- Die Financial Action Task Force (FATF) ist der wichtigste internationale Standardsetzer zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung.
- Ihre Mitgliedstaaten werden regelmäßig auf die Umsetzung der FATF-Standards überprüft. In Deutschland hat die Überprüfung offiziell mit der Einreichung von Unterlagen und Berichten bei der FATF im September 2020 begonnen.
- Hauptgegenstand der Deutschlandprüfung ist die Effektivität der nationalen Anstrengungen bei der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung.
- Die Deutschlandprüfung hat für die Bundesregierung und alle weiteren beteiligten Behörden in Bund und Ländern höchste Priorität. Die Bundesregierung hat frühzeitig damit begonnen, sich auf die Herausforderungen dieser Prüfung vorzubereiten.
Einleitung
Die FATF ist der internationale Standardsetzer zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Sie gibt mit ihren 40 Empfehlungen den Rahmen einer effektiven Gesetzgebung in diesem Bereich vor. Die von der FATF entwickelten Standards sind international anerkannt; über 200 Jurisdiktionen haben sich zu ihrer Einhaltung verpflichtet. Die Mitgliedstaaten werden regelmäßig auf die Umsetzung der FATF-Standards überprüft. In der Ausgabe des BMF-Monatsberichts vom Juni 20201 wurde bereits über die Grundlagen der FATF sowie über die Länderprüfungen im Allgemeinen berichtet. In diesem zweiten Teil wird ausführlich über die aktuelle FATF-Länderprüfung in Deutschland 2020/2021 informiert.
FATF-Länderprüfung
Die FATF überprüft in den Mitgliedstaaten in regelmäßigen Abständen den Stand der Umsetzung der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Dabei werden nicht nur die Überführung in die nationale Gesetzgebung und nationale Vorgaben beleuchtet (Technical Compliance, TC), sondern auch die Erreichung des eigentlichen Ziels der FATF – die wirksame Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung („Effectiveness“) – wird analysiert. Deutschland wurde in der Vergangenheit bereits mehrfach einem Evaluierungsverfahren unterzogen. Die vorangegangene regelmäßige Überprüfung Deutschlands fand 2008/2009 statt. Die aktuelle vierte Prüfungsrunde für alle FATF-Mitgliedsländer wurde 2013 eingeleitet und soll bis 2023 abgeschlossen werden. Sie unterscheidet sich von den bisherigen Evaluierungen grundlegend, da diesmal der Schwerpunkt erstmals auf der Effektivität der Maßnahmen liegt.
Start der Deutschlandprüfung 2020/2021
Ursprünglich sollte die Deutschlandprüfung im Mai 2020 beginnen. Aufgrund der COVID-19-Pandemie einigten sich alle Mitglieder der FATF darauf, sämtliche laufenden oder noch nicht begonnenen Prüfungen um vier Monate zu verschieben2. Deshalb hat die FATF‑Deutschlandprüfung offiziell erst am 4. September 2020 mit der Einreichung des „Technical-Compliance"-Berichts bei der FATF begonnen. Prüfungsgegenstand und -intensität werden sich durch die Verschiebung nicht wesentlich ändern, da die Prüfung nicht anders verläuft, sondern nur zeitlich verschoben wurde.
Technical Compliance
Gegenstand des „Technical-Compliance“-Berichts (TC-Bericht) ist im Wesentlichen die Darstellung der Rechtslage im Bereich der Bekämpfung von Geldwäsche- und Terrorismusfinanzierung, d. h. die technische Umsetzung der FATF-Empfehlungen durch Rechts- und Verwaltungsvorschriften sowie durch organisatorische Maßnahmen in Deutschland.
Technical Compliance
Eine Aufgabe der FATF besteht darin, Empfehlungen („Recommendations“) zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung auszusprechen und diese im Rahmen von turnusmäßigen Länderprüfungen zu überprüfen.
Die FATF-Standards umfassen aktuell 40 Empfehlungen, die wie ein Aufgabenkatalog zu verstehen sind. Zu allen Aufgaben muss das zu prüfende Mitgliedsland bei seiner Länderprüfung eine ausführliche Bewertung abgeben und den Stand der Umsetzung beantworten. Der Katalog mit den Antworten heißt „Technical Compliance Submission“ oder „TC-Bericht“.
Im Rahmen der Deutschlandprüfung hat das FATF-Prüfungsteam zunächst den umfangreichen TC-Bericht (insgesamt 456 Seiten) gründlich geprüft und mehrfach Fragen dazu gestellt. Diese Fragen wurden in kürzester Zeit von allen betroffenen Ministerien und Behörden in Deutschland umfassend beantwortet. Derzeit steht Deutschland im Austausch mit der FATF zu einer ersten Bewertung des TC-Berichts.
Effektivität
Neben der Vorfrage, ob und wieweit die „Technical Compliance“ durch nationales Recht und durch nationale Vorgaben eingehalten wird, ist Hauptgegenstand der aktuellen Deutschlandprüfung die Effektivität („Effectiveness“) der nationalen Anstrengung bei der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Durch Befolgen der FATF-Handlungsempfehlungen sollen einzelne festgelegte Ziele erreicht werden. Die einzelnen Ziele dienen dem Hauptziel, dem Schutz des Finanz- und Wirtschaftssystems vor Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Um das Erreichen dieses Hauptziels bemessen zu können, wird bei der aktuellen Deutschlandprüfung begutachtet, inwiefern die elf Zwischenziele zu einzelnen Themenbereichen erreicht werden. Dabei wird klar, wie Deutschland mit seinem Finanzsystem und seiner Wirtschaft tatsächlich den Gefahren der Geldwäsche sowie der Terrorismus- und Proliferationsfinanzierung begegnet.
Die Zwischenziele zur Erreichung des von der FATF verfolgten Hauptziels werden in der Prüfung anhand von elf sogenannten Themenbereichen zur Effektivität beziehungsweise Immediate Outcomes, kurz IO gemessen. Diese Zwischenzielbeschreibungen sollen gemeinsam ein idealtypisch funktionierendes System zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung skizzieren. Schwerpunkte sind Fragestellungen wie z. B. „Wie effektiv ist die Aufsicht?“ oder „Wie effektiv findet die strafrechtliche Verfolgung statt?“. Es wird also überprüft, wie gut die Systeme zur Bekämpfung von Geldwäsche- und Terrorismusstrukturen in Deutschland funktionieren.

