- Die Steuereinnahmen von Bund, Ländern und Gemeinden (ohne Gemeindesteuern) stiegen im Haushaltsjahr 2022 gegenüber 2021 um insgesamt 7,1 Prozent auf 814,9 Mrd. Euro. Der Anstieg spiegelt auch die Widerstandsfähigkeit der deutschen Wirtschaft gegenüber den gesamtwirtschaftlichen Belastungen wider.
- In der 1. Jahreshälfte 2022 war das Plus im Vorjahresvergleich dabei durch eine infolge von Steuerrechtsänderungen und Pandemie geminderte Vorjahresbasis deutlich erhöht. In der 2. Jahreshälfte wirkten die Entlastungsmaßnahmen der Bundesregierung dämpfend auf die Aufkommensentwicklung.
- Die Gemeinschaftsteuern haben mit 675,0 Mrd. Euro oder 82,8 Prozent den größten Anteil am Gesamtergebnis. Gegenüber dem Vorjahr stiegen sie um 8,7 Prozent beziehungsweise 53,9 Mrd. Euro. Die Bundessteuern gingen gegenüber dem Vorjahr um 1,5 Prozent zurück. Sie hatten mit 96,7 Mrd. Euro einen Anteil von 11,9 Prozent am Gesamtergebnis, die Ländersteuern mit 30,1 Mrd. Euro (-4,8 Prozent gegenüber Vorjahr) einen Anteil von 3,7 Prozent.
Entwicklung der Steuereinnahmen (ohne Gemeindesteuern) im Haushaltsjahr 2022
Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist nach ersten Berechnungen des Statistischen Bundesamts im Jahr 2022 in preisbereinigter Rechnung um 1,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Die deutsche Wirtschaft hat sich damit im vergangenen Jahr als sehr widerstandsfähig gegenüber den zahlreichen Belastungen gezeigt, zuvorderst den wirtschaftlichen Folgen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine (vergleiche Artikel zur konjunkturellen Entwicklung in dieser Ausgabe). Insbesondere zu Jahresbeginn war eine kräftige gesamtwirtschaftliche Dynamik zu verzeichnen, wozu auch pandemiebedingte Nachholeffekte beitrugen. In – für die Entwicklung der Steuereinnahmen relevanterer – nominaler Rechnung fiel der Anstieg des BIP im Jahr 2022 mit 7,1 Prozent aufgrund der ausgeprägten Preissteigerungen nochmals merklich höher aus. Infolge u. a. der robusten gesamtwirtschaftlichen Entwicklung stiegen die Steuereinnahmen von Bund, Ländern und Gemeinden (ohne Gemeindesteuern)1 merklich an, von 761,0 Mrd. Euro im Jahr 2021 um 53,9 Mrd. Euro beziehungsweise 7,1 Prozent auf 814,9 Mrd. Euro (s. a. Tabelle 1).
Dabei stiegen die Einnahmen aus den Gemeinschaftsteuern gegenüber dem Haushaltsjahr 2021 um 8,7 Prozent auf 675,0 Mrd. Euro. Das Aufkommen der Bundessteuern verringerte sich dagegen um 1,5 Prozent auf 96,7 Mrd. Euro. Die Zolleinnahmen stiegen deutlich um 33,3 Prozent oder 1,7 Mrd. Euro auf 6,8 Mrd. Euro. Die Ländersteuern verzeichneten einen Rückgang von 4,8 Prozent auf 30,1 Mrd. Euro.
