Navigation und Service

Inhalt

  • Analysen und Berichte

    Vor­läu­fi­ger Ab­schluss des Bun­des­haus­halts 2022

    • Die Nettokreditaufnahme (NKA) für den Bundeshaushalt 2022 belief sich auf 115,4 Mrd. Euro. Gegenüber dem Jahr 2021 war dies ein Rückgang von rund 100 Mrd. Euro. Neben den finanziellen Folgen der COVID-19-Pandemie kamen im abgelaufenen Jahr die finanziellen Folgen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hinzu. Die im Haushalt 2022 ursprünglich vorgesehene NKA wurde im Umfang von 23,5 Mrd. Euro unterschritten.
    • Nach ersten Ergebnissen der Volkwirtschaftlichen Gesamtrechnungen wies im Jahr 2022 ausschließlich der Bund ein Finanzierungsdefizit aus – trotz Überschüssen der anderen staatlichen Ebenen fiel der gesamtstaatliche Finanzierungssaldo negativ aus. Daran zeigt sich, dass vor allem der Bund die Maßnahmen zur Abfederung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie und Entlastungen im Zusammenhang mit der Energiekrise finanziert und gleichzeitig die Länder in erheblichem Umfang unterstützt.
    • Die strukturelle NKA in Abgrenzung der Schuldenbremse belief sich 2022 auf 8,08 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Hier war neben der NKA des Bundeshaushalts auch die zur Finanzierung insbesondere der Gas- und Strompreisbremsen einmalig für das Jahr 2022 vorgesehene NKA des neu ausgerichteten Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF-Energie) abzüglich seiner finanziellen Transaktionen zu berücksichtigen. Die Obergrenze für die strukturelle NKA wurde nach vorläufigem Ergebnis um rund 276,1 Mrd. Euro überschritten. Davon entfielen rund 179,4 Mrd. Euro auf den WSF-Energie und rund 96,6 Mrd. Euro auf den Bundeshaushalt. Gemäß den vom Deutschen Bundestag beschlossenen Tilgungsplänen sind die Überschreitungen jeweils um ein Einunddreißigstel pro Jahr zurückzuführen (die Überschreitung im Bundeshaushalt ab dem Jahr 2028 und im WSF-Energie ab 2031). Die endgültige Berechnung des zu tilgenden Betrags erfolgt zum 1. September 2023.

    Ausgangslage

    Die deutsche Wirtschaft hat sich im vergangenen Jahr als sehr widerstandsfähig gegenüber den zahlreichen Belastungen, zuvorderst den wirtschaftlichen Folgen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine, gezeigt. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist nach ersten Berechnungen des Statistischen Bundesamts im Jahr 2022 in preisbereinigter Rechnung um 1,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Im Vergleich zum Jahr 2019, dem Jahr vor Beginn der COVID-19-Pandemie, lag das BIP damit um 0,7 Prozent höher. Insbesondere zu Jahresbeginn war eine kräftige Dynamik zu verzeichnen, wozu wohl auch pandemiebedingte Nachholeffekte beigetragen haben. Zum Jahresende dürfte die Entwicklung dagegen zunehmend durch hohe Energiepreise und Inflationsraten und den damit verbundenen Kaufkraftverlust gedämpft worden sein. In – für die Entwicklung der Steuereinnahmen relevanterer – nominaler Rechnung fiel der Anstieg des BIP 2022 mit 7,1 Prozent aufgrund der ausgeprägten Preissteigerungen merklich höher aus, der Zuwachs war zudem höher als im Vorjahr mit 5,8 Prozent. Weitere Informationen zur wirtschaftlichen Entwicklung im Jahr 2022 können dem Artikel „Konjunkturentwicklung aus finanzpolitischer Sicht“ in diesem Monatsbericht entnommen werden.

    Infolge des merklichen Anstiegs der nominalen Bemessungsgrundlagen sowie einer teils immer noch durch die Folgen der COVID-19-Pandemie verringerten Vorjahresbasis sind die Steuereinnahmen von Bund und Ländern (ohne Gemeindesteuern) im Haushaltsjahr 2022 merklich um 7,1 Prozent gestiegen. Einzelheiten hierzu können dem Artikel „Die Steuereinnahmen des Bundes und der Länder im Haushaltsjahr 2022“ in diesem Monatsbericht entnommen werden.1

    Gesamtübersicht zum vorläufigen Haushaltsabschluss

    Der Bundeshaushalt 2022 schloss nach vorläufigem Jahresabschluss zum dritten Mal in Folge seit Beginn der Pandemie mit einem Finanzierungsdefizit ab. Im Bundeshaushalt war eine NKA in Höhe von 115,4 Mrd. Euro erforderlich. Mit dem am 22. Juni 2022 verkündeten Haushaltsgesetz (BGBl. I Nr. 20 S. 890) war – unter erneuter Inanspruchnahme der Ausnahmeklausel des Grundgesetzes (GG) – eine NKA von 138,9 Mrd. Euro veranschlagt worden.2 Die im Haushalt 2022 ursprünglich vorgesehene NKA wurde damit um 23,5 Mrd. Euro unterschritten.

    Der Haushaltsvollzug des Jahres 2022 war im 1. Halbjahr einerseits geprägt durch die vorläufige Haushaltsführung. Andererseits waren weiterhin Maßnahmen zur Bekämpfung der gesellschaftlichen, sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie sowie zur Flankierung der wirtschaftlichen Stabilisierung und Erholung in Deutschland erforderlich. Nach dem völkerrechtswidrigen russischen Angriff auf die Ukraine am 24. Februar 2022 wurden die Folgen des Kriegs für den Bundeshaushalt zunehmend relevant. Auf die sich aus dieser neuen Situation ergebenden vielfältigen Herausforderungen musste entschlossen und zielgerichtet, mit entsprechender finanzieller Absicherung, reagiert werden. Betroffen waren insbesondere die Landes– und Bündnisverteidigung, die Unterstützung der Ukraine, die Aufnahme, Betreuung und Integration von aus der Ukraine Geflüchteten, Maßnahmen zur Sicherung der Energieversorgung und zur Abmilderung der Auswirkungen der Energiepreissteigerungen auf die Menschen und die Wirtschaft. Dabei hat der Bund die Länder insbesondere im Bereich der Aufnahme von Geflüchteten und Entlastungsmaßnahmen, wie dem 9-Euro-Ticket trotz originärer Länderzuständigkeit, erheblich unterstützt.

    Zur Abfederung der Belastungen infolge gestiegener Energiepreise, d. h. zur Stärkung der Einkommen der privaten Haushalte, insbesondere von Familien und Haushalten mit geringem Einkommen, und Unterstützung der Unternehmen hat die Bundesregierung drei umfangreiche Entlastungspakete mit einem Gesamtvolumen von über 100 Mrd. Euro für die Jahre 2022 und 2023 beschlossen und über die Neuausrichtung des Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF-Energie) einen wirtschaftlichen Abwehrschirm geschaffen, der mit einer Kreditermächtigung in Höhe von 200 Mrd. Euro, unter Inanspruchnahme der Ausnahmeklausel nach Art. 115 Abs. 2 Satz 6 und 7 GG, ausgestattet wurde.

    Gleichzeitig verstärkte Deutschland seine humanitären Anstrengungen im Zusammenhang mit den Auswirkungen des Angriffskriegs Russlands und verlieh mit der Errichtung des „Sondervermögens Bundeswehr“ und der Ausstattung des Sondervermögens mit einer Kreditermächtigung in Höhe von 100 Mrd. Euro, außerhalb der Obergrenze der Schuldenbremse, den sicherheitspolitischen Interessen Deutschlands ein neues Gewicht.

    Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Mittel im Bundeshaushalt grundsätzlich dem Jährlichkeitsprinzip unterliegen. Das heißt, dass veranschlagte Mittel, die bis zum Ende des Haushaltsjahres nicht benötigt werden, verfallen, während in Sondervermögen unmittelbare Mittelbereitstellungen für einen unter Umständen wesentlich längeren Zeitraum erfolgen können, da diese Mittel auch überjährig verfügbar bleiben.

    Tabelle 1 zeigt neben dem Haushaltssoll 2022 wesentliche Eckwerte des vorläufigen Haushaltsabschlusses 2022 im Vergleich zum Haushaltsabschluss 2021.

    Ausgaben und Einnahmen

    Im Bundeshaushalt gab es einerseits Mehreinnahmen bei den Steuern und andererseits Minderausgaben im Vergleich zu den Soll-Ansätzen. Die Steuermehreinnahmen gegenüber dem Soll sind im Wesentlichen auf eine dynamischere Entwicklung der ertragsabhängigen Steuern zurückzuführen als noch bei Haushaltsaufstellung und in der dieser zugrunde liegenden gesamtwirtschaftlichen Projektion unterstellt. Die Entwicklung der COVID-19-Pandemie verlief insgesamt hinsichtlich Ausbreitung und Schwere der Erkrankung günstiger als zum Zeitpunkt der Haushaltsaufstellung angenommen, was zu Minderbedarfen bei den Ausgaben beitrug.