Die Berichte zu den IO‘s wurden am 13. November 2020 bei der FATF eingereicht. Es handelt sich hierbei um elf separate Dokumente (mit insgesamt 1.322 Seiten IO-Texten, 289 Anlagen sowie circa 255 Gesetzen beziehungsweise Auszügen).
Die elf IO-Texte wurden in Zusammenarbeit mit dem Bundeskanzleramt (BKamt), den beteiligten Bundesministerien – Auswärtiges Amt (AA), Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI), Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV), Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) und Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) – sowie einer Vielzahl zugeordneter Behörden – für das BMF u. a. die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (Financial Intelligence Unit, FIU) und vielen weiteren Behörden aus der Zuständigkeit anderer Ressorts – erstellt. Alle Dokumente wurden von den Sprachendiensten der Ministerien ins Englische übersetzt. Arbeitssprache bei der FATF ist Englisch.
Auch für die Effektivitätsberichte erstellt die FATF eine erste Beurteilung und sendet diesen Entwurf voraussichtlich im Mai 2021 an Deutschland. Nach Kommentierungs- und Verhandlungsmöglichkeiten durch Deutschland soll der Abschlussbericht (Mutual Evaluation Report, MER) im FATF-Plenum im Oktober 2021 besprochen und danach veröffentlicht werden.
Zeitplan für die Deutschlandprüfung
Begonnen hat die Prüfung offiziell im September 2020 mit der Einreichung der ersten Berichte zur Technical Compliance. Die umfangreichen Berichte zu den Immediate Outcomes (Effektivität) folgten am 13. November 2020. Im März 2021 findet ein mehrwöchiger Vor-Ort-Besuch („On-Site Visit“) des Prüfteams der FATF statt. Nach mehrfachen Stellungnahmen und Berichtsverhandlungen von Mai bis August soll im Oktober 2021 die Prüfung mit der Verabschiedung des Abschlussberichts im Plenum der FATF – vorbehaltlich erneuter pandemiebedingter Verschiebungen – abgeschlossen werden. Der MER wird anschließend veröffentlicht.

Der Nachweis der Effektivität
Der Nachweis der Effektivität erfolgt über einen zweistufigen Prozess: Die erste Stufe umfasst die Einreichung der Unterlagen (TC-Bericht und Immediate Outcomes). Auf deren Basis erfolgt in der zweiten Stufe ein mehrwöchiger Vor-Ort-Besuch („On-Site Visit“) des FATF-Prüfteams in Berlin. Bei dem Vor-Ort-Besuch führt das FATF-Prüfteam Interviews mit den Zuständigen in Ministerien, Behörden und dem Privatsektor (z. B. Banken) zu der Frage, wie in Deutschland Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung bekämpft werden.

