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  • Analysen und Berichte

    Sta­tis­tik über die Ein­spruchs­be­ar­bei­tung in den Fi­nan­zäm­tern

    • Die Statistiken über die Einspruchsbearbeitung in den Finanzämtern bestätigen, dass das außergerichtliche Rechtsbehelfsverfahren nach der Abgabenordnung nach wie vor eine hohe Filterwirkung entfaltet. Nur etwa 2 Prozent der erledigten Einsprüche führen zu einer Klage.
    • Im gesamten Berichtszeitraum konnten streitige Punkte und offene Fragen zu einem überwiegenden Teil im Einspruchsverfahren geklärt werden. Das spiegelt sich im hohen Teil der Abhilfen und Zurücknahmen wider.
    • Nur in etwa 16 Prozent der Einsprüche bedurfte es im Kalenderjahr 2021 einer Einspruchsentscheidung.

    Rechtsweg in Steuersachen

    Nach Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes steht allen Steuerpflichtigen der Weg zu den Gerichten offen, die meinen, durch den Staat in ihren Rechten verletzt worden zu sein (z. B. durch einen fehlerhaften Steuerbescheid).

    Grundsätzlich können die Finanzgerichte nicht unmittelbar angerufen werden. Vielmehr müssen die Steuerpflichtigen im Regelfall zunächst Einspruch bei der Finanzbehörde einlegen. Hierdurch wird der Verwaltung Gelegenheit gegeben, den Steuerfall noch einmal zu überprüfen, bevor sich das Gericht mit der Angelegenheit befasst. Die meisten Rechtsstreitigkeiten erledigen sich bereits im Einspruchsverfahren, das somit eine hohe „Filterwirkung“ hat (mehr s. u. „Statistik zur Klageerhebung“).

    Einspruch
    Die gesetzlichen Grundlagen für das Einspruchsverfahren ergeben sich aus den §§ 347 bis 367 der Abgabenordnung (AO). Darüber hinaus enthält der Anwendungserlass zur AO hierzu entsprechende Verwaltungsanweisungen, die die Finanzbehörden binden.

    Statistiken zur Einspruchsbearbeitung

    Gegenstand der Einspruchsstatistiken

    Das BMF erstellt jährlich eine Einspruchsstatistik und veröffentlicht sie auf seiner Internetseite. Darüber hinaus hat das BMF in verschiedenen Monatsberichten die Statistikdaten für die Jahre 2009 bis 2020 veröffentlicht.1 Diese Statistiken erfassen allerdings nur die bei den Finanzämtern eingegangenen Einsprüche, nicht aber Einsprüche, die bei anderen Finanzbehörden erhoben werden, insbesondere

    • beim Bundeszentralamt für Steuern,
    • bei den Familienkassen und
    • bei den Behörden der Zollverwaltung.

    Früher wurden Abgaben und Übernahmen von Einsprüchen zwischen den Ländern in der Statistik saldierend bei den Eingängen sowie sonstige Bestandskorrekturen (z. B. nach Aufdecken fehlerhafter Einträge in den Rechtsbehelfslisten) entweder ebenfalls saldierend bei den Eingängen oder durch eine Anpassung des Anfangsbestands berücksichtigt. Seit dem Jahr 2013 enthält die Einspruchsstatistik die Rubrik „Saldo aus Übernahmen, Abgaben, Storni und sonstigen Bestandskorrekturen“. „Abgaben“ können nicht nur darauf beruhen, dass sich die örtliche Zuständigkeit des Finanzamts geändert hat (z. B. durch einen Wechsel des Wohnsitzes oder des Ortes der Geschäftsleitung), sondern auch auf einem Wechsel der sachlichen Zuständigkeit.

    Wie bereits in den Vorjahren enthält die Position „sonstige Bestandskorrekturen“ auch im Jahr 2021 solche Korrekturen, die aufgrund der Vereinheitlichung der Datenhaltung und der automationsunterstützten Bearbeitung von Rechtsbehelfen in mehreren Ländern erforderlich waren.

