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    Ar­ti­kel-IV-Kon­sul­ta­tio­nen des In­ter­na­tio­na­len Wäh­rungs­fonds mit Deutsch­land

    • Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat am 14. Juli 2021 seine diesjährigen Artikel-IV-Konsultationen mit Deutschland abgeschlossen.
    • Der IWF würdigte erneut die entschiedene Reaktion Deutschlands auf die COVID‑19‑Pandemie sowohl im Gesundheitsbereich als auch bei den umfangreichen Unterstützungsmaßnahmen für Wirtschaft, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und Familien.

    Einleitung

    Die jährlichen Artikel-IV-Konsultationen des IWF mit Deutschland fanden im Mai 2021 erneut virtuell statt. Die IWF-Delegation besuchte neben dem BMF virtuell auch andere Ministerien, die Deutsche Bundesbank, Unternehmen, Verbände und Forschungsinstitute. Mit der Diskussion im Exekutivdirektorium des IWF im Juli 2021 wurden die diesjährigen Artikel‑IV‑Konsultationen mit Deutschland abgeschlossen.

    Bei den Gesprächen mit dem IWF standen in diesem Jahr erneut die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie im Zentrum. Vonseiten des BMF nahmen Staatssekretär Wolfgang Schmidt, Chefvolkswirt Jakob von Weizsäcker sowie zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter aus den verschiedenen Abteilungen des BMF teil. Erörtert wurden die Wirtschaftsaussichten und die deutschen Hilfs- und Stabilisierungsmaßnahmen. Wie üblich ging es auch um Themen des Finanzsektors. In einer Sonderbefassung beleuchtete der IWF die klimapolitischen Maßnahmen der Bundesregierung und deren makroökonomische Auswirkungen.

    Artikel-IV-Konsultationen
    Zu den wesentlichen Aufgaben des IWF gehört der Dialog mit den Mitgliedsländern über die nationalen und internationalen Auswirkungen ihrer Wirtschafts- und Finanzpolitik. Der IWF führt mit allen Mitgliedsländern jährliche Konsultationen durch. Die Grundsätze für diese Konsultationen sind in Art. IV des Übereinkommens über den IWF festgelegt. Üblicherweise besucht zunächst ein Team des IWF das jeweilige Land, um sich über die Wirtschafts- und Finanzlage zu informieren und mit der Regierung die wirtschafts- und finanzpolitische Ausrichtung zu diskutieren. Auf dieser Grundlage verfasst das IWF-Team einen Bericht, der im IWF‑Exekutivdirektorium erörtert wird.

    Ergebnisse der diesjährigen Artikel-IV-Konsultationen des IWF

    Laut IWF ist Deutschland auch dank umfangreicher finanzpolitischer Maßnahmen bisher relativ gut durch die COVID-19-Krise gekommen. Nach dem starken Einbruch der Wirtschaftsleistung im Jahr 2020 fiel der gesamtwirtschaftliche Ausblick des IWF insgesamt positiv aus. Dies wurde vor allem mit der Eindämmung der COVID-19-Pandemie in Deutschland und den voranschreitenden Impfungen begründet. Risiken würden aber fortbestehen; neben der Pandemie wurden hier Engpässe bei Vorprodukten in den Industrieländern genannt. Für die zweite Jahreshälfte 2021 werde eine merkliche konjunkturelle Erholung erwartet. Für das Gesamtjahr werde von einem realen Wirtschaftswachstum von 3,6 Prozent ausgegangen, für das Jahr 2022 von 4,1 Prozent.

