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  • Analysen und Berichte

    Sta­tis­ti­ken über die Ein­spruchs­be­ar­bei­tung in den Fi­nan­zäm­tern

    • Die Statistiken über die Einspruchsbearbeitung in den Finanzämtern bestätigen die nach wie vor hohe Filterwirkung des außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens nach der Abgabenordnung. Weniger als 1,8 % der Einsprüche führen zu einer Klage.
    • Im Berichtszeitraum (2012 bis 2016) konnte der Bestand der am Jahresende unerledigten Einsprüche um circa 1,6 Mio. Einsprüche auf nunmehr circa 2,4 Mio. Einsprüche abgebaut werden

    Rechtsweg in Steuersachen

    Jedem, der glaubt, durch den Staat in seinen Rechten verletzt zu sein (z. B. durch einen fehlerhaften Steuerbescheid), steht nach Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes der Weg zu den Gerichten offen.

    Grundsätzlich können die Finanzgerichte nicht unmittelbar angerufen werden. Vielmehr ist im Regelfall zunächst Einspruch bei der Finanzbehörde einzulegen. Hierdurch wird der Verwaltung Gelegenheit gegeben, den Steuerfall noch einmal zu überprüfen, bevor sich das Gericht mit der Angelegenheit befasst. Die meisten Rechtsstreitigkeiten erledigen sich bereits im Einspruchsverfahren, das somit eine hohe „Filterwirkung“ hat (mehr siehe unter „Klagen“).

    Finanzgerichtsbarkeit

    Für Steuersachen sind besondere Fachgerichte zuständig, in erster Instanz die Finanzgerichte und in zweiter (und letzter) Instanz der Bundesfinanzhof mit Sitz in München.

    Die gesetzlichen Grundlagen für das Einspruchsverfahren ergeben sich aus den §§ 347 bis 367 der Abgabenordnung (AO)1. Verwaltungsanweisungen hierzu enthält der Anwendungserlass zur Abgabenordnung2.

    Statistiken zur Einspruchsbearbeitung

    Gegenstand der Einspruchsstatistiken

    Das BMF erstellt jährlich eine Einspruchsstatistik und veröffentlicht sie auf seiner Internetseite3. Darüber hinaus hat das BMF im Monatsbericht Oktober 20124 die Statistikdaten für die Jahre 2009 bis 2011 veröffentlicht und im Monatsbericht September 20165 die Statistikdaten für die Jahre 2012 bis 2015.

    Diese Statistiken erfassen allerdings nur die bei den Finanzämtern eingegangenen Einsprüche, nicht aber Einsprüche, die bei anderen Finanzbehörden erhoben werden, insbesondere

    • beim Bundeszentralamt für Steuern,
    • bei den Familienkassen und
    • bei den Behörden der Zollverwaltung.

    Früher wurden in der Statistik Abgaben und Übernahmen saldierend bei den Eingängen sowie sonstige Bestandskorrekturen (z. B. nach Aufdecken fehlerhafter Einträge in den Rechtsbehelfslisten) entweder ebenfalls saldierend bei den Eingängen oder durch eine Anpassung des Anfangsbestands berücksichtigt. Seit dem Jahr 2013 enthält die Einspruchsstatistik die Rubrik „Saldo aus Übernahmen, Abgaben, Storni und sonstigen Bestandskorrekturen“. „Abgaben“ können nicht nur darauf beruhen, dass sich die örtliche Zuständigkeit des Finanzamts (z. B. durch einen Wechsel des Wohnsitzes oder des Orts der Geschäftsleitung) geändert hat, sondern auch auf einem Wechsel der sachlichen Zuständigkeit, wie z. B. im Fall der Übernahme der Verwaltung der Kraftfahrzeugsteuer durch die Hauptzollämter.

