Entwicklung der Verschuldung, Bruttokreditaufnahme, Tilgungen, Verzinsung des Bundes (Haushalt und Sondervermögen)
Der Monat Juni war wie schon die Vormonate geprägt von den Refinanzierungsbedürfnissen aufgrund der Corona-Hilfsmaßnahmen. Im Juni 2020 wurden für den Bund (Haushalt und Sondervermögen) insgesamt Kredite in Höhe von 55,2 Mrd. € aufgenommen und 16,6 Mrd. € getilgt. Bei den Zinsen ergab sich ein saldierter Einnahmeüberschuss in Höhe von 1,0 Mrd. €, der im Wesentlichen auf Agio-Einnahmen beruhte.
Im 1. Halbjahr 2020 erhöhten sich die Schulden des Bundes (Haushalt und Sondervermögen) um 112,4 Mrd. €. Am 30. Juni 2020 betrugen sie 1.165,7 Mrd. €. Die Schulden des Bundeshaushalts erhöhten sich um 115,7 Mrd. € auf 1.127,1 Mrd. €. Der Schuldenstand des Investitions- und Tilgungsfonds (ITF) verringerte sich um 3,3 Mrd. € infolge des in diesem Jahr vereinnahmten Bundesbankmehrgewinns, der nach den gesetzlichen Vorgaben zur Nettotilgung beim ITF einzusetzen ist. Die Schulden des Finanzmarktstabilisierungsfonds (FMS) ohne die Kreditaufnahme für die FMS Wertmanagement erhöhten sich um 16 Mio. €. Im 1. Halbjahr wurden die Kreditermächtigungen des Wirtschaftsstabilisierungsfonds noch nicht in Anspruch genommen.
Darüber hinaus wurden im 1. Halbjahr Kredite in Höhe von 5,0 Mrd. € für die Darlehensgewährung an Abwicklungsanstalten gemäß § 9 Abs. 5 Stabilisierungsfondsgesetz aufgenommen, sodass die dadurch begründete zusätzliche Kreditaufnahme auf 30 Mrd. € anstieg. Diese gleichzeitige Kreditaufnahme und Darlehensvergabe, die eine Kostenersparnis bei der Kreditaufnahme im konsolidierten Bundbereich zum Ziel hat, ist für die Verschuldung des Bundes insgesamt neutral, weil in gleichem Umfang bei der FMS Wertmanagement – einer Abwicklungsanstalt des Bundes – sonst notwendige Refinanzierungen substituiert werden.
Zusammengenommen betrug die Verschuldung des Bundes und die Refinanzierung für durchgeleitete Kredite mit Bundeswertpapieren 1.195,7 Mrd. €.
Auch im Juni lag der Schwerpunkt der Kreditaufnahme mit einem Gesamtvolumen von 45,5 Mrd. € bei den konventionellen Bundeswertpapieren. Sie verteilten sich auf 6 Mrd. € 30‑jährige Bundesanleihen, 10,5 Mrd. € 10-jährige Bundesanleihen, 4 Mrd. € Bundesobligationen, 5 Mrd. € Bundesschatzanweisungen und 20 Mrd. € Unverzinsliche Schatzanweisungen des Bundes. Bei den inflationsindexierten Bundeswertpapieren wurden 0,5 Mrd. € emittiert. Darüber hinaus wurden saldiert 9,1 Mrd. € Bundeswertpapiere dem Eigenbestand entnommen, um die Kreditaufnahme zu finanzieren. Konkret handelte es sich dabei um 19 Mrd. € für Verkäufe am Sekundärmarkt, denen Käufe von 3,2 Mrd. € und 7,7 Mrd. € Erhöhung von Eigenbeständen infolge von bei Emissionen zurückbehaltenen Emissionsanteilen gegenüberstanden. Damit verringerte sich der Eigenbestand zum 30. Juni auf insgesamt 180,8 Mrd. €.
Weitere Einzelheiten zu den Schuldenständen sowie ihrer Veränderung infolge von Kreditaufnahme und Tilgungen zeigt die Tabelle „Entwicklung der Verschuldung des Bundes (Haushalt und Sondervermögen) im Juni 2020“. Eine detaillierte Aufstellung der Kreditaufnahme, der Tilgungs- und Zinszahlungen sowie der Verschuldung des Bundes (Haushalt und Sondervermögen) einschließlich der Refinanzierung von durchgeleiteten Krediten an Abwicklungsanstalten ist im statistischen Anhang der Online-Version des Monatsberichts enthalten. Darüber hinaus enthält der statistische Anhang auch die nach Restlaufzeitklassen gruppierte Verschuldung und Refinanzierung. Die Tabelle „Entwicklung von Umlaufvolumen und Eigenbestände an Bundeswertpapieren im Juni 2020“ zeigt das Umlaufvolumen der emittierten Bundeswertpapiere und die Eigenbestände jeweils zu Nennwerten.
