- Vom 25. bis 26. Juni 2018 tagten die Gouverneure der Asiatischen Infrastruktur-Investitionsbank (AIIB) in Mumbai (Indien).
- Unter dem Motto „Mobilizing Finance for Infrastructure: Innovation and Collaboration“ trafen sich mehr als 3.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, darunter Angehörige aus den Regierungen der AIIB-Mitgliedsländer, von internationalen Organisationen, von interessierten Unternehmen sowie zivilgesellschaftlichen Institutionen.
- Die AIIB ist nach nur zweieinhalb Jahren Geschäftstätigkeit mit 87 Mitgliedsländern nach der Weltbank mittlerweile die zweitgrößte globale Entwicklungsinstitution. Die Bestnoten durch die drei großen Rating-Agenturen bescheinigen die erfolgreiche Einbindung der AIIB in die internationale Finanzarchitektur.
Tagung des Gouverneursrates am 25. und 26. Juni 2018
Bericht des Managements
Unter dem Vorsitz des geschäftsführenden indischen Finanzministers Piyush Goyal kamen die Mitglieder des Gouverneursrates der Asiatischen Infrastruktur-Investitionsbank (AIIB) vom 25. bis 26. Juni 2018 in Mumbai zu ihrer dritten Jahrestagung zusammen.
Die Asiatische Infrastruktur-Investitionsbank (AIIB)
ist eine multilaterale Entwicklungsbank mit Sitz in Peking (China), die im Januar 2016 mit 57 Gründungsmitgliedern, darunter Deutschland, gestartet ist. Ziel der Bank ist die Förderung von Infrastrukturinvestitionen in Asien und damit der nachhaltigen wirtschaftlichen Entwicklung dieser Region. Das Stammkapital der Bank beträgt 100 Mrd. $, wovon 75 % regionalen und 25 % nichtregionalen Mitgliedern zugeteilt sind. Die Bundesrepublik Deutschland hält einen Anteil von rund 4,5 % am gezeichneten Kapital der Bank und ist so nach China (30,1 %), Indien (8,5 %) und Russland (6,6 %) der viertgrößte und gleichzeitig der größte nichtregionale Anteilseigner. Deutscher Gouverneur bei der AIIB ist Bundesfinanzminister Olaf Scholz.
In seiner Eröffnungsrede unterstrich AIIB-Präsident Jin Liqun bestehende Finanzierungsbedarfe in Asien, wo 11 % der Bevölkerung nach wie vor in Armut lebten, insbesondere in Gebieten mit geringer Weltmarktanbindung. Die Schaffung adäquater, auch grenzüberschreitender Infrastruktur könne entscheidend zu einer nachhaltigen wirtschaftlichen Entwicklung und damit zur Schaffung von Wohlstand in der Region beitragen. Dies sei ein Kernanliegen der AIIB.
Um die benötigten Mittel zur Finanzierung der Infrastruktur aufzubringen, so Präsident Jin weiter, müssten Beiträge von unterschiedlicher Seite kommen. Bisher habe die AIIB ihre Mittel vor allem in Rahmen von Ko-Finanzierungen mit anderen multilateralen Banken bereitgestellt. Nun gehe es auch vermehrt darum, eigenständig Projekte zu entwickeln und zunehmend privates Kapital zu beteiligen. Für tragfähige Lösungen sei angesichts der z.T. sehr hohen Auslandsverschuldung in den Ziel-Ländern die Einbindung des heimischen Privatsektors sowie lokaler Finanzinstitute notwendig. Wichtig seien eine angemessene und kostendeckende Bepreisung von Infrastrukturdienstleistungen. Auch innovative Finanzierungsmechanismen sollten zur Mobilisierung privater Kapitalquellen langfristig orientierter institutioneller Investoren genutzt werden. Hierzu investiert die AIIB bspw. 150 Mio. $ in einen privat gemanagten Infrastrukturfonds („India National Investment and Infrastructure Fund“), der Private-Equity-Investitionen tätigt. So könne man auch kleinere Projekte unterstützen, bei denen die direkte Finanzierung durch die AIIB nicht effizient wäre. Alle Projektfinanzierungen müssen Umwelt- und soziale Aspekte berücksichtigen, um nachhaltige Lösungen zu bieten.
Präsident Jin informierte die Gouverneure des Weiteren über die Geschäftsentwicklung der Bank in den Bereichen Mitglieder, Personal und Finanzaktivitäten und zog auch hier eine positive Bilanz.
Insgesamt blicke die AIIB auf eine gelungene Auftaktphase zurück. Nach der Aufnahme Libanons im Zuge der Jahrestagung hat die AIIB nunmehr 87 Mitglieder (hiervon 21 noch im Ratifizierungsprozess). Als wachsende Organisation bestünde nach wie vor ein großer Bedarf an qualifizierten Fach- und Führungskräften aus aller Welt (Deutschland ist derzeit mit sieben Mitarbeitern bei der Bank, darunter mit dem Vizepräsidenten für Geschäftspolitik und Strategie sowie dem Chief Risk Officer auch im Top-Management, vertreten).
