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    Ar­ti­kel-IV-Kon­sul­ta­tio­nen des In­ter­na­tio­na­len Wäh­rungs­fonds mit Deutsch­land

    • Der Internationale Währungsfonds hat am 28. Juni 2017 seine diesjährigen Artikel-IV-Konsultationen mit Deutschland abgeschlossen.
    • Der Internationale Währungsfonds bestätigt die gute Lage der deutschen Wirtschaft und der öffentlichen Haushalte.
    • Der Internationale Währungsfonds attestiert Deutschland in seinem Abschlussbericht eine umsichtige Finanz- und Wirtschaftspolitik und ein gut funktionierendes Netz der sozialen Sicherung. Die Arbeitslosigkeit sei auf einem Rekordtief. Die stabile wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland wirke als Wachstumsmotor für das Euro-Währungsgebiet.

    Die jährlichen Artikel-IV-Konsultationen des Internationalen Währungsfonds (IWF) mit Deutschland fanden vom 4. bis 15. Mai 2017 statt. Die IWF-Delegation führte Gespräche mit verschiedenen Bundesministerien, mit der Deutschen Bundesbank sowie mit Wirtschaftsverbänden in Berlin. Mit der Diskussion im Exekutivdirektorium des IWF am 28. Juni 2017 wurden die diesjährigen Artikel-IV-Konsultationen mit Deutschland abgeschlossen. Der zugrunde liegende Stabsbericht ist veröffentlicht und kann auf der Internetseite des IWF eingesehen werden. 1

    Artikel-IV-Konsultationen

    Der IWF führt mit allen Mitgliedsländern jährliche Konsultationen durch. Die Grundsätze für diese Konsultationen sind in Artikel IV des Übereinkommens über den IWF festgelegt. Üblicherweise besucht zunächst ein Team von IWF-Mitarbeitern das jeweilige Land, um sich über die Wirtschafts- und Finanzlage zu informieren und mit der Regierung die wirtschafts- und finanzpolitische Ausrichtung zu diskutieren. Auf dieser Grundlage verfasst das IWF-Team einen Bericht, den die ständigen Vertreter der Mitgliedsländer beim IWF, die Exekutivdirektoren, erörtern.

    Der IWF attestierte Deutschland eine umsichtige Finanzpolitik, die zur weiteren Senkung der Verschuldung beigetragen habe. Dies erfolge trotz der zusätzlichen Kosten durch die Zuwanderung. Der IWF empfahl Deutschland mehr öffentliche und private Investitionen in die Infrastruktur. In diesem Kontext begrüßte der IWF die Einrichtung der neuen Infrastrukturgesellschaft, die dazu beitragen wird, die Investitionen in Transportwege effizienter und stabiler zu gestalten.

    Der IWF sieht die deutschen Leistungsbilanzüberschüsse als sehr hoch an, erkennt aber an, dass die demografische Entwicklung einen gewissen Überschuss rechtfertigt. Übereinstimmend sind Bundesregierung und IWF der Auffassung, dass auf die Leistungsbilanz mit Rohstoffpreisen und Wechselkursen Faktoren wirken, die nicht im Einflussbereich der deutschen Politik liegen. Insoweit bestand Konsens, dass es keine deutschen Politikmaßnahmen gibt, die den Überschuss verursacht haben.

    Die Bundesregierung hat gegenüber dem IWF auf die kommenden fiskalischen Herausforderungen hingewiesen, insbesondere angesichts der alternden Bevölkerung. Sie hat deutlich gemacht, dass sie auch weiterhin eine solide Finanzpolitik verfolgen wird. Der IWF unterstützt Deutschland ausdrücklich in seinem Vorhaben, die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu sichern. Strukturreformen und Haushaltskonsolidierung sind entscheidende Voraussetzungen, das Wachstum anzuregen und das Klima für private Investitionen zu verbessern.

    Der IWF begrüßte die eingeleiteten Maßnahmen, um die Digitalisierung zu beschleunigen und mehr Wagniskapital zu mobilisieren; er rief zu weiteren Reformen in einigen Netzwerk-Industrien und bei freien Berufen auf.

    Im Bereich Finanzsektor waren die Auswirkungen der anhaltenden Niedrigzinsphase auf den Banken- und Versicherungssektor Thema der diesjährigen Konsultationen.

    Die nächsten Artikel-IV-Konsultationen mit Deutschland finden im Jahr 2018 statt.

    Pressemitteilung des IWF vom 7. Juli 2017

    IWF-Exekutivdirektorium schließt Artikel-IV-Konsultationen 2017 mit Deutschland ab

    Am 28. Juni 2017 schloss das Exekutivdirektorium des Internationalen Währungsfonds (IWF) die Artikel-IV-Konsultationen 2 mit Deutschland ab.