Der Vor-Ort-Besuch
Der Vor-Ort-Besuch der FATF in Deutschland wird über einen Zeitraum von knapp drei Wochen vom 10. bis 26. März 2021 stattfinden. Haupttagungsort wird Berlin sein. Das Prüfteam besteht aus sechs Personen, die aus Mitgliedsländern der FATF für diese Prüfung entsandt werden. Begleitet und unterstützt wird das Team von drei Personen aus dem FATF-Sekretariat. Die Prüferinnen und Prüfer treffen sich mit Zuständigen im öffentlichen und privaten Sektor und schauen sich vor Ort an, ob der Staat die gemeinsam vereinbarten Regeln umsetzt – nicht nur auf dem Papier, sondern auch effektiv in der Praxis. Im Wesentlichen werden Fallbeispiele, praktische Erfahrungen, Statistiken und Rückfragen zu den Einreichungen (TC-Bericht und Immediate Outcomes) thematisiert. Die Interviews finden als Gruppeninterviews (zwischen fünf und 30 Personen) oder als Einzelinterviews statt.
Wer wird von deutscher Seite am Verfahren teilnehmen?
Von deutscher Seite werden Vertreterinnen und Vertreter von beteiligten Behörden aus Bund und Ländern sowie dem Privatsektor teilnehmen.
Beteiligte Behörden aus Bund und Ländern sind beispielsweise
- Bundesregierung: Bundeskanzleramt, BMF, Auswärtiges Amt, Bundesministerien des Innern, für Bau und Heimat, Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, Bundesministerium für Wirtschaft und Energie und Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung;
- Polizeibehörden, z. B. Bundeskriminalamt, Zollkriminalamt, Landeskriminalämter, Nachrichtendienste usw.;
- Justiz, z. B. Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof, Generalstaatsanwaltschaften, Schwerpunktstaatsanwaltschaften usw.;
- Generalzolldirektion, z. B. Financial Intelligence Unit (FIU);
- Aufsichtsbehörden, z. B. die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht für den Finanzsektor; Ministerien und Behörden aus den verschiedenen Ländern für den Nichtfinanzsektor sowie die Kammern der freien Berufe (z. B. Steuerberaterkammer) und die
- Deutsche Bundesbank.
Beteiligte aus dem Privatsektor sind beispielsweise
- Banken,
- Finanzdienstleister,
- Versicherungen,
- freie Berufe in Bereichen wie Notariatswesen, Steuerberatung, Wirtschaftsprüfung, Anwaltswesen sowie
- aus den Sektoren Glücksspielangebote, Immobilienwirtschaft, Güterhandel und andere.

Beurteilung der Effektivität
Beim Nachweis der Effektivität (anhand der elf IO-Berichte) analysiert das Prüfteam der FATF, inwieweit das Ziel erreicht ist und die Systeme effektiv sind. Je nach Resultat der Beurteilung kann die Effektivität in unterschiedliche Kategorien (Ratings) unterteilt werden und es ergeben sich entsprechende Handlungsempfehlungen der FATF an das geprüfte Land.

Gesamtsteuerung/Koordinierung der Prüfung
Innerhalb der Bundesregierung ist das BMF für die Gesamtkoordinierung der Deutschlandprüfung zuständig. Das bedeutet, dass das BMF zentraler Ansprechpartner sowohl gegenüber der FATF als auch für alle anderen beteiligten Behörden in Bund und Ländern ist. Alle Absprachen und organisatorischen Vorbereitungen laufen über das BMF, das seine Rolle als Gesamtkoordinator voll ausfüllt.

Auswirkungen der COVID-19-Pandemie
Die aktuelle Ausnahmesituation der COVID-19-Pandemie stellt alle vor große Herausforderungen, auch im Bereich der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Die vergangenen Wochen haben gezeigt, dass Deutschland in der Lage ist, auf allen Ebenen flexibel auf eine solche Ausnahmesituation zu reagieren. Alle Behörden und zuständigen Stellen haben sich schnell und umfassend ein solides Bild der neu entstandenen Risikosituation gemacht und unmittelbar auf die neuen Risikobereiche intern wie extern reagiert. Das System zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung in Deutschland hat flexibel auf die neue Risikosituation reagiert und sich entsprechend angepasst.
Fazit
Die FATF-Deutschlandprüfung hat für die Bundesregierung und alle weiteren beteiligten Behörden in Bund und Ländern höchste Priorität. Die Bundesregierung hat frühzeitig damit begonnen, sich auf die Herausforderungen dieser etwa ein Jahr dauernden Prüfung vorzubereiten. Neben der eigentlichen Prüfungsvorbereitung – der Erstellung der Berichte zur Darstellung der Technical Compliance sowie der Effectiveness (Immediate Outcomes) – sind durch die Bundesregierung in Zusammenarbeit mit den jeweils Beteiligten verschiedene Initiativen ergriffen worden. Dazu gehören z. B. die im vergangenen Jahr beschlossenen Maßnahmen zur Umsetzung der EU-Geldwäscherichtlinie, die vor einem Jahr neu gegründete Anti Financial Crime Alliance (AFCA) und natürlich auch die Durchführung der Nationalen Risikoanalyse (NRA)3 mit der hierauf aufbauenden nationalen Strategie4 und den hierdurch angestoßenen Maßnahmen. Abgesehen von der zeitlichen Verschiebung laufen die Prüfungsvorbereitungen somit alle plangemäß.
Fußnoten
- 1
- Abrufbar hier
- 2
- Beschluss des FATF-Plenums vom 31. März 2020.
- 3
- Broschüre „Erste Nationale Risikoanalyse“
- 4
- Broschüre „Strategie gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung“