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  • Analysen und Berichte

    Jah­res­ta­gung des In­ter­na­tio­na­len Wäh­rungs­fonds und der Welt­bank­grup­pe

    • Vom 11. bis 17. Oktober 2021 fand die Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbankgruppe statt. Erstmalig trafen sich die Finanzministerinnen und Finanzminister und Notenbankgouverneurinnen und -gouverneure der G20, der Lenkungsausschuss des IWF (International Monetary and Financial Committee) sowie die Weltbankgruppe in einem hybriden Format.
    • Der IWF geht in seinem aktuellen „World Economic Outlook“ weiterhin von einer starken wirtschaftlichen Erholung aus. Das erwartete weltweite Wachstum liegt im Jahr 2021 bei 5,9 Prozent und im Jahr 2022 bei 4,9 Prozent. Die Risiken hätten allerdings angesichts der Delta-Variante, schleppender Impfkampagnen, steigender Inflation und Lieferengpässen vielerorts zugenommen.
    • Die allgemeine Zuteilung neuer Sonderziehungsrechte in Höhe von 650 Mrd. Dollar im August dieses Jahres kam insofern genau zur richtigen Zeit, da sie weltweit neue Währungsreserven und damit auch finanziellen Spielraum zur Überwindung der Pandemie geschaffen hat. Die Bundesregierung hat sich dafür seit Ausbruch der Pandemie eingesetzt. Schwellen- und Entwicklungsländer haben rund 42 Prozent der neu zugeteilten Reserven erhalten.
    • Der IWF wird Klimaaspekte in seiner Arbeit zukünftig noch umfassender berücksichtigen. Der Klimawandel habe tiefgreifende Auswirkungen auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung und die Finanzstabilität.

    Hybrides Treffen der G20-Finanzministerinnen und -minister und -Notenbankgouverneurinnen und -gouverneure

    Das vierte Treffen unter italienischer Präsidentschaft fand am 13. Oktober 2021 im hybriden Format statt. Für Deutschland nahmen der Bundesminister der Finanzen Olaf Scholz und die Vizepräsidentin der Deutschen Bundesbank Prof. Dr. Claudia Buch teil. Die G20-Finanzministerinnen und -minister und -Notenbankgouverneurinnen und -gouverneure diskutierten, wie die Einigung im Bereich der internationalen Besteuerung zeitnah umgesetzt, die wirtschaftliche Erholung nachhaltig gestaltet und die internationale Koordinierung und Zusammenarbeit zum Klimaschutz verstärkt werden kann. Außerdem standen die weitere Unterstützung von Niedrigeinkommensländern und Finanzmarktthemen auf der Agenda. Dazu haben die Finanzministerinnen und -minister und Notenbankgouverneurinnen und -gouverneure ein Kommuniqué verabschiedet.

    G20-Aktionsplan und Gestaltung der wirtschaftlichen Erholung

    Die G20-Finanzministerinnen und -minister und -Notenbankgouverneurinnen und -gouverneure billigten den Fortschrittsbericht zum G20-Aktionsplan zur Krisenbekämpfung. Beim Aktionsplan handelt es sich um das zentrale Instrument der G20 für die Koordinierung der internationalen finanz- und gesundheitspolitischen Antwort auf die COVID-19-Pandemie. Der Bericht wird fortlaufend aktualisiert, um der veränderten Pandemie- und Wirtschaftslage Rechnung zu tragen.

    Der aktuelle Fortschrittsbericht zeigt, dass signifikante Fortschritte in der globalen Impfkampagne erzielt werden konnten. Allerdings sind die Impfstoffe zwischen den Ländern immer noch sehr ungleich verteilt.

    Der Bericht beschreibt außerdem die gewaltigen finanzpolitischen Kraftanstrengungen der internationalen Gemeinschaft im Kontext der Pandemie: Mittlerweile wurden über 16 Bio. Dollar an fiskalpolitischen Hilfsmaßnahmen beschlossen. Analysiert wird in dem Bericht auch die Umweltverträglichkeit der beschlossenen Maßnahmen: Von den Konjunkturmaßnahmen der G20 seien 22 Prozent oder 567 Mrd. Dollar als explizit positiv für die Umwelt zu bewerten, 11 Prozent der Konjunkturmaßnahmen hätten sich gemischt oder negativ auf die Umwelt ausgewirkt.

    Die Klimapolitik spielte bei den Gesprächen der Finanzministerinnen und -minister und Notenbankgouverneurinnen und -gouverneure in Washington, D.C. eine zentrale Rolle. Der Klimawandel und die Maßnahmen zu seiner Bekämpfung haben auch erhebliche makroökonomische und verteilungspolitische Auswirkungen. Die G20 werden diese Dimensionen des Klimawandels in Zukunft noch stärker in den Blick nehmen und analysieren.

