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  • Analysen und Berichte

    Ge­setz zur Mo­der­ni­sie­rung des Ta­bak­steu­er­rechts

    • Mit dem Tabaksteuermodernisierungsgesetz werden das Tabaksteuergesetz und gleichzeitig die Tabaksteuerverordnung geändert. Die letztmalige größere Überarbeitung des Tabaksteuerrechts fand im Jahr 2011 statt.
    • Mit dem Gesetz wird die Steuer auf Zigaretten und Feinschnitt in den nächsten fünf Jahren in vier Stufen angehoben.
    • Daneben wird die Besteuerung von erhitztem Tabak („Heat-not-Burn-Produkte“) sowie Substanzen, die in E-Zigaretten konsumiert werden, angepasst. Wasserpfeifentabak unterliegt zukünftig ebenfalls einer angepassten, höheren Besteuerung.
    • Das Gesetz trägt neben der Verstetigung beziehungsweise einem moderaten Anwachsen der Steuereinnahmen gesundheitlichen Aspekten Rechnung, indem es die Hemmschwelle zum Rauchen von Zigaretten und sonstigen Produkten wie E-Zigaretten, Shishas und anderen neuartigen Rauchprodukten erhöht.

    Das Tabaksteuerrecht

    Das deutsche Tabaksteuerrecht ist eingebettet in das harmonisierte europäische Verbrauchsteuerrecht. Harmonisierung bedeutet, dass durch die europäische Tabaksteuerrichtlinie gleiche Rahmenbedingungen in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) gelten. Diese europäische Richtlinie müssen die Mitgliedstaaten mit Leben füllen, indem sie die Richtlinie in nationales Recht umsetzen. Dabei verbleibt ihnen ein Umsetzungsspielraum, etwa bei der Höhe der einzelnen Steuertarife. In Deutschland erfolgt diese Umsetzung durch das Tabaksteuergesetz und die Tabaksteuerverordnung. Das Tabaksteuergesetz regelt, welche Produkte der Besteuerung unterliegen und in welcher Höhe. Die Tabaksteuerverordnung enthält Verfahrensregelungen und Durchführungsbestimmungen, z. B. hinsichtlich der Berechnung der Steuer oder Regelungen bezüglich der zu verwendenden Steuerzeichen.

    Die letzte größere Anpassung des Tabaksteuergesetzes erfolgte im Jahr 2011. Die Steuern wurden seit dem Jahr 2015, als das damalige Tabaksteuermodell auslief, nicht mehr gesetzlich angehoben. Daher war es nun an der Zeit, mit dem Gesetz zur Modernisierung des Tabaksteuerrechts die gesetzlichen Bedingungen an die veränderten Rauch- und Konsumgewohnheiten der Bevölkerung anzupassen. Auch im Vergleich zum Besteuerungsniveau in anderen Mitgliedstaaten der EU war eine Aktualisierung angezeigt.

    Das Tabaksteuermodell
    kam erstmals im Zeitraum 2011 bis 2015 zum Tragen. Es sah eine jährliche moderate Erhöhung der Tabaksteuer auf Zigaretten und Feinschnitt vor. Dieses Modell erfährt nun im Tabaksteuermodernisierungsgesetz eine Neuauflage. Binnen fünf Jahren wird ab dem Jahr 2022 in vier Stufen die Tabaksteuer moderat und für alle Seiten planbar angepasst.

    Veränderte Rauchgewohnheiten und neue Produkte

    Seit der vorangegangenen Anpassung des Tabaksteuergesetzes haben sich die Rauch- und Konsumgewohnheiten verändert. Neben den klassischen Produkten – Zigaretten, Feinschnitt, Zigarren, Zigarillos und Pfeifentabak – sind neuartige Produkte auf den Markt gekommen. Dies sind neben E-Zigaretten vor allem sogenannte Tabakerhitzer, in denen statt eines Verbrennungsprozesses der Tabak in einem elektrischen Gerät lediglich erhitzt und so eine Inhalation ermöglicht wird. Zudem ist ein deutlicher Anstieg beim Konsum von Wasserpfeifentabak festzustellen. Diese Produkte sind genau wie die klassischen Rauchprodukte nicht als harmlos anzusehen. Ihr Konsum stellt ebenfalls eine Gesundheitsgefährdung dar und birgt Abhängigkeitspotenzial.