    Die Wachstumsdynamik ist in Deutschland weiterhin stabil und wird durch eine solide Binnennachfrage gestützt. Auch 2016 hat das starke Beschäftigungswachstum den privaten Konsum begünstigt, während die staatlichen Konsumausgaben und Investitionen im Bausektor weiter zunahmen. Exporte und Ausrüstungsinvestitionen legten nach einer Abschwächung über weite Teile des Jahres in den letzten Quartalen wieder zu. Trotz der hohen und steigenden Kapazitätsauslastung, der in einem Rekordtief befindlichen Arbeitslosigkeit und der hohen Quote freier Stellen blieb der Lohnzuwachs stabil und die Kerninflation mit rund 1 % konstant niedrig. Aufgrund der schlechteren Einkommens- und Dienstleistungsbilanz sank der hohe Leistungsbilanzüberschuss geringfügig von 8,6 % des BIP im Jahr 2015 auf 8,3 % im Jahr 2016. Der finanzpolitische Kurs war neutral, da der Staat zum dritten Mal in Folge einen Jahresüberschuss verbuchte.

    Vor dem Hintergrund der wachsenden Zuwanderung, der anhaltenden Urbanisierung, des unelastischen Wohnraumangebots und der lockeren Finanzierungsbedingungen stiegen die Immobilienpreise vor allem in städtischen Gebieten weiter an. Kredite an Nichtfinanzunternehmen legten zu, da Unternehmen die niedrigen Zinsen nutzen. Im Bankensektor ist das aufsichtsrechtliche Eigenkapital zwar angemessen, doch die Rentabilität bleibt schwach, was auf strukturelle Faktoren, Altlasten aus der Krise und das Niedrigzinsumfeld zurückzuführen ist. Eine anhaltende Niedrigzinsphase würde sich außerdem negativ auf die Lebensversicherungen auswirken, da diese in erheblichem Maße von Garantieprodukten abhängig sind.

    Der konjunkturelle Aufschwung dürfte auf kurze Sicht anhalten. Die wachsende Beschäftigung, die expansive Fiskalpolitik und die weiterhin akkommodierende Geldpolitik werden die Binnennachfrage stützen, wobei die höheren Energiekosten das Konsumwachstum allerdings dämpfen dürften. Das Exportwachstum dürfte sich allmählich von der Abschwächung im Jahr 2016 erholen, was eine Belebung der Unternehmensinvestitionen und Importe zur Folge hätte. Insgesamt wird das reale BIP 2017 voraussichtlich um 1,8 % und 2018 um 1,6 % wachsen, wodurch sich die bereits positive Produktionslücke vergrößern und die Kerninflation erhöhen würde. Mittelfristig dürften die Bevölkerungsalterung und der langsame Fortschritt bei der Umsetzung von Strukturreformen das Wachstum dämpfen.

    Bewertung durch das Exekutivdirektorium 3

    Die Exekutivdirektoren würdigten die stabile gesamtwirtschaftliche Entwicklung Deutschlands, die als Wachstumsmotor im Euro-Währungsgebiet wirkt. Die Direktoren begrüßten die Aussicht auf nachhaltiges Wachstum in absehbarer Zeit angesichts der soliden Binnennachfrage – gestützt durch wachsende Beschäftigung und eine akkommodierende Geldpolitik – sowie die sich verbessernden globalen Bedingungen. Sie stellten fest, dass die damit verbundenen Risiken auf kurze Sicht weitgehend ausgewogen sind, langfristig allerdings vorwiegend negativ ausfallen, da weltweite Anti-Globalisierungsmaßnahmen die Wachstumsaussichten trüben und unzureichende Fortschritte bei der Umsetzung von Reformen innerhalb des Euro-Währungsgebiets den Druck wieder verstärken könnten.

    Die Direktoren stimmten überein, dass die deutsche Politik sich auf eine Stärkung des Potenzialwachstums konzentrieren und gleichzeitig die Wiederherstellung des außenwirtschaftlichen Gleichgewichts beschleunigen sollte, auch innerhalb des Euro-Währungsgebiets, um dem hohen Leistungsbilanzüberschuss entgegenzuwirken. Zu diesem Zweck empfahlen die Direktoren, den fiskalischen Spielraum zu nutzen, um die staatlichen Infrastrukturinvestitionen weiter zu erhöhen, das Angebot von Kinderbetreuungsangeboten zu erweitern, die Integration von Flüchtlingen zu fördern und die Steuerlast für Arbeitnehmer zu verringern. In diesem Zusammenhang begrüßten sie den Hinweis der Regierung, dass weitere Maßnahmen derzeit eingehend geprüft werden. Die Direktoren würdigten die Anstrengungen zur Beseitigung administrativer Hürden für die Erhöhung der öffentlichen Investitionen. Angesichts des wiederholten Haushaltsüberschusses in den vergangenen Jahren empfahlen die Direktoren der Regierung, eine erneute Überprüfung ihrer Prognosemethode vorzunehmen, um so die Haushaltsplanung zu verbessern.

