Navigation

zur Suche

Sie sind hier:

06.04.2023

Base Erosion and Profit Shifting (BEPS) – Übersicht über die 15 Aktionspunkte

Das gemeinsame Projekt der OECD und G20 gegen Gewinnkürzung und Gewinnverlagerung multinationaler Unternehmen („Base Erosion and Profit Shifting - BEPS“) und seine Ergebnisse aus 2015 stellen einen Meilenstein in der internationalen Steuerpolitik dar. Noch nie hat es eine so enge Verständigung über internationale Besteuerungsstandards gegeben.

Zusammenfassung und Übersicht der Ergebnisse

Hintergrund für dieses Projekt war die zunehmende Beobachtung, dass multinationale Unternehmen unter Ausnutzung von bestehenden Besteuerungsinkongruenzen ihre Steuerlast auf ein Minimum senken können. Dies führt zu Steuermindereinnahmen, aber auch zu erheblichen Wettbewerbsverzerrungen. Denn rein national agierende Unternehmen – das sind in der Regel kleine und mittelständische Unternehmen – haben nicht diese Möglichkeiten der Steuergestaltung. Davon ist auch der Grundsatz der Steuergerechtigkeit berührt. Zwischen den OECD- und G20-Staaten bestand Einigkeit darüber, dass diese Probleme nachhaltig nur mit international abgestimmten Maßnahmen gelöst werden können. Daher hatten die Finanzministerinnen und Finanzminister und Notenbankgouverneurinnen und Notenbankgouverneure der Gruppe der Zwanzig (G20) die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) als internationale Standardsetzerin im Steuerbereich mit der Erarbeitung entsprechender Lösungsvorschläge beauftragt.

Bei den Ergebnissen handelt es sich nicht um bloße Absichtserklärungen, sondern um konkret umsetzbare Empfehlungen. Die erarbeiteten Empfehlungen umfassen dabei verschiedene Aspekte der internationalen Besteuerung. Übergeordnetes Leitprinzip der Vorschläge ist der Grundsatz, dass die Besteuerung dort erfolgen soll, wo die unternehmerische Aktivität und die daraus resultierende Wertschöpfung stattfinden.

Besonders hervorzuheben ist die Eindämmung des schädlichen Steuerwettbewerbs zwischen den Staaten selbst. Zwar gibt es bereits seit 1997 internationale Kriterien für die Beurteilung des schädlichen Steuerwettbewerbs. Diese wurden seither allerdings nie angepasst. Gerade bei den sogenannten Patentboxregelungen konnten nun klare Grenzen gesetzt werden, so dass eine begünstigte Besteuerung nur bei entsprechender wirtschaftlicher Aktivität desselben Steuerpflichtigen erfolgen darf.

Bereits bestehende Prinzipien des internationalen Steuerrechts wurden überarbeitet, um unerwünschte Gestaltungsspielräume einzudämmen. Dies betrifft zum einen die Doppelbesteuerungsabkommen, die neben dem ursprünglichen Sinn und Zweck, die doppelte Besteuerung durch Zuweisung und Verzicht von Besteuerungsrechten zu vermeiden, nun u. a. konkret unter dem Aspekt der Vermeidung der doppelten Nichtbesteuerung betrachtet werden. Zum anderen umfasst dies die geltenden Prinzipien der Verrechnungspreise (Besteuerung konzerninterner Leistungen). Daneben wurden für bestimmte steuerliche Instrumente erstmals internationale Prinzipien vereinbart, z. B. für die Eindämmung von Gewinnverlagerungen infolge von Zinszahlungen (sogenannte Zinsschranke), für Regelungen gegen hybride Gestaltungen und für die Hinzurechnungsbesteuerung.