    Die Ausgaben des Bundes beliefen sich nach vorläufigem Ist 2022 auf rund 480,7 Mrd. Euro (s. a. Tabelle 1). Das Soll des Haushaltsplans wurde damit um rund 15,1 Mrd. Euro beziehungsweise 3,0 Prozent unterschritten. Dabei waren nach erster Einschätzung insbesondere Minderbedarfe im Einzelplan 60 bei Mitteln, die zur Unterstützung von Vorhaben und Maßnahmen im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine dienen sollten, in Höhe von bis zu insgesamt 5,1 Mrd. Euro (Soll 8,7 Mrd. Euro) entstanden. Zudem wurden von der globalen Mehrausgabe für Kosten im Zusammenhang mit der Bewältigung der COVID-19-Pandemie und der Ukraine-Krise 2,6 Mrd. Euro letztlich nicht benötigt. Minderausgaben waren auch bei den Corona-Unternehmenshilfen im Umfang von insgesamt rund 3,7 Mrd. Euro zu verzeichnen. Darüber hinaus gingen Rückzahlungen von im Jahr 2020 geleisteten Corona-Soforthilfen für kleine und mittlere Unternehmen und Soloselbständige im Umfang von rund 0,4 Mrd. Euro ein. Zudem konnten Verstärkungsmittel zur Förderung von Projekten im Bereich Mikroelektronik (-2,7 Mrd. Euro) noch nicht abgerufen werden, weil u. a. das beihilferechtliche Genehmigungsverfahren bei der Europäischen Kommission noch nicht abgeschlossen werden konnte. Darüber hinaus entstanden Minderbedarfe insbesondere bei Gewährleistungen (-1,7 Mrd. Euro), bei den Zinsausgaben (-1,0 Mrd. Euro) sowie bei Ausgleichszahlungen nach § 21 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (-1,6 Mrd. Euro). Gleichzeitig gab es Mehrbedarfe in erheblichem Umfang insbesondere für die Zahlung einer Energiepreispauschale an Rentnerinnen und Rentner (rund +6,0 Mrd. Euro).

    Im Vergleich zum Jahr 2021 fielen die Ausgaben 2022 um rund 13,6 Prozent beziehungsweise 76,0 Mrd. Euro geringer aus. Zu den Einzelheiten siehe Abschnitt „Konsumtive Ausgaben“.

    Die Einnahmen (s. a. Tabelle 1) beliefen sich im Jahr 2022 nach vorläufigem Ist auf rund 364,7 Mrd. Euro. Damit nahm der Bund rund 8,5 Mrd. Euro beziehungsweise 2,4 Prozent mehr ein, als im Soll veranschlagt war. Im Vergleich zum Vorjahresniveau stiegen die Einnahmen um 6,9 Prozent (rund +23,6 Mrd. Euro). Dies resultierte sowohl im Vergleich zum Soll als auch im Vergleich zum Ist des Jahres 2021 aus Steuermehreinnahmen. Das Niveau der Steuereinnahmen des Bundes im Jahr 2019, also vor der Pandemie, wurde erstmals seit Beginn der Pandemie wieder um rund +8,2 Mrd. Euro überschritten.

    Die Sonstigen Einnahmen (s. a. Tabelle 1) lagen im Ist um rund 0,3 Mrd. Euro unter dem Soll. Im Vergleich zum Vorjahr gab es nahezu keine Veränderung.

    Gesamtübersicht

    Tabelle vergrößern
    Tabelle 1

    Finanzierungssaldo und Nettokreditaufnahme

    Aus der Gegenüberstellung von Einnahmen und Ausgaben ergab sich im Haushaltsjahr 2022 ein Finanzierungsdefizit in finanzstatistischer Abgrenzung von rund 116,0 Mrd. Euro. Nach Berücksichtigung von Münzeinnahmen in Höhe von rund 0,1 Mrd. Euro und der Einnahme aus der Rücklage zur Gewährleistung überjähriger Planungs- und Finanzierungssicherheit für Rüstungsinvestitionen in Höhe von 0,5 Mrd. Euro für den Einzelplan 14 (Bundesministerium der Verteidigung) war eine NKA von rund 115,4 Mrd. Euro notwendig, um das Finanzierungsdefizit abzudecken. Die NKA blieb um rund 23,5 Mrd. Euro unter der veranschlagten NKA und war um rund 99,9 Mrd. Euro geringer als im Jahr 2021.

    Das Statistische Bundesamt hat am 13. Januar 2023 das erste vorläufige Ergebnis zum gesamtstaatlichen Maastricht-Finanzierungssaldo 2022 in Abgrenzung der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen veröffentlicht. Danach ging – bereits wie im Jahr 2021 – das gesamtstaatliche Finanzierungsdefizit von 2,6 Prozent des BIP im Jahr 2022 ausschließlich auf das große Finanzierungsdefizit des Bundes (inklusive seiner Extrahaushalte) zurück, während die übrigen staatlichen Ebenen mit Überschüssen abschlossen. Dies zeigt, dass vor allem der Bund finanziell in erheblichem Umfang die Maßnahmen zur Abfederung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie und des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine finanziert und dabei gleichzeitig die Länder erheblich unterstützt hat.

    Abrechnung der grundgesetzlichen Regel zur Begrenzung der Neuverschuldung des Bundes (Schuldenbremse) für das Jahr 2022

    Grundlage für die vorläufige Abrechnung der Schuldenbremse sind das erste vorläufige Jahresergebnis des Statistischen Bundesamts zum BIP 2022 vom 13. Januar 2023 sowie der vorläufige Abschluss des Bundeshaushalts 2022 (Stand: 13. Januar 2023).

    Für den Bund insgesamt (Bundeshaushalt einschließlich für die Schuldenbremse relevanter Sondervermögen) lag die NKA gemäß vorläufigem Abschluss im Jahr 2022 bei rund 315,4 Mrd. Euro (Tabelle 2 Zeile 8). Davon gehen 115,4 Mrd. Euro auf den Bundeshaushalt zurück und 200,0 Mrd. Euro auf den WSF-Energie gemäß § 26b Abs. 1 Stabilisierungsfondgesetz (StFG) zur Finanzierung der Maßnahmen zur Abmilderung der Folgen der Energiekrise, wie insbesondere die Strom- und Gaspreisbremse. Zur Berechnung der strukturellen NKA sind der Saldo finanzieller Transaktionen und die Konjunkturkomponente zu berücksichtigen. Ausgehend von der NKA in Höhe von rund 315,4 Mrd. Euro zuzüglich des Saldos finanzieller Transaktionen (s. a. Tabelle 2 Zeile 6), von dem -4,1 Mrd. Euro auf den Bundeshaushalt und -20,6 Mrd. Euro auf den WSF-Energie entfielen, und zuzüglich der an die tatsächliche wirtschaftliche Entwicklung angepassten Konjunkturkomponente von -2,2 Mrd. Euro (s. a. Tabelle 2 Zeile 5) belief sich die strukturelle NKA des Bundes auf Basis vorläufiger gesamtwirtschaftlicher Daten auf rund 288,6 Mrd. Euro beziehungsweise 8,08 Prozent des BIP. Damit wurde die Obergrenze für die strukturelle NKA (0,35 Prozent des BIP des Vorjahres 2021 = rund 12,5 Mrd. Euro) nach vorläufigem Ergebnis um rund 276,1 Mrd. Euro überschritten.

    Die Ermittlung der Konjunkturkomponente
    zum Haushaltsabschluss ist in § 3 der Verordnung über das Verfahren zur Bestimmung der Konjunkturkomponente nach § 5 des Artikel 115-Gesetzes (Artikel 115-Verordnung) geregelt: „Dazu wird die zum Zeitpunkt der Haushaltsaufstellung nach § 2 ermittelte Konjunkturkomponente an die tatsächliche Wirtschaftsentwicklung angepasst, indem die zum Zeitpunkt der Haushaltsaufstellung ermittelte Produktionslücke für das betreffende Haushaltsjahr korrigiert wird. Die Korrektur erfolgt auf Basis der Differenz zwischen der zum Zeitpunkt der Buchung auf dem Kontrollkonto vom Statistischen Bundesamt festgestellten und der zum Zeitpunkt der Haushaltsaufstellung erwarteten Veränderung des Bruttoinlandprodukts.“
    Im § 2 der Artikel 115-Verordnung, auf den hier verwiesen wird, ist die Ermittlung der Konjunkturkomponente bei der Haushaltsaufstellung geregelt. Die zum Zeitpunkt der Haushaltsaufstellung maßgebliche Konjunkturkomponente wurde mit der gesamtwirtschaftlichen Projektion der Bundesregierung vom Frühjahr 2022 ermittelt. Sie lag bei -7,9 Mrd. Euro. Die Zunahme des nominalen BIP 2022 gegenüber 2021 war mit 7,1 Prozent höher als bei der Frühjahrsprojektion 2022 erwartet. Damit wirkte die Konjunkturkomponente bei der Abrechnung mit einem Wert von insgesamt -2,2 Mrd. Euro weniger entlastend auf die strukturelle NKA (s. a. Tabelle 2 Zeile 5) als im Soll mit -7,9 Mrd. Euro erwartet.

