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  • Analysen und Berichte

    Stif­tungs­kon­fe­renz der Stif­tung „Geld und Wäh­rung“

    • Am 15. November 2018 fand im BMF in Berlin die zweite Stiftungskonferenz der Stiftung „Geld und Währung“ statt.
    • Unter dem übergeordneten Thema „Herausforderungen der anhaltenden Niedrigzinsphase“ trafen sich mehr als 80 Teilnehmende, darunter Vertreterinnen und Vertreter der Wissenschaft, der Verbände, von interessierten Unternehmen und des BMF.
    • Eingebettet in die Konferenz war die erstmalige Verleihung des Stiftungspreises.

    Einleitung

    Die zweite Stiftungskonferenz der Stiftung „Geld und Währung“ widmete sich der andauernden Niedrigzinsphase und den daraus resultierenden Herausforderungen für den Finanzmarkt. Banken fällt es zunehmend schwer, ihre Zinskosten zu verdienen. Lebensversicherer stehen vor der Herausforderung, die versprochenen Zinsgarantien zu erwirtschaften. Dies macht eine Anpassung der Geschäftsmodelle an die Bedingungen niedriger Zinsen erforderlich.

    Der politische Ordnungsrahmen im Umfeld niedriger Zinsen

    In ihrer Eröffnungsrede unterstrich die Parlamentarische Staatssekretärin Christine Lambrecht die Bedeutung der Stabilität des Geldwesens in der anhaltenden Niedrigzinsphase. Einen besonderen Fokus legte sie auf die Rolle einer effizienten Finanzaufsicht im Umfeld niedriger Zinsen. Denn in Zeiten niedriger Zinsen ist ein breiteres Verständnis von „stabilem Geld“ nötig als die reine Frage nach Inflationsraten. Ein stabiles Geldwesen braucht stabile und damit handlungsfähige Institutionen und einen stabilen Finanzmarkt, der seine realwirtschaftliche Funktion zu jeder Zeit – und damit auch in Stressphasen – erfüllen kann. Wie auch in der Politik bedeutet Stabilität hier Verlässlichkeit für alle Akteure des Finanzmarkts und damit insbesondere auch für Bürger und Unternehmen.

    Dank zahlreicher Maßnahmen wurde – so zeigte sie in der Rückschau – in den vergangenen Jahren viel erreicht, um die Stabilität des Finanzsektors auch unter den Rahmenbedingungen niedriger Zinsen zu sichern. Mit Blick auf die Aufsicht über einzelne Akteure sind die Schaffung europäischer Aufsichtsbehörden und insbesondere die Etablierung der einheitlichen europäischen Bankenaufsicht hervorzuheben.

    Die gemeinsame Aufsicht ist ein Grundpfeiler der europäischen Bankenunion, die durch den europäischen Abwicklungsmechanismus und die Harmonisierung nationaler Einlagensicherungssysteme ergänzt wird. Der Abwicklungsmechanismus soll sicherstellen, dass die Schieflage einzelner Banken nicht zur Gefahr für das ganze System werden kann. Mit dem „Bail-in“ als zentralem Instrument der Abwicklung wurde die ökonomische Beziehung zwischen Risiko und Haftung wiederhergestellt.

    Die globale Finanzkrise hat vor Augen geführt, dass die Stabilität einzelner Unternehmen nicht zwangsläufig auch die Stabilität des Systems gewährleistet. Vielmehr kann kollektives Verhalten bei ähnlichen Risiken zu einer systemischen Gefahr werden. Daher wurde die klassische, auf den einzelnen Marktakteur ausgerichtete Aufsicht um eine systemweite Perspektive ergänzt. Die Aufgabe dieser makroprudenziellen Aufsicht ist die Früherkennung von Risiken für die Finanzstabilität in allen Sektoren.

    Eine stabilitätsorientierte Finanzaufsicht benötigt neben einer funktionsfähigen Risikoüberwachung auch geeignete Instrumente, um Risiken zu begrenzen. Dieser Instrumentenkasten muss mit Blick auf neue Risiken im Umfeld niedriger Zinsen ausreichend flexibel sein.