Ein wesentliches Ergebnis des BEPS-Projekts ist auch die Verbesserung der Transparenz zwischen den Steuerverwaltungen. Dafür wurde ein verpflichtender spontaner Informationsaustausch von sogenannten „Tax Rulings“ eingeführt. Auch im Bereich der Verrechnungspreise wird den Steuerverwaltungen durch das sogenannte Country-by-Country Reporting ein Überblick über bestimmte Kennziffern im Konzern (Gewinn, Steuern, wirtschaftliche Aktivitäten) ermöglicht.

Die Aktionspunkte im Einzelnen

Ziel der Arbeiten bis 2015 war es, die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Wirtschaft zu ermitteln und zu überprüfen, ob die derzeitigen Besteuerungsprinzipien angesichts des schnellen technologischen Wandels weiterhin sachgerecht sind. Unter anderem wurde untersucht, ob die Unternehmensbesteuerung künftig an digitale Merkmale anknüpfen sollte (Konzept einer „digitalen Betriebsstätte“).

Im Ergebnis wurde damals festgestellt, dass die Digitalisierung mittlerweile die gesamte Wirtschaft erfasst und es keine isolierbare „digitale Wirtschaft“ gibt, die vom Rest der Wirtschaft getrennt werden könnte. Eine abschließende Würdigung der mit der Digitalisierung verbundenen Fragestellungen war damals aber noch nicht möglich und es wurde die Notwendigkeit weiterer Untersuchungen betont.

Mittlerweile hat das Inclusive Framework on BEPS die Arbeiten zu einer fairen Besteuerung der digitalisierten Wirtschaft weiter vorangetrieben und die sogenannte Zwei-Säulen-Lösung erarbeitet. Zu dieser konnte eine breite internationale Einigung erzielt werden.

Mehr zur Zwei-Säulen-Lösung und zum Stand der Umsetzung finden Sie in unseren FAQ zur globalen Mindestbesteuerung.

Hybride Gestaltungen entstehen, wenn in verschiedenen Staaten auf Grund unterschiedlicher steuerlicher Qualifikation von Finanzierungsinstrumenten oder Gesellschaftsformen Zahlungen, die beim Schuldner grundsätzlich als Betriebsausgaben abziehbar sind, beim Gläubiger nicht besteuert werden oder Aufwendungen auch in einem anderen Staat abgezogen werden können, ohne dass den Aufwendungen Erträge gegenüberstehen, die in beiden Staaten besteuert werden.

Um diese Gestaltungsmöglichkeiten einzuschränken, wurden Verknüpfungsregeln entwickelt, die die steuerliche Behandlung solcher Transaktionen in den betroffenen Staaten aufeinander abstimmen. Dadurch soll zielgenau eine Einmalbesteuerung erreicht werden. Ziel ist es, die doppelte Nichtbesteuerung zu beseitigen, ohne gleichzeitig eine Doppelbesteuerung hervorzurufen. Zugleich wurde ein umfassender Leitfaden für die Anwendung dieser Empfehlungen in der Praxis erarbeitet.

Die Hinzurechnungsbesteuerung soll der Verlagerung von Einkunftsquellen auf niedrig besteuerte ausländische Gesellschaften entgegenwirken. Hinzurechnungsbesteuerungssysteme erreichen dies, indem sie die Einkünfte der ausländischen Gesellschaften den Gesellschaftern zurechnen, wenn die Gesellschaften keiner tatsächlichen wirtschaftlichen Tätigkeit nachgehen.

Bei Aktionspunkt 3 wurden grundlegende Prinzipien für ein effektives Hinzurechnungsbesteuerungssystem formuliert. Deutschland verfügt seit 1972 über ein robustes Hinzurechnungsbesteuerungssystem. Die Vorschriften der deutschen Hinzurechnungsbesteuerung im Außensteuergesetz wurden punktuell angepasst, so dass das System der Hinzurechnungsbesteuerung reformiert und zeitgemäß und rechtssicher ausgestaltet wurde.

