Fortgesetzte konjunkturelle Expansion mit schwächerer Dynamik
Die deutsche Wirtschaft bleibt auf Wachstumskurs, wenngleich die Dynamik etwas abnehmen dürfte. Im 2. Quartal 2018 war das Bruttoinlandsprodukt (BIP) preis-, saison- und kalenderbereinigt um 0,5 % gegenüber dem 1. Quartal gewachsen. Das Wachstum wurde im 2. Quartal maßgeblich von der inländischen Verwendung getragen, wobei der private Konsum (+0,2 Prozentpunkte) und der Lageraufbau (+0,4 Prozentpunkte) am stärksten zur Expansion des BIP beitrugen. Dagegen bremste der Außenbeitrag das Wirtschaftswachstum (-0,4 Prozentpunkte).
Mit den Detailergebnissen wurden vom Statistischen Bundesamt im Rahmen der Sommerrechnung revidierte Daten für die Vorjahre 2014 bis 2017 veröffentlicht. Markante Aufwärtsrevisionen ergaben sich aufgrund nun vorliegender beziehungsweise revidierter Primärstatistiken für die Jahre 2014 und 2016, für welche die realen Wachstumsraten von je 1,9 % auf 2,2 % angehoben wurden. Zudem wurden die Quartalswachstumsraten für 2017 revidiert, wodurch sich der statistische Überhang des Jahres 2017 reduziert.
Die dynamische Arbeitskräftenachfrage des 1. Halbjahres hat sich zu Beginn des 2. Halbjahres fortgesetzt. Im Juli stieg die Erwerbstätigkeit saisonbereinigt sogar wieder stärker an als in den Vormonaten. Der Stellenindex der Bundesagentur für Arbeit hat sich zwar leicht verringert, liegt aber auf sehr hohem Niveau und signalisiert eine unvermindert hohe Arbeitsnachfrage. Somit ist ein weiterer Beschäftigungsaufbau – allerdings mit etwas reduzierter Dynamik – zu erwarten. Auch die Arbeitslosigkeit hat sich im Juli saisonbereinigt weiter verringert. Insgesamt begünstigt die sehr gute Arbeitsmarktlage zusammen mit Einkommenssteigerungen den privaten Konsum.
Dies zeigt sich auch in der Entwicklung des Steueraufkommens. So stiegen die Einnahmen der Steuern vom Umsatz im August um 8,6 % gegenüber dem Vorjahresmonat an, wobei die inländische Umsatzsteuer um 7,9 % über dem Vorjahresniveau lag. Auch das Aufkommen der Lohnsteuer profitierte von der Beschäftigungsexpansion sowie steigenden Einkommen. Das Aufkommen aus der Lohnsteuer brutto – ohne Abzug von Kindergeld und Altersvorsorgezulage – erhöhte sich um 3,9 % gegenüber dem Vorjahr. Die Einnahmen der konjunkturreagiblen gemeinschaftlichen Steuern sind im Jahresverlauf bis August deutlich um kumuliert 5,1 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum angestiegen.
Die weitere konjunkturelle Entwicklung ist allerdings mit Unsicherheiten verbunden. Zwar lassen die in die Zukunft gerichteten Indikatoren eine Fortsetzung der konjunkturellen Aufwärtsbewegung im weiteren Jahresverlauf erwarten. Die konjunkturelle Dynamik dürfte aber schwächer ausfallen. So werden die Impulse aus der Industrie für das 3. Quartal aufgrund des erneuten Rückgangs der Produktion im Verarbeitenden Gewerbe im Juli begrenzt sein. Auch die Auftragseingänge der Industrie waren im Juli erneut gesunken und belasten damit die Expansionsmöglichkeit, wenngleich die Auftragsreichweite weiterhin hoch bleibt.
Andererseits war der ifo-Geschäftsklimaindex für Deutschland im August nach drei Rückgängen in Folge deutlich angestiegen, insbesondere getragen durch deutlich optimistischere Geschäftserwartungen. Hier dürfte im Wesentlichen die Mäßigung im Handelsstreit zwischen der Europäischen Union (EU) und den USA die Stimmung aufgehellt haben. Aber die grundsätzlichen Risiken von Strafzöllen und die Gefahr einer Verschärfung des Handelskonflikts zwischen den USA und China bleiben bestehen. Ebenso bleibt die Gestaltung des Brexits weiter ungewiss. Auch Probleme von Unternehmen im Zuge der Umstellung auf den neuen Standard zur Verbrauchsmessung bei Kfz könnten sich konjunkturell auswirken, ohne dass sich Effekte derzeit konkret abschätzen lassen.