    Unter der Erledigungsart „Auf andere Weise“ werden z. B. Verfahren erfasst, in denen sich eine angefochtene Außenprüfungsanordnung vor einer Entscheidung über den Einspruch mit Beendigung der Außenprüfung erledigt hat, sowie Fälle, in denen sich ein mit einem Einspruch beantragter Lohnsteuer-Freibetrag (§ 39a Einkommensteuergesetz) im Lohnsteuerabzugsverfahren nicht mehr auswirken kann.

    Einspruchsstatistiken der Jahre 2017 bis 2021

    Für die vergangenen fünf Jahre hat das BMF die in Tabelle 1 ersichtlichen Daten veröffentlicht.

    Einspruchsstatistiken der Jahre 2017 bis 2021

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    Tabelle 1

    Eingegangene Einsprüche

    Nachdem die Zahl der jährlich eingelegten Einsprüche in den Jahren 2017 bis 2019 auf bis etwa 3,5 Mio. gestiegen war, war sie bereits im Jahr 2020 wieder gesunken. Dieser Trend setzte sich im Kalenderjahr 2021 mit einem Rückgang auf rund 3,0 Mio. eingelegten Einsprüche fort.

    Mangels Informationen darüber, wie viele Verwaltungsakte die Finanzämter jährlich erlassen, ist dem BMF nicht bekannt, wie häufig gegen die von den Finanzämtern erlassenen Steuerbescheide Einspruch eingelegt wird. Mit dem Einspruch können nicht nur Steuerbescheide angefochten werden, sondern auch sonstige Verwaltungsakte, wie z. B. die Ablehnung einer Stundung, eines Steuererlasses oder einer Aussetzung der Vollziehung, die Anordnung einer Außenprüfung, die Festsetzung eines Verspätungszuschlags oder eine Pfändung. Daten hierzu liegen dem BMF ebenfalls nicht vor.

    Erledigte Einsprüche

    Im Vergleich zu den Vorjahren hat sich auch die Zahl der erledigten Einsprüche vermindert. Gegenüber dem Kalenderjahr 2020 ist die Zahl der erledigten Einsprüche im Jahr 2021 um 5,4 Prozent zurückgegangen.

    Die Verteilung auf die Erledigungsarten „Rücknahme“, „Abhilfe“, „Einspruchsentscheidung“, „Teil-Einspruchsentscheidung“ und „Auf andere Weise“ (siehe „Gegenstand der Einspruchsstatistik“) ist weitgehend konstant. Eine geringfügige Verschiebung zeichnet sich lediglich zwischen den Erledigungen durch Abhilfe (Rückgang) und Einspruchsentscheidung (Zunahme) ab. Die Erledigungsarten lassen aber nur bedingt Rückschlüsse darauf zu, wie häufig die mit dem Einspruch angefochtenen Bescheide fehlerhaft waren.

    So beruhen Abhilfen (hierauf entfallen circa zwei Drittel der erledigten Einsprüche) häufig darauf, dass erst im Einspruchsverfahren Steuererklärungen abgegeben oder steuerlich begünstigte Aufwendungen geltend gemacht oder belegt werden. Des Weiteren kann einem Einspruch abgeholfen werden, wenn der Steuerpflichtige seinen ursprünglichen Einspruchsantrag nach einer Erörterung mit dem Finanzamt eingeschränkt hat und das Finanzamt dem noch aufrechterhaltenen Antrag stattgeben kann. Einsprüchen, die im Hinblick auf anhängige gerichtliche Musterverfahren eingelegt wurden, kann auch durch Aufnahme eines Vorläufigkeitsvermerks in den angefochtenen Steuerbescheid abgeholfen worden sein.

    Die Rücknahme des Einspruchs (circa ein Fünftel der erledigten Einsprüche) deutet zunächst darauf hin, dass der angefochtene Bescheid fehlerfrei war und das Finanzamt Fragen zum Steuerbescheid mit den Steuerpflichtigen im Einspruchsverfahren geklärt hat. Einer Einspruchsrücknahme kann aber auch ein Änderungsbescheid vorangegangen sein, der dem Antrag der Steuerpflichtigen teilweise entsprochen hat.