Unternehmen, die einen Kredit aufnehmen, dürfen die darauf entfallenden Zinszahlungen steuerlich abziehen. Dies kann einen Anreiz für die überhöhte Fremdfinanzierung von Unternehmen darstellen. Zudem ergeben sich Spielräume für Gestaltungen, mit denen die steuerliche Bemessungsgrundlage in einem bestimmten Staat gezielt ausgehöhlt wird, während korrespondierende Erträge in Niedrigsteuerländer verschoben werden. Dagegen können Staaten vorgehen, indem sie die steuerliche Abzugsfähigkeit von Zinszahlungen einschränken, etwa in Abhängigkeit von der Höhe der Erträge des Unternehmens oder von der Höhe der vorhandenen Anlagegüter.

Deutschland hat im Jahr 2008 die sogenannte Zinsschranke eingeführt, die übermäßige Fremdfinanzierung verhindern soll. Im BEPS-Projekt diente die deutsche Zinsschrankenregelung als Vorbild für die Ausgestaltung solcher Abzugsbeschränkungen. Das Ergebnis der internationalen Einigung auf eine Zinsabzugsbeschränkung beruht auf der grundsätzlichen Konzeption der Zinsschranke, lässt aber auch andere vergleichbare Regelungen zu.

Nationale Steuervergünstigungen durch Sonderregelungen führen zu unerwünschten Gestaltungsmöglichkeiten für Steuerpflichtige und verringern letztlich das Steueraufkommen in allen Staaten. Es gibt daher seit längerem internationale Bestrebungen zur Einschränkung dieses schädlichen Steuerwettbewerbs. Um künstliche Gewinnverlagerungen zu verhindern, wurden deshalb im BEPS-Projekt Mindeststandards für steuerliche Sonderregelungen entwickelt. Auf deren Grundlage wird beurteilt, ob einer Sonderregelung eine tatsächliche lokale wirtschaftliche Aktivität zu Grunde liegt.

Im Fokus standen dabei Regelungen, mit denen Lizenzeinkünfte steuerlich privilegiert werden (sogenannte Patentboxen). Diese Privilegierung darf künftig nur noch gewährt werden, wenn die zugrunde liegende Forschungs- und Entwicklungstätigkeit vom Unternehmen selbst ausgeübt worden ist. Zudem wurde vereinbart, dass sich die Staaten zukünftig über steuerliche Zusagen, die sie Steuerpflichtigen im Vorfeld grenzüberschreitender Transaktionen erteilen (sogenannte Tax Rulings), gegenseitig ohne vorheriges Ersuchen informieren. In der Europäischen Union wurde diese Transparenz mit der Richtlinie (EU) 2015/2376 vom 8. Dezember 2015 (DAC 3) zur Änderung der EU-Amtshilferichtlinie (Richtlinie 2011/16/EU) etabliert. Hiernach tauschen die Steuerbehörden der Mitgliedstaaten untereinander automatisch Informationen zu Tax Rulings mit grenzüberschreitender Wirkung aus.

Seit 2016 haben die Mitglieder des Inclusive Frameworks on BEPS im Gremium „Forum on harmful tax practices“ über 300 steuerliche Sonderregelungen aus über 70 Ländern überprüft.

In Anlehnung an die auf EU-Ebene entwickelten Regelungen erweiterte das BEPS-Projekt 2018 seine Anforderungen an fairen Steuerwettbewerb auch auf Länder ohne Körperschaftsteuersystem. Diese müssen für bestimmte Unternehmensbranchen Substanzauflagen einführen. Somit wird eine Gleichbehandlung gewährleistet: Sowohl Staaten ohne Steuersatz als auch Staaten mit niedrigem Steuersatz aufgrund einer Sonderregelung sollen diese Privilegien nur gewähren, wenn eine tatsächliche wirtschaftliche Aktivität vor Ort stattfindet.

Ein jährlich durchgeführtes Überwachungsverfahren stellt sicher, dass die Standards bei bereits überprüften Sonderregelungen von den jeweiligen Staaten auf nationaler Ebene angewandt, eingehalten und überprüft werden.