Die Abbildung „Struktur der Verschuldung des Bundes (Haushalt und Sondervermögen) nach Instrumentenarten per 30. Juni 2020“ zeigt die Verteilung der Verschuldung. Danach entfällt mit 44,4 % der größte Anteil der Schuld auf 10-jährige Bundesanleihen, gefolgt von den 30‑jährigen Bundesanleihen mit 21 %, den Bundesobligationen mit 14,2 %, den Bundesschatzanweisungen mit 7,7 %, den inflationsindexierten Bundeswertpapieren mit 4,8 % und den Unverzinslichen Schatzanweisungen mit einem Anteil von 6,9 %. Ein Anteil von 1,0 % der Schulden entfällt auf Schuldscheindarlehen und sonstige Kredite.
Von den Schulden des Bundes sind 99 % in Form von Inhaberschuldverschreibungen verbrieft, bei denen die konkreten Gläubiger dem Bund nicht bekannt sind.
Die Emissionsplanung des Bundes für das 3. Quartal 2020 wurde am 29. Juni 2020 veröffentlicht. Sie berücksichtigt den erhöhten Finanzierungsbedarf des Bundes (Haushalt und Sondervermögen) aufgrund der Corona-Hilfsmaßnahmen und der Maßnahmen zur Unterstützung der Konjunktur. Im September 2020 soll das erste grüne Bundeswertpapier begeben werden.
Die Details zu den geplanten Emissionen der konventionellen nominalverzinslichen 30- und 10-jährigen Bundesanleihen, 5-jährigen Bundesobligationen, 2-jährigen Bundesschatzanweisungen und Unverzinslichen Schatzanweisungen des Bundes wie auch zu den bereits etablierten inflationsindexierten und den neu hinzukommenden grünen Bundeswertpapieren können in den Pressemitteilungen zum Emissionskalender1 sowie auf der Internetseite der Bundesrepublik Deutschland – Finanzagentur GmbH (Finanzagentur) nachgelesen werden. Dort sind auch die vierteljährliche Vorschau der Tilgungszahlungen bis Ende des Jahres 2020 und die nach jeder Auktion veröffentlichten Ergebnisse über die durchgeführten Auktionen von Bundeswertpapieren zu finden.2
Die Marktentwicklung im 2. Quartal 2020
Das 2. Quartal stand bis Ende April unter dem Eindruck der Lockdown-Phase. Erste Tendenzen einer wirtschaftlichen Wiederbelebung waren in Deutschland im Laufe des Mai mit einer zunehmenden Umsetzung von Lockerungsmaßnahmen feststellbar. Die früh auf europäischer und nationaler Ebene eingeleiteten geld- und fiskalpolitischen Maßnahmen zur Eindämmung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie verhinderten einen noch tiefer greifenden und länger anhaltenden Schock für die Wirtschaft.
Trotz des deutlich ausgeweiteten Emissionsvolumens an den Staatsanleihemärkten wurde eine Marktstabilisierung erreicht. Vor diesem Hintergrund verzeichneten die Staatsanleiherenditen über das 2. Quartal hinweg per saldo kaum Veränderungen.
Die Europäische Zentralbank (EZB) sorgte mit dem Pandemic Emergency Purchase Programme für zusätzliche Liquidität im Staatsanleihemarkt. Marktstabilisierend wirkte auch die gemeinsame Ankündigung der französischen und deutschen Regierung, einen Wiederaufbaufonds für die Europäische Union ins Leben zu rufen. Unmittelbar im Zuge der Verlautbarung engten sich die Renditeabstände von Staatsanleihen aus den Euro-Peripheriestaaten gegenüber Bundesanleihen spürbar ein.
Es folgte eine Phase einer erhöhten Unsicherheit an den Märkten, zu der auch die Diskussion über den europäischen Wiederaufbaufonds und das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum im Jahr 2015 gestarteten Anleiheankaufprogramm der EZB beigetragen haben dürfte. In diesem Umfeld wechselten sich Phasen sinkender Renditen immer wieder mit Phasen steigender Renditen ab, um die 10-jährigen Benchmarkanleihen am Ende des 2. Quartals dann in etwa wieder beim Ausgangsniveau landen zu lassen. Als Ausreißer im internationalen Vergleich zeigt sich hier nur das Vereinigte Königreich, wo sich die Rendite 10-jähriger Gilts von 36 Basispunkten auf 17 Basispunkte etwas mehr als halbierte.
Fußnoten
Entwicklung der Refinanzierung der Sondervermögen zur Durchleitung von Krediten an öffentliche Anstalten des Bundes
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Entwicklung der Verschuldung und der Refinanzierung des Bundes (Bundeshaushalt und Sondervermögen)
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Verschuldung des Bundes (Haushalt und Sondervermögen) einschließlich Kredite für Abwicklungsanstalten 2020
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Bruttokreditbedarf des Bundes (Haushalt und Sondervermögen) einschließlich Kredite für Abwicklungsanstalten 2020
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Tilgungen des Bundes (Haushalt und Sondervermögen) einschließlich Kredite für Abwicklungsanstalten 2020
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