    Das Ziel ist eine klimafreundliche und nachhaltige Gestaltung der wirtschaftlichen Erholung. Die G20 haben hierzu in ihrem Kommuniqué erneut einen Hinweis auf das Instrument der CO2-Bepreisung und die in diesem Zusammenhang nötigen Entlastungsmaßnahmen für einkommensschwächere Haushalte aufgenommen. Auch die internationale Klimafinanzierung zugunsten von Entwicklungsund Schwellenländern, Technologietransfer und Investitionen in innovative Technologien wurden erneut als wichtig bei der Erreichung der Klimaziele betont.

    Globale Unternehmensbesteuerung

    Die Finanzministerinnen und -minister und Notenbankgouverneurinnen und -gouverneure haben einen weiteren wichtigen Schritt auf dem Weg zur Umsetzung des sogenannten Zwei-Säulen-Projekts getan, in dessen Rahmen u. a. eine globale effektive Mindestbesteuerung für international tätige Unternehmensgruppen eingeführt werden soll. Das OECD-Inclusive Framework on BEPS (Base Erosion and Profit Shifting, auf Deutsch etwa Gewinnkürzung und Gewinnverlagerung) hatte pünktlich zur Jahrestagung eine finale Einigung zu weiteren Details der größten Reform in der Geschichte des internationalen Steuerrechts erreicht.

    Das Zwei-Säulen-Projekt
    Im Rahmen des BEPS Projekts sind seit 2013 zahlreiche Maßnahmen gegen Steuervermeidung durch Gewinnkürzung und Gewinnverlagerung eingeführt worden wie zum Beispiel Regeln für einen besseren internationalen Informationsaustausch zu Gewinnverlagerungen sowie eine bessere Zusammenarbeit nationaler Steuerbehörden. Mit dem nun beschlossenen Zwei-Säulen-Projekt sollen verbliebene Spielräume für aggressive Steuergestaltungen geschlossen werden. Das Projekt beinhaltet unter der sogenannten Säule 1 die Neuverteilung von Besteuerungsrechten der größten und profitabelsten Konzerne der Welt. Es stellt sicher, dass diese Konzerne dort ihren fairen Beitrag zum Gemeinwohl leisten, wo sie auch ihre Gewinne erwirtschaften. Die sogenannte Säule 2 umfasst den deutsch-französischen Vorschlag einer globalen effektiven Mindestbesteuerung. Durch einen robusten globalen effektiven Steuersatz von 15 Prozent kann aggressiver Steuergestaltung und schädlichem Steuersystemwettbewerb ein Ende gesetzt werden.

    In Washington wurden nicht nur weitere technische Details der Regelungen konkretisiert. Es ist außerdem gelungen, weitere Staaten von der Teilnahme an dem Projekt zu überzeugen. Nach gegenwärtigem Stand haben 137 Staaten der internationalen Einigung zugestimmt. Darunter sind alle G20-Staaten sowie alle EU-Mitglieder des Inclusive Frameworks. Zudem wurde ein konkreter Implementierungsfahrplan beschlossen, der zum Ziel hat, dass die beschlossenen Maßnahmen bereits 2023 in Kraft treten können.

    G20-Schuldenmoratorium und G20-Rahmenwerk „Common Framework

    Das von den Finanzministerinnen und -ministern und Notenbankgouverneurinnen und -gouverneuren vereinbarte G20-Schuldenmoratorium (Debt Service Suspension Initiative) für die ärmsten Länder wurde von 48 Ländern in akuter Notlage angenommen. Es gilt noch bis Ende Dezember 2021. Zugangsberechtigte Länder erhalten einen Zahlungsaufschub für Zins- und Tilgungszahlungen. Das Schuldenmoratorium schafft kurzfristig finanziellen Spielraum, löst aber nicht das Problem zu hoher Verschuldung. Dafür wurde ein neues multilaterales Rahmenwerk für Schuldenerleichterungen, das sogenannte Common Framework, geschaffen.

    Bislang haben drei Länder (Tschad, Äthiopien und Sambia) einen Antrag zur Schuldenbehandlung im Rahmen des Common Framework gestellt. Gläubigerkomitees sind für Tschad und Äthiopien gebildet worden. Erstmals sitzen alle betroffenen Gläubigerländer eines Landes an einem Tisch. Damit die Schulden des Schuldnerlandes behandelt werden können, muss das Land ein Reformprogramm mit dem IWF vereinbaren. Außerdem ist es erforderlich, dass sich die privaten Gläubiger mindestens zu vergleichbaren Konditionen an der Schuldenerleichterung beteiligen.