Bei grenzüberschreitenden wirtschaftlichen Aktivitäten besteht die Gefahr, dass mehrere Staaten dieselben Einkünfte besteuern, weil z. B. die Aktivität eines ausländischen Unternehmens vor Ort besteuert wird und zudem der Sitzstaat des Unternehmens sämtliche Welteinkünfte, einschließlich der ausländischen Aktivitäten, der Besteuerung unterwirft. Um dieses Hindernis für den internationalen Wirtschaftsverkehr abzubauen, schließen Staaten völkerrechtliche Verträge ab, mit denen sie die Ausübung ihrer Besteuerungsrechte untereinander aufteilen (Doppelbesteuerungsabkommen). Weltweit gibt es circa 3000 Doppelbesteuerungsabkommen, und auch Deutschland hat mehr als 90 solcher Verträge abgeschlossen.

Steuerpflichtige versuchen aber bisweilen, unterschiedliche Bestimmungen in den bilateralen Abkommen und deren Zusammenwirken mit den jeweiligen nationalen Bestimmungen auszunutzen, um Steuern in keinem der betroffenen Staaten oder nicht in der richtigen Höhe zahlen zu müssen. Deswegen wurden im Rahmen des BEPS-Projekts Empfehlungen für Vorschriften zur Verhinderung von Abkommensmissbrauch erarbeitet, sowie die Klarstellung, dass die Anwendung von Doppelbesteuerungsabkommen nicht die vollständige Nichtbesteuerung von Einkünften bezweckt. Die Empfehlungen wurden 2017 in das OECD-Musterabkommen aufgenommen, welches die Basis für viele der weltweit vereinbarten Abkommen darstellt. Außerdem sollen sie – soweit wie möglich – durch ein Multilaterales Abkommen (vergleiche Aktionspunkt 15) in die bestehenden Abkommen übernommen werden. Die deutsche Abkommenspolitik ist schon jetzt darauf ausgerichtet, derartige beziehungsweise vergleichbare Regelungen zu vereinbaren.

Es entspricht internationalem Verständnis, dass ein Staat nicht jede unternehmerische Aktivität ausländischer Steuerpflichtiger auf seinem Territorium besteuern darf. Ein wichtiger Grundsatz in diesem Zusammenhang ist das sogenannte Betriebsstättenprinzip: Wenn das wirtschaftliche Engagement in einem Staat sich so verdichtet hat, dass eine Betriebsstätte in diesem Staat besteht, darf der Staat die daraus resultierenden Erträge besteuern.

Einige Steuergestaltungen zielen darauf ab, das Vorliegen einer Betriebsstätte zu umgehen. Beispielsweise wird bei Vertragsschlüssen durch vor Ort befindliche Vertreter eines ausländischen Unternehmens das tatsächliche Aushandeln des Vertrags, das im Staat der Vertragspartner erfolgt, von der formal-rechtlichen Befugnis zum Abschluss des (fertig ausgehandelten) Vertrags getrennt (Unterzeichnung erfolgt im Sitzstaat des Unternehmens), um eine Betriebsstätte und das Besteuerungsrecht in dem Staat, in dem die Verträge erfüllt werden, zu vereiteln. Im Rahmen der Arbeiten zu Aktionspunkt 7 wurden Empfehlungen zur Anpassung des Betriebsstättenbegriffs im OECD-Musterabkommen beschlossen, die bei Übernahme in die jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommen solchen und anderen Gestaltungen entgegenwirken sollen. Diese Empfehlungen wurden 2017 in das OECD-Musterabkommen übernommen.