Importe steigen erneut deutlich, Exporte leicht rückläufig
Im Juli sind die nominalen Warenexporte gegenüber dem Vormonat leicht zurückgegangen (saisonbereinigt -0,9 % nach +0,1 % im Juni). Gegenüber dem Vorjahresniveau legten die Warenausfuhren allerdings erneut deutlich zu (+7,6 %). In EU-Länder wurden im Zeitraum Januar bis Juli Waren im Wert von 461,1 Mrd. € exportiert. Dies ist ein Anstieg um 5,8 % gegenüber dem gleichen Zeitraum im Vorjahr, wobei die Ausfuhren in den Euroraum um 6,8 %, in EU-Länder außerhalb des Euroraums um 4,1 % und in Drittländer um 2,6 % expandierten.
Die nominalen Warenimporte stiegen auch im Juli sowohl gegenüber dem Vormonat (saisonbereinigt +2,8 % nach +1,3 % im Juni) als auch gegenüber dem Vorjahreszeitraum (+12 % nach +10,3 % im Juni) sehr kräftig an. Von Januar bis Juli sind die Einfuhren aus EU-Ländern um 6,5 % und aus Drittländern um 4,8 % gegenüber dem Vorjahr gestiegen.
Somit bleibt die Handelsbilanz (nach Ursprungswerten, mit Ergänzungen zum Außenhandel) auch im Zeitraum von Januar bis Juli 2018 mit 151,3 Mrd. € unter dem entsprechendem Vorjahresniveau (-2,9 Mrd. €). Der Leistungsbilanzüberschuss übertraf allerdings das Vorjahresniveau von Januar bis Juli um 10,3 Mrd. €.
Die Entwicklung der nominalen Warenexporte startet verhalten in die 2. Jahreshälfte, der stabilere Dreimonatsvergleich ist allerdings weiterhin positiv gerichtet. Damit spiegelte die aktuelle Exportentwicklung die u. a. im CBP-World-Trade-Monitor sichtbare Abflachung des Welthandels wider. Insgesamt zeichnen die nationalen Indikatoren aber ein uneinheitliches Bild des Außenhandels. Die ifo-Exporterwartungen im Verarbeitenden Gewerbe haben sich im August zwar erneut leicht verbessert, das Volumen neuer Auslandsaufträge der Industrie ist im Juli dagegen gesunken. Zudem bleibt die Unsicherheit über die zukünftige Handelsentwicklung hoch, was für eine fortgesetzt verhaltene Entwicklung der Ausfuhren in den nächsten Monaten spricht. In der sehr dynamischen Entwicklung der nominalen Importe dürften sich die kräftigen Preissteigerungen der Importpreise, insbesondere bei Energieprodukten, bemerkbar machen. So liegt aktuell der Rohölpreis in Euro um rund 45 % über dem Vorjahresniveau.
Schwacher Einstieg der Industrie ins 3. Quartal
Die Produktion im Produzierenden Gewerbe nahm im Juli 2018 ab. Arbeitstage- und saisonbereinigt verringerte sich die Produktion im Produzierenden Gewerbe um 1,1 % gegenüber Juni, nach einem Rückgang um 0,7 % im Vormonat.
Insbesondere die Industrieproduktion gab gegenüber dem Vormonat deutlich nach (arbeitstage- und saisonbereinigt -1,9 % nach -0,7 % im Juni). Im etwas stabileren Zweimonatsvergleich verzeichnet die Industrie damit gegenüber der Vorperiode einen Rückgang um 0,6 %. Während die Konsumgüter-Produktion leicht aufwärtsgerichtet war (+0,7 %), gingen die Vorleistungsgüter leicht (-0,1 %) und die Investitionsgüter deutlich (-1,2 %) zurück.
Auch die Industrieumsätze nahmen im Juli um 1,8 % (kalender- und saisonbereinigt) gegenüber dem Vormonat ab. Die Umsätze gaben sowohl im Inland um 1,7 % als auch im Ausland um 1,8 % gegenüber dem Vormonat deutlich nach. Auch im Zweimonatsvergleich ergibt sich für die Umsätze der Industrie nun ein Rückgang von 1,2 % gegenüber der Vorperiode.
