- Die Neuausrichtung der Corporate Governance der Bundesunternehmen sowie der Beteiligungsführung des Bundes ist mit Beschluss der Anlagen zu den „Grundsätzen guter Unternehmens- und aktiver Beteiligungsführung im Bereich des Bundes“ (Grundsätze) durch die Runde der beamteten Staatssekretärinnen und Staatssekretäre am 16. August 2021 erfolgreich abgeschlossen.
- Die Neufassung der „Grundsätze guter Unternehmens- und aktiver Beteiligungsführung im Bereich des Bundes“ wurde bereits am 16. September 2020 durch die Bundesregierung beschlossen. Damit wurden die bisher geltenden Grundsätze aus dem Jahr 2009 durch eine inhaltlich weiterentwickelte und zudem besser lesbare Fassung abgelöst.
- Kernelemente der neuen Grundsätze sind die Implementierung einer aktiven Beteiligungsführung sowie die Stärkung des jeweiligen Überwachungsorgans. Außerdem betonen die Grundsätze die Vorbildfunktion der Bundesunternehmen sowie die Verantwortung der Unternehmensorgane und der Beteiligungsführung im Umgang mit dem öffentlichen Vermögen.
- Im Nachgang zur Verabschiedung der Grundsätze waren die Musterstatuten für Bundesunternehmen (Gesellschaftsvertrag, Geschäftsordnungen für die Geschäftsführung und den Aufsichtsrat, Mandatsvereinbarungen etc.) zu aktualisieren. Diese spiegeln die inhaltlichen Leitplanken der neuen Grundsätze in statutarischer Form wider und sollen den Bundesunternehmen helfen, moderne Corporate-Governance-Strukturen aufzusetzen.
- Die Corporate Governance der Bundesunternehmen ist stetig weiterzuentwickeln und zu stärken.
Einleitung
Das Bundeskabinett hat am 16. September 2020 die „Grundsätze guter Unternehmens- und aktiver Beteiligungsführung im Bereich des Bundes“ (Grundsätze) beschlossen. Die Grundsätze lösen die bisher geltenden „Grundsätze guter Unternehmens- und Beteiligungsführung im Bereich des Bundes“ aus dem Jahr 2009 durch eine inhaltlich nachgeschärfte, besser lesbare, zweigliedrige Fassung ab.
Die Grundsätze bestehen nunmehr aus dem an die Unternehmen und deren Organe adressierten „Public Corporate Governance Kodex des Bundes“ (PCGK) und den an die Beteiligungsführung adressierten „Richtlinien für eine aktive Beteiligungsführung bei Unternehmen mit Bundesbeteiligung“ (Richtlinien).
Zu den Richtlinien gehören verschiedene Anlagen, insbesondere die Musterdokumente beziehungsweise Formulierungshilfen für die Erstellung von Unternehmensstatuten für Bundesunternehmen.
In der Runde der Staatssekretärinnen und Staatssekretäre vom 16. August 2021 wurden zur weiteren Ausgestaltung der Neuausrichtung der Beteiligungsführung u. a. die nachfolgenden Anlagen beschlossen:
- Muster eines Gesellschaftsvertrags für Gesellschaften mit beschränkter Haftung,
- Muster einer Geschäftsordnung für Aufsichtsräte von Gesellschaften mit beschränkter Haftung,
- Muster einer Geschäftsordnung für die Geschäftsführung und
- Muster von Mandatsvereinbarungen.
Insbesondere die folgenden Inhalte der neuen Grundsätze waren in den zu modernisierenden Musterstatuten zu verankern.
Kernelement aktive Beteiligungsführung
Kernelement der Neufassung der Grundsätze ist die Implementierung einer aktiveren Beteiligungsführung, insbesondere in den Richtlinien mit einem stärkeren Fokus auf das wichtige Bundesinteresse an dem Unternehmen und dessen wirtschaftliche Umsetzung. Die Beteiligungsführung konkretisiert das Bundesinteresse zu operationalisierbaren mittelfristigen Wirkungszielen im Sinne einer Eigentümerstrategie des Bundes und implementiert eine anschließende Erfolgskontrolle zur Umsetzung der Ziele durch die Geschäftsführung.
Die Voraussetzungen einer Bundesbeteiligung an Unternehmen
in der Rechtsform des privaten Rechts (z. B. Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), Aktiengesellschaft) regelt § 65 Abs. 1 Bundeshaushaltsordnung (BHO). Danach soll sich der Bund nur beteiligen, wenn u. a.
- ein wichtiges Interesse des Bundes vorliegt,
- sich der vom Bund angestrebte Zweck nicht besser und wirtschaftlicher auf andere Weise erreichen lässt und
- der Bund einen angemessenen Einfluss, insbesondere im Aufsichtsrat oder in einem entsprechenden Überwachungsorgan, erhält.
Die aktive Beteiligungsführung umfasst auch den regelmäßigen aktiven Stakeholder-Dialog der Beteiligungsführung mit der Geschäftsführung, den Mitgliedern des Überwachungsorgans (einschließlich Arbeitnehmervertretung) sowie mit sonstigen relevanten Stakeholdern.