    Die Direktoren betonten, dass Reformen zur Anhebung des tatsächlichen Renteneintrittsalters angesichts der rapide alternden Gesellschaft eine Steigerung des Potenzialwachstums, eine Verringerung des Sparbedarfs für den Ruhestand – und damit eine Verringerung des Leistungsbilanzüberschusses – sowie eine Verbesserung der Haushaltslage zur Folge haben würden. Darüber hinaus betonten die Direktoren, dass ein nachhaltiger Anstieg der Lohn- und Preisinflation in Deutschland entsprechend dem angespannten Arbeitsmarkt zu einem Anstieg der Inflation im Euro-Währungsgebiet beitragen, eine Normalisierung der Geldpolitik ermöglichen und eine Neuausrichtung der Wettbewerbsfähigkeit innerhalb der Währungsunion fördern würde. Diesbezüglich waren die meisten Direktoren der Ansicht, dass es zum gegenwärtigen Zeitpunkt hilfreich sein könnte, wenn die Regierung die Bedeutung eines soliden Lohn- und Preiswachstums in ihrer öffentlichen Kommunikation unterstreicht, gleichzeitig aber die Autonomie der Sozialpartner bei der Lohnfindung anerkennt. Einige Direktoren stellten allerdings Wirksamkeit und Nutzen eines solchen Vorgehens in Frage.

    Die Direktoren wiederholten ihre Forderung nach einer Beschleunigung wettbewerbsfördernder Reformen in einigen Bereichen des Dienstleistungssektors, um das Produktionswachstum zu erhöhen. Darüber hinaus begrüßten sie die umfassenden laufenden Maßnahmen zur Beschleunigung der Digitalisierung und Erhöhung von Wagniskapitalinvestitionen.

    Die Direktoren stellten fest, dass die Ungleichheit bei den verfügbaren Einkommen aufgrund der hohen Beschäftigungszuwächse und des gut entwickelten Umverteilungssystems in Deutschland zwar stabil, das relative Armutsrisiko jedoch gestiegen ist. In diesem Zusammenhang muss die Wirksamkeit aktueller Maßnahmen zur Stärkung des sozialen Zusammenhalts laufend überprüft werden. Die Direktoren wiesen außerdem darauf hin, dass Maßnahmen zur Armutsbekämpfung darauf abzielen sollten, die Errungenschaften früherer Arbeitsmarktreformen zu wahren.

    Trotz rapide steigender Preise kamen die Direktoren zu dem Schluss, dass Wohnraum insgesamt erschwinglich bleibt, obwohl wachsende regionale Unterschiede und einige Brennpunkte eine strenge Beobachtung rechtfertigen. Maßnahmen zur Lockerung der Angebotsverknappung in unter Druck geratenen Gegenden sind ebenfalls berechtigt. Die Direktoren begrüßten die neuen Rechtsvorschriften zur Einführung zusätzlicher makroprudenzieller Instrumente für den Immobilienmarkt und befürworteten eine weitere Stärkung des Instrumentariums der Regierung. Außerdem empfahlen sie die Verbesserung der Aufsichtsdatenbank für Immobilienkredite.

    Die Direktoren wiesen auf die niedrige Rentabilität im Banken- und Lebensversicherungssektor hin und betonten, dass die Umstrukturierungsanstrengungen in diesen Branchen fortgesetzt werden müssten, um deren Widerstandsfähigkeit dauerhaft zu stärken. Angesichts des Niedrigzinsumfelds begrüßten die Direktoren außerdem, dass die Aufsichtsbehörden dem Zinsrisiko derzeit verstärkt Aufmerksamkeit widmen.

    Anlage zur Pressemitteilung des IWF: Ausgewählte Konjunkturindikatoren für Deutschland, 2015-2018

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    Tabelle 1

    Fußnoten

    1
    www.imf.org
    2
    Gemäß Artikel IV des Übereinkommens über den Internationalen Währungsfonds führt der IWF, in der Regel jedes Jahr, bilaterale Gespräche mit seinen Mitgliedern. Ein Team des Mitarbeiterstabs besucht das Land, ermittelt Wirtschafts- und Finanzdaten und erörtert mit Beamten die wirtschaftlichen Entwicklungen und politischen Maßnahmen des Landes. Nach seiner Rückkehr zum Hauptsitz verfasst der Mitarbeiterstab einen Bericht, der die Grundlage für die Diskussion im Exekutivdirektorium bildet.
    3
    Nach Abschluss der Gespräche fasst die Geschäftsführende Direktorin in ihrer Eigenschaft als Vorsitzende des Direktoriums die Ansichten der Exekutivdirektoren zusammen, und diese Zusammenfassung wird der Regierung des jeweiligen Mitgliedstaats übermittelt. Eine Erläuterung der in den Zusammenfassungen verwendeten Qualifikationsmerkmale finden Sie unter: www.imf.org

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