Gemeinschaftsteuern
Das Aufkommen der Steuern vom Umsatz lag im Haushaltsjahr 2022 bei 284,9 Mrd. Euro und hatte mit 35,0 Prozent weiterhin den größten Anteil am Kassenaufkommen der Gemeinschaftsteuern. Gegenüber dem Haushaltsjahr 2021 stieg das Aufkommen der Steuern vom Umsatz im Jahr 2022 dabei kräftig um 34,0 Mrd. Euro beziehungsweise 13,6 Prozent. Das Aufkommen aus der Binnenumsatzsteuer erhöhte sich um 5,6 Prozent auf 198,2 Mrd. Euro, das aus der Einfuhrumsatzsteuer um 37,2 Prozent auf 86,6 Mrd. Euro. Der hohe Einnahmeanstieg war dabei maßgeblich auch auf die verringerte Vorjahresbasis zurückzuführen: In den ersten Monaten des Jahres 2021 waren noch Einnahmeausfälle aufgrund von Steuerrechtsänderungen (Verschiebung der Fälligkeit der Einfuhrumsatzsteuer und Steuersatzsenkung im 2. Halbjahr 2020) in Höhe von circa 14 Mrd. Euro zu verzeichnen gewesen. Wird die Vergleichsbasis der Steuern vom Umsatz um diesen Betrag erhöht, beträgt der Zuwachs im Gesamtjahr 2022 noch circa 7,5 Prozent. Darüber hinaus profitierte das Aufkommen der Steuern vom Umsatz im vergangenen Jahr davon, dass die privaten Konsumausgaben insbesondere in der 1. Jahreshälfte 2022 auch aufgrund corona-bedingter Nachholeffekte kräftig ausgeweitet worden waren. Die hohe Steigerungsrate war also nicht maßgeblich auf die hohe Inflation zurückzuführen. Stattdessen lag der Aufkommenszuwachs gegen Ende des Jahres 2022 unterhalb der Inflationsrate, da der Kaufkraftverlust zu einer Dämpfung des privaten Konsums geführt haben dürfte. Die hohe Steigerungsrate bei der Einfuhrumsatzsteuer spiegelte neben der oben genannten Steuerrechtsänderung auch den kräftigen Anstieg der nominalen Importe gegenüber dem Vorjahr wider, wozu auch der sehr starke Anstieg der Importpreise beitrug. Da die Einfuhrumsatzsteuer bei der (Binnen-)Umsatzsteuer als Vorsteuer abgezogen werden kann, führen steigende Einnahmen bei der Einfuhrumsatzsteuer tendenziell zu einer schwächeren Einnahmeentwicklung bei der (Binnen-)Umsatzsteuer.
Das Lohnsteueraufkommen brutto lag im Haushaltsjahr 2022 mit 278,2 Mrd. Euro um 2,9 Prozent über dem Ergebnis des Haushaltsjahres 2021. Die trotz der wirtschaftlichen Belastungen gute Entwicklung am Arbeitsmarkt mit gegenüber dem Vorjahr merklich geringerem Kurzarbeitsvolumen, niedrigerer Arbeitslosigkeit und höherer Beschäftigung wirkte sich dabei aufkommenssteigernd aus. Dass der Anstieg nicht höher ausgefallen ist, liegt an Entlastungsmaßnahmen, die die Bundesregierung angesichts der stark gestiegenen Energiepreise im vergangenen Jahr bereits umgesetzt hat. So verminderten die Auswirkungen des Steuerentlastungsgesetzes 2022 (Energiepreispauschale, Einkommensteuertarifanpassung, Erhöhung Arbeitnehmerpauschale) das Aufkommen im Jahr 2022 beträchtlich um circa 13,7 Mrd. Euro. Vom Bruttolohnsteueraufkommen abzuziehen war das aus dem Lohnsteueraufkommen gezahlte Kindergeld, das im Jahr 2022 bei 48,9 Mrd. Euro und damit leicht niedriger lag als im Vorjahr (-1,8 Prozent). Auch dahinter stand maßgeblich die Wirkung von Entlastungsmaßnahmen: Nach 150 Euro Kinderbonus pro Kind im Jahr 2021 wurden 2022 nochmals 100 Euro Kinderbonus zur Milderung von Belastungen für Familien gezahlt. In der Differenz senkte der 2022 niedrigere Kinderbonus das ausgezahlte Kindergeld im Jahr 2022 gegenüber dem Jahr 2021. Des Weiteren sind die Aufwendungen für die Altersvorsorgezulage vom Bruttolohnsteueraufkommen abzuziehen. Diese sanken im Haushaltsjahr 2022 um 2,5 Prozent auf 2,2 Mrd. Euro. Alles in allem stieg das kassenmäßige Lohnsteueraufkommen im Haushaltsjahr 2022 um 4,0 Prozent auf 227,2 Mrd. Euro.
Die veranlagte Einkommensteuer verzeichnete im Haushaltsjahr 2022 Bruttoeinnahmen in Höhe von 89,0 Mrd. Euro, was einem Anstieg von 5,2 Prozent gegenüber 2021 entspricht. Dies spiegelte auch die widerstandsfähige konjunkturelle Entwicklung und den Anstieg der nominalen Bezugsgrößen im Jahr 2022 wider (s. o.). Die Abzugsbeträge von Investitions- und Eigenheimzulage beeinflussten das Ergebnis aufgrund des Auslaufens der Förderung nur noch unerheblich. Die Forschungszulage hatte mit rund 6,0 Mio. Euro ebenfalls nur eine geringe betragsmäßige Relevanz. Die aus dem Aufkommen der veranlagten Einkommensteuer gezahlten Erstattungen an veranlagte Arbeitnehmer verringerten sich um 5,7 Prozent auf 11,6 Mrd. Euro. Unter Berücksichtigung der Abzugsbeträge ergaben sich Kasseneinnahmen der veranlagten Einkommensteuer im Haushaltsjahr 2022 in Höhe von 77,4 Mrd. Euro, was einem Anstieg um 7,0 Prozent gegenüber dem Haushaltsjahr 2021 entspricht.