    Die Stützung der Wirtschaft habe zu einem deutlichen Anstieg des Haushaltsdefizits (4,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im Jahr 2020) und des öffentlichen Schuldenstands (auf nun 69,7 Prozent des BIP) geführt. Damit blieben die Werte unterhalb jener nach Ausbruch der Finanzkrise im Jahr 2008, als das Defizit im Jahr 2010 auf 4,4 Prozent des BIP und der Schuldenstand auf über 80 Prozent des BIP gestiegen waren. Gleichwohl empfehle der IWF eine weiterhin expansive Fiskalpolitik, bis es deutliche Anzeichen einer nachhaltigen Erholung gebe. Ein Ausstieg insbesondere aus den Hilfsmaßnahmen müsse vorsichtig kalibriert werden. Im Jahr 2021 werde das Haushaltsdefizit 7,2 Prozent des BIP betragen; im Jahr 2022 sei dann ein deutlicher Rückgang auf 1,8 Prozent des BIP zu erwarten.

    Der deutsche Leistungsbilanzüberschuss habe im Jahr 2020 um 0,5 Prozentpunkte abgenommen und wurde mit 7,0 Prozent des BIP angegeben. Für das Jahr 2021 werde ein Wiederanstieg auf 7,4 Prozent erwartet; für das Jahr 2022 würden 7,3 Prozent geschätzt.

    Erneut positiv hob der IWF vor allem das Instrument der Kurzarbeit als Reaktion auf die Krise hervor. Die Erwerbslosigkeit sei im vergangenen Jahr zwar angestiegen, gehe aber bereits in diesem und noch stärker im nächsten Jahr wieder zurück. Der IWF warnte aber auch vor langfristigen Arbeitsmarktfolgen der COVID-19 Pandemie für besonders verwundbare Gruppen. Vor allem Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die nicht von Kurzarbeit profitiert und ihren Arbeitsplatz verloren hätten, müssten gezielt bei der Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt unterstützt werden. Eine Absenkung ihrer Sozialversicherungsbeiträge könne die Folgen der Krise für die besonders betroffenen Bezieherinnen und Bezieher niedriger Einkommen abmildern. Wenn sich die wirtschaftliche Erholung nachhaltig einstelle, sollten aber auch die Zugangsbedingungen für die Kurzarbeit normalisiert und die Mobilität von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern aus schrumpfenden in wachsende Sektoren erleichtert werden, z. B. durch Anreize für Weiterbildung.

    Der Bankensektor sei weitgehend stabil und widerstandsfähig, möglicherweise zunehmende Insolvenzen im Zuge der Pandemie könnten aber noch nachteilig auf die Bankbilanzen durchschlagen. Daraus erwachsende Finanzmarktrisiken müssten weiterhin eng überwacht werden.

    Die Sonderuntersuchung des IWF zum Klimawandel folgte der Leitfrage, ob Deutschland die angestrebten Klimaziele zu geringeren Kosten und mit einer faireren Lastenteilung erreichen könne. Dabei habe Deutschland seit dem Jahr 1990 Fortschritte bei der Minderung der Emission von Treibhausgasen gemacht, gleichwohl seien die gesetzten Ziele ambitioniert. Ein Mix aus verschiedenen Maßnahmen sei besonders geeignet, die Ziele zu erreichen. Die CO2-Emissionspreise müssten mit einem längeren Zeithorizont steigen und sollten besser planbar sein. Dann würde die Effizienz von Investitionen in klimafreundlichere Energien steigen. Höhere CO2-Preise seien vor allem dort angeraten, wo die Kosten der Vermeidung relativ gering (Energiesektor, Industrie) und die durch höhere CO2-Preise ausgelöste Reduktionen der Emissionen relativ hoch und ökonomisch effizient seien. Öffentliche Investitionen in klimafreundliche Infrastruktur und Technologien könnten dies flankieren. Eine gezielte Verwendung der fiskalischen Einnahmen könne eine Belastung der ärmeren Bevölkerung durch die CO2-Bepreisung verhindern. Deutschland habe diesbezüglich wirkungsvolle Maßnahmen ergriffen, etwa durch die Senkung der EEG-Umlage, die Unterstützung von Fernpendlerinnen und -pendlern sowie die Erhöhung des Wohngelds.

    Die nächsten Artikel-IV-Konsultationen des IWF mit Deutschland finden voraussichtlich im Mai 2022 statt.

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