowie Investmenteinheiten.

Teil 8: Administration

Der achte Teil des Diskussionsentwurfs beinhaltet Vorschriften zur Administration der Mindeststeuer.

Grundlage ist dabei der sogenannte Mindeststeuer-Bericht. Der erste Abschnitt regelt, wer zur Abgabe des Mindeststeuer-Berichts verpflichtet ist (§ 67 MinStG-E) und welche Angaben dieser zu enthalten hat (§ 68 MinStG-E).

Der zweite Abschnitt enthält allgemeine Bestimmungen für die Ausübung der in diesem Gesetz vorgesehenen Wahlrechte (§ 69 MinStG-E).

Der dritte Abschnitt sieht Erleichterungen für bestimmte Konstellationen vor. Solche „Safe-Harbour-Regelungen“ gelten für Steuerhoheitsgebiete, die eine anerkannte nationale Ergänzungssteuer erheben (§ 71 MinStG-E), sowie für unwesentliche Geschäftseinheiten (§ 72 MinStG-E).

Teil 9: Sondervorschriften für das Übergangsjahr, den Übergangszeitraum sowie die Anfangsphase

Der neunte Teil des Diskussionsentwurfs enthält Vorschriften zur Nutzung von Steuerattributen im Zeitpunkt der erstmaligen Steuerpflicht einer Unternehmensgruppe in Bezug zu einem Steuerhoheitsgebiet (§ 73 MinStG-E) sowie eine Steuerbefreiung für Unternehmensgruppen in der Anfangsphase ihrer internationalen Tätigkeit (§ 74 MinStG-E) und einen bis zum 30. Juni 2028 zeitlich befristeten sog. CbCR-Safe-Harbour (§§ 75 bis 78 MinStG-E).

Teil 10: Nationale Ergänzungssteuer

Der zehnte Teil des Diskussionsentwurfs enthält Vorschriften zur nationalen Ergänzungssteuer. Hierdurch wird gewährleistet, dass die Vorgaben zur globalen effektiven Mindestbesteuerung gemäß der Richtlinie (EU) 2022/2523 bezogen auf sämtliche in der Bundesrepublik Deutschland belegene Geschäftseinheiten umgesetzt werden. Dabei orientieren sich die Regelungen, unter Berücksichtigung einzelner Spezifika, sehr eng an den international vereinbarten Regelungen. Hierdurch wird unter anderem gewährleistet, dass die deutsche Variante einer nationalen Mindeststeuer die Safe-Harbour-Regelungen betreffend die nationale Mindeststeuer erfüllt (vgl. Art. 11 RL (EU) 2022/2523).

Teil 11: Besteuerungsverfahren und sonstige Bestimmungen

Der erste Abschnitt des elften Teils des Diskussionsentwurfs enthält Vorschriften für das Besteuerungsverfahren. Insbesondere regelt er den Zeitpunkt der Steuerentstehung (§ 83 MinStG-E) und normiert die Steuererklärungspflicht (§ 84 MinStG-E). Die Steuererklärung ist dabei als Steueranmeldung ausgestaltet, das heißt, der Steuerpflichtige hat die Mindeststeuer selbst zu berechnen. Zudem wird festgelegt, welches Finanzamt für die Besteuerung zuständig ist (§ 85 MinStG-E).

Der zweite Abschnitt beinhaltet unter anderem eine Bußgeldvorschrift für den Fall, dass der Mindeststeuer-Bericht nicht oder nicht fristgerecht übermittelt wird (§ 86 MinStG-E). Zudem regelt er den zeitlichen Anwendungsbereich des Mindeststeuergesetzes (§ 89 MinStG-E). Dessen Bestimmungen finden grundsätzlich auf alle Geschäftsjahre, die nach dem 30. Dezember 2023 beginnen, Anwendung. Eine Ausnahme gilt insoweit für die SES nach § 11 MinStG-E. Diese ist grundsätzlich erst auf Geschäftsjahre, die nach dem 30. Dezember 2024 beginnen, anwendbar.