    Anpassungen im Tabaksteuermodernisierungsgesetz

    Das Tabaksteuermodernisierungsgesetz sieht neben einer Neuauflage des Tabaksteuermodells ab dem 1. Januar 2022 eine höhere Besteuerung sogenannter Heat-not-Burn-Produkte vor. Zudem wird erstmalig eine Besteuerung auf Substanzen zum Konsum in E-Zigaretten erfolgen, unabhängig von einem eventuellen Nikotingehalt. Es wird eine Zusatzsteuer auf Wasserpfeifentabak eingeführt, die im Ergebnis eine Besteuerung in vergleichbarer Höhe zur Zigarette bewirkt. Daneben gibt es Anpassungen im Bereich der Mindeststeuer auf Zigaretten sowie bei Feinschnitt, Zigarren beziehungsweise Zigarillos und Pfeifentabak.

    Moderne Besteuerung der unterschiedlichen Rauchprodukte

    Um die Tabaksteuereinnahmen auch zukünftig zu verstetigen, wird das Tabaksteuermodell für Zigaretten und Feinschnitt ab dem 1. Januar 2022 fortgeführt. Dieses Modell sieht, wie das Tabaksteuermodell der Jahre 2011 bis 2015, einen moderaten Anstieg der Tabaksteuer in mehreren Stufen vor. Dadurch soll eine stärkere Abwanderung von Konsumentinnen und Konsumenten zu nicht im Inland versteuerten und/oder illegalen Tabakwaren, beispielsweise aus Schmuggelaktivitäten oder durch Käufe auf dem sogenannten Schwarzmarkt, verhindert werden. Hierbei wird insbesondere der Bedeutung von Feinschnitttabak als Tabakware für preissensible Konsumentinnen und Konsumenten Rechnung getragen, indem eine gezielt geschaffene Steuer- und Preisdifferenz zu Zigaretten bestehen bleibt. Das Tabaksteuermodell dient der Steuergerechtigkeit, ermöglicht eine angemessene Besteuerung des Niedrigpreissegments und schafft Planungssicherheit und Vorhersehbarkeit künftiger Tabaksteuereinnahmen. Zudem dient es einem Gleichgewicht zwischen dem Ziel konstanter Steuereinnahmen und den Zielen im Bereich der öffentlichen Gesundheit.

    E-Zigaretten, in denen mithilfe eines elektronischen Verdampfers Flüssigkeiten verdampft werden, wurden bislang durch das Tabaksteuergesetz nicht erfasst und dementsprechend nicht besteuert. Nunmehr sollen die zum Verdampfen verwendeten Flüssigkeiten, z. B. eine Basis in Form von Glycerin, eventuell zugefügtes Nikotin sowie Aromen, der Besteuerung unterliegen. Diese Produkte werden entweder als sogenanntes fertiges Liquid oder als Komponenten zum Selbstmischen angeboten. Die Besteuerung richtet sich dabei nach der Menge der Flüssigkeiten in Millilitern, unabhängig vom Nikotingehalt. E-Zigaretten sind ein Ausweichprodukt für klassische Zigaretten und bergen sowohl ein Sucht- als auch Gesundheitsgefährdungspotenzial. Um diesem angemessen begegnen zu können, unterliegen diese Substanzen ab dem 1. Juli 2022 ebenfalls der Besteuerung. Damit es in dieser jungen Branche nicht zu Marktverwerfungen oder starken Ausweichbewegungen auf andere Märkte kommt, wurde hier ein späterer Zeitpunkt für den Beginn der Besteuerung gewählt, welcher ausreichend Vorlauf zur Vorbereitung auf die neuen Bedingungen ermöglicht. Diese neu eingeführte Besteuerung dient der Beachtung der Steuergerechtigkeit durch die Erfassung dieses Substitutionsprodukts als Steuergegenstand. Zudem sichert sie durch die Anwendung eines sachgerechten Steuertarifs die Erzielung von Steuermehreinnahmen und leistet somit ihren Beitrag zur Modernisierung des Tabaksteuerrechts.