    Treffen der G7-Finanzministerinnen und -minister und -Notenbankgouverneurinnen und -gouverneure

    Im Anschluss an die Gespräche im G20-Kreis fand außerdem ein Treffen der G7-Finanzministerinnen und -minister und -Notenbankgouverneurinnen und -gouverneure statt. Im Nachgang des Treffens wurde ein Statement zum Thema digitaler Zahlungsverkehr veröffentlicht, begleitet von einem Bericht der G7 zu Prinzipien für digitales Zentralbankgeld. Die G7 wollen die politischen Fragen, welche mit der Weiterentwicklung von Geld im digitalen Zeitalter verbunden sind, gemeinsam gestalten. Sie wollen insbesondere bei der Entwicklung von digitalem Zentralbankgeld globale Standards an Transparenz, Nutzerfreundlichkeit und Datenschutz setzen.

    Hybrides Treffen des IWF-Lenkungsausschusses

    Die Treffen des Lenkungsausschusses des IWF (International Monetary and Financial Committee, IMFC) fanden am 13. und 14. Oktober 2021 ebenfalls im hybriden Format statt. Auch hier nahmen für Deutschland der Bundesminister der Finanzen Olaf Scholz (IMFC-Mitglied) und virtuell der Präsident der Deutschen Bundesbank Dr. Jens Weidmann (Gouverneur beim IWF) teil. Zentrale Themen waren die weltweite Impfstoffversorgung als wichtige Grundlage für die wirtschaftliche Erholung von der Pandemie, die zunehmende Divergenz zwischen den Industrieländern und dem Rest der Welt und die Bekämpfung der Klimakrise. Nach den Sitzungen wurde das IMFC-Kommuniqué verabschiedet, welches die wesentlichen Ergebnisse zusammenfasst.

    Lage der Weltwirtschaft

    Zur Lage der Weltwirtschaft stellte der IWF seine jüngste Prognose vor. Der IWF sagt weiterhin eine starke wirtschaftliche Erholung von der COVID-19-Pandemie voraus. So hielt er seine Prognose mit 5,9 Prozent (zuvor 6,0 Prozent) globalem Wachstum im Jahr 2021 und 4,9 Prozent (gleichbleibend) im Jahr 2022 nahezu konstant. Die gegenwärtig angestiegene Inflation sei größtenteils temporär, müsse aber weiterhin genau beobachtet werden. Der IWF erwartet, dass der Preisdruck im Jahr 2022 in den meisten Ländern nachlassen wird.

    Die Risiken für die Erholung nehmen laut IWF allerdings zu. Als Grund hierfür sieht der IWF Virus-Varianten und schleppende Impfkampagnen vielerorts. Die noch nicht besiegte Pandemie wirke sich unmittelbar negativ auf globale Lieferketten aus und könne auch bestehende Lieferengpässe verstärken. Der IWF warnt eindringlich vor einer weiter zunehmenden Divergenz zwischen Industrieländern und dem Rest der Welt. Für die Gruppe der Schwellen- und Entwicklungsländer rechnet er mit anhaltenden Produktionsverlusten im Vergleich zum präpandemischen Wachstumspfad. Das Auseinanderdriften der Welt führt er zum einen auf die ungleiche Impfstoffversorgung zurück. Zum anderen verweist er auf die ungleichen finanzpolitischen Handlungsspielräume der Länder, wodurch eine effektive Krisenantwort mancherorts gehemmt wird.

    IWF-Krisenreaktion

    Die 190 Mitgliedstaaten des IWF haben sich zur Unterstützung globaler Impfkampagnen, zu wirtschaftlicher Stabilisierung und zu mehr Klimaschutz bekannt. Mit seinen Ressourcen in Höhe von circa 1 Bio. Dollar (von denen gut 250 Mrd. Dollar aktuell in Kreditprogrammen gebunden sind) ist der IWF weiterhin gut und ausreichend ausgestattet, bedarfsgemäß finanzielle Unterstützung zu leisten. Seit Beginn der weltweiten Krise im März des vergangenen Jahres stellte der IWF bisher Kredite im Wert von insgesamt rund 118 Mrd. Dollar für 87 Mitgliedstaaten bereit.

    Die Kreditvergabe an von der Krise besonders schwer getroffene Niedrigeinkommensländer wurde dabei versechsfacht. Deutschland hat sich stets zur besonderen Unterstützung von Niedrigeinkommensländern bekannt und leistet dementsprechend an den IWF-Treuhandfonds Poverty Reduction and Growth Trust (PRGT) einen substanziellen Beitrag von 3 Mrd. Euro. Darüber hinaus stellt die Bundesregierung einen Zuschuss von 80 Mio. Euro an den IWF-Treuhandfonds Catastrophe Containment and Relief Trust zur Verfügung, welcher den Schuldendienst der ärmsten Länder gegenüber dem IWF bis vorerst Januar nächsten Jahres übernimmt.

