Die Kreditaufnahme des Bundes umfasst die Kreditaufnahme für die Verschuldung des Bundes (Haushalt und Sondervermögen) und die Kreditaufnahme für die Refinanzierung der Sondervermögen des Bundes zur Durchleitung von Krediten an öffentliche Anstalten des Bundes.
Entwicklung der Kreditaufnahme des Bundes
Der Bund hatte am 31. Dezember 2019 Kredite in Höhe von 1.078,3 Mrd. € aufgenommen. Dieser Bestand erhöhte sich zum 31. Dezember 2020 auf 1272,0 Mrd. €. Der mit 193,7 Mrd. € deutliche Anstieg der Kreditaufnahme geht auf die Finanzierungsbedürfnisse des Bundes für den Haushalt und die Sondervermögen zurück, aber auch auf die Bedarfe für Refinanzierungen derjenigen Sondervermögen, die dazu dienen, Kredite an Bundesanstalten des öffentlichen Rechts weiterzuleiten. Den wirtschaftlichen Hintergrund der gestiegenen Kreditaufnahme bilden die Maßnahmen, welche die Bundesregierung zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Pandemie beschlossen hat. Diese sehen sowohl eine gestiegene Nettokreditaufnahme des Bundeshaushalts als auch umfangreiche Refinanzierungsaufgaben des Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) vor.
Der Anstieg der Kreditaufnahme gegenüber dem 31. Dezember 2019 resultiert aus neuen Aufnahmen im Volumen von 441,5 Mrd. € bei Fälligkeiten im Volumen von 247,7 Mrd. €. Im Jahr 2020 wurden für die Verzinsung aller auch in früheren Jahren aufgenommenen bestehenden Kredite saldiert 4,2 Mrd. € aufgewendet.
Im Dezember wurden insgesamt 8,5 Mrd. € an konventionellen Bundeswertpapieren emittiert. Diese verteilten sich auf 2 Mrd. € Bundesobligationen, 3 Mrd. € Bundesschatzanweisungen und 3,5 Mrd. € Unverzinsliche Schatzanweisungen des Bundes. Im Dezember erfolgten keine Emissionen in Grünen oder inflationsindexierten Bundeswertpapieren.
Die Eigenbestände des Bundes erhöhten sich im Dezember um 0,9 Mrd. €. Konkret handelte es sich dabei um Verkäufe in Höhe von 3,4 Mrd. € am Sekundärmarkt, denen Käufe von 2,9 Mrd. € und die Erhöhung von Eigenbeständen um 1,4 Mrd. € durch bei Emissionen zurückbehaltene Emissionsanteile und einen geringfügigen Anteil von Tilgungen der Eigenbestände gegenüberstanden. Damit erhöhte sich der Eigenbestand zum 31. Dezember 2020 auf insgesamt 183,0 Mrd. €.
Am 31. Dezember 2020 entfielen 94,7 Prozent der Kreditaufnahmen auf die Verschuldung des Bundes (Haushalt und Sondervermögen) und 5,3 Prozent auf die Refinanzierung der Sondervermögen für durchgeleitete Kredite an Bundesanstalten des öffentlichen Rechts.
Entwicklung der Verschuldung des Bundes (Haushalt und Sondervermögen)
Im Dezember 2020 wurden für den Bund (Haushalt und Sondervermögen) insgesamt 5,1 Mrd. € an Krediten aufgenommen. Gleichzeitig wurden 23,5 Mrd. € fällige Kredite getilgt. Für die Verzinsung der Verschuldung des Bundes (Haushalt und Sondervermögen) ergab sich im Dezember saldiert ein Einnahmeüberschuss in Höhe von 0,1 Mrd. €.
Am 31. Dezember 2020 betrug die Verschuldung des Bundes (Haushalt und Sondervermögen) insgesamt 1.204,0 Mrd. €. Damit erhöhte sie sich gegenüber dem 31. Dezember 2019 um 150,7 Mrd. €. Der größte Teil der Erhöhung entfiel mit 151,9 Mrd. € auf den Bundeshaushalt, dessen Verschuldung auf 1.163,3 Mrd. € anstieg.
Bis zum 31. Dezember 2020 stieg die Verschuldung des Finanzmarktstabilisierungsfonds (FMS) für Kredite für Aufwendungen gemäß § 9 Abs. 1 Stabilisierungsfondsgesetz (StFG) in geringem Umfang um 91 Mio. €. Beim Investitions- und Tilgungsfonds (ITF) verringerte sich die Verschuldung seit Jahresbeginn infolge des nach den gesetzlichen Vorgaben beim ITF vereinnahmten Bundesbankmehrgewinns um 3,2 Mrd. €. Seine Verschuldung sank damit auf 16,0 Mrd. €. Die Kreditermächtigungen des WSF für Kredite für Rekapitalisierungsmaßnahmen gemäß § 22 StFG wurden bis zum 31. Dezember 2020 in Höhe von 1,8 Mrd. € in Anspruch genommen.