    Der Überschreitungsbetrag in Höhe von rund 276,1 Mrd. Euro setzt sich somit zusammen aus der zusätzlichen NKA von 200,0 Mrd. Euro des WSF-Energie, bereinigt um den Saldo der hiervon getätigten finanziellen Transaktionen in Höhe von rund -20,6 Mrd. Euro (= 179,4 Mrd. Euro) und der Überschreitung der regulären Obergrenze im Bundeshaushalt in Höhe von rund 96,6 Mrd. Euro. Die Überschreitung der regulären Obergrenze ohne den WSF-Energie, also nur für den Bundeshaushalt, fiel geringer aus als im Haushaltsgesetz 2022 mit 115,7 Mrd. Euro erwartet.

    Die im Soll vorgesehene Überschreitung der Regelgrenze ist aufgrund der vom Deutschen Bundestag am 3. Juni 2022 (Drucksache 20/2036) beschlossenen Inanspruchnahme der Ausnahmeregel gemäß Art. 115 Abs. 2 Satz 6 und 7 GG verfassungskonform. Gemäß Beschluss des Deutschen Bundestags vom 21. Oktober 2022 (Drucksache 20/4058) ist die um die finanziellen Transaktionen bereinigte NKA des WSF-Energie (rund 179,4 Mrd. Euro) zu dem Betrag, um den die NKA des Bundeshaushalts 2022 die Regelgrenze überschritten hat (rund 96,6 Mrd. Euro), hinzugetreten.

    Tilgungsplan nach Art. 115 Abs. 2 Satz 7 GG

    Aufgrund der Inanspruchnahme der Ausnahmeregel gemäß Art. 115 Abs. 2 Satz 6 und 7 GG ist die Überschreitung der Regelgrenze der Schuldenbremse mit einem Tilgungsplan zu verbinden.

    Der vom Deutschen Bundestag am 3. Juni 2022 gemäß Art. 115 Abs. 2 Satz 7 GG beschlossene Tilgungsplan sieht ab dem Jahr 2028 eine Rückführung der Kredite vor, die in den Jahren 2020 bis 2022 die Regelgrenze nach Art. 115 Abs. 2 GG übersteigen. Die Überschreitung ergibt sich aufgrund der durch die seit dem Jahr 2020 anhaltenden pandemiebedingten und seit 2022 durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine verschärften Notsituation. Die Rückführung erfolgt über einen Zeitraum von 31 Jahren in Höhe von jährlich einem Einunddreißigstel des Rückführungsbetrags.

    Hinzu kommt gemäß Beschluss des Deutschen Bundestags vom 21. Oktober 2022, und abweichend von dem am 3. Juni 2022 beschlossenen Tilgungsplan, dass die im Jahr 2022 vom WSF-Energie aufgrund der Ausnahmeregelung gemäß Art. 115 Abs. 2 Satz 6 GG aufgenommenen Kredite unter Berücksichtigung der hiervon im Jahr 2022 getätigten finanziellen Transaktionen ab dem Jahr 2031 in Höhe von jährlich einem Einunddreißigstel des Rückführungsbetrags zurückgeführt werden. Der jährliche Rückführungsbetrag für den WSF-Energie beträgt ein Einunddreißigstel von 179,4 Mrd. Euro, d. h. rund 5,8 Mrd. Euro. Höhere Rückführungen sind möglich. Dadurch verringert sich der Tilgungszeitraum entsprechend.

    Ein Einunddreißigstel des vorläufigen Rückführungsbetrags von 96,6 Mrd. Euro für den Bundeshaushalt 2022 sind rund 3,1 Mrd. Euro. Dieser Betrag tritt ab dem Jahr 2028 zu der bereits bestehenden Rückführungsverpflichtung für die Jahre 2020 und 2021 in Höhe von insgesamt rund 8,4 Mrd. Euro pro Jahr hinzu.3 Damit sind in den Jahren 2028 bis 2030 jährlich rund 11,6 Mrd. Euro zurückzuführen. Ab dem Jahr 2031 tritt die Rückführungsverpflichtung für den WSF-Energie in Höhe von rund 5,8 Mrd. Euro hinzu. Nach vorläufigem Stand wären 2031 bis 2058 damit insgesamt rund 17,3 Mrd. Euro pro Jahr und 2059 bis 2061 rund 5,8 Mrd. Euro pro Jahr zurückzuführen.

    Zu diesen Rückführungsverpflichtungen kommen die Tilgungsverpflichtungen des Sondervermögens Bundeswehr hinzu. Dessen Kredite sind gemäß § 8 Bundeswehrfinanzierungs- und -sondervermögensgesetz nach vollständiger Inanspruchnahme der Kreditermächtigung (100 Mrd. Euro) spätestens ab dem 1. Januar 2031 innerhalb eines angemessenen Zeitraums zurückzuführen.

    Gemäß § 7 Abs. 1 des Artikel 115-Gesetzes erfolgt die Abrechnung der Schuldenregel für das abgelaufene Jahr erstmals zum 1. März 2023 und abschließend zum 1. September. Damit erfolgt die endgültige Berechnung des zu tilgenden Betrags zum 1. September 2023 und wird im Monatsbericht des BMF im September 2023 veröffentlicht.

    Vorläufige Abrechnung des Bundeshaushalts 2022 gemäß Schuldenbremse

    Tabelle vergrößern
    Tabelle 2

    Entwicklung wesentlicher finanz- und wirtschaftspolitischer Kennziffern

    Kennziffern für das Jahr 2022 spiegeln insgesamt eine Verbesserung der finanziellen Situation des Bundeshaushalts wider. Allerdings zeigen sich in dem Anstieg der Zinsausgabenquote und der Zins-Steuer-Quote die Auswirkungen der Leitzinsanhebungen infolge der starken Preissteigerungen im vergangenen Jahr.

    • Die Ausgabenquote setzt die Gesamtausgaben des Bundeshaushalts in Relation zum nominalen BIP (erstes vorläufiges Jahresergebnis für das BIP 2022: 3.858 Mrd. Euro). Die Ausgaben 2022 gingen mit -13,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr kräftig zurück, während das nominale BIP um rund 7,1 Prozent zunahm. In der Folge verringerte sich die Ausgabenquote 2022 gegenüber dem Jahr 2021 deutlich auf rund 12,5 Prozent des BIP und lag damit unter der jeweiligen Quote der ersten zwei Pandemiejahre 2020 und 2021. Das Niveau von 2019 wurde noch um 2,6 Prozentpunkte überschritten.
    • Die Zinsausgabenquote (s. a. Abbildung 1) stellt den Anteil der Zinsausgaben an den Gesamtausgaben des Bundeshaushalts dar. Die Zinsausgabenquote hat sich gegenüber dem Vorjahr knapp verdreifacht: Sie lag 2022 bei 3,2 Prozent und stieg damit gegenüber 2021 um 2,5 Prozentpunkte deutlich an.
    • Die Zins-Steuer-Quote zeigt, wie viel Prozent der Steuereinnahmen für Zinsausgaben verwendet werden müssen. Die Quote belief sich 2022 auf 4,5 Prozent und war damit um 3,3 Prozentpunkte höher als ein Jahr davor. Die Zinsausgaben stiegen deutlich stärker als die Steuereinnahmen.
    • Die Steuerfinanzierungsquote (s. a. Abbildung 2) gibt den Anteil der durch Steuereinnahmen gedeckten Gesamtausgaben des Bundeshaushalts wieder. Die Quote stieg gegenüber dem Vorjahr deutlich um 13,8 Prozentpunkte auf 70,1 Prozent an. Dies deutet auf eine beginnende Normalisierung der Entwicklung der Steuereinnahmen und Ausgaben im Bundeshaushalt hin. Im Jahr 2021 wurde nur etwa die Hälfte der Ausgaben durch Steuereinnahmen finanziert. Im Durchschnitt der Jahre 1952 bis 2019, also dem Jahr vor Beginn der Pandemie, betrug die Quote knapp 85 Prozent.
    • Der Primärsaldo ist die Differenz zwischen öffentlichen Einnahmen (ohne NKA) und öffentlichen Ausgaben abzüglich der Zinszahlungen auf die ausstehenden Schulden. Diese Kennzahl eröffnet somit den Blick auf den Haushalt ohne die Altlasten der Vergangenheit (repräsentiert durch die Zinslasten) und ohne aktuelle Neuverschuldung. Der Bundeshaushalt 2022 wies einen Primärsaldo von -100,8 Mrd. Euro auf. Der Primärsaldo war damit zwar weiterhin negativ, aber dennoch deutlich günstiger als in den beiden Jahren zuvor (2020: -124,3 Mrd. Euro und 2021: -211,7 Mrd. Euro).
    Zinsausgabenquote 1955 bis 2022

