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    Ab­rech­nung der grund­ge­setz­li­chen Re­gel zur Be­gren­zung der Neu­ver­schul­dung (Schul­den­brem­se) 2021

    • Gemäß § 7 Abs. 1 des Gesetzes zur Ausführung von Art. 115 des Grundgesetzes (GG) wurde turnusgemäß zum 1. September 2022 die Einhaltung der Schuldenregel des Bundes (Schuldenbremse) im Haushaltsvollzug 2021 abschließend geprüft. Grundlage hierfür bilden die gesamtwirtschaftlichen Daten des Statistischen Bundesamts vom 25. August 2022.
    • Die strukturelle Nettokreditaufnahme (NKA) belief sich im Jahr 2021 auf 5,92 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Die Regelobergrenze für die strukturelle NKA (0,35 Prozent des BIP = 12,1 Mrd. Euro) wurde nach abschließendem Ergebnis um 192,023 Mrd. Euro überschritten. Eine Überschreitung der Regelgrenze war bereits im Haushaltsgesetz aufgrund der Feststellung einer außergewöhnlichen Notsituation nach Art. 115 Abs. 2 Satz 6 GG geplant.
    • Der Überschreitungsbetrag ist im Rahmen eines vom Deutschen Bundestag beschlossenen für die Jahre 2020 bis 2022 zusammengefassten Tilgungsplans zurückzuführen. Der Tilgungszeitraum erstreckt sich von 2028 bis 2058, also über einen Zeitraum von 31 Jahren. Für den Überschreitungsbetrag 2021 ergibt sich daraus ein zurückzuführender Betrag in Höhe von rund 6,194 Mrd. Euro pro Jahr. Dieser tritt zu der Tilgungsverpflichtung aus dem Jahr 2020 von jährlich rund 2,245 Mrd. Euro hinzu.

    Nach Art. 115 Abs. 2 Satz 1 bis 3 GG sind Einnahmen und Ausgaben des Bundes grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen. Dem wird entsprochen, wenn die strukturelle NKA 0,35 Prozent des BIP nicht überschreitet. In Art. 115 Abs. 2 Satz 6 und 7 ist geregelt, dass im Falle von Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen, die sich der Kontrolle des Staats entziehen und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigen, diese Kreditobergrenze auf Grundlage eines Beschlusses der Mehrheit der Mitglieder des Deutschen Bundestags überschritten werden darf und ein Tilgungsplan zu beschließen ist.1

    Der Bundeshaushalt des Jahres 2021 wurde – wie bereits der des Jahres 2020 – stark von den finanziellen Auswirkungen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie und den damit einhergehenden wirtschaftlichen, sozialen und gesellschaftlichen Folgen geprägt. Auf dieser Grundlage hat der Deutsche Bundestag auch für das Jahr 2021 eine außergewöhnliche Notsituation, die sich der Kontrolle des Staats entzieht und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigt, festgestellt und beschlossen, von der Ausnahmeregelung des Art. 115 Abs. 2 Satz 6 GG Gebrauch zu machen. Basierend darauf und auf der damaligen Datenlage zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung war im Soll des Bundeshaushalts 2021 in der Fassung des 2. Nachtrags zum Bundeshaushalt 2021 eine Überschreitung der Regelgrenze von rund 208,9 Mrd. Euro vorgesehen.

    Der Deutsche Bundestag hat entsprechend der Vorgabe des GG für die aufgrund der Ausnahmeregelung gemäß Art. 115 Abs. 2 Satz 6 GG aufgenommenen Kredite einen Tilgungsplan zur Rückführung der aufgrund der Ausnahmeregelung zusätzlichen Kredite beschlossen. Die abschließende Berechnung, aus der sich die endgültige Höhe der Tilgungsverpflichtung ergibt, orientiert sich an den Vorschriften über die jährliche Abrechnung für die Buchung auf dem Kontrollkonto (§ 7 Abs. 1 Ausführungsgesetz zu Art. 115 GG und § 3 Verordnung über das Verfahren zur Bestimmung der Konjunkturkomponente nach § 5 des Art. 115-Gesetzes). Demnach wird der endgültige Rückführungsbetrag jeweils zum 1. September des Folgejahres festgestellt.

    Das Ergebnis der abschließenden Abrechnung der Schuldenbremse für das Jahr 2021 zum 1. September 2022 ist in Tabelle 1 dargestellt.

    Aufstellung und Abrechnung des Haushalts des Bundes gemäß Art. 115 GG für das Jahr 2021

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    Tabelle 1

    Für die Überprüfung, wie die Schuldenregel im Haushaltsvollzug eingehalten worden ist, bleibt die erstmalige Haushaltsaufstellung generell Ausgangspunkt für die Abrechnung der Schuldenbremse. Die Überschreitung der zulässigen NKA aufgrund der Ausnahmeregelung in Art. 115 Abs. 2 Satz 6 GG war jedoch im Ist geringer als mit dem 2. Nachtrag zum Bundeshaushalt 2021 veranschlagt. Mittels eines Vergleichs der tatsächlichen wirtschaftlichen Entwicklung mit den Erwartungen zum Zeitpunkt der Aufstellung des ursprünglichen Haushalts wird die zum Zeitpunkt der Haushaltsaufstellung ermittelte Konjunkturkomponente an die tatsächliche gesamtwirtschaftliche Entwicklung im Haushaltsjahr angepasst (vgl. Tabelle 1, Position 5 Ist).

