- Der Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) war Teil des Schutzschilds der Bundesregierung gegen die wirtschaftlichen Folgen der Coronavirus-Pandemie. Er wurde im März 2020 errichtet und ist zum 30. Juni 2022 ausgelaufen.
- Durch zielgerichtete Stabilisierungsmaßnahmen hat der WSF einen wichtigen Beitrag geleistet, um die negativen wirtschaftlichen Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie auf die deutsche Wirtschaft abzufedern.
- Der WSF hat 33 Maßnahmen zugunsten von 25 Unternehmen verschiedener Branchen mit einem Gesamtvolumen von rund 9,6 Mrd. Euro gewährt. Zu den unterstützten Unternehmen gehören große Unternehmen wie die Deutsche Lufthansa AG oder die TUI AG. Aber auch Mittelständlern und Start-ups hat der WSF durch die Krise geholfen.
- Der WSF gewährte Hilfen mit klaren Bedingungen: keine Boni, keine Dividenden, Vergütungsbeschränkungen und Steuertransparenz. Alle unterstützten Unternehmen müssen die erhaltenen Hilfen zuzüglich Zinsen zurückzahlen.
- Mit dem Ende der Bewilligungsmöglichkeit lautet das klare Fazit nach knapp zweieinhalb Jahren: Der WSF hat sich bewährt.
Einleitung
Der WSF war ein wichtiger Teil des Schutzschilds der Bundesregierung gegen die wirtschaftlichen Folgen der Coronavirus-Pandemie. Der WSF wurde unmittelbar nach Ausbruch der Pandemie am 28. März 2020 als Sondervermögen mit eigener Kreditermächtigung errichtet und am 8. Juli 2020 von der Europäischen Kommission genehmigt. Ursprünglich hatte der Fonds ein Volumen von 600 Mrd. Euro. Die Bundesregierung gab damit ein klares Signal an die deutsche Wirtschaft: „Wir lassen euch in der Krise nicht allein“.
Der WSF richtete sich an Unternehmen der Realwirtschaft, deren Bestandsgefährdung erhebliche Auswirkungen auf die Wirtschaft, technologische Souveränität, Versorgungssicherheit, kritische Infrastrukturen oder den Arbeitsmarkt gehabt hätte. Er half bei der Überwindung von Liquiditätsengpässen und schaffte branchenübergreifend Rahmenbedingungen zur Stärkung der Kapitalbasis dieser Unternehmen.
Der WSF war zunächst bis zum 31. Dezember 2021 befristet. Aufgrund der Entwicklung der Pandemie wurde das Hilfsprogramm bis zum 30. Juni 2022 verlängert. Dies erfolgte im Einklang mit der Verlängerung des beihilferechtlichen Rahmens der Europäischen Kommission, auf dessen Grundlage der WSF von der Europäischen Kommission genehmigt worden war. Im Zuge der Verlängerung des WSF wurde eine Antragsfrist bis zum 30. April 2022 eingeführt und das Volumen des Fonds auf 250 Mrd. Euro reduziert (Garantierahmen von 100 Mrd. Euro sowie Kreditermächtigung für Inanspruchnahmen aus Garantien und Rekapitalisierungen von 50 Mrd. Euro und zur Refinanzierung der KfW-Sonderprogramme von 100 Mrd. Euro).
Insgesamt hat der WSF 33 Stabilisierungsmaßnahmen zugunsten von 25 Unternehmen mit einem Gesamtvolumen von rund 9,6 Mrd. Euro beschlossen und mit den Unternehmen vertraglich vereinbart. Unternehmen verschiedener Branchen und Größen profitierten vom Hilfsinstrument. Zu den stabilisierten Unternehmen gehören große Unternehmen wie die Deutsche Lufthansa AG oder die TUI AG; aber auch 17 mittelständische Unternehmen, darunter zwei Start-ups.
Der Erfolg des WSF war nur durch das effektive Zusammenwirken der handelnden Akteure möglich. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) war Ansprechpartner für die Unternehmen und zuständig für die Prüfung der Anträge; dabei wurde es von PricewaterhouseCoopers als Mandatar des Bundes unterstützt. Die Entscheidung über Stabilisierungsmaßnahmen des WSF trafen – abhängig von Art und Umfang der beantragten Maßnahme – das BMF im Einvernehmen mit dem BMWK oder der interministerielle Wirtschaftsstabilisierungsfonds-Ausschuss. Die vertragliche Umsetzung der Maßnahmen oblag der Bundesrepublik Deutschland – Finanzagentur GmbH, zu deren Aufgaben u. a. auch das laufende Monitoring der Stabilisierungsmaßnahmen gehört.