    Zinsausgaben in Relation zu den Ausgaben des Bundeshaushalts in Prozent

    Verlaufsdiagramm „Zinsausgabenquote 1955 bis 2022“: Die Linie zeigt die Zinsausgaben in Relation zu den Ausgaben des Bundeshaushalts in Prozent. Im Jahr 1999 lag die Zinsausgabenquote am höchsten (16,6 Prozent), im Jahr 2021 am niedrigsten (0,7 Prozent). Im Jahr 2022 lag die Zinsausgabenquote bei 3,2 Prozent.Weitere ausgewählte Datenwerte (in 10-Jahres-Schritten):1955: 1,3 Prozent
    1965: 1,8 Prozent
    1975: 3,3 Prozent
    1985: 11,3 Prozent
    1995: 10,7 Prozent
    2005: 14,4 Prozent
    2015: 7,0 ProzentQuelle: Bundesministerium der Finanzen
    JahrQuote
    19551,25
    19561,35
    19571,46
    19581,5
    19591,55
    19601,6
    19611,65
    19621,82
    19631,81
    19641,92
    19651,81
    19662,28
    19672,69
    19682,53
    19692,66
    19702,79
    19712,62
    19722,52
    19732,72
    19743,16
    19753,32
    19764,23
    19774,96
    19785,05
    19795,54
    19806,48
    19817,72
    19829,04
    198310,79
    198411,02
    198511,34
    198611,57
    198711,54
    198811,72
    198911,08
    19909,01
    19919,86
    199210,26
    199310,01
    199411,26
    199510,71
    199611,17
    199712,09
    199812,29
    199916,64
    200016,02
    200115,47
    200214,87
    200314,36
    200414,42
    200514,38
    200614,35
    200714,32
    200814,23
    200913,04
    201010,9
    201111,07
    20129,94
    201310,17
    20148,77
    20157,04
    20165,63
    20175,38
    20184,88
    20193,47
    20201,45
    20210,69
    20223,18
    Abbildung 1
    Steuerfinanzierungsquote 1955 bis 2022

    Steuereinnahmen in Relation zu den Ausgaben des Bundeshaushalts in Prozent

    Verlaufsdiagramm „Steuerfinanzierungsquote 1955 bis 2022“: Die Linie zeigt die Steuereinnahmen in Relation zu den Ausgaben des Bundeshaushalts in Prozent. Im Jahr 1961 lag die Steuerfinanzierungsquote am höchsten (96,8 Prozent), im Jahr 2021 am niedrigsten (56,3 Prozent). Im Jahr 2022 lag die Steuerfinanzierungsquote bei 70,1 Prozent.Weitere ausgewählte Datenwerte (in 10-Jahres-Schritten):1955: 90,0 Prozent
    1965: 92,0 Prozent
    1975: 76,0 Prozent
    1985: 80,2 Prozent
    1995: 78,8 Prozent
    2005: 73,2 Prozent
    2015: 94,1 ProzentQuelle: Bundesministerium der Finanzen
    JahrQuote
    195590,02
    195687,81
    195785,60
    195888,41
    195991,22
    196094,03
    196196,84
    196291,33
    196390,24
    196493,80
    196591,96
    196693,09
    196784,56
    196887,35
    196995,54
    197095,14
    197193,66
    197291,56
    197393,80
    197488,53
    197575,98
    197680,55
    197783,75
    197881,31
    197981,70
    198081,67
    198177,45
    198274,85
    198377,11
    198478,32
    198580,24
    198679,88
    198780,66
    198879,99
    198985,28
    199068,08
    199179,12
    199282,60
    199377,83
    199480,42
    199578,79
    199674,32
    199774,92
    199874,74
    199977,95
    200081,33
    200179,69
    200277,04
    200374,75
    200474,33
    200573,18
    200678,11
    200785,06
    200884,74
    200977,96
    201074,49
    201183,74
    201283,48
    201384,40
    201491,64
    201594,13
    201693,05
    201795,08
    201895,75
    201995,86
    202064,11
    202156,33
    202270,14
    Abbildung 2

    Umsetzungen von Maßnahmen zur Abmilderung von Folgen der COVID-19-Pandemie und des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine im Vollzug des Bundeshaushalts 2022

    Umsetzung ausgewählter ausgabenseitiger Maßnahmen

    Im Folgenden sind ausgewählte Maßnahmen und Programme auf der Ausgabenseite im Vergleich zum Soll dargestellt. Es gab Minder-, aber auch überplanmäßige Ausgaben. Die verausgabten Mittel dienten der Finanzierung pandemiebedingter Bedarfe sowie von Maßnahmen der drei Entlastungspakete für Bürgerinnen und Bürger sowie für Unternehmen. Einnahmeseitige Maßnahmen der Entlastungspakete sind im Abschnitt „Steuerpolitik“ dargestellt. Aber auch zur Stärkung der Konjunktur und zur Förderung besonders wichtiger übergreifender Zukunftsprojekte wurden Mittel zur Verfügung gestellt beziehungsweise verausgabt.

    Ausgewählte Aufwendungen im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie:

    • Die Corona-Unternehmenshilfen wurden mit rund 17,2 Mrd. Euro veranschlagt. Davon flossen rund 13,5 Mrd. Euro ab.
    • Im Bereich des Gesundheitswesens waren für Leistungen des Bundes an den Gesundheitsfonds für durch die SARS-CoV-2-Pandemie verursachte Belastungen rund 30,0 Mrd. Euro vorgesehen. Darin enthalten waren u. a. 14 Mrd. Euro zur Stabilisierung des Beitragssatzes zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sowie ein Zuschuss für Impfen und Testen und der Versorgungsaufschlag für Krankenhäuser. Mit insgesamt 31,2 Mrd. Euro wurden im Ist rund 1,1 Mrd. Euro mehr verausgabt aufgrund pandemieverursachter Leistungen für die Verlängerung der Coronavirus-Testverordnung und für die „Spitzabrechnung“ der Aufwendungen des Bundes für Kinderkrankengeld aus dem Haushaltsjahr 2021.
    • Für Ausfälle von Einnahmen von Krankenhäusern aufgrund der Freihaltung von Bettenkapazitäten für COVID-19-Patientinnen und -Patienten (§ 21 Krankenhausfinanzierungsgesetz) waren Ausgleichszahlungen in Höhe von 5,7 Mrd. Euro veranschlagt. Davon wurden 4,1 Mrd. Euro verausgabt.
    • Im Bundeshaushalt 2022 waren Zuschüsse zur zentralen Beschaffung von Impfstoffen gegen SARS-CoV-2 in Höhe von rund 7,1 Mrd. Euro vorgesehen, rund 0,4 Mrd. Euro wurden nicht verbraucht. Für Zuschüsse zur Bekämpfung des Ausbruchs des Coronavirus waren rund 1,9 Mrd. Euro veranschlagt, die nahezu auch ausgegeben wurden (z. B. für den Kauf von Schutzausrüstungen und Beatmungsgeräten).
    • Hinzu kommt die volle Umsetzung des Pflegebonus von 1,0 Mrd. Euro, mit dem insbesondere Pflegekräfte in Krankenhäusern und Beschäftigte in der Altenpflege für ihren außerordentlichen Einsatz im Rahmen der Pandemie gewürdigt werden sollen. Darüber hinaus beteiligte sich der Bund an den Aufwendungen der Sozialen Pflegeversicherung mit 1 Mrd. Euro. Für Leistungen des Bundes an den Ausgleichsfonds der Pflegeversicherung für durch die SARS-CoV-2-Pandemie verursachte Belastungen fielen 2,2 Mrd. Euro an (Soll: 1,2 Mrd. Euro). Darüber hinaus wurde ein unterjähriges Darlehen an den Ausgleichsfonds der Sozialen Pflegeversicherung in ein überjähriges Darlehen umgewandelt (1,0 Mrd. Euro).

    Im Bundeshaushalt 2022 waren finanzielle Auswirkungen kurzfristig wirkender und zielgenauer Maßnahmen zur Abmilderung der mit dem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine verbundenen humanitären, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Belastungen abgebildet. Auf der Ausgabenseite schlugen sich im Bundeshaushalt 2022 insbesondere folgende Maßnahmen nieder:

    • Im Zusammenhang mit dem Anlegen von Gasreserven zur Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit in Deutschland, falls die Erdgaslieferungen aus Russland unterbrochen werden sollten, flossen von 2,5 Mrd. Euro verfügbaren Mitteln 1,5 Mrd. Euro ab.
    • Mit einem Heizkostenzuschuss wurden Wohngeldbezieherinnen und -bezieher, Studentinnen und Studenten, Schülerinnen und Schüler sowie Auszubildende entlastet. Empfängerinnen und Empfänger von Transferleistungen erhielten eine Einmalzahlung in Höhe von 100 Euro (Arbeitslosengeld I) beziehungsweise 200 Euro (Grundsicherung). Für von Armut betroffene Kinder wurde ein Sofortzuschlag gezahlt. Für diese Maßnahmen waren im Bundeshaushalt 2022 insgesamt rund 1,6 Mrd. Euro vorgesehen.
    • Für die Zahlung einer Energiepreispauschale für Rentnerinnen und Rentner schlugen im Bundeshaushalt rund 6,0 Mrd. Euro zu Buche.
    • Zur Ertüchtigung von Partnerstaaten im Bereich Sicherheit, Verteidigung und Stabilisierung wurden die veranschlagten Mittel voll benötigt (2 Mrd. Euro).
    • Die Ukraine wurde mit 1 Mrd. Euro unmittelbar aus dem Einzelplan 60 unterstützt.
    • Außerhalb des Bundeshaushalts wurde mit dem wirtschaftlichen Abwehrschirm der WSF neu ausgerichtet und mit einer Kreditermächtigung in Höhe von 200 Mrd. Euro ausgestattet. Hiervon sind rund 30,2 Mrd. Euro abgeflossen. Davon wurden rund 20,6 Mrd. Euro mittels Beteiligungserwerb zur Stützung von Energieunternehmen eingesetzt, rund 8,5 Mrd. Euro flossen für die Finanzierung der Dezember-Soforthilfe ab und rund 0,7 Mrd. Euro waren Zinsausgaben.