Multinationale Unternehmen (Konzerne, Unternehmensgruppen) sind in einer Vielzahl von Staaten durch rechtlich selbständige Gesellschaften oder Betriebsstätten wirtschaftlich tätig. In diesen Fällen werden Leistungen auch zwischen den einzelnen Mitgliedern des multinationalen Unternehmens grenzüberschreitend erbracht. Damit für diese grenzüberschreitenden Geschäftsbeziehungen eine zutreffende Besteuerung erfolgen kann, ist ein sachgerechter Verrechnungspreis zu bestimmen. Der international anerkannte Standard für die Bestimmung sachgerechter Verrechnungspreise ist der Fremdvergleichsgrundsatz: Danach sind für Geschäftsvorfälle zwischen verbundenen Unternehmen diejenigen Bedingungen (insbesondere Preise) anzusetzen (und der Besteuerung zugrunde zu legen), die in vergleichbaren Geschäftsvorfällen zwischen voneinander unabhängigen Dritten vereinbart worden wären. Dadurch soll verhindert werden, dass multinationale Unternehmen durch Festlegung fremdunüblicher Bedingungen, insbesondere durch zu hohe oder zu niedrige Verrechnungspreise, Besteuerungssubstrat zwischen den Staaten willkürlich verlagern können.

Im Rahmen der Arbeiten zum BEPS-Projekt wurden die Empfehlungen zum Fremdvergleichsgrundsatz gestärkt, um eine missbräuchliche Verwendung von Verrechnungspreisen einzuschränken und sicherzustellen, dass die Besteuerung der Unternehmensgewinne sich im Einklang mit der wirtschaftlichen Tätigkeit der Unternehmen und der daraus folgenden unternehmerischen Wertschöpfung befindet. Ein Schwerpunkt dieser Arbeiten war die Konkretisierung der OECD-Verrechnungspreisleitlinien zu Geschäftsvorfällen mit immateriellen Werten, bei denen die Festlegung des fremdüblichen Verrechnungspreises häufig besonders schwierig ist. Weiter wurden die OECD-Verrechnungspreisleitlinien zur Zuordnung von Risiken und Kapital im Konzern und zur Bestimmung von Verrechnungspreisen für Geschäftsvorfälle, die nicht oder nur selten zwischen voneinander unabhängigen Dritten stattfinden, präzisiert. Aus deutscher Sicht ist es von Bedeutung, dass einheitliche internationale Standards bestehen und dass die Anwendung der OECD-Verrechnungspreisleitlinien zu konsistenten Lösungen führt. Nur eine sachgerechte und auf einheitlichen internationalen Standards beruhende Gewinnabgrenzung gewährleistet die internationale Wettbewerbsneutralität und die Gleichmäßigkeit der Besteuerung. Gleichzeitig kann so eine Doppelbesteuerung vermieden werden.

Wie hoch sind die Steuerausfälle, die durch BEPS-Probleme verursacht werden? Bislang gab es dazu eine Vielzahl unterschiedlicher Einschätzungen, die auf unterschiedlicher Datenbasis zu unterschiedlichen Ergebnisse kamen. Ziel der Arbeiten zu Aktionspunkt 11 war es, hier plausible Bewertungen vorzustellen.

Nach Abschluss der ökonomische Analyse und einer quantitativen Abschätzung konnte Einvernehmen erzielt werden, dass sich die BEPS-indizierten, weltweiten Steuermindereinnahmen auf 4 – 10 Prozent des Körperschaftsteueraufkommens belaufen konnten. Beleuchtet wurden auch die wirtschaftliche Inzidenz von BEPS-Strategien sowie die Auswirkungen auf Wirtschaftswachstum und Effizienz. Zudem wurden sogenannte Spillover-Effekte (betreffend den Steuerwettbewerb zwischen den Staaten) erläutert. Diese Analysen sind eine wichtige Grundlage für das weitere Vorgehen. Daneben wurden Indikatoren identifiziert, die die Risikoabschätzung erleichtern.

Eine wachsende Zahl von Staaten verpflichtet Steuerpflichtige beziehungsweise deren Berater, aggressive Steuerplanungen gegenüber der Finanzverwaltung offenzulegen. Auf Basis dieser existierenden Vorschriften wurden mögliche Elemente einer solchen Anzeigepflicht erarbeitet. Ziel solcher Regelungen ist es in erster Linie, dass die Finanzverwaltung frühzeitig über modellhafte Steuergestaltungen informiert wird.