Auch in finanzieller Hinsicht stehe die Bank gut da: Bereits 2017 hätten alle drei großen Rating-Agenturen (Standard & Poor's, Moody's und Fitch Ratings) die AIIB mit Bestnoten beurteilt. Damit seien wichtige Weichen für weitere Projekte, aber auch für mögliche Beteiligungen privater Geldgeber an den Aktivitäten der Bank gestellt. Seit Aufnahme ihrer Geschäftstätigkeit im Januar 2016 hat die AIIB ihr Portfolio mittlerweile auf rund 5,3 Mrd. $ ausgeweitet.
In ihren Finanzierungen setze die Bank weiterhin Schwerpunkte: Auf den Bereich Energie entfällt aktuell ein Portfolio-Anteil von fast 50 % und auf Verkehr annähernd 30 %; 75 % aller Aktivitäten der AIIB verteilen sich auf sechs Länder (Indien, Indonesien, Türkei, Aserbaidschan, Pakistan und Oman). Rund ein Drittel aller Projekte setzt die AIIB als Stand-Alone-Vorhaben um; dieser Anteil soll weiter steigen. Auch für die weitere Projektentwicklung sollen die etablierten hohen Standards der Bank gelten.
Stellungnahme Deutschlands
Deutschland äußerte sich bei der Jahrestagung anerkennd zur Entwicklung der AIIB. Als neue multilaterale Bank für das 21. Jahrhundert habe die AIIB das Vertrauen und die Erwartungen ihrer Gründungsmitglieder und Anteilseigner nicht enttäuscht: Ihr Projektportfolio und ihre Mitgliederzahl seien trotz ihrer erst relativ kurzen Geschäftstätigkeit beeindruckend angewachsen, und die Bank arbeite mit relevanten multilateralen Banken erfolgreich zusammen. Die drei großen Rating-Agenturen haben dies durch Bestnoten bestätigt.
Deutschland wies darauf hin, dass diese solide Ausgangsposition eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung für den künftigen Erfolg der AIIB sei. Angesichts des hohen Finanzierungsbedarfs für Infrastruktur in Asien sei es aus deutscher Sicht für die AIIB besonders wichtig, den Privatsektor aktiv einzubeziehen. Als Bank, die sich selber das Leitbild einer „lean, clean, and green“ operierenden Organisation gegeben habe, müsse sie dafür Sorge tragen, dass ihre Projekte nicht nur finanziell, sondern auch in Bezug auf soziale und Umwelt-Fragen nachhaltig ausgestaltet seien.
Der Aufbau eigener Expertise und die Kooperationen mit etablierten Partner-Institutionen unterstreichen die sorgfältige und zielgerichtete Herangehensweise der Bank. Jetzt gehe es darum, dass die Bank immer stärker eigene Projekte entwickle. Als möglicher Kompass für die weitere Kursbestimmung der AIIB sei hierbei auch das im Rahmen der deutschen G20 Präsidentschaft entwickelte Joint MDB Statement of Ambitions for Crowding in Private Finance zu erwähnen.
Deutschland sage hierfür der Bank seine volle Unterstützung zu.
Jahrestagung 2019 in Luxemburg
Das nächste Jahrestreffen der AIIB soll vom 12. bis 13. Juli 2019 in Luxemburg stattfinden. Der luxemburgische Finanzminister Pierre Gramegna hob die Bedeutung für sein Land hervor, das erste nicht-regionale Jahrestreffen der Bank in Europa auszurichten. AIIB-Vizepräsident Sir Danny Alexander betonte das große Engagement der europäischen Anteilseigner der Bank. Es sei daher sehr begrüßenswert, wenn sich bereits im noch frühen Entwicklungsstadium der AIIB eine Gelegenheit biete, die Mitglieder der AIIB in Europa zusammenzubringen.
Mittlerweile sind 23 europäische Länder Mitglied der AIIB, drei davon noch im Ratifizierungsprozess; zusammen haben die europäischen Anteilseigner einen Kapitalanteil von 21 %. Im Direktorium sind sie durch zwei Stimmrechtsgruppen vertreten, die Eurozonen-Stimmrechtsgruppe mit zwölf (perspektivisch 14) und die Weiteres-Europa-Stimmrechtsgruppe mit acht (perspektivisch neun) Mitgliedern. Damit hat Europa eine wichtige Stimme in allen Belangen hinsichtlich der Aufsicht, der Geschäftspolitik und Strategiediskussionen der Bank.
Seminare unter Einbeziehung von Zivilgesellschaft und Wirtschaft am 25. und 26. Juni 2018
Neben den offiziellen Sitzungen des Gouverneursrates boten wie bereits in den Vorjahren auch verschiedene Seminare und Panel-Diskussionen den rund 3.000 anwesenden Teilnehmerinnen und Teilnehmern Gelegenheit, sich zu aktuellen Themen der AIIB auszutauschen. Hierzu gehörten Veranstaltungen u. a. zur Frage, wie Kapital aus Pensions- und Versicherungsfonds für Infrastrukturprojekte gewonnen werden könne, oder Transparenz und soziale Verantwortung der AIIB im Austausch mit Organisationen der Zivilgesellschaft.