    Im Jahr 2016 enthält die Position „Sonstige Bestandskorrekturen“ zudem solche Korrekturen, die aufgrund der Vereinheitlichung der Datenhaltung und der automationsunterstützten Bearbeitung von Rechtsbehelfen in mehreren Ländern erforderlich waren. Zum Teil wurde aufgrund der Umstellung während des Kalenderjahrs zudem mit unterschiedlichen statistischen Verfahren gearbeitet.

    Ferner enthält die Statistik seit dem Jahr 2014 die Erledigungsart „Auf andere Weise“. Hierunter fallen z. B. Verfahren, in denen sich eine angefochtene Außenprüfungsanordnung vor einer Entscheidung über den Einspruch mit Beendigung der Außenprüfung erledigt hat, sowie Fälle, in denen sich ein mit einem Einspruch beantragter Lohnsteuer-Freibetrag (§ 39a Einkommensteuergesetz) im Lohnsteuerabzugsverfahren nicht mehr auswirken kann. Früher wurden diese – zahlenmäßig unbedeutenden – Fälle in der Einspruchsstatistik uneinheitlich berücksichtigt.

    Einspruchsstatistiken der Jahre 2012 bis 2016

    Für die vergangenen fünf Jahre hat das BMF die in Tabelle 1 dargestellten Daten ermittelt und veröffentlicht.

    Einspruchsstatistik der Jahre 2012 bis 2016

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    Tabelle 1

    Eingegangene Einsprüche

    Nachdem in den Jahren 2012 und 2013 ein Anstieg der erhobenen Einsprüche zu verzeichnen war, ist die Zahl der eingelegten Einsprüche in den Jahren 2014 bis 2016 auf nunmehr circa 3,3 Mio. Einsprüche zurückgegangen.

    Eine Aussage darüber, wie häufig Bescheide der Finanzämter mit einem Einspruch angefochten werden, ist jedoch nicht möglich. Hierzu müsste bekannt sein, wie viele Verwaltungsakte die Finanzämter jährlich erlassen. Daten hierzu liegen dem BMF aber nicht vor, zumal mit dem Einspruch nicht nur Steuerbescheide angefochten werden können, sondern auch sonstige Verwaltungsakte, wie z. B. die Ablehnung einer Stundung, eines Steuererlasses oder einer Aussetzung der Vollziehung, die Anordnung einer Außenprüfung, die Festsetzung eines Verspätungszuschlags oder eine Pfändung.

    Erledigte Einsprüche

    Die Zahl der im Jahr 2016 erledigten Einsprüche hat sich im Vergleich zum Vorjahr um 9,0 % vermindert. Sie liegt aber weiterhin über der Zahl der Eingänge desselben Jahres, sodass der Bestand der unerledigten Einsprüche zum Jahresende erneut um 6,0 % abgebaut werden konnte (siehe Tabelle 1).

    Die Verteilung auf die Erledigungsarten „Rücknahme“, „Abhilfe“, „Einspruchsentscheidung ohne Teil-Einspruchsentscheidung“ und „Teil-Einspruchsentscheidung“ und ab 2014 auf die neue Erledigungsart „Auf andere Weise“ (siehe „Gegenstand der Einspruchsstatistik“) ist weitgehend konstant. Die Daten zu den Erledigungsarten lassen aber nur bedingt Rückschlüsse darauf zu, wie häufig die mit dem Einspruch angefochtenen Bescheide fehlerhaft waren. Hierzu ist Folgendes zu beachten:

    • Abhilfen (hierauf entfallen circa zwei Drittel der erledigten Einsprüche) beruhen häufig darauf, dass erst im Einspruchsverfahren Steuererklärungen abgegeben, Aufwendungen geltend gemacht oder belegt werden. Außerdem kann Einsprüchen, die im Hinblick auf anhängige gerichtliche Musterverfahren eingelegt wurden, durch Aufnahme eines Vorläufigkeitsvermerks in den angefochtenen Steuerbescheiden abgeholfen worden sein. Des Weiteren kann eine Abhilfe auch darauf beruhen, dass der Steuerbürger seinen ursprünglichen Einspruchsantrag nach einer Erörterung mit dem Finanzamt eingeschränkt hat.
    • Eine Rücknahme des Einspruchs (circa ein Fünftel der erledigten Einsprüche) deutet zunächst darauf hin, dass der angefochtene Bescheid fehlerfrei war. Einer Einspruchsrücknahme kann aber auch ein Änderungsbescheid vorangegangen sein, der dem Antrag des Steuerbürgers teilweise entsprochen hat.
    • Auch in einer Einspruchsentscheidung (circa ein Zehntel der erledigten Einsprüche) kann dem Antrag des Steuerbürgers teilweise entsprochen worden sein.

    Teil-Einspruchsentscheidungen (§ 367 Abs. 2a AO) werden in der Statistik als Erledigungsfall behandelt, da die Verwaltung davon ausgeht, dass insoweit die Einspruchsverfahren in den meisten Fällen später durch eine Allgemeinverfügung nach § 367 Abs. 2b AO abgeschlossen werden können, was dann kein Erledigungsfall im Sinne der Statistik ist. Diese Zählweise ändert jedoch nichts daran, dass nach Erlass einer Teil-Einspruchsentscheidung das Einspruchsverfahren weiter (wenn auch in beschränktem Umfang) anhängig bleibt.

    Anfangsbestand und Endbestand

    Der Bestand der jeweils zum 31. Dezember anhängigen Einspruchsverfahren konnte im Vergleich zum Jahr 2012 um circa 1,6 Mio. Einsprüche auf nunmehr circa 2,4 Mio. Einsprüche abgebaut werden. Es kann aber nicht davon ausgegangen werden, dass alle diese Einsprüche auch „bearbeitungsreif" waren. Vielmehr waren

    • zum 31. Dezember 2016 insgesamt 1.233.952 Einspruchsverfahren,
    • zum 31. Dezember 2015 insgesamt 1.291.038 Einspruchsverfahren,
    • zum 31. Dezember 2014 insgesamt 1.528.142 Einspruchsverfahren,
    • zum 31. Dezember 2013 insgesamt 2.346.299 Einspruchsverfahren und
    • zum 31. Dezember 2012 insgesamt 2.556.619 Einspruchsverfahren

    nach § 363 Abs. 1 AO ausgesetzt oder ruhten gemäß § 363 Abs. 2 AO. Nach § 363 AO ausgesetzte oder ruhende Verfahren dürfen nicht mit einer Aussetzung der Vollziehung nach § 361 AO verwechselt werden.

    Klagen

    Die Zahl der gegen die Finanzämter erhobenen Klagen ist im Jahr 2016 gegenüber dem Vorjahr um 2 % gestiegen. Statt 59.830 Klagen im Jahr 2015 wurden im Jahr 2016 insgesamt 61.018 Klagen erhoben. Im Vergleich zu den insgesamt im Jahr 2016 durch die Finanzämter erledigten Einsprüchen entspricht dies einer Quote von weniger als 1,8 %.

    Klagen

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    Tabelle 2

    Bei einem Vergleich mit der vom Statistischen Bundesamt erstellten Statistik der Finanzgerichte6 ist zu beachten, dass diese auch Klagen erfasst, die nicht nur gegen die Finanzämter, sondern auch gegen andere Finanzbehörden gerichtet sind (siehe „Gegenstand der Einspruchsstatistiken“). Außerdem sind die Zählweisen nicht identisch. Für die Einspruchs- und Klagestatistik der Finanzämter ist maßgebend, wie viele Verwaltungsakte ein Einspruch betrifft. In der Statistik der Finanzgerichte wird eine Klage, die sich gegen mehrere Verwaltungsakte richtet, dagegen nur als ein Fall gezählt (z. B. eine Klage gegen einen aufgrund einer Außenprüfung ergehenden Änderungsbescheid für mehrere Veranlagungszeiträume).

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