    Diese bereits umgesetzten Maßnahmen tragen zu einem stabilen Geldwesen bei. Das einmalige Ausmaß an geldpolitischer Lockerung hat jedoch bisherige Grundannahmen und Lehrsätze der Ökonomie in Frage gestellt. Umso wichtiger ist die Förderung der Forschung in diesem Bereich, die sich die Stiftung „Geld und Währung“ zum Ziel gesetzt hat und die zum Erhalt eines stabilen Geldwesens auch in Zukunft beitragen kann.

    Förderungsmöglichkeiten in Zeiten niedriger Zinsen

    Die anhaltende Niedrigzinsphase stellt nicht nur für Anleger, Versicherungen und Banken, sondern auch für die etwa 22.000 Stiftungen in Deutschland eine zunehmende Herausforderung dar. Denn diese finanzieren ihre Aufgaben mit Erträgen aus dem Stiftungsvermögen. Diese Erträge sind jedoch seit Jahren rückläufig.

    Prof. Dr. Thomas M. J. Möllers, der Vorsitzende des Stiftungsrates, erläuterte, wie die Stiftung „Geld und Währung“ dieser Herausforderung über eine passive Anlagestrategie nach dem Benchmarkkonzept begegnet. Dabei ist es Ziel der Kapitalanlage, pro Jahr mindestens 1 Mio. € auszuschütten und zugleich das durch die Bundesbank verwaltete Stiftungskapital langfristig zu erhalten. Diese Ziele konnten erreicht werden, indem der Aktienanteil in einem breit gestreuten und gemischten Portfolio kontinuierlich erhöht wurde, da Stiftungen Buchverluste bei schwachen Märkten langfristig „aussitzen“ können. Darüber hinaus wurde das Stiftungsvermögen kontinuierlich von 51 Mio. € mit Beginn der Stiftungsarbeit im Jahr 2002 auf 78 Mio. € im Jahr 2017 ausgebaut. So sieht die Stiftung ihre Aufgabenerfüllung auch unter einer anhaltenden Niedrigzinsphase gewährleistet und will zukünftig verstärkt neue Projekte fördern.

    Die Stiftung „Geld und Währung“

    fördert die wirtschafts- und rechtswissenschaftliche Forschung auf dem Gebiet des Geld- und Währungswesens. Sie leistet damit einen Beitrag zur wissenschaftlichen Fundierung der Notenbankpolitik und der Finanzstabilität sowie der entsprechenden Regierungsvorhaben auf dem Gebiet der Finanzmarktaufsicht und -regulierung. Die Stiftungsarbeit hat folgende Schwerpunkte:

    • Förderung des interdisziplinären Kompetenzzentrums „Institute for Monetary and Financial Stability“ der Goethe-Universität Frankfurt am Main mit Professoren der Wirtschafts- und Rechtswissenschaften,
    • Förderung von Graduiertenkollegs, zur Zeit des interdisziplinären Graduiertenkollegs „Geld und Währung“ an der Universität Mannheim mit seinem Leiter Prof. Klaus Adam,
    • Förderung von hervorragenden Promotionen mit der Auszeichnung durch den Stiftungspreis.

    Wissenschaftliche Vorträge

    Das Mandat der Geldpolitik ist die Wahrung der Preisstabilität, während die makroprudenzielle Politik auf die Stabilität des Finanzsystems als Ganzes zielt. Beide üben Einfluss aufeinander aus. Beispielsweise können makroprudenzielle Instrumente wie höhere Kapitalanforderungen die durch niedrige Zinsen steigenden Risiken für die Finanzstabilität begrenzen, während sie gleichzeitig dem verstärkten Druck auf die Immobilienpreise gegenwirken können.

    Prof. Volker Wieland, Ph.D., Mátyás Farkas, Philipp Lieberknecht und Prof. Dr. Tobias Tröger vom Institute for Monetary and Financial Stability (IMFS) präsentierten ihre Forschungsergebnisse zu Vergleichsmaßstäben, Referenzregeln, Wechselwirkungen und juristischen Rahmenbedingungen geldpolitischer und makroprudenzieller Instrumente. Diese fördern das Verständnis für den Zusammenhang von Realwirtschaft, Finanzsektor, Vermögenspreisen und Inflation und unterstützen den zielgerichteten Einsatz der Politikinstrumente in komplexen Entscheidungsprozessen.