Der Auftragseingang im Verarbeitenden Gewerbe war im Juli leicht rückläufig (kalender- und saisonbereinigt -0,9 % gegenüber dem Juni) nach einem kräftigen Rückgang im Vormonat (-3,9 %). Der Rückgang der neuen Aufträge aus dem Ausland hat maßgeblich zum Gesamtergebnis beigetragen. So gingen Aufträge aus dem Euroraum um 2,7 % zurück, Aufträge aus dem Nicht-Euroraum gar um 4,0 %. Inlands-Aufträge kompensierten diese Entwicklung etwas mit einem Anstieg von 2,4 %. Im Zweimonatsvergleich sind die Auftragseingänge nun deutlich mit 3,1 % gegenüber der Vorperiode im Minus. Auch hier sind insbesondere die Aufträge aus dem Ausland spürbar abwärtsgerichtet (-5,7 %), während sich die Inlandsaufträge sich leicht positiv entwickeln (+0,7 %).
Dagegen entwickelte sich die Bauproduktion positiv und nahm im Juli arbeitstage- und saisonbereinigt um 2,6 % gegenüber dem Juni zu. Im Zweimonatsvergleich ist die Bauproduktion damit leicht aufwärtsgerichtet (+0,7 %).
Nach einem leicht aufwärtsgerichteten 2. Quartal (+0,3 %) ist die Produktion im Verarbeitendem Gewerbe schwach ins 3. Quartal gestartet. Auch die Auftragseingänge sind im Juli erneut zurückgegangen. Da insbesondere die Aufträge aus dem Ausland (vor allem aus dem Nicht-Euroraum) zum Rückgang der Aufträge beitrugen, dürften sich hier die Abflachung des Welthandels sowie die außenwirtschaftlichen Risiken widerspiegeln.
Sowohl die Rückgänge in der Industrieproduktion als auch die rückläufigen Aufträge könnten auch durch Engpässe bei den Typenzulassungen nach dem neuen Standard zur Verbrauchsmessung bei Kfz temporär verstärkt worden sein. Der Rückgang der Produktion im Juli belastet zwar das 3. Quartal. Allerdings lassen der aktuell deutliche Anstieg des ifo-Geschäftsklimas im August (insbesondere der Geschäftserwartungen) sowie die weiterhin hohe Auftragsreichweite eine moderate Ausweitung der Industrieproduktion im weiteren Jahresverlauf erwarten.
Privater Konsum stützt binnenwirtschaftliche Expansion
Nach einer Ausweitung um 0,5 % (preis-, saison- und kalenderbereinigt) im 1. Quartal ist der private Konsum im 2. Quartal 2018 um 0,3 % zum Vorquartal angestiegen. Hierzu trugen spürbare Beschäftigungs- und Einkommenszuwächse bei, wodurch die Arbeitnehmerentgelte mit 4,7 % gegenüber dem Vorjahresquartal kräftig expandierten. Dies spiegelt sich in der weiterhin sehr guten Stimmung der Verbraucher wider.
Das GfK-Konsumklima liegt mit 10,5 Punkten auf einem sehr hohen Niveau. Zwar gehen die Einkommenserwartungen sowie die Anschaffungsneigung leicht zurück. Gestützt auf die weiterhin sehr gute Arbeitsmarktsituation befinden sie sich aber immer noch auf einem sehr hohen Niveau. Die Abrüstung im Handelsstreit zwischen den USA und der EU führte zudem zu einer wieder positiveren Bewertung der Konjunkturaussichten durch die Verbraucher.
Insgesamt ist die aktuelle Situation im Einzelhandel somit positiv zu bewerten, auch wenn die Einzelhandelsumsätze (ohne Kfz) im Juli leicht um saisonbereinigt 0,4 % nachgaben. Die Kauflust der Konsumenten ist ungebremst. Damit einhergehend stiegen auch die Erwartungen des Einzelhandels für die kommenden sechs Monate im ifo-Geschäftsklima leicht an.
Saisonbereinigter Rückgang von Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung setzt sich fort
Nach Ursprungswerten lag im Juli die Zahl der Erwerbstätigen (Inlandskonzept) bei 44,94 Millionen Personen (+574.000 Personen beziehungsweise +1,3 % gegenüber dem Vorjahr). Saisonbereinigt nahm die Erwerbstätigenzahl kräftig um 46.000 Personen gegenüber dem Vormonat zu (Juni: +31.000 Personen). Wie schon in den Vormonaten ist der Anstieg der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung der Treiber für die Erwerbstätigkeit. Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung (nach Hochrechnung der Bundesagentur für Arbeit) lag im Juni bei 32,87 Millionen Personen. Der Vorjahresstand wurde damit um 704.000 Personen überschritten. Saisonbereinigt verzeichnete die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ein kräftiges Plus von 55.000 Personen gegenüber dem Vormonat (Mai: +26.000 Personen). Die größten Zuwächse zeigten sich im Vorjahresvergleich wiederholt in den Bereichen Metall-, Elektro- u. Stahlindustrie sowie qualifizierte Unternehmensdienstleistungen.