    Erhitzter Tabak, also einzeln portionierte Tabaksticks zur Verwendung in elektrischen Geräten, wurde bislang ausschließlich wie Pfeifentabak besteuert. Aufgrund der Beschaffenheit der Tabaksticks handelt es sich um ein Substitutionsprodukt für Zigaretten. Die zusätzliche Besteuerung von erhitztem Tabak führt im Ergebnis dazu, dass diese zukünftig in Höhe von ungefähr 80 Prozent der auf Zigaretten liegenden Steuerlast besteuert werden. Diese Besteuerung dient der Verringerung des Konsums von gesundheitsschädlichem Nikotin. Genau wie bei Zigaretten ist der Hauptzweck von erhitztem Tabak die Nikotinzufuhr. Erhitzter Tabak wird im Rahmen bestehender Nikotinabhängigkeit konsumiert und substituiert insofern die Zigarette.

    Das Angebot an Wasserpfeifentabak nimmt stetig zu, das Rauchen dieses Tabaks ist insbesondere in Shisha-Bars sehr verbreitet. Da Wasserpfeifentabak im Regelfall stark aromatisiert ist, tritt hier der klassische Tabakgeschmack in den Hintergrund. Aus diesem Grund spricht Wasserpfeifentabak als geselliges Konsum- und Gemeinschaftsprodukt insbesondere junge Menschen an.

    Die gesundheitliche Gefahr durch Wasserpfeifentabak ist jedoch nicht zu unterschätzen. Aufgrund der starken Aromatisierung nehmen die Konsumentinnen und Konsumenten diese Gesundheitsgefährdung oftmals nicht oder nur in geringem Maße wahr. Beim Rauchen von Wasserpfeifentabak wird ähnlich viel oder auch mehr Nikotin als beim Rauchen einer klassischen Zigarette aufgenommen.

    Durch den bisher geltenden niedrigeren Steuertarif für Pfeifentabak kann Wasserpfeifentabak zu Preisen angeboten werden, welche die oftmals eher preissensiblen jungen Menschen regelmäßig nicht abschrecken und somit auch nicht vom gesundheitsgefährdenden Konsum abhalten. Mit der Einführung einer Zusatzsteuer auf Wasserpfeifentabak wird gezielt an diesem Punkt angesetzt und ein entsprechender Lenkungszweck verfolgt. Der Konsum von Wasserpfeifentabak soll gerade auch für junge Menschen unattraktiver gemacht werden, um der Gesundheitsgefahr und dem Nikotinabhängigkeitspotenzial von Wasserpfeifentabak entgegenzuwirken. Dies trägt zu einem erhöhten Jugend- und Gesundheitsschutz bei und berücksichtigt in angemessener Weise die gesundheitsschädigenden Aspekte des Wasserpfeifenkonsums.