Verankerung eines starken Überwachungsorgans
Losgelöst von der Gesellschaftsform des Unternehmens, an dem der Bund beteiligt ist, ist im Gesellschaftsvertrag beziehungsweise der Satzung ein Überwachungsorgan zu verankern, das über die Mindestanforderungen des Aufsichtsrates einer GmbH nach § 52 Gesetz betreffend die Gesellschaft mit beschränkter Haftung hinausgeht. Auf dieser Grundlage realisiert der Bund durch die Aufsichtsratsmandate seiner Vertreter den nach § 65 BHO erforderlichen, angemessenen Einfluss. So sind beispielsweise Turnus und Inhalt der Regelberichterstattung der Geschäftsführung an das Überwachungsorgan an die der Aktiengesellschaft anzupassen. Auch in grundsätzlichen Personalangelegenheiten der Geschäftsführung ist das Überwachungsorgan einzubinden beziehungsweise originär zuständig.
Vorbildrolle und Verantwortung der Unternehmen mit Bundesbeteiligung
Der Vorbildfunktion der Unternehmen mit mehrheitlicher Bundesbeteiligung Rechnung tragend, adressieren die Grundsätze eine Vielzahl sozialer Themen:
- Die gesetzlichen Anforderungen an die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen wurden im PCGK und den Richtlinien durch dynamische Verweise auf die gesellschaftsrechtlichen Regelungen sowie das Bundesgremienbesetzungsgesetz mit Regelungen zur Verantwortlichkeit der beteiligten Ressorts gespiegelt (Ziffer 5.5.2 PCGK, Tz. 122, 134 Richtlinien).
- Die Geschäftsführung soll eine gleichstellungsfördernde, tolerante und diskriminierungsfreie Kultur im Unternehmen mit gleichen Entwicklungschancen ohne Ansehung der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität gewährleisten (Ziffer 5.5.2 PCGK).
- Bundesunternehmen als gute Arbeitgeber: Die Geschäftsführung soll eine Arbeitskultur fördern, die die Vereinbarkeit von Beruf und sozialen Verpflichtungen ermöglicht, einschließlich verlässlicher Rahmenbedingungen (Ziffer 5.5.3 PCGK).
- Die Grundsätze geben ein Statement für die unternehmerische und betriebliche Mitbestimmung ab. Die Anteilseignerversammlung soll Maßnahmen unterlassen, mit denen die Mitbestimmung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach dem Mitbestimmungsgesetz 1976 oder dem Drittelbeteiligungsgesetz eingeschränkt oder verhindert wird (Ziffer 3.3 PCGK). Die Zusammensetzung der Ausschüsse von Aufsichtsräten, die der gesetzlichen Mitbestimmung unterliegen, soll das Kräfteverhältnis von Anteilseigner- und Arbeitnehmervertretungen des Aufsichtsratsplenums widerspiegeln (Ziffer 6.1.8 PCGK). Arbeitnehmervertreterinnen und -vertreter im Überwachungsorgan sind grundsätzlich auch unterhalb der Schwellenwerte der Mitbestimmung möglich (Ziffer 6.2.5 PCGK).
Aber auch die nachhaltige Unternehmensführung nimmt einen breiten Raum in den neuen Grundsätzen ein.
Musterstatuten
Die aktualisierten Mustertexte zum Aufsetzen der Unternehmensstatuten, wie dem Gesellschaftsvertrag, umfassen zahlreiche Änderungen aufgrund zwischenzeitlicher Rechtsentwicklungen. Sie integrieren wichtige aktuelle Anforderungen, wie z. B. Nachhaltigkeit und soziale Themen und berücksichtigen ferner Anregungen der Ressorts und Erfahrungen aus der Praxis. So verankern sie noch klarer das wichtige Bundesinteresse und dessen regelmäßige Überprüfung in den Statuten. Die neuen Mustertexte schärfen die Rollen, Aufgaben und Verantwortlichkeiten der Unternehmensorgane. Die Geschäftsführung hat insbesondere die Unternehmensstrategie enger an der Eigentümerstrategie des Bundes auszurichten, die Geschäfte nachhaltig zu führen sowie das Vier-Augen-Prinzip stringenter umzusetzen. Das Überwachungsorgan und die unternehmerische Mitbestimmung werden gestärkt. Der Aufsichtsrat ist von der Geschäftsführung vorab in die Unternehmensplanung sowie in grundsätzliche Personalangelegenheiten betreffend die Geschäftsführung einzubeziehen. Ferner bestehen gesteigerte Anforderungen an die Qualifikation der Mitglieder des Prüfungsausschusses. Schließlich wird die virtuelle und fernmündliche Teilnahme beziehungsweise Durchführung von Gremiensitzungen und Beschlussfassungen in Ausnahmefällen, wie etwa der Corona-Pandemie, zugelassen.
Ausblick
Mit Verabschiedung der Muster für die Unternehmensstatuten (Anlagen zu den Grundsätzen) ist die Neuausrichtung der Corporate Governance der Bundesunternehmen und der Beteiligungsführung des Bundes erfolgreich abgeschlossen worden. Bestehende Unternehmensstatuten und -vereinbarungen sind nun sukzessive zu modernisieren. Bei Neugründungen und Neubestellungen sind die Mustertexte fortan zu verwenden.
Trotz dieses Meilensteins ist die Corporate Governance der Bundesunternehmen stetig weiterzuentwickeln und zu stärken, um aktuellen Entwicklungen und Anforderungen gerecht zu werden.