In der Europäischen Union wurde Aktionspunkt 12 durch Änderung der EU-Amtshilferichtlinie 2011/16/EU durch die Richtlinie (EU) 2018/822 (DAC 6) vom 25. Mai 2018 umgesetzt. Hierdurch wurden die rechtlichen Rahmenbedingungen zur Einführung einer unionsweit einheitlichen Pflicht zur Meldung grenzüberschreitender Steuergestaltungen und zum automatischen Informationsaustausch zwischen den Steuerbehörden der Mitgliedstaaten geschaffen.

Ziel der Richtlinie DAC 6 und der sie umsetzenden nationalen Rechtsvorschriften ist es in erster Linie, die nationalen Gesetzgeber in die Lage zu versetzen, im Interesse einer gerechten Besteuerung im Binnenmarkt auf unerwünschte Steuergestaltungen früher als bisher reagieren zu können.

Deutschland hat die sich aus der Richtlinie DAC 6 ergebenden unionsrechtlichen Vorgaben fristgerecht im Dezember 2019 in nationales Recht umgesetzt und eine Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen eingeführt (vergleiche Gesetz vom 21. Dezember 2019, BGBl. I S. 2875). Seit dem 1. Juli 1020 sind Intermediäre und unter bestimmten Voraussetzungen auch Nutzer grenzüberschreitender Steuergestaltungen dazu verpflichtet, die unionsrechtlich vorgegebenen Informationen über bestimmte grenzüberschreitende Steuergestaltungen dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) mitzuteilen.

Die zutreffende Besteuerung multinational tätiger Unternehmen kann, insbesondere für den Bereich der Verrechnungspreise für grenzüberschreitende Geschäftsbeziehungen zwischen verbundenen Unternehmen, nur gewährleistet werden, wenn die Finanzverwaltungen die notwendigen Informationen hierzu erhalten.

Bei BEPS-Aktionspunkt 13 wurden standardisierte Dokumentationsanforderungen im Bereich der Verrechnungspreise für multinational tätige Unternehmen vereinbart, damit einerseits die Finanzverwaltungen die notwendigen Informationen erhalten und andererseits die multinationalen Unternehmen ihren Dokumentationspflichten nach einem einheitlichen Standard nachkommen können.

Mit den standardisierten Anforderungen zur Verrechnungspreisdokumentation werden drei Ziele verfolgt: Die multinationalen Unternehmen sollen die Übereinstimmung ihrer Verrechnungspreisgestaltung mit dem Fremdvergleichsgrundsatz darlegen. Den Finanzverwaltungen werden die notwendigen Informationen zur Durchführung eines Risikomanagements für Verrechnungspreise und zur Durchführung einer Verrechnungspreisprüfung bereitgestellt. Hierzu wurde ein dreistufiger Ansatz entwickelt, bestehend aus einem Überblick über die Geschäftstätigkeit des multinationalen Unternehmens und seiner Verrechnungspreispolitik (Master File), einer landesspezifischen Dokumentation der spezifischen Geschäftsvorfälle des Steuerpflichtigen mit verbundenen Unternehmen (Local File) sowie dem sogenannten Country-by-Country Report (CbCR). Mit dem CbCR sollen alle betroffenen Steuerverwaltungen einen Überblick über die globale Aufteilung der Erträge und Steuern sowie über bestimmte Indikatoren für die geografische Verteilung der Wirtschaftstätigkeit auf die verschiedenen Staaten erhalten. Die CbCR werden durch einen automatischen Informationsaustausch mit den Steuerverwaltungen anderer Staaten geteilt, soweit diese Staaten eine entsprechende völkerrechtliche Vereinbarung abgeschlossen haben. Deutschland tauscht Informationen zu länderbezogenen Berichten mit 78 Staaten aus. Der Informationsaustausch unter den Mitgliedstaaten der Europäischen Union erfolgt dabei auf der Grundlage der Richtlinie (EU) 2016/881 vom 25. Mai 2016 (DAC 4) zur Änderung der EU-Amtshilferichtlinie (2011/16/EU). Auf Ebene der Europäischen Union werden zudem gerade Maßnahmen diskutiert, um entsprechende Informationen auch der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Viele Staaten vereinbaren in ihren Doppelbesteuerungsabkommen, dass Verständigungsverfahren geführt werden können, um bei divergierenden Auffassungen über die Anwendung der Abkommen zu einem einheitlichen Verständnis zu kommen und im Einzelfall Doppelbesteuerungen zu beseitigen, die trotz der Abkommen eingetreten sind. Im Rahmen von Aktionspunkt 14 haben sich die Staaten dazu verpflichtet, diese Verständigungsverfahren effektiver zu gestalten. So sollen die Staaten z. B. noch stärker dafür Sorge tragen, dass Abkommenskonflikte zeitgerecht erledigt oder schon vorab vermieden werden. Zudem sollen sie den Steuerpflichtigen den tatsächlichen Zugang zu Verständigungsverfahren erleichtern. Eine Reihe von Staaten, zu denen auch Deutschland gehört, hat sich darüber hinaus bereit erklärt, miteinander weitere verbindliche Schiedsklauseln zu vereinbaren, so dass unabhängige Schiedsgremien über Einzelfälle entscheiden, in denen sich die beteiligten Staaten nicht auf eine Lösung des Doppelbesteuerungskonflikts einigen konnten.