    Investitionen mussten im abgeschlossenen Haushaltsjahr unter global ungünstigen Bedingungen durchgeführt werden. So gab es in Teilen erhebliche Belastungen wegen gestörter Lieferketten. In der Folge kam es zu Rohstoff- und Materialknappheiten und damit einhergehenden, teilweise kräftigen Kostensteigerungen. Steigende Energiepreise und Fachkräftemangel kamen erschwerend hinzu. Dennoch flossen für Investitionen im Jahr 2022 von den rund 51,5 Mrd. Euro veranschlagten Mitteln rund 90 Prozent (rund 46,2 Mrd. Euro) ab. Von den Minderausgaben in Höhe von rund 5,3 Mrd. Euro entfielen 1,7 Mrd. Euro auf Gewährleistungsausgaben und 0,6 Mrd. Euro auf nicht benötigte überjährige Darlehen an die Bundesagentur für Arbeit (BA) aufgrund einer günstigeren Entwicklung der Einnahmen und Ausgaben der BA als erwartet. Die „klassischen“ Verkehrsinvestitionen lagen rund 1,3 Mrd. Euro unter ihrem Soll. Dies resultierte im Wesentlichen aus Minderausgaben im Bereich Bundesfernstraßen und Bundesschienenwege.

    Auch in Sondervermögen wurden Investitionsmittel verausgabt. Im Klima- und Transformationsfonds (KTF) beliefen sich die Programmausgaben auf 13,7 Mrd. Euro (Soll 27,9 Mrd. Euro). Davon entfielen 6,5 Mrd. Euro auf die Bundesförderung für effiziente Gebäude, rund 3,5 Mrd. Euro auf Zuschüsse zum Kauf elektrisch betriebener Fahrzeuge und rund 0,5 Mrd. Euro auf die Förderung der Schaffung von Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge. An stromintensive Unternehmen wurden Zuschüsse zum Ausgleich emissionshandelsbedingter Strompreiserhöhungen in Höhe von rund 0,8 Mrd. Euro geleistet. Ein Teil der vorgesehenen Programmausgaben floss jedoch nicht ab. So wurden Zuschüsse des Bundes zur Entlastung beim Strompreis in Höhe von rund 3,3 Mrd. Euro nicht zur Absenkung der EEG-Umlage benötigt. Insbesondere führten auch Lieferkettenstörungen und Neuausrichtungen von Förderprogrammen zu einer Einschränkung des Mittelabflusses.

    Informationen zu Investitionen, die den Vergleich zum Jahr 2021 betreffen, siehe Abschnitt „Investive Ausgaben“.

    Auch im Jahr 2022 erhielten die Länder und Kommunen umfangreiche Unterstützungen (weitere Maßnahmen s. a. Abschnitt „Unterstützung der Länder und Kommunen“).

    Steuerpolitik

    Die Bundesregierung hat auf die Folgen des Ukraine-Kriegs entschlossen und schnell auch im Rahmen ihrer Steuerpolitik reagiert. So wurden im Rahmen von insgesamt drei Entlastungspaketen gezielte Maßnahmen ergriffen, um den erheblichen Preiserhöhungen, insbesondere im Energiebereich, zu begegnen.

    Neben der Krisenbewältigung hat die Bundesregierung ihre übrigen Kernanliegen, das Steuersystem zu vereinfachen und Bürokratie abzubauen sowie Zukunftsinvestitionen zu fördern, nicht aus den Augen verloren. Denn die Bundesregierung ist sich der Bedeutung günstiger Rahmenbedingungen vor allem für private Investitionen bewusst. Hierzu wurden, wie etwa mit der Verlängerung der erweiterten Verlustverrechnung und der degressiven Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, gezielte steuerpolitische Impulse gesetzt.

    Wesentliche steuerliche Änderungen sind im Folgenden angeführt.

    Viertes Gesetz zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise (Viertes Corona-Steuerhilfegesetz)

    Mit diesem Gesetz unterstützt die Bundesregierung Bürgerinnen und Bürger sowie die Wirtschaft weiterhin bei der Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Pandemie. Unternehmen werden durch die Verbesserung der Möglichkeiten des Verlustrücktrags und die Verlängerung der degressiven Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens sowie der steuerlichen Investitionsfristen entlastet. Darüber hinaus werden wichtige Instrumente wie die Homeoffice-Pauschale, die Steuerbefreiung der Zuschüsse des Arbeitgebers zum Kurzarbeitergeld und die Frist zur Abgabe von Steuererklärungen 2020 in beratenen Fällen sowie beratenen und nicht beratenen Fällen für die Folgejahre verlängert. Zudem wird durch einen steuerfreien Corona-Bonus insbesondere die herausragende Leistung der Pflegekräfte finanziell honoriert. Auch die bilanzsteuerliche Abzinsung von Verbindlichkeiten wird abgeschafft.

    Steuerentlastungsgesetz 2022

    Zu den Maßnahmen des Gesetzes zählen die Anhebung des Grundfreibetrags für 2022 und die Anhebung des Arbeitnehmer-Pauschbetrags ab 2022. Darüber hinaus wurde für (Fern-)Pendlerinnen und Pendler die bis 2026 befristete Anhebung der Entfernungspauschale auf 38 Cent bereits auf das Jahr 2022 vorgezogen. Gleichfalls wirkt die Anhebung über die Mobilitätsprämie als Entlastung für Geringverdienende. Zusätzlich wurden zwei Maßnahmen des Entlastungspakets II im parlamentarischen Verfahren in das Steuerentlastungsgesetz 2022 aufgenommen: Durch die Auszahlung des Kinderbonus 2022 in Höhe von einmalig 100 Euro für jedes Kind, für das für mindestens einen Monat des Kalenderjahres 2022 ein Anspruch auf Kindergeld bestand, wurden besondere Härten für Familien abgefedert. Die Energiepreispauschale in Höhe von einmalig 300 Euro hat die Energiepreisentwicklung für Bürgerinnen und Bürger abgemildert, denen typischerweise Fahrtkosten im Zusammenhang mit ihrer Einkünfteerzielung entstehen.

    Zweites Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung

    Mit diesem Gesetz wird die vom Bundesverfassungsgericht geforderte rückwirkende Neuregelung des Zinssatzes bei Zinsen nach § 233a der Abgabenordnung umgesetzt. Zugleich sollen einzelne Regelungen zur Mitteilungspflicht über grenzüberschreitende Steuergestaltungen zeitnah an unionsrechtliche Vorgaben angepasst werden.

    Gesetz zur Änderung des Energiesteuergesetzes zur temporären Absenkung der Energiesteuer für Kraftstoffe

    Aufgrund der mit den gestiegenen Energiepreisen einhergehenden hohen Kraftstoffpreise sind die Bürgerinnen und Bürger sowie zahlreiche Unternehmen verschiedener Branchen, insbesondere im Handwerk und in der Logistikbranche, besonders belastet. Mit dem Gesetz wurden die Energiesteuersätze für die im Wesentlichen im Straßenverkehr verwendeten Kraftstoffe zur kurzfristigen Abfederung dieser Belastungen für drei Monate (1. Juni 2022 bis zum 31. August 2022) auf die Höhe der Mindeststeuersätze der Energiesteuerrichtlinie reduziert.

    Siebtes Gesetz zur Änderung des Regionalisierungsgesetzes

    Mit dem Gesetz erhielten die Länder im vergangenen Jahr 3,7 Mrd. Euro zusätzliche Regionalisierungsmittel. Davon wurden 1,2 Mrd. Euro (Länder beteiligen sich insgesamt mit 1,2 Mrd. Euro) für den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV)-Rettungsschirm 2022 und 2,5 Mrd. Euro für die Umsetzung des „9 für 90“-Tickets zur Verfügung gestellt. Mit dem verbilligten Ticket für den ÖPNV, „9 für 90“-Ticket beziehungsweise 9-Euro-Ticket, sollten die Bürgerinnen und Bürger unmittelbar entlastet werden. Für den Zeitraum Juni bis August 2022 wurde ein Tarif angeboten, der für ein Entgelt von 9 Euro pro Kalendermonat die Nutzung des ÖPNV ermöglichte. Neben der finanziellen Entlastung der Bürgerinnen und Bürger setzte die Maßnahme einen Anreiz zum Umstieg auf den ÖPNV und zur Energieeinsparung.