    Außerdem hat der IWF im August dieses Jahres mit seiner allgemeinen Zuteilung neuer Sonderziehungsrechte (SZR) in Höhe von 650 Mrd. Dollar weltweit neue Währungsreserven geschaffen. Deutschland hat sich dafür seit Ausbruch der Pandemie eingesetzt, um eine wachstumshemmende globale Reserveknappheit zu beheben. Die hart getroffenen Schwellen- und Entwicklungsländer haben rund 42 Prozent der neu zugeteilten Reserven erhalten und können wie alle IWF-Mitgliedstaaten grundsätzlich frei über ihre SZR verfügen. Es ist aber das gemeinsame Verständnis der Mitgliedstaaten, die neuen nationalen Reserven in erster Linie zur Überwindung der Pandemie und zur Stärkung der eigenen Reservebasis einzusetzen. Hierzu berät der IWF seine Mitgliedstaaten und legt dabei auch deren Verwendung von SZR engmaschiger offen.

    Es wurde zudem intensiv darüber diskutiert, ob und wie Industrieländer freiwillig Teile ihrer zusätzlichen SZR Entwicklungs- und Schwellenländern leihweise zur Verfügung stellen könnten („SDR Channelling“). Damit soll die subventionierte Finanzierungsquelle für die ärmsten Länder im IWF, der PRGT, finanziell gestärkt werden. Außerdem sollen langfristige Anpassungsinvestitionen in den Bereichen öffentliche Gesundheit und Klimaschutz gefördert werden, in enger Zusammenarbeit insbesondere mit der Weltbank. Die G20 haben bei ihrem Treffen am 13. Oktober 2021 den IWF um die Schaffung eines entsprechenden neuen Treuhandfonds (Resilience and Sustainability Trust, RST) gebeten. Dies wurde auch im IWF-Lenkungsausschuss einhellig unterstützt.

    Der IWF hat neben der oben genannten Kreditvergabe an seine Mitgliedstaaten noch zwei weitere zentrale Tätigkeitsbereiche. Dazu gehört zum einen die administrative Kapazitätsentwicklung, in deren Rahmen er mit den Mitgliedstaaten die Modernisierung und Effizienzsteigerung ihrer Wirtschaftspolitiken und Institutionen vorantreibt. Deutschland gehört zu den größten Gebern der Kapazitätsentwicklungsprogramme. Zum anderen gehört zu seinem Tätigkeitsbereich die volkswirtschaftliche Überwachung zur Kontrolle der Wirtschafts- und Finanzpolitiken aller seiner Mitgliedstaaten. Da die tiefgreifenden Auswirkungen des Klimawandels auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung und die Finanzstabilität immer deutlicher zutage treten, wird der IWF zukünftig Klimaaspekte in seiner Politiküberwachung noch umfassender berücksichtigen. Dazu wird er z. B. die 20 Länder mit den höchsten CO2-Emissionen im Rahmen seines Mandats mit Blick auf geeignete Klimaschutzmaßnahmen beraten. Darüber hinaus hat der IWF seine Arbeiten für den Klimaschutz insgesamt ausgeweitet. So veröffentlicht er beispielsweise wissenschaftliche Untersuchungen zu den Themen Bepreisung von CO2-Emissionen, Energiesubventionen sowie Auswirkungen des Klimawandels auf die makroökonomische und finanzielle Stabilität.

    Hybrides Treffen der Weltbankgruppe

    Auch der Weltbankausschuss (Development Committee) fand am 15. Oktober im hybriden Format statt. Im Mittelpunkt standen die Maßnahmen der Weltbankgruppe zur Unterstützung einer grünen, widerstandsfähigen und integrativen Entwicklung nach der Pandemie sowie ihre Rolle bei der Prävention, Vorsorge und Reaktion auf zukünftige Krisen. Zentrale Themen waren dabei die weltweite Impfstoffversorgung, die Erhöhung von Schuldentransparenz und die Bekämpfung der Schulden- und der Klimakrise. Die Verhandlungen zur vorgezogenen Wiederauffüllung der finanziellen Mittel der International Development Association (für die Unterstützung der ärmsten Länder zuständiger Arm der Weltbankgruppe) sollen bis Ende 2021 abgeschlossen werden. Das verabschiedete Kommuniqué des Development Committee fasst die wesentlichen Ergebnisse zusammen.

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