    Um die Einhaltung der Schuldenbremse im Haushaltsvollzug zu überprüfen, wird die tatsächliche strukturelle NKA mit der maximal zulässigen strukturellen NKA (beziehungsweise die tatsächliche mit der zulässigen NKA) verglichen.

    Die tatsächliche NKA beträgt im Jahr 2021 im Ist rund 215,4 Mrd. Euro (vgl. Tabelle 1 Position 8 Ist). In die Berechnung der für die Schuldenregel relevanten NKA einzubeziehen sind neben der NKA des Bundeshaushalts auch die NKA der gemäß Art. 143d Abs. 1 nach dem 31. Dezember 2010 neu eingerichteten Sondervermögen mit eigenen Kreditermächtigungen. In diesen Sondervermögen war für das Haushaltjahr 2021 keine für die Schuldenregel relevante Kreditaufnahme eingeplant und ist im Haushaltsvollzug ebenfalls nicht erfolgt. Daher entspricht die tatsächliche NKA der NKA des Bundeshaushalts nach endgültigem Haushaltsabschluss des Jahres 2021.

    Zuzüglich des Saldos finanzieller Transaktionen von rund 3,0 Mrd. Euro (vgl. Tabelle 1, Position 6 Ist sowie Fußnote 3) und zuzüglich der abschließend an die tatsächliche wirtschaftliche Entwicklung – auf der Grundlage gesamtwirtschaftlicher Daten des Statistischen Bundesamtes vom 25. August 2022 – angepassten Konjunkturkomponente von rund -14,3 Mrd. Euro (vgl. Tabelle 1, Position 5 Ist) beläuft sich die strukturelle NKA des Bundes auf rund 204,1 Mrd. Euro beziehungsweise 5,92 Prozent des BIP (vgl. Tabelle 1, Position 9 Ist). Damit wird die Obergrenze für die strukturelle NKA (0,35 Prozent des BIP des Vorvorjahres, in diesem Fall des Jahres 2019 = rund 12,1 Mrd. Euro) um 192,023 Mrd. Euro überschritten (vgl. Tabelle 1, Position 10 Ist).

    Eine im Vollzug festgestellte Abweichung ist grundsätzlich auf dem Kontrollkonto zu verbuchen. Da von der Ausnahmeregelung in Art. 115 Abs. 2 Satz 6 GG Gebrauch gemacht wurde, ist der auf dem Kontrollkonto zu verbuchende Betrag um die aufgrund der beschlossenen Ausnahmeregelung erhöhte NKA zu bereinigen. Auf dem Kontrollkonto ist daher kein neuer Betrag zu buchen. Der Saldo des Vorjahres in Höhe von 47,7 Mrd. Euro bleibt unverändert.

    Der Deutsche Bundestag hat am 3. Juni 2022 (BT-Drs. 20/2036) für die in den Bundeshaushalten 2020 bis 2022 aufgrund der Ausnahmeregelung gemäß Art. 115 Abs. 2 Satz 6 GG aufgenommenen Kredite einen zusammengefassten Tilgungsplan beschlossen. Danach werden die aufgrund der Inanspruchnahme der Ausnahmeregelung aufgenommenen Kredite des Haushaltsjahres 2021 im Bundeshaushalt 2028 sowie in den folgenden 30 Haushaltsjahren in Höhe von jeweils 1/31 des Betrags der Kreditaufnahme zurückgeführt, der nach Abschluss des Bundeshaushalts 2021 die nach Art. 115 Abs. 2 Satz 2 und 3 GG zulässige Verschuldung überstiegen hat. 1/31 des abschließend berechneten Überschreitungsbetrags von rund 192,023 Mrd. Euro sind 6,194 Mrd. Euro.

    Zu diesem Betrag tritt die Rückführung des Überschreitungsbetrags aus dem Jahr 2020 in Höhe von insgesamt 69,583 Mrd. Euro hinzu. 1/31 des Überschreitungsbetrags sind 2,245 Mrd. Euro, die ebenfalls ab dem Jahr 2028 jährlich zurückzuführen sind. Stand Soll des Bundeshaushalts 2022 ergäbe sich für das Jahr 2022 aus der Überschreitung der Regelobergrenze um rund 115,7 Mrd. Euro ein Rückführungsbetrag von rund 3,7 Mrd. Euro pro Jahr über 31 Jahre. Die abschließende Festsetzung des Betrags für das Jahr 2022 kann erst, wie gesetzlich vorgeschrieben, zum 1. September des Folgejahres, also im Jahr 2023, erfolgen. Nach jetzigem Stand wären für alle drei Jahre zusammen in den Jahren 2028 bis 2058 jährlich rund 12,2 Mrd. Euro zu tilgen (vgl. Tabelle 2). Die Rückführung (Tilgung) der Kredite erfolgt über eine Verringerung des Neuverschuldungsspielraums.

    In Tabelle 2 wird der Tilgungsplan zum Stand 1. September 2022 für die Jahre 2028 bis 2058 dargestellt.

    Tilgungsplan für die Jahre 2028 bis 2058

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    Tabelle 2

    Fußnoten

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    Siehe auch Kompendium zur Schuldenbremse

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