    Unterstützung der Länder und Kommunen

    Nach den enormen finanziellen Leistungen des Bundes zugunsten der Länder und Kommunen in den Pandemiejahren 2020 und 2021 hat die Bundesregierung diese auch im Jahr 2022 erheblich unterstützt. Um die Auswirkungen des völkerrechtswidrigen Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine und der Energiekrise abzufedern, hat der Bund Ländern und Kommunen umfangreiche finanzielle Mittel in den Bereichen Flüchtlingsfinanzierung und ÖPNV zur Verfügung gestellt. Er hat Länder und Kommunen sowohl unmittelbar als auch mittelbar im Rahmen der Entlastungspakete und des wirtschaftlichen Abwehrschirms deutlich entlastet. Darüber hinaus hat der Bund zahlreiche der in den vergangenen Jahren ergriffenen Maßnahmen im sozialen, im Familien- und Bildungs- sowie im Investitions- und Verkehrsbereich 2022 fortgeführt. Nachfolgend werden ausgewählte Entlastungen näher dargestellt.

    Krisenunterstützung der Länder und Kommunen durch den Bund

    Der Bund unterstützte die Länder und Kommunen insbesondere bei der Finanzierung der Unterbringung, Verpflegung und Betreuung von Geflüchteten aus der Ukraine sowie aus anderen Ländern. Der Umsatzsteueranteil der Länder des Jahres 2022 wurde hierfür um insgesamt 4,4 Mrd. Euro zulasten des Bundesanteils erhöht. Die Länder, die im Zusammenhang mit den Geflüchteten aus der Ukraine Drehkreuzfunktionen übernommen haben und insofern besonderen Lasten ausgesetzt waren, erhielten darüber hinaus im Jahr 2022 vom Bund eine besondere Kompensation in Höhe von insgesamt rund 144 Mio. Euro. Zudem wurden die Länder durch den beschleunigten Wechsel der Ukraine-Flüchtlinge aus dem Geltungsbereich des Asylbewerberleistungsgesetzes in den Geltungsbereich des SGB II/XII deutlich entlastet. Während die Länder die Leistungen aus dem Asylbewerberleistungsgesetz finanzieren, finanziert der Bund überwiegend die Leistungen im SGB II/XII. Für diese Maßnahmen wurde im Bundeshaushalt 2022 Vorsorge in Höhe von bis zu 2,5 Mrd. Euro getroffen.

    Über die oben genannte Erhöhung der Regionalisierungsmittel im Rahmen des Regionalisierungesetzes hinaus erhalten die Länder ab dem Jahr 2022 zusätzliche Regionalisierungsmittel in Höhe von 1 Mrd. Euro jährlich, die mit 3 Prozent ab dem Jahr 2023 (statt vorher 1,8 Prozent) dynamisiert werden.

    Unmittelbar zugute kamen den Kommunen und ihren Unternehmen vor allem Maßnahmen wie die Stabilisierung der Stromnetzentgelte oder die Soforthilfe, die im Rahmen des wirtschaftlichen Abwehrschirms mit einem Volumen von bis zu 200 Mrd. Euro beschlossen wurden. So übernahm der Bund beispielsweise mit der Dezember-Soforthilfe die Kosten für den Dezember-Abschlag für Gas und Wärme und entlastete damit Gas- und Fernwärmekundinnen und -kunden spürbar, um den Zeitraum bis zur Einführung der Gas- und Wärmepreisbremse zu überbrücken.

    Länder und Kommunen profitierten aber auch mittelbar von den umfangreichen Maßnahmen des Bundes zur Stützung der Wirtschaft und zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger sowie der Unternehmen. Hierzu gehören – neben dem Abwehrschirm – vor allem die drei Entlastungspakete. Diese beinhalten u. a. die Abschaffung der EEG-Umlage, Heizkostenzuschüsse und Zuschüsse für energieintensive Unternehmen. Diese Maßnahmen dürften dazu beigetragen haben, dass Länder und Kommunen vor Einnahmeausfällen und drastischen Mehrausgaben aufgrund der massiven Preissteigerungen bewahrt wurden und sie auch in den Krisenzeiten handlungsfähig blieben.

    Darüber hinaus entlasteten die Stützungsmaßnahmen und Beteiligungen des Bundes an Uniper SE, Securing Energy for Europe GmbH (SEFE) und VNG AG mittelbar auch kommunale Gasversorger. Zusätzlich konnten diese zur Kreditbesicherung auch auf den Margining-Schirm der Kreditanstalt für Wiederaufbau mit einem Volumen von 100 Mrd. Euro zurückgreifen.

    Bereich Soziales

    Im Bereich Soziales übernimmt der Bund die Nettoausgaben der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung und beteiligt sich mit bis zu 74 Prozent an den Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU). Die Entlastungen durch diese beiden Leistungen beliefen sich im Jahr 2022 insgesamt auf 18,4 Mrd. Euro. Zudem trägt der Bund einen Anteil von 50 Prozent an den Erstattungen der Aufwendungen für die Zusatzversorgungssysteme nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz in Höhe von rund 3,5 Mrd. Euro. Die ostdeutschen Länderhaushalte 2022 wurden damit um insgesamt rund 1,8 Mrd. Euro entlastet.

    Bildung und Betreuung

    Auch im Bereich Bildung und Betreuung werden die Länder und Kommunen umfangreich vom Bund unterstützt. Durch die Einrichtung der Sondervermögen „Kinderbetreuungsausbau“ und „Ausbau ganztägiger Bildungs- und Betreuungsangebote für Kinder im Grundschulalter“ standen den Ländern und Kommunen auch im Jahr 2022 Bundesmittel für den Ausbau zusätzlicher Betreuungsplätze für Kita- und Grundschulkinder zur Verfügung. Im Hinblick auf ihre mit den zusätzlichen Betreuungsplätzen im Kita-Bereich einhergehenden zusätzlichen Betriebskosten fließen den Ländern jährlich 845 Mio. Euro im Rahmen der vertikalen Umsatzsteuerverteilung zu.

    Ferner stellt der Bund den Ländern und Kommunen im Rahmen des DigitalPakts Schule 6,5 Mrd. Euro über das im Jahr 2019 errichtete Sondervermögen „Digitale Infrastruktur“ zur Verfügung. Hieraus können Mittel für Investitionen in die digitale Schulinfrastruktur abgerufen werden. Mit dem Gute-KiTa-Gesetz unterstützt der Bund die Länder bei der Weiterentwicklung der Qualität und Verbesserung der Teilhabe sowie der Entlastung der Eltern bei den Gebühren in Höhe von rund 5,5 Mrd. Euro im Zeitraum 2019 bis 2022. Davon erhielten die Länder allein im Jahr 2022 knapp 2 Mrd. Euro im Rahmen der vertikalen Umsatzsteuerverteilung. Mit dem Aktionsprogramm „Aufholen nach Corona“ hat der Bund die Länder dabei unterstützt, Lernrückständen sowie Beeinträchtigungen der psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen infolge von Schulschließungen während der Pandemie zu begegnen. Die Länder erhielten für diesen Zweck im Jahr 2022 zusätzlich 860 Mio. Euro im Rahmen der vertikalen Umsatzsteuerverteilung.

    Im Hochschulbereich unterstützt der Bund die Länder ebenfalls. Bedeutsame Unterstützungen sind u. a. die vollständige Übernahme des BAföG seit dem Jahr 2015 durch den Bund (2022: rund 2,2 Mrd. Euro) sowie die Mittel für die Exzellenzstrategie, den Zukunftsvertrag „Studium und Lehre stärken“ und den Hochschulpakt (Säule Forschung) (2022: rund 2,3 Mrd. Euro).

    Bereich Investitionen und Verkehr

    Investitionen in finanzschwachen Kommunen werden weiterhin durch das Kommunalinvestitionsförderungsgesetz (KInvFG) gestärkt. Dessen Förderzeiträume wurden im Jahr 2021 verlängert (KInvFG I bis 2023 und KInvFG II bis 2025). Im Rahmen der Gemeinschaftsaufgaben zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur und zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes wurden strukturschwache und ländliche Regionen im Jahr 2022 mit rund 1,6 Mrd. Euro unterstützt. Auch im Bereich des sozialen Wohnungsbaus stellt der Bund den Ländern Mittel zur Verfügung. Diese wurden im Jahr 2022 auf 2 Mrd. Euro verdoppelt, davon 1 Mrd. Euro für den klimagerechten sozialen Wohnungsbau (Programmmittel).

    Im Bereich Verkehr sind insbesondere die Regionalisierungsmittel, wie oben bereits dargestellt, auch im Jahr 2022 wieder erhöht worden, um Preissteigerungen abzufedern. Im Jahr 2022 erhielten die Länder insgesamt 10,4 Mrd. Euro an sogenannten regulären Regionalisierungsmitteln. Aus dem im Jahr 2021 geschnürten Klimapaket erhielten die Länder im Jahr 2022 Finanzhilfen nach dem Gemeindeverkehrfinanzierungsgesetz für Investitionen zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden in Höhe von 1 Mrd. Euro.