    Aktualisierung der europäischen Tabaksteuerrichtlinie

    Das aktuelle Regelwerk der EU zur Tabaksteuer ist die Richtlinie 2011/64/EU des Rates vom 21. Juni 2011 (sogenannte Tabaksteuerrichtlinie). In der Tabaksteuerrichtlinie sind die EU-Vorschriften für die Besteuerung von Tabakwaren und insbesondere die Struktur und die Mindeststeuersätze festgelegt. Die Vorschrift soll das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts und gleichzeitig ein hohes Gesundheitsschutzniveau gewährleisten und zur Bekämpfung von Steuerbetrug, Steuerhinterziehung und rechtswidrigem grenzüberschreitendem Einkauf beitragen. Mit einem im Jahr 2020 durch die Europäische Kommission vorgelegten Evaluierungsbericht zur geltenden Tabaksteuerrichtlinie wurden Defizite in der Struktur und bei den Mindeststeuersätzen für Tabakwaren sowie eine fehlende Harmonisierung bei neuartigen Rauchprodukten aufgezeigt. Diese Defizite machen eine Überarbeitung der zehn Jahre alten Tabaksteuerrichtlinie notwendig. Alle Mitgliedstaaten messen der harmonisierten Besteuerung neuer Rauch- und Tabakprodukte bei der Überarbeitung der Tabaksteuerrichtlinie eine große Bedeutung zu. Gleiches gilt für einen verbesserten Gesundheitsschutz im Zusammenhang mit dem Tabak- und Rauchkonsum, der neben nachhaltigen Steuereinnahmen ein wesentliches Ziel der Richtlinienüberarbeitung sein wird. Die EU-Kommission plant aktuell, voraussichtlich im 4. Quartal dieses Jahres, den Mitgliedstaaten einen entsprechenden Legislativvorschlag vorzulegen. Eine öffentliche Konsultation hierzu hat die Kommission bereits durchgeführt und den unterschiedlichen Stakeholdern die Möglichkeit zur Stellungnahme ermöglicht. Die Überarbeitung der Richtlinie wird eine längere Zeit in Anspruch nehmen, die Deutschland mit dem Tabaksteuermodernisierungsgesetz überbrückt. Bei den Verhandlungen auf Ebene der EU wird sich Deutschland aktiv einbringen. Über die Inhalte des Tabaksteuermodernisierungsgesetzes hinaus werden sich die Überlegungen und Verhandlungen auch auf die steuerliche Behandlung von Rohtabak sowie bestimmter rauchloser Tabakerzeugnisse wie Kau- und Schnupftabak erstrecken.

    Schutz der Gesundheit

    Das Gesetz bezweckt zudem einen besseren Gesundheitsschutz. Nicht nur die klassischen Tabakwaren wie Zigaretten, Feinschnitt, Zigarren, Zigarillos oder auch Pfeifentabak bergen Gesundheitsrisiken. Auch die neuartigen Rauchprodukte wie E-Zigaretten und erhitzter Tabak sind keine harmlosen Genussprodukte, sondern bergen eine Gefährdung der Gesundheit der Konsumentinnen und Konsumenten. Dem wird durch eine angepasste, höhere Besteuerung begegnet, die die Produkte verteuert und so die Hemmschwelle zum Konsum der Produkte erhöht. Gerade neuartige Produkte, aber auch Wasserpfeifentabak, können nicht nur Umstiegs-, sondern auch Einstiegsprodukte für den Tabakkonsum sein. Durch eine angemessene Besteuerung soll ein Anreiz zum Ausstieg aus dem Tabakkonsum geschaffen oder im besten Fall bereits der Einstieg in den Konsum von Tabakwaren und sonstigen gesundheitsschädlichen Rauch- und Dampfprodukten verhindert werden.

    Tabaksteuereinnahmen

    Für die Jahre 2022 bis 2026 ergeben sich bei Umsetzung des Tabaksteuermodernisierungsgesetzes prognostizierte Tabaksteuermehreinnahmen in Höhe von rund 14,5 Mrd. €.

    Die prognostizierten Tabaksteuermehreinnahmen teilen sich wie folgt auf:

    • Neuauflage des Tabaksteuermodells: insgesamt rund 10 Mrd. €
    • Einführung einer zusätzlichen Besteuerung auf erhitzten Tabak: insgesamt rund 1,5 Mrd. €
    • Einführung einer zusätzlichen Besteuerung auf Wasserpfeifentabak: insgesamt rund 2 Mrd. €
    • Einführung der Besteuerung von Substituten zum Konsum in E-Zigaretten: insgesamt rund 1 Mrd. €

    Fazit

    Das Tabaksteuermodernisierungsgesetz ist eine moderne zeitgerechte Regelung, die sowohl dem Gesundheitsschutz angemessen Rechnung trägt als auch der Sicherung der fiskalischen Interessen des Staates durch verstetigte Steuereinnahmen dient. Es ist bewusst schlank gehalten und sieht angemessene, durchdachte Steueranpassungen vor. Dadurch werden Marktverwerfungen und Abwanderungsbewegungen in ausländische oder illegale Märkte verhindert. Es stellt eine tragfähige Brücke für die Zeit bis zu einer Aktualisierung der europäischen Tabaksteuerrichtlinie dar.

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