Mit der am 10. Oktober 2017 erlassenen Richtlinie (EU) 2017/1852 über das Verfahren zur Beilegung von Besteuerungsstreitigkeiten in der Europäischen Union (Streitbeilegungsrichtlinie) wurde darüber hinaus ein weiterer Mechanismus zur verbindlichen Streitbeilegung zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union festgelegt. Die Richtlinie ergänzt den ohnehin schon für Verrechnungspreise bestehenden Mechanismus für Schiedsverfahren nach der EU-Schiedskonvention.

Damit die vereinbarten BEPS-Maßnahmen in der Praxis wirksam werden können, müssen bestehende Doppelbesteuerungsabkommen entsprechend modifiziert werden (insbesondere zur Umsetzung der in den Aktionspunkten 6 und 14 enthaltenen Mindeststandards). Die dazu erforderlichen bilateralen Verhandlungen würden sich angesichts der großen Anzahl der bestehenden Abkommen über einen langen Zeitraum hinziehen. Um diesen Prozess zu beschleunigen, sieht Aktionspunkt 15 eine abgestimmte Anpassung der Doppelbesteuerungsabkommen durch ein Multilaterales Übereinkommen vor.

Das Übereinkommen bewirkt die Modifikation von Doppelbesteuerungsabkommen zwischen zwei oder mehr Vertragsparteien des Übereinkommens. Es funktioniert jedoch nicht wie ein Änderungsprotokoll zu einem einzelnen bestehenden Abkommen, das direkt den Wortlaut des Doppelbesteuerungsabkommens ändern würde; stattdessen gilt es parallel zu bestehenden Doppelbesteuerungsabkommen und modifiziert deren Anwendung, um die BEPS-Maßnahmen umzusetzen. Die Vertragsstaaten haben die Möglichkeit, zu einem späteren Zeitpunkt zusätzlich zu den im Übereinkommen vorgesehenen Modifikationen weitere Änderungen ihrer unter das Übereinkommen fallenden Steuerabkommen zu vereinbaren.

Das Mehrseitige Übereinkommen zur Umsetzung steuerabkommensbezogener Maßnahmen zur Verhinderung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung (Multilaterales Instrument - MLI) vom 24. November 2016 wurde am 7. Juni 2017 von der Bundesrepublik Deutschland zusammen mit 67 anderen Staaten und Gebieten in Paris unterzeichnet. Das Übereinkommen ist zum Stand 8. Juni 2021 von über 90 Staaten und Gebieten unterzeichnet worden.