Entwicklung der Refinanzierung der Sondervermögen zur Durchleitung von Krediten an öffentliche Anstalten des Bundes
Im Jahr 2019 begann der FMS gemäß § 9 Abs. 5 StFG, Kredite zur Refinanzierung von an Bundesanstalten des öffentlichen Rechts durchzuleitende Darlehen aufzunehmen. Seit Jahresbeginn 2020 wurden durch den FMS Kredite zur Refinanzierung von Darlehen an die FMS Wertmanagement (FMS-WM) in Höhe von 5,6 Mrd. € aufgenommen und 0,6 Mrd. € getilgt. Per 31. Dezember 2020 betrug der Bestand an solchen Krediten insgesamt 30 Mrd. €. Seit Juli 2020 nimmt in ähnlicher Weise der WSF Kredite für die Gewährung von Darlehen an die Kreditanstalt für Wiederaufbau gemäß § 23 StFG auf. Per 31. Dezember 2020 bestand ein Volumen von 38 Mrd. € an solchen Krediten. Seit Jahresbeginn stieg der Bestand der Refinanzierungen der Sondervermögen zur Durchleitung von Krediten an Anstalten des öffentlichen Rechts somit insgesamt um 43 Mrd. € auf 68 Mrd. €.
Die gleichzeitige Kreditaufnahme und Darlehensvergabe von FMS und WSF dient der Kostenersparnis. Dabei ist die Aufnahme von Krediten zur Durchleitung an die FMS-WM für die Verschuldung des Bundes neutral, da sie dort sonst notwendige eigene Refinanzierungen ersetzt.
Weitere Einzelheiten für den Monat Dezember 2020 können folgenden Tabellen entnommen werden:
- Entwicklung der Kreditaufnahme des Bundes,
- Entwicklung der Verschuldung des Bundeshaushalts und der Sondervermögen,
- Entwicklung der Refinanzierung der Sondervermögen zur Durchleitung von Krediten an öffentliche Anstalten des Bundes,
- Entwicklung von Umlaufvolumen und Eigenbestände an Bundeswertpapieren.
Im statistischen Anhang der Online-Version des Monatsberichts sind zusätzlich die drei erstgenannten Tabellen mit Daten für den Zeitraum von Januar bis Dezember 2020, die nach Restlaufzeitklassen gruppierte Kreditaufnahme des Bundes sowie die monatliche Historie zur Kreditaufnahme, dem Bedarf der Kreditaufnahme, Tilgungen und Zinsen für die Kreditaufnahme enthalten.
Die Abbildung „Kreditaufnahme des Bundes – Bestand und laufendes Jahr“ zeigt die Verteilung der Kreditaufnahme auf die Finanzierungsinstrumente, sowohl für die Aufnahme im laufenden Jahr bis Ende Dezember 2020 als auch für den gesamten Bestand per 31. Dezember 2020. Den größten Anteil der Kreditaufnahme im laufenden Jahr machen mit 182,4 Mrd. € beziehungsweise 41,3 Prozent die (teils unterjährig fälligen) Unverzinslichen Schatzanweisungen des Bundes aus, gefolgt von den 10-jährigen Bundesanleihen mit 120,7 Mrd. € beziehungsweise 27,3 Prozent. Zu diesem Segment werden hier auch die im Jahr 2020 erstmals begebene 7-jährige und die 15-jährigen Bundesanleihe gezählt. Bezogen auf den gesamten Bestand entfällt auf dieses Laufzeitsegment mit 549,5 Mrd. € oder 43,2 Prozent der größte Anteil. Zweitwichtigstes Instrument im Bestand sind die 30-jährigen Bundesanleihen, die mit 252,4 Mrd. € einen Beitrag von 19,8 Prozent ausmachen. Per 31. Dezember 2020 waren über 99 Prozent des Bestands der Kreditaufnahmen des Bundes in Form von Inhaberschuldverschreibungen verbrieft, bei denen die konkreten Gläubiger dem Bund nicht bekannt sind.