Für die Bundesregierung spielte hierbei auch der Dialog mit Vertreterinnen und Vertretern zivilgesellschaftlicher Institutionen eine besondere Rolle. Deren Einbezug in die Entscheidungs- und Entwicklungsprozesse der AIIB ist bei der Positionierung Deutschlands innerhalb der Bank von besonderer Bedeutung. Der aktive Dialog mit zivilgesellschaftlichen Einrichtungen ist derzeit insbesondere relevant im Rahmen der Überarbeitung der Informationspolitik und des Beschwerdemechanismus der Bank.
Zusammenfassung und Ausblick
Die Bundesregierung setzt mit ihrer Beteiligung an der AIIB das Engagement Deutschlands in der multilateralen Zusammenarbeit mit internationalen Entwicklungs- und Finanzinstitutionen fort. Hierbei gilt es unverändert, auf hohe Standards für alle Geschäfts- und Strategiebereiche der Bank hinzuwirken und gleichzeitig die Mobilisierung privater Finanzierung mit voranzutreiben.
Die Jahresversammlung des Gouverneursrates hat gezeigt, dass die AIIB hierfür wichtige Weichen gestellt hat. Die Bestnoten durch die drei großen Rating-Agenturen und deren Bestätigung durch den bei der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich angesiedelten Basler Ausschuss für Bankenaufsicht im November 2017 und durch den ECOFIN-Rat im Mai 2018 in Form einer 0 %igen Risikogewichtung bescheinigen die erfolgreiche Einbindung der Bank in die internationale Finanzarchitektur.
Mit der im Februar 2018 verabschiedeten Strategie zur Mobilisierung von privatem Kapital für Infrastruktur setzt die AIIB ihre diesbezüglichen Ziele um und trägt damit auch zur Etablierung von Infrastruktur in Schwellenländern als Anlageklasse bei. Bisher hat die AIIB bereits einige innovative Ansätze bei der Projektfinanzierung eingebracht. Ebenso versucht sie zunehmend, den privaten Sektor in die Finanzierung von Infrastrukturprojekten einzubinden, wie z.B. durch den bereits erwähnten India National Investment and Infrastructure Fund oder die 2017 bewilligte Beteiligung am India Infrastructure Fund, aber auch im Rahmen der Verkehrsstrategie durch Realisierung von öffentlich-privaten Partnerschaften.
Die AIIB ist nach nur zweieinhalb Jahren Geschäftstätigkeit gemessen an der Zahl ihrer Mitgliedsländer nach der Weltbank mittlerweile die zweitgrößte multilaterale Entwicklungsinstitution. Die Bank fokussiert sich bei ihren Finanzierungen, wie in ihrem Mandat vorgesehen, auf Infrastrukturfinanzierung in Asien. Der hohe Infrastrukturinvestitionsbedarf verlangt nach Kooperation und Bündelung von Kräften. Die Zusammenarbeit der AIIB mit anderen internationalen Finanzinstitutionen, wie der Weltbank, der Asiatischen Entwicklungsbank, aber auch der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung oder der Europäischen Investitionsbank (EIB), bei Projektfinanzierungen funktioniert sehr gut.
Beim Aufbau interner Strukturen – der Governance – ist die Bank vom Muster der meisten multilateralen Entwicklungsbanken abgewichen. Das Direktorium ist, ähnlich wie bei der EIB, ein sogenanntes non-resident Board, d.h. die Direktoren sind nicht Angestellte der Bank, sondern kommen als Vertreter der jeweils zuständigen Ministerien physisch nur vier Mal jährlich zusammen. Damit wurde ein großer Schritt zum Aufbau einer kostensparenden schlanken Organisation getan. Darüber hinaus wurde mit der Verabschiedung des sog. Accountability Framework wie in den Statuten der AIIB vorgesehen ein Rahmenwerk geschaffen, das zum einen dem Präsidenten (und dem Management) der Bank ab dem kommenden Jahr unter bestimmten Bedingungen die Kompetenz bei der Projektbewilligung zugesteht, zum anderen die Rechenschaftspflicht des Präsidenten und des Managements gegenüber dem Direktorium erhöht und die Rolle des Direktoriums bezüglich seiner Aufsicht sowie der Geschäftspolitiken und Strategien der Bank stärkt. Hierzu wird ein Aufsichtssystem mit klaren Berichts- und Leistungsrichtlinien eingerichtet, das den Grundsätzen der Transparenz, Offenheit, Unabhängigkeit und Verantwortung Rechnung trägt. Zusammen mit einer ausgeprägten Risikokultur bildet dieses Governance-Modell damit einen innovativen Ansatz mit klarer Verantwortungszuordnung und stärkt die operationelle Effizienz.