Im August stieg die Zahl der registrierten Arbeitslosen saisonbedingt an. Im August waren nach Ursprungswerten 2,35 Millionen Personen als arbeitslos registriert. Das waren rund 26.000 Personen mehr als im Vormonat und 194.000 Personen weniger als vor einem Jahr. Die entsprechende Arbeitslosenquote lag bei 5,2 % und damit um 0,5 Prozentpunkte unter der Quote des Vorjahresmonats. Die saisonbereinigte Arbeitslosenzahl sank dagegen erneut um 8.000 Personen gegenüber dem Vormonat. Im Juni 2018 betrug die Zahl der Erwerbslosen (nach Konzept der International Labour Organization, ILO und Ursprungszahlen) 1,44 Millionen Personen. Die Erwerbslosenquote lag nach Ursprungszahlen sowie saisonbereinigt bei 3,4 %.
Der Stellenindex der Bundesagentur für Arbeit (BA-X), der die Arbeitskräftenachfrage am ersten Arbeitsmarkt abbildet, ist nach dem Anstieg im vergangenen Monat im August um 3 Punkte auf 252 Punkte zurückgegangen. Im Vergleich zum Vorjahr liegt der BA-X um 11 Punkte höher. Auch die Einstellungsbereitschaft der Industrie (ifo-Umfrage) war leicht zurückgegangen; in den Dienstleistungssektoren stieg sie jedoch deutlich an. Die sehr hohen Niveaus der Indizes deuten aber auf eine weiterhin gute Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt in den kommenden Monaten hin, wenngleich die Dynamik auch vor dem Hintergrund zunehmender Knappheit an qualifizierten Arbeitskräften abnehmen dürfte.
Inflation bleibt im August unverändert
Nach Angaben des Statistischen Bundesamts ist der Verbraucherpreisindex im August 2018 im Vorjahresvergleich um 2,0 % gestiegen (nach ebenfalls 2,0 % im Vormonat). Gegenüber dem Vormonat lag der Anstieg bei 0,1 %. Erneut waren die stark angestiegenen Energiepreise (+6,9 %) der Haupttreiber der Inflation. Die Preise für Nahrungsmittel stiegen um 2,5 % (+2,6 % im Juli). Die Dienstleistungspreise (+1,4 %), darunter auch die Wohnungsmieten (+1,6 %), erhöhten sich im August unterdurchschnittlich.
Die Erzeugerpreise gewerblicher Produkte stiegen im Juli 2018 gegenüber dem Vorjahresmonat wie bereits im Juni um 3,0 %. Weiterhin sind die steigenden Preise der Energiegüter (+6,5 % gegenüber dem Vorjahresmonat) maßgeblich für den Anstieg verantwortlich. Ohne Berücksichtigung von Energie stiegen die Erzeugerpreise deutlich moderater um 1,9 %.
Insbesondere stiegen im Juli die Importpreise erneut deutlich um 5 % gegenüber dem Vorjahr an (nach +4,8 % im Juni und +3,2 % im Mai). Auch hier bestimmte die Dynamik der Einfuhrpreise für Energie (+37,9 % gegenüber dem Vorjahresmonat) den Verlauf der Importpreise. Insbesondere Rohöl (+49,9 %) und Mineralölerzeugnisse (+39,2 %) waren deutlich teurer als im Vorjahr. Ohne Energie lag der Einfuhrpreisindex um 1,4 % über dem Stand des Vorjahres.
Im Vergleich zum Juli blieb das Inflationsbild im August 2018 nahezu unverändert. Auch die Kerninflationsrate (ohne Energie- und Nahrungsmittelpreise) verharrt bei +1,3 % gegenüber dem Vorjahr und bleibt somit deutlich niedriger als die gesamte Verbraucherpreisinflation. Der Rohölpreis hat sich gegenüber dem Vormonat kaum verändert und stabilisiert sich damit auf einem hohen Niveau, lag aber rund 50 % über seinem Niveau des Vorjahres. Der Preisdruck durch den hohen Rohölpreis sollte sich aber abschwächen. Allerdings bleiben geo- und wirtschaftspolitische Risiken bestehen. Insgesamt sollte im weiteren Jahresverlauf mit einer ruhigen Preisentwicklung zu rechnen sein.