    Weitere Entlastungen der Länder und Kommunen

    Bei der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes hat der Bund den Rahmen für die umfassende Unterstützung der Länder und Kommunen in Höhe von 3 Mrd. Euro bis zum Jahr 2022 geschaffen; 1,9 Mrd. Euro standen hierfür im Jahr 2022 zur Verfügung.

    Im Rahmen des Paktes für den öffentlichen Gesundheitsdienst stellt der Bund den Ländern und Kommunen insgesamt Mittel in Höhe von 4 Mrd. Euro zur Verfügung, davon im Jahr 2022 insgesamt rund 660 Mio. Euro einschließlich 350 Mio. Euro im Rahmen der vertikalen Umsatzsteuerverteilung.

    Bereits seit dem Jahr 2018 unterstützt der Bund die Kommunen dauerhaft mit einem jährlichen Betrag von 5 Mrd. Euro. Die Unterstützung erfolgt über verschiedene Transferwege: Neben einer zusätzlichen Beteiligung des Bundes an den KdU im SGB II sowie einer Erhöhung des Länderanteils an der Umsatzsteuer um 1 Mrd. Euro gewährt der Bund den Gemeinden einen zusätzlichen Anteil am Aufkommen der Umsatzsteuer in Höhe von 2,4 Mrd. Euro jährlich.

    Der Bund entlastet die Kassen der Länder seit dem Jahr 2020 zudem durch die Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen in einer Größenordnung von rund 10 Mrd. Euro jährlich, von denen derzeit rund 4,2 Mrd. Euro auf die vertikale Umsatzsteuerverteilung entfallen.

    Finanzlage der Sozialversicherungen

    Flankierend zu Maßnahmen zur Bekämpfung der gesellschaftlichen, sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Krise sah der Bundeshaushalt 2022 erneut erhebliche Zuschüsse an die Sozialversicherungen vor, um deren Beitragssätze zu stabilisieren und damit günstige Rahmenbedingungen für die Betriebe sowie die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu schaffen.

    Nach zwei Jahren mit teils extrem hohen Defiziten, die die Rücklage der BA von rund 25,8 Mrd. Euro vollständig aufgebraucht hatten, schloss die BA das Haushaltsjahr 2022 mit einem positiven Finanzierungssaldo von 300,5 Mio. Euro ab. Nach Abrechnung der umlagefinanzierten Rücklagen für das Insolvenzgeld und die Winterbeschäftigungsförderung verblieb dennoch ein Defizit von 423,5 Mio. Euro, das nach § 365 SGB III durch ein überjähriges Bundesdarlehen finanziert wird und 2023 voraussichtlich zurückgezahlt werden kann. Das hierfür im Einzelplan 11 des Bundeshaushalts 2022 veranschlagte Darlehen von 1 Mrd. Euro wurde damit nicht vollständig in Anspruch genommen. Das trotz höherer Ausgaben beim Kurzarbeiter- und Arbeitslosengeld über der Erwartung liegende Finanzergebnis resultiert vor allem aus der besser als erwarteten Entwicklung der Beitragseinnahmen.

    Trotz der COVID-19-Pandemie konnte die Gesetzliche Rentenversicherung insgesamt auf eine positive Einnahmeentwicklung in den vergangenen Jahren zurückblicken. Da die Einnahmen im Jahr 2021 die Summe der Ausgaben übertroffen hatten, hatte sich die Nachhaltigkeitsrücklage der allgemeinen Rentenversicherung gegenüber dem Vorjahr um 1,9 Mrd. Euro zum Jahresende 2021 auf rund 39,0 Mrd. Euro erhöht. Mit umgerechnet 1,62 Monatsausgaben bewegte sie sich auf einem weiterhin hohen Niveau. Dieser positive Trend setzte sich auch im Jahr 2022 fort. So stellt die Bundesregierung in ihrem Rentenversicherungsbericht 2022 fest, dass die Beitragseinnahmen der allgemeinen Rentenversicherung bis zum September 2022 gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum um rund 4,9 Prozent gestiegen sind. Für das Jahresende 2022 wird eine Nachhaltigkeitsrücklage von rund 41,7 Mrd. Euro geschätzt. Dies entspricht 1,66 Monatsausgaben. Die Nachhaltigkeitsrücklage dient dazu, Defizite und Einnahmeschwankungen unterjährig auszugleichen, um kurzfristige Beitragssatzänderungen zu vermeiden. Der Beitragssatz von 18,6 Prozent in der allgemeinen Rentenversicherung konnte auch für das Jahr 2022 ohne Zugriff auf die Nachhaltigkeitsrücklage fortgeschrieben werden. Insgesamt sind im Jahr 2022 rund 108,1 Mrd. Euro aus dem Bundeshaushalt als Leistungen an die Rentenversicherung geflossen.

    Der im Jahr 2004 eingeführte steuerfinanzierte Bundeszuschuss zum Gesundheitsfonds zur pauschalen Abgeltung versicherungsfremder Leistungen in der GKV betrug im Jahr 2022 wie bereits in den Vorjahren 14,5 Mrd. Euro. Zudem leistete der Bund im Jahr 2022 zur Stabilisierung des durchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes in der GKV bei 1,3 Prozent einen ergänzenden Bundeszuschuss in Höhe von 14 Mrd. Euro einschließlich eines Zuschusses von 84 Mio. Euro an die landwirtschaftliche Krankenkasse.

    Die Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds lag zum Stichtag 15. Januar 2022 bei rund 7,9 Mrd. Euro. In seiner Schätzung vom 13. Oktober 2022 prognostizierte der GKV-Schätzerkreis die Reserve nach Abschluss des Rechnungsjahres 2022 zum 15. Januar 2023 auf rund 11,1 Mrd. Euro. Die Finanzreserven der gesetzlichen Krankenkassen beliefen sich zum Stichtag 30. September 2022 auf rund 10,2 Mrd. Euro.

    Gemäß Berechnungen des GKV-Schätzerkreises dürften wie bereits in den Vorjahren auch im Jahr 2022 die Ausgaben der GKV erneut stärker gestiegen sein als die beitragspflichtigen Einnahmen der Krankenkassenmitglieder: So rechnete das Gremium für 2022 mit einem Ausgabenwachstum von 5,4 Prozent (2021: + 5,6 Prozent; 2020: + 4,1 Prozent), dem ein geschätzer Anstieg der beitragspflichtigen Einnahmen von 4,0 Prozent (2021: + 3,4 Prozent; 2020: + 2,1 Prozent) gegenübersteht. Die vorläufigen Finanzergebnisse der GKV für 2022 dürften Anfang März 2023 vorliegen.

    Ende 2021 lag der Mittelbestand der sozialen Pflegeversicherung (SPV) bei rund 6,9 Mrd. Euro. Da die pandemiebedingten Mehraufwendungen der SPV 2022 nicht vollständig im Rahmen des geltenden Beitragssatzes finanziert werden konnten, zahlte der Bund zur Liquiditätssicherung der SPV 2022 einen Bundeszuschuss an die SPV in Höhe von insgesamt 2,2 Mrd. Euro und gewährte der SPV zudem ein Darlehen über 1 Mrd. Euro, das nach § 12 Abs. 4a Haushaltsgesetz 2022 bis Ende 2023 zinslos gestundet wurde. Hinzu kam die ab 2022 jährliche pauschale Beteiligung des Bundes an den Aufwendungen der SPV von 1 Mrd. Euro. Der Mittelbestand der SPV belief sich somit zum Jahresende 2022 auf rund 5,7 Mrd. Euro.

    Entwicklung der konsumtiven und investiven Ausgaben

    Die Einnahmen und Ausgaben des Bundes und auch der Länder werden in der Haushaltsstatistik entsprechend ihrer ökonomischen Wirkung auf die gesamtwirtschaftlichen Abläufe zugeordnet. Dies erfolgt über den Gruppierungsplan. Hier kann nach konsumtiven und investiven Ausgabearten unterschieden werden. So werden u. a. Baumaßnahmen, Immobilienkäufe, Darlehen und die Inanspruchnahmen aus Gewährleistungen den investiven Ausgaben zugeordnet. Personalausgaben, sächliche Verwaltungsausgaben inklusive der militärischen Beschaffungen sowie Zuweisungen und Zuschüsse mit Ausnahme jener für Investitionen sind konsumtive Ausgaben.4

    Gesamtübersicht der konsumtiven und investiven Ausgaben

    Tabelle vergrößern
    Tabelle 3

    Konsumtive Ausgaben

    Die Hauptgruppen 4 bis 6 des Gruppierungsplans stellen konsumtive Ausgaben dar. Die konsumtiven Ausgaben des Bundes summierten sich im Haushaltsjahr 2022 auf rund 434,5 Mrd. Euro. Sie hatten einen rechnerischen Anteil von 90,4 Prozent an den Gesamtausgaben des Bundes. Die konsumtiven Ausgaben fielen im Jahr 2022 um 14,9 Prozent beziehungsweise rund 76,4 Mrd. Euro niedriger aus als im Jahr 2021 (s. a. Tabelle 3).