    Auch in einer Einspruchsentscheidung (circa ein Zehntel der erledigten Einsprüche) kann den Anträgen der Steuerpflichtigen teilweise entsprochen worden sein.

    Teil-Einspruchsentscheidungen (§ 367 Abs. 2a AO) werden ebenfalls in der Statistik als Erledigungsfall behandelt. Die Verwaltung geht in diesen Fällen davon aus, dass über den durch die Teil-Einspruchsentscheidung nicht entschiedenen Teil des Einspruchs durch eine Allgemeinverfügung nach § 367 Abs. 2b AO entschieden werden kann. Dies ist dann kein Erledigungsfall im Sinne der Statistik. Diese Zählweise ändert jedoch nichts daran, dass nach Erlass einer Teil-Einspruchsentscheidung das Einspruchsverfahren (wenn auch in beschränktem Umfang) weiter anhängig bleibt.

    Anfangsbestand und Endbestand

    Der Bestand der zum Ende des Jahres 2021 anhängigen Einspruchsverfahren hat gegenüber dem Vorjahr geringfügig zugenommen. Nicht alle diese Einsprüche waren jedoch auch „bearbeitungsreif". Vielmehr waren von den vorgenannten zum Jahreswechsel anhängigen Einsprüchen

    • zum 31. Dezember 2021 insgesamt 1.634.228 Einspruchsverfahren,
    • zum 31. Dezember 2020 insgesamt 1.543.711 Einspruchsverfahren,
    • zum 31. Dezember 2019 insgesamt 1.424.3252 Einspruchsverfahren,
    • zum 31. Dezember 2018 insgesamt 1.302.200 Einspruchsverfahren und
    • zum 31. Dezember 2017 insgesamt 1.181.811 Einspruchsverfahren

    nach § 363 Abs. 1 AO ausgesetzt oder ruhten gemäß § 363 Abs. 2 AO. Die steigende Zahl der ruhenden oder ausgesetzten Verfahren ist häufig darauf zurückzuführen, dass wegen einer für den einzelnen Steuerfall rechtserheblichen Frage noch ein Gerichtsverfahren geführt wird. Bis zur abschließenden Klärung der Rechtsfrage im Gerichtsverfahren kann die Entscheidung über den Einspruch dann zurückgestellt werden.

    Statistik zur Klageerhebung

    Die Zahl der gegen die Finanzämter erhobenen Klagen ist im Jahr 2021 gegenüber den Vorjahren erneut deutlich um 6,4 Prozent auf 55.961 Klagen gesunken. Im Vergleich zu den insgesamt im Jahr 2021 durch die Finanzämter erledigten Einsprüchen entspricht dies einer gegenüber den Vorjahren konstanten Klagequote von etwa 1,9 Prozent.

    Statistik zur Klageerhebung

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    Tabelle 2

    Bei einem Vergleich mit der vom Statistischen Bundesamt erstellten Statistik der Finanzgerichte3 ist zu beachten, dass diese auch Klagen erfasst, die nicht gegen die Finanzämter, sondern gegen andere Finanzbehörden gerichtet sind (s. o.). Außerdem sind die Zählweisen nicht identisch. Für die Einspruchs- und Klagestatistik der Finanzämter ist maßgebend, wie viele Verwaltungsakte ein Einspruch betrifft. In der Statistik der Finanzgerichte wird eine Klage, die sich gegen mehrere Verwaltungsakte richtet, dagegen nur als ein Fall gezählt (z. B. eine Klage gegen Änderungsbescheide für mehrere Veranlagungszeiträume, die aufgrund einer Außenprüfung ergangen sind).

    Fußnoten

    1
    Zuletzt im Monatsbericht Juli 2021 für das Jahr 2020. Der Monatsbericht ist hier abrufbar.
    2
    Die Internetveröffentlichung des BMF „Statistik über die Einspruchsbearbeitung in den Finanzämtern im Jahr 2019“ wurde nachträglich zum Stand 4. Mai 2021 berichtigt. Diese Statistik gibt die berichtigten Daten wieder.
    3
    Abrufbar für 2021 hier (PDF, 1,2 MB)

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