Details zu den geplanten Emissionen und den Tilgungen von Bundeswertpapieren können in den Pressemitteilungen zum Emissionskalender nachgelesen werden.1 Auf der Internetseite der Bundesrepublik Deutschland – Finanzagentur GmbH werden zudem nach jeder Auktion von Bundeswertpapieren die Auktionsergebnisse veröffentlicht.2
Entwicklung der Verschuldung des Bundeshaushalts und der Sondervermögen im Dezember 2020
Tabelle vergrößernEntwicklung der Refinanzierung der Sondervermögen zur Durchleitung von Krediten an öffentliche Anstalten des Bundes im Dezember 2020
Tabelle vergrößernEntwicklung von Umlaufvolumen und Eigenbestände an Bundeswertpapieren im Dezember 2020
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Die Rentenmarktentwicklung im Jahr 2020
Die Corona-Pandemie als vorherrschendes Nachrichtenthema 2020 zeigte bereits zu Jahresbeginn ihren Einfluss auf die Finanzmärkte. Investoren schichteten ihre Mittel in als sicher wahrgenommene Anlagen um. Die Renditen von Bundeswertpapieren sanken über alle Laufzeiten auf historische Tiefststände. Entsprechend verzeichneten die globalen Aktienindizes von Jahresbeginn bis Mitte März gravierende Kursrückschläge von bis zu einem Drittel.
Um die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie einzudämmen, beschloss die Bundesregierung gegen Ende des 1. Quartals Hilfspakete, die im Laufe des Jahres 2020 nachjustiert und erweitert wurden. Mit den umfangreichsten Finanzhilfen in der Geschichte der Bundesrepublik wurde und wird Beschäftigten, Selbstständigen und Unternehmen durch die Krise geholfen, das Gesundheitssystem gestärkt und die Wirtschaft stabilisiert. Vergleichbare Maßnahmen erfolgten weltweit. Regierungen leiteten fiskalische Schritte in die Wege, kreierten Sonderkreditprogramme oder gewährten finanzielle Zuschüsse. Parallel dazu traten alle bedeutenden Zentralbanken den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie mit liquiditätsschaffenden Maßnahmen entgegen. Aufgrund der raschen Reaktionen von Regierungen und Zentralbanken setzte an den globalen Rentenmärkten noch im März eine korrigierende Gegenbewegung ein.
Ab dem 2. Quartal verlief das Jahr 2020 an den internationalen Rentenmärkten dann vergleichsweise ruhig. Die Renditen in den bedeutenden Währungsräumen entwickelten sich weitgehend in der Tendenz seitwärts und ohne allzu große Schwankungen. US-Treasury-Renditen zeigten dagegen – vor allem durch den Anstieg im 4. Quartal – eine Aufwärtstendenz, verzeichnen per saldo auf Jahressicht dennoch den deutlichsten Rückgang: rund 100 Basispunkte im 10-jährigen Laufzeitsegment.
Der stabile Verlauf der internationalen Wertpapierrenditen lässt sich zu großen Teilen auf die umfangreichen und im Rahmen der Erwartungen ergriffenen geldpolitischen Maßnahmen zurückführen. Die Europäische Zentralbank unterstützte den Geschäftsbankensektor durch eine erweiterte Kreditversorgung und sorgte durch das Pandemie-Notfallankaufprogramm (Pandemic Emergency Purchase Programme, PEPP) für zusätzliche Nachfrage im Unternehmens- und Staatsanleihemarkt, um deren günstige Finanzierungsbedingungen zu sichern. Die US-Notenbank Fed gewährte mit demselben Ziel Banken neue Kredite und Unternehmen Notfallhilfen, sie kaufte Anleihen von Unternehmen, Bundesstaaten, Counties und Städten an und senkte zudem zweimal den Leitzins.
Rückblickend barg das Jahr 2020 ein erhebliches Maß an Unsicherheit. Die Corona-Pandemie sorgte unterjährig für enorme Schwankungen in den ökonomischen Kennzahlen sowie stark wechselnde, teils sehr skeptische Wirtschaftsaussichten. Zusätzlich belastete im 4. Quartal die Unsicherheit über den Ausgang der US-Präsidentschaftswahl die Märkte – selbst über den Wahltag am 3. November hinaus durch das mediale und juristische Geschehen im Nachgang. Weitere Ungewissheit brachte nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union (EU) zum 31. Januar 2020 die verhandlungsintensive Übergangsphase mit sich. Am 24. Dezember 2020 konnten schließlich die langfristigen Beziehungen zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU geregelt werden.
All das konnte die stabile und grundsätzlich positive Stimmung an den Rentenmärkten nicht eintrüben. Vielmehr verlief das außergewöhnliche und turbulente Jahr 2020 an den Staatsanleihemärkten – von einer Phase hoher Volatilität im März abgesehen – vergleichsweise ruhig und reibungslos. 10-jährige Bundesanleihen bewegten sich ab dem 2. Quartal in einem engen Renditeband um etwa -0,5 Prozent und rentierten zum Jahresende rund 40 Basispunkte niedriger als zu Jahresbeginn.