Wirtschaftsstabilisierungsfonds-Ausschuss
Gemäß Stabilisierungsfondsgesetz entscheidet ein interministerieller Ausschuss (Wirtschaftsstabilisierungsfonds-Ausschuss) einvernehmlich, soweit es sich um Grundsatzfragen, Angelegenheiten von besonderer Bedeutung sowie um Entscheidungen über wesentliche Maßnahmen handelt. Der Wirtschaftsstabilisierungsfonds-Ausschuss ist besetzt mit je einem Vertreter oder einer Vertreterin des Bundeskanzleramts, des BMF, des BMWK, des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, des Bundesministeriums der Justiz und des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr.
Passgenaue Maßnahmen
Der WSF hielt ein breites Instrumentarium verschiedener Stabilisierungsmaßnahmen vor, um Unternehmen passgenau zu unterstützen. Dazu gehörten Garantien auf Kredite und Anleihen sowie Rekapitalisierungsinstrumente wie Nachrangdarlehen, Wandel- und Optionsanleihen, stille Beteiligungen mit und ohne Wandlung sowie (Vorzugs-) Aktien.
Durch die Variabilität der Instrumente konnte die Unterstützung in jedem Einzelfall individuell strukturiert werden. Im Rahmen der Antragsprüfung wurde der konkrete Finanzierungsbedarf des Unternehmens sorgfältig analysiert und eine passgenaue Lösung erarbeitet.
Bei der umfangreichsten WSF-Stabilisierungsmaßnahme zugunsten der Deutschen Lufthansa AG beispielsweise wurden verschiedene Instrumente kumuliert. Neben zwei stillen Einlagen erwarb der WSF auch ein Aktienpaket für 306 Mio. Euro und stattete das größte deutsche Luftfahrtunternehmen auf diesem Wege mit genügend Kapital aus, um den coronabedingten Einbruch in der Luftfahrtbranche zu überstehen. Heute ist das Unternehmen erfolgreich stabilisiert und hat die stillen Einlagen bereits vollständig zurückgezahlt. Die Aktienbeteiligung wird der WSF bis Herbst 2023 vollständig veräußern.
Garantien hat der WSF nicht gewährt.
Hilfen mit klaren Bedingungen
Der WSF richtete sich branchenübergreifend an Unternehmen der Realwirtschaft. Grundsätzlich waren Unternehmen antragsberechtigt, die in den vergangenen beiden bilanziell abgeschlossenen Geschäftsjahren mindestens zwei der drei folgenden Kriterien erfüllt hatten:
- eine Bilanzsumme von mehr als 43 Mio. Euro,
- mehr als 50 Mio. Euro Umsatzerlöse,
- mehr als 249 Arbeitnehmer im Jahresdurchschnitt.
Aber auch wenn diese Größenkriterien nicht erfüllt waren, kamen in besonderen Einzelfällen zweckentsprechende Leistungen aus dem WSF in Betracht. Dies galt beispielsweise für Start-ups, die seit dem 1. Januar 2017 in mindestens einer abgeschlossenen Finanzierungsrunde von privaten Kapitalgebern mit einem Unternehmenswert von mindestens 50 Mio. Euro einschließlich des durch diese Runde eingeworbenen Kapitals bewertet wurden.
Alle stabilisierten Unternehmen haben sich verpflichtet, die bestehenden strengen Vorgaben des WSF einzuhalten. Denn eines war den Entscheidungsträgern auf Seiten des Bundes von Beginn an klar: Die Stabilisierung muss im Interesse der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler sorgfältig abgewogen werden und die Hilfen müssen zielgerichtet und effektiv ausgestaltet sein.
Die rechtlichen Vorgaben und deren praktische Umsetzung trugen diesem Ansatz Rechnung. WSF-Hilfen kamen von vornherein nur dann in Betracht, wenn dem Unternehmen keine anderweitigen Finanzierungsmöglichkeiten zur Verfügung standen oder diese nicht ausreichten, um den Fortbestand des Unternehmens zu sichern. In der Praxis wurde die Gewährung von WSF-Mitteln grundsätzlich an die Zusage von Beiträgen der Gesellschafter und ein Entgegenkommen etwaiger vorhandener Gläubiger geknüpft, wie beispielsweise an eine Verlängerung von Tilgungszeiträumen bestehender privater Bankkredite.