Das Bruttoaufkommen der Körperschaftsteuer, die maßgeblich von der Gewinnentwicklung der körperschaftsteuerpflichtigen Unternehmen abhängt, legte noch etwas kräftiger zu als das der veranlagten Einkommensteuer. Es stieg im Haushaltsjahr 2022 um 10,3 Prozent auf 46,5 Mrd. Euro. Insbesondere die Vorauszahlungen wiesen gegenüber dem Vorjahr merkliche Steigerungsraten auf, was für eine trotz des schwierigen Umfelds kräftige Gewinnentwicklung sprechen dürfte. Nach Abzug der betragsmäßig geringen Investitionszulage und Forschungszulage ergab sich ein Kassenaufkommen im Haushaltsjahr 2022 von 46,3 Mrd. Euro (+10,0 Prozent gegenüber 2021).
Das Aufkommen der nicht veranlagten Steuern vom Ertrag stieg im Haushaltsjahr 2022 brutto um 17,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf 33,3 Mrd. Euro. Das Aufkommen wird maßgeblich durch die Einnahmen bei den Kapitalertragsteuern aufgrund von Dividendenausschüttungen von Unternehmen bestimmt. Unter anderem die DAX-Unternehmen haben im Jahr 2022 deutlich höhere Dividenden ausgeschüttet als im Vorjahr. Vom Bruttoaufkommen abzuziehen sind Erstattungen durch das Bundeszentralamt für Steuern. Im Ergebnis stieg das Kassenaufkommen der nicht veranlagten Steuern vom Ertrag im Haushaltsjahr 2022 um 19,0 Prozent auf 32,6 Mrd. Euro.
Das Kassenaufkommen der Abgeltungsteuer auf Zins- und Veräußerungserträge verringerte sich dagegen im Haushaltsjahr 2022 deutlich gegenüber 2021 um 34,6 Prozent auf 6,6 Mrd. Euro. Im Jahr 2021 war ein hohes Aufkommen zu beobachten gewesen, da u. a. angesichts der starken Kursanstiege an den Börsen nach dem pandemiebedingten Tief erhebliche Veräußerungsgewinne angefallen sein dürften. 2022 stand die Kursentwicklung an den Börsen deutlich im Zeichen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine.
Bundessteuern
Bei den Bundessteuern wurde mit 96,7 Mrd. Euro im Haushaltsjahr 2022 das Vorjahresniveau um 1,5 Mrd. Euro beziehungsweise 1,5 Prozent unterschritten. Die Energiesteuer war mit einem Aufkommen von 33,7 Mrd. Euro im Haushaltsjahr 2022 trotz eines merklichen Rückgangs weiterhin die aufkommensstärkste Bundessteuer. Maßgeblich für das Volumen der Energiesteuer war die Besteuerung des Kraftstoffverbrauchs (Anteil 87,3 Prozent), insbesondere von Benzin und Diesel. Hier verringerten sich die Steuereinnahmen im Vorjahresvergleich um 11,2 Prozent. Im Wesentlichen war dies auf die Entlastung der Bürgerinnen und Bürger durch die temporäre Absenkung der Energiesteuer auf Kraftstoffe durch das Energiesteuersenkungsgesetz zurückzuführen, wodurch die Energiesteuersätze auf Kraftstoffe im Zeitraum vom 1. Juni 2022 bis 31. August 2022 abgesenkt worden waren. Dadurch ergaben sich Steuermindereinnahmen von geschätzt circa 3 Mrd. Euro. Im Ergebnis war bei der Energiesteuer ein Rückgang von 9,3 Prozent gegenüber dem Haushaltsjahr 2021 zu verzeichnen. Das Aufkommen der Tabaksteuer verringerte sich im Haushaltsjahr 2022 um 3,4 Prozent auf 14,2 Mrd. Euro. Die Einnahmen aus dem Solidaritätszuschlag wiesen einen Anstieg um 8,6 Prozent auf 12,0 Mrd. Euro auf. Die Zunahme ergab sich aus den Anstiegen seiner Bemessungsgrundlagen – der Lohnsteuer, der veranlagten Einkommensteuer, der Körperschaftsteuer und der nicht veranlagten Steuern vom Ertrag. Das Kraftfahrzeugsteueraufkommen verminderte sich im Haushaltsjahr 2022 leicht um 0,5 Prozent auf 9,5 Mrd. Euro. Bei der Versicherungsteuer ergab sich 2022 mit +4,6 Prozent ein Zuwachs im Steueraufkommen gegenüber 2021 auf 15,7 Mrd. Euro. Die Luftverkehrsteuer stieg um 101,5 Prozent gegenüber dem Haushaltsjahr 2021, in dem das Aufkommen noch sehr stark durch die wegen der Pandemie eingeschränkte Reisetätigkeit verringert gewesen war. Weitere zum Gesamtaufkommen der Bundessteuern beitragende Steuerarten verzeichneten im Haushaltsjahr 2022 folgende prozentuale Veränderungen gegenüber dem Vorjahr und Einnahmen: Stromsteuer +2,1 Prozent auf 6,8 Mrd. Euro, Alkoholsteuer +4,9 Prozent auf 2,2 Mrd. Euro, Schaumweinsteuer +3,5 Prozent auf 0,4 Mrd. Euro sowie Kaffeesteuer +0,4 Prozent auf 1,1 Mrd. Euro.