    Um die Wirkung verschiedener Instrumente besser zu erfassen und Modelle zu vergleichen, haben die Forscher am IMFS eine Online-Modelldatenbank, die Macroeconomic Model Data Base (MMB), mit mehr als 110 Modellen aufgebaut. Die frei zugängliche Software1 ermöglicht die vergleichende Analyse von Geld-, Fiskal- und makroprudenzieller Politik sowie die Ableitung robuster Referenzregeln für die Geld- und die makroprudenzielle Politik.

    Referenzregeln, aus denen sich Handlungsempfehlungen für Entscheidungsträger ableiten lassen, sind in der Geldpolitik bereits etabliert. Für die makroprudenzielle Politik existieren bisher weit weniger Erkenntnisse über Referenzregeln. In Forschungsarbeiten am IMFS wurde daher untersucht, wie eine optimale Referenzregel bei der Festlegung des antizyklischen Kapitalpuffers aussehen könnte, den Banken vorhalten müssen, wenn die Kreditentwicklung nicht mehr im Einklang mit der realwirtschaftlichen Entwicklung ist. Je nach Modell können diese optimalen Referenzregeln sehr unterschiedlich ausfallen. Die Forschungsarbeiten am IMFS zeigen jedoch, dass sich das sogenannte Model-Averaging als Methode eignet, um aus mehreren unterschiedlich gewichteten Modellen robuste Referenzregeln für die makroprudenzielle Politik abzuleiten. Darüber hinaus wurde untersucht, wie sich die Wirkung der Politik zusammen mit den rechtlichen Rahmenbedingungen im Finanzsystem analysieren lässt.

    Prof. Klaus Adam, Ph.D. von der Universität Mannheim und Leiter des Graduiertenkollegs „Geld und Währung“ referierte über den Zusammenhang von Preisblasen bei Wohnimmobilien, Niedrigzinsen und Exportsalden und präsentierte seine Ergebnisse zu empirischen Indikatoren zur Beurteilung der Preisentwicklung von Wohnimmobilien in Deutschland. Fabian Greimel vom Graduiertenkolleg erweiterte die Diskussion um den Aspekt der sozialen Ungleichheit als Treiber von privater Verschuldung und eines Hypothekenbooms: Danach könne eine kreditfinanzierte Preisblase im Wohnimmobilienmarkt auch durch soziale Vergleiche bei wachsender gesellschaftlicher Ungleichheit getrieben werden.

    Tim Engel vom Graduiertenkolleg beschäftigte sich mit der Frage, wie den Aufsichtsbehörden im Rahmen der präventiven Adressierung systemischer Risiken die proaktive Anwendung des makroprudenziellen Instrumentariums erleichtert und Anreize zu frühzeitigen Vorsorgemaßnahmen geschaffen werden könnten. Dabei ist weiterhin der Grundsatz zu berücksichtigen, dass die Anwendung makroprudenzieller Instrumente die Identifizierung potenzieller Risiken für die Finanzstabilität voraussetzt.

    Stiftungspreis

    Im Rahmen der Konferenz wurde Dr. Patrick Hauser mit dem Stiftungspreis für seine breite, fundierte und interdisziplinäre Forschung zur Privilegierung staatlicher Schuldner ausgezeichnet. Mit seiner Arbeit trägt er zu einem aktiven Austausch zwischen Wissenschaft und Politik bei. Diese beschäftigt sich im Kern mit möglichen Interessenkonflikten von Staaten in der Doppelrolle als Finanzmarktregulierer und Markteilnehmer, die sich in bestimmten Formen der Privilegierung staatlicher Schuldner zeigen. Im Ergebnis sollten, nach Ansicht Hausers, aus rechtlicher Sicht für die staatliche und private Kreditaufnahme gleichgerichtete Regeln gelten.

    Über einen kontroversen und anregenden Austausch im Zusammenhang mit den Vorträgen wurde erneut deutlich, dass wissenschaftliche Erkenntnisse wichtige Impulse für Regulierung und Aufsicht geben können. Die Stiftung „Geld und Währung“ wird weiterhin eine wichtige Plattform für exzellente wirtschaftswissenschaftliche und juristische Forschung auf dem Gebiet des Geld- und Währungsrechts bilden.

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