    Dies dürfte insbesondere mit Zuweisungen an Sondervermögen aus dem Bundeshaushalt 2021 zusammenhängen. Der KTF war im Jahr 2021 zusätzlich mit 60,0 Mrd. Euro ausgestattet worden. Im Jahr 2022 verringerten sich nun die Zuweisungen aus dem Bundeshaushalt 2022 an das Sondervermögen um rund 56,6 Mrd. Euro gegenüber dem Vorjahr. Außerdem bekam das Sondervermögen „Aufbauhilfe 2021“ im Jahr 2021 zur Finanzierung von Folgen der Flutkatastrophe in den betroffenen Ländern (Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen und Bayern) 16 Mrd. Euro aus dem Bundeshaushalt zugewiesen, die im Jahr 2022 nicht mehr anfielen. Höhere Zuweisungen in Höhe von rund 2,1 Mrd. Euro erfolgten im Jahr 2022 hingegen an das Sondervermögen „Digitale Infrastruktur“. Insgesamt unterschritten die Zuweisungen an Sondervermögen das Niveau des Jahres 2021 um rund 70,2 Mrd. Euro. Die Buchung als „konsumtiv“ ist insofern irreführend, da die damit finanzierten Ausgaben des KTF und des Sondervermögens „Digitale Infrastruktur“ zukunftsorientiert sind und damit investiven Charakter haben. Ein Rückgang der Zuschüsse an Unternehmen, der aus geringeren Unternehmenshilfen in Höhe von rund 35,1 Mrd. Euro gegenüber dem Vorjahr resultierte, trug ebenfalls zu geringeren konsumtiven Ausgaben im Jahr 2022 bei (s. a. Tabelle 4).

    Steigende konsumtive Ausgaben gegenüber dem Jahr 2021 waren insbesondere die Zinsausgaben (+11,4 Mrd. Euro) und der laufende Sachaufwand (+6,4 Mrd. Euro, insbesondere durch höhere militärische Beschaffungen von rund +1,9 Mrd. Euro und Ausgaben im Zusammenhang mit dem Anlegen und Auflösen von Gasreserven von rund +1,5 Mrd. Euro). Darüber hinaus erhöhten sich die Zuschüsse an die Sozialversicherung um rund 3,8 Mrd. Euro, was auf gegenläufige Effekte zurückzuführen war: Dabei gab es höhere Ausgaben als vor einem Jahr für coronabedingte Leistungen (z. B. für Leistungen des Bundes an den Gesundheitsfonds für durch die SARS-CoV-2-Pandemie verursachte Belastungen von rund +13,2 Mrd. Euro und Leistungen an den Ausgleichsfonds der Sozialen Pflegeversicherung von +1,2 Mrd. Euro). Außerdem beteiligte sich der Bund im Jahr 2022 erstmals pauschal an den Aufwendungen der SPV (+1,0 Mrd. Euro), zahlte einen höheren Zusätzlichen Zuschuss an die allgemeine Rentenversicherung (+1,7 Mrd. Euro) und erstattete der Sozialversicherung die an Rentnerinnen und Rentner gezahlte Energiepreispauschale (rund +6,0 Mrd. Euro). Geringere Ausgaben der Sozialversicherung ergaben sich aus dem Wegfall der Zuschüsse an die BA (rund -16 Mrd. Euro) und an die Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds für das Zukunftsprogramm Krankenhäuser (-3,0 Mrd. Euro).

    Die höheren Zuschüsse an natürliche Personen beinhalten u. a. die Unterstützung des Bundes zur Zahlung von Prämien an Pflegekräfte in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen mit 1,0 Mrd. Euro. Weiterhin gab es höhere Zuschüsse zur zentralen Beschaffung von Impfstoffen gegen SARS-CoV-2 von rund 2,8 Mrd. Euro. Dies betrifft die Position Zuschüsse an private Institutionen. Der Anstieg der Zuschüsse ans Ausland geht vor allem auf Aufwendungen im Zusammenhang mit der Ukrainekrise zurück (z. B. für Ertüchtigung von Partnerstaaten rund +1,8 Mrd. Euro, finanzielle Unterstützung der Ukraine +1,0 Mrd. Euro).

    Konsumtive Ausgaben des Bundes

    Tabelle vergrößern
    Tabelle 4

    Investive Ausgaben

    Investive Ausgaben sind in den Hauptgruppen 7 und 8 des Gruppierungsplans dargestellt. Die Definition ist nicht mit jener in den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen vergleichbar, bei der Investitionen in Finanzvermögen nicht als investive Ausgaben zählen, wogegen u. a. die Ausgaben für Forschung und Entwicklung und für bestimmte Militärausgaben hinzugezählt werden. Die investiven Ausgaben erreichten im Bundeshaushalt 2022 eine Höhe von 46,2 Mrd. Euro und damit in absoluten Zahlen den zweithöchsten Wert seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland. Die investiven Ausgaben hatten im vergangenen Jahr einen Anteil von 9,6 Prozent an den Gesamtausgaben. Der Anteil war damit um rund 1,4 Prozentpunkte höher als 2021.

    Das Niveau der investiven Ausgaben veränderte sich im Jahr 2022 gegenüber dem Vorjahr kaum (rund +0,4 Mrd. Euro). Dabei gab es gegenläufige Effekte. Die investiven Zuweisungen an Länder waren um rund 0,7 Mrd. Euro höher als vor einem Jahr. Auch investive Zuschüsse stiegen gegenüber 2021 an. Darin enthalten waren z. B. höhere Zuschüsse an die „Autobahn GmbH“ des Bundes (rund +0,4 Mrd. Euro), Ausgaben für die Sonderinitiative „Eine Welt ohne Hunger“ (rund +0,5 Mrd. Euro) und Aufwendungen zur Förderung infektionsschutzgerechter raumlufttechnischer Anlagen (rund +0,1 Mrd. Euro).

    Dagegen gab es dämpfende Effekte bei dem Erwerb von Beteiligungen durch eine geringere Erhöhung des Eigenkapitals der Deutschen Bahn AG (-0,7 Mrd. Euro). Grund ist, dass die Eigenkapitalerhöhung im Jahr 2021 durch eine ausstehende Eigenkapitalerhöhung aus dem Jahr 2020 überzeichnet war. Die Eigenkapitalerhöhung der Deutschen Bahn AG im vergangenen Jahr geht mit 1,1 Mrd. Euro auf die Festlegungen im Klimapaket 2030 zurück. Der Wegfall der Erhöhung des Stammkapitals der Deutschen Flugsicherung GmbH von 0,3 Mrd. Euro im Jahr 2022 trug ebenfalls zum Rückgang der Ausgaben für den Erwerb von Beteiligungen bei.

    Investive Ausgaben des Bundes

    Tabelle vergrößern
    Tabelle 5

    Ausgabenstruktur nach Aufgabenbereichen sowie wesentlichen Einnahmepositionen

    Im Sollbericht 2022 wurden wichtige der nachfolgenden Ausgabe- und Einnahmepositionen bereits kommentiert (s. a. Monatsbericht vom Juli 2022 „Sollbericht 2022 Ausgaben und Einnahmen des Bundeshaushalts“).

    Die Tabellen 6 und 7 zeigen die Ausgaben und Einnahmen des Bundes nach Aufgabenbereichen. Die Nummerierung und Darstellung erfolgt aufgrund der Systematik des Funktionenplans. Im Folgenden werden die vorläufigen Ergebnisse des Haushaltsjahres 2022 dargestellt.

    Ausgaben des Bundes nach Aufgabenbereichen

    Tabelle vergrößern
    Tabelle 6

    Einnahmen des Bundes

    Tabelle vergrößern
    Tabelle 7

    Ausblick

    Am 15. März 20235 ist die Kabinettsbefassung zu den Eckwerten des Bundeshaushalts 2024 und den Finanzplan bis 2027 vorgesehen.

    Hierin sollen weitere Vorhaben des Koalitionsvertrags zur klimafreundlichen und digitalen Transformation der Wirtschaft und der Gesellschaft insgesamt umgesetzt werden.

    Die reguläre Obergrenze der Schuldenbremse wird bereits mit dem Haushaltsgesetz 2023 und dem Regierungsbeschluss vom Sommer 2022 zum Finanzplan bis 2026 wieder eingehalten. Damit wird die Handlungsfähigkeit der Finanzpolitik auch unter unvorhergesehenen Umständen gewährleistet und die Tragfähigkeit der öffentlichen Haushalte abgesichert.

    Fußnoten

    1
    In dem Artikel „Die Steuereinnahmen des Bundes und der Länder im Haushaltsjahr 2022“ aufgeführte Steuereinnahmen des Bundes weichen methodisch bedingt von den in den folgenden Tabellen 1 und 7 dargestellten Steuereinnahmen des Bundes ab.
    2
    Monatsbericht des BMF vom Juli 2022, Artikel „Sollbericht 2022: Ausgaben und Einnahmen des Bundeshaushalts“.
    3
    Vergleiche Monatsbericht des BMF vom September 2022, Artikel „Abrechnung der grundgesetzlichen Regel zur Begrenzung der Neuverschuldung (Schuldenbremse) 2021“.
    4
    Eine genaue Auflistung findet sich in § 13 Abs. 3 der Bundeshaushaltsordnung.
    5
    Nachträglicher Hinweis: Dieser Termin wurde verschoben.

Fußzeile