Die WSF-Stabilisierungsmaßnahmen sind temporär angelegt; die Unternehmen müssen die gewährten Mittel vollständig zuzüglich angemessener Zinsen zurückzahlen. So sollen Rekapitalisierungen gemäß den Vorgaben der EU-Kommission und der WSF-Durchführungsverordnung grundsätzlich innerhalb von sechs Jahren, spätestens aber nach zehn Jahren beendet werden. Strenge Auflagen und Bedingungen stellen sicher, dass die Hilfe dort ankommt, wo sie gebraucht wird. Zudem gelten Vergütungsbeschränkungen für Organmitglieder, das Verbot der Zahlung von Bonifikationen oder sonstiger variabler Vergütungsbestandteile; die Auszahlung von Dividenden ist für die Dauer der Inanspruchnahme der Staatshilfe grundsätzlich untersagt. Auch der Aspekt der Steuergerechtigkeit spielt bei den Hilfsmaßnahmen des WSF eine wichtige Rolle, denn die Bekämpfung von Steuerumgehung und Steuerflucht hat für die Bundesregierung hohe Priorität. Dementsprechend unterliegen die stabilisierten Unternehmen einer Vielzahl von Berichts- und Transparenzpflichten und durch zielgerichtete Auflagen und Bedingungen wird der Abfluss von Hilfsgeldern in sogenannte Steueroasen verhindert.
Trotz dieser umfangreichen und strengen Vorgaben haben die Unternehmen genügend Spielraum, durch notwendige Maßnahmen und unternehmerische Entscheidungen den Weg aus der Krise zu gehen. Der WSF leistet hierbei Hilfe, aber greift nicht in unternehmensstrategische Entscheidungsabläufe ein. Die operative Geschäftsführung obliegt weiterhin dem Unternehmen.
Transparenz und umfassende parlamentarische Kontrolle
Die für alle unvorhersehbare Coronavirus-Pandemie hat schnelles und zielgerichtetes staatliches Handeln erfordert. Der WSF wurde dementsprechend in kürzester Zeit schon Ende März 2020 durch den Gesetzgeber errichtet. Der WSF ist ein sogenanntes Sondervermögen im Sinne von Art. 110 Abs. 1 Grundgesetz und verfügt über eine eigene überjährige Kreditermächtigung.
Der WSF war mit seinem Volumen von 600 Mrd. Euro das größte Instrument des Corona-Hilfspakets für Unternehmen der Bundesregierung und stand von Beginn an im besonderen öffentlichen Interesse. Nach Abschluss der Verträge wurde die jeweilige Maßnahme von der Bundesrepublik Deutschland – Finanzagentur GmbH auf ihrer Website veröffentlicht. Alle Stabilisierungsmaßnahmen sind hier unter https://www.deutsche-finanzagentur.de einsehbar.
Die parlamentarische Kontrolle für das Sondervermögen WSF obliegt dem Bundesfinanzierungsgremium. Das BMF unterrichtet das Gremium fortlaufend über alle Fragen des WSF.
Der Deutsche Bundestag hat dem Bundesfinanzierungsgremium
die parlamentarische Kontrollaufgabe nach § 10a i. V. m. § 25 Abs. 5 Stabilisierungsfondsgesetz für das Sondervermögen „Wirtschaftsstabilisierungsfonds“ übertragen. Das Gremium setzt sich zusammen aus vom Plenum gewählten Mitgliedern des Haushaltsausschusses und tagt geheim.
Zwischenfazit und Ausblick
Der WSF hat seinen gesetzlichen Auftrag der Stabilisierung von Unternehmen in der Coronavirus-Pandemie seit März 2020 wahrgenommen und eine Vielzahl von Stabilisierungsmaßnahmen gewährt. Auch wenn seit dem 30. Juni 2022 keine weiteren Maßnahmen mehr gewährt werden dürfen, ist die Arbeit des WSF noch nicht beendet. Denn der überwiegende Teil der Stabilisierungsmaßnahmen ist noch nicht abgeschlossen.
Als Zwischenfazit zeigt sich aber schon heute: In der herausfordernden Situation einer globalen Pandemie hat der WSF sich bewährt. So sind bereits Hilfen zurückgezahlt, wie beispielsweise die stillen Einlagen der Deutschen Lufthansa AG. Auch der Blick auf die wirtschaftliche Gesamtentwicklung sowie erste Einschätzungen zu pandemiebedingten Insolvenzen zeigen, dass der WSF dazu beigetragen hat, die deutsche Wirtschaft in der Pandemie zu stärken und bei der Überwindung der coronabedingten wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu helfen. So hat nicht zuletzt allein die Existenz des WSF als „letzter Rettungsanker“ vielen Unternehmen die Verhandlungen über private Anschlussfinanzierungen erleichtert; damit hat der WSF auch deutlich über die 25 Unternehmen hinaus gewirkt, die durch den WSF stabilisiert wurden.
In den kommenden Jahren wird die Beendigung der laufenden Stabilisierungen inklusive der eingegangenen (stillen) Beteiligungen im Fokus stehen. Darüber hinaus verfolgt – im Auftrag und unter der Aufsicht des BMF – die Bundesrepublik Deutschland – Finanzagentur GmbH die Einhaltung der bestehenden Vertragspflichten durch die Unternehmen, um den erfolgreichen Abschluss der Maßnahmen sicherzustellen.