Ländersteuern
Das Aufkommen der Ländersteuern nahm im Haushaltsjahr 2022 gegenüber dem Vorjahr um 4,8 Prozent auf 30,1 Mrd. Euro ab. Dies war im Wesentlichen auf Rückgänge bei der Grunderwerbsteuer um 6,6 Prozent auf 17,1 Mrd. Euro und der Erbschaftsteuer um 6,1 Prozent auf 9,2 Mrd. Euro zurückzuführen. Bei der Grunderwerbsteuer dürfte sich im Jahresverlauf die Eintrübung am Immobilienmarkt infolge der hohen Baupreise und der Verschlechterung der Finanzierungskonditionen deutlich dämpfend auf die Aufkommensentwicklung ausgewirkt haben. Zuwächse verzeichneten die Rennwett- und Lotteriesteuern um 10,1 Prozent auf 2,6 Mrd. Euro. Hier wirkte sich die Einführung der neuen Steuerarten Mitte des Vorjahres 2021 – Online-Pokersteuer und Virtuelle Automatensteuer – aufkommenssteigernd aus. Des Weiteren stieg das Biersteueraufkommen um 2,7 Prozent auf 0,6 Mrd. Euro und das Feuerschutzsteueraufkommen um 8,1 Prozent auf 0,6 Mrd. Euro.
Entwicklung der Steuereinnahmen in den einzelnen Quartalen
Ein Blick auf die Ergebnisse der einzelnen Quartale des Haushaltsjahres 2022 zeigt unterjährig unabhängig von der Ertragshoheit folgendes Bild: Das 1. und das 2. Quartal wiesen sehr kräftige Zuwachsraten auf, die neben der wirtschaftlichen Aufwärtsbewegung vor allem mit der durch Steuerrechtsänderungen und Pandemie geminderten Vorjahresbasis zusammenhängen. Im 3. und 4. Quartal war die Entwicklung des Steueraufkommens dann deutlich durch die angesichts der stark gestiegenen Energiepreise beschlossenen steuerlichen Entlastungsmaßnahmen (vor allem durch das Steuerentlastungsgesetz 2022 und Energiesteuersenkungsgesetz) gedämpft.
Verteilung der Steuereinnahmen auf die Ebenen
Im Haushaltsjahr 2022 fielen die Steuereinnahmen ohne Gemeindesteuern auf allen Ebenen (Bund, Länder und Gemeinden) höher aus als im Vorjahr. Basis dieser Entwicklung war der Anstieg bei den Gemeinschaftsteuern. Die Verteilung der Steuereinnahmen auf Bund, Europäische Union (EU), Länder und Gemeinden und die Veränderungen gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum sind in Tabelle 3 dargestellt. Unterschiede im relativen Anstieg zwischen Bund und Ländern ergaben sich dabei einerseits aus der unterschiedlichen Entwicklung von Bundessteuern und Ländersteuern. Darüber hinaus wirkten sich die gegenüber 2021 geänderte Umsatzsteuerverteilung sowie deutlich erhöhte Regionalisierungsmittel auf die Entwicklung der Verteilung aus. Die jährliche Dynamisierungsrate der Regionalisierungsmittel wird außerdem ab dem Jahr 2023 von 1,8 Prozent auf 3,0 Prozent erhöht. Auf diese Weise unterstützt der Bund die Länder dabei, die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs attraktiver zu gestalten und die Fahrgastzahlen deutlich zu erhöhen.
Fußnoten
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- Über die Einnahmen aus Gemeindesteuern berichtet das Statistische Bundesamt vierteljährlich. Die Daten stehen regelmäßig drei Monate nach Quartalsende zur Verfügung. Der Artikel bezieht sich daher ausschließlich auf die Steuereinnahmen ohne Gemeindesteuern.