- Der Bund hat im Jahr 2022 Grüne Bundeswertpapiere mit einem Emissionsvolumen von 14,5 Mrd. Euro begeben. Drei bereits begebene Grüne Bundesanleihen wurden aufgestockt. Eine Grüne Bundesobligation wurde neu emittiert.
- Zum Jahresende 2022 beträgt das umlaufende Gesamtvolumen Grüner Bundeswertpapiere nunmehr 38,5 Mrd. Euro. Deutschland wurde in kurzer Zeit zum zweitgrößten Emittenten grüner Euro-Anleihen.
- Investoren sind bereit, für mehr Nachhaltigkeit auf Rendite zu verzichten. Im Gegenzug schafft der Bund Transparenz über die grün anrechenbaren Ausgaben und deren Wirkungen. Im September 2022 veröffentlichte der Bund hierzu den Wirkungsbericht für die Emissionen des Jahres 2020.
- Das Emissionsvolumen für Grüne Bundeswertpapiere wird auch 2023 weiter ausgebaut und zwischen 15 Mrd. Euro und 17 Mrd. Euro betragen. Der Bund setzt seine Emissionsstrategie zur Etablierung seiner grünen Euro-Zinskurve fort.
Einleitung
Um die Nachhaltigkeit im Finanzmarkt zu stärken, begibt der Bund seit dem Jahr 2020 Grüne Bundeswertpapiere.1 Damit soll der Markt für nachhaltige Finanzprodukte unterstützt und die Transparenz über Maßnahmen der Bundesregierung für Klima-, Umwelt- und Naturschutz erhöht werden. In den ersten zwei Jahren wurden bereits vier Grüne Bundeswertpapiere mit einem Emissionsvolumen von 24 Mrd. Euro erfolgreich platziert.2 Der folgende Artikel zeichnet die Entwicklung im Jahr 2022 nach und gibt einen Ausblick auf die geplanten Emissionen des Jahres 2023.
Emissionsvolumen im Jahr 2022 auf 14,5 Mrd. Euro gesteigert
Im Jahr 2022 hat die Bundesrepublik Deutschland Grüne Bundeswertpapiere mit einem Gesamtvolumen von 14,5 Mrd. Euro begeben.3 Einerseits wurde die grüne Renditekurve durch eine Neuemission weiter ausgebaut. Andererseits stützte der Bund durch großvolumige Aufstockungen die Liquidität in drei bereits umlaufenden Grünen Bundesanleihen („Green Bunds“).
Mit der Neuemission der 5-jährigen Grünen Bundesobligation („Green Bobl“), die am 31. August 2022 erfolgreich in einem Syndikat4 begeben wurde, wurde die grüne Bundkurve mit ihrem bereits fünften Laufzeitpunkt (Oktober 2027) ausgebaut. Das Emissionsvolumen betrug 5 Mrd. Euro. Der Renditeabschlag („Greenium“) zum konventionellen Zwilling konnte im Syndikat auf 1,25 Basispunkte festgelegt werden.5
Drei bereits begebene Grüne Bundesanleihen wurden im vergangenen Jahr insbesondere zur Förderung der Marktliquidität aufgestockt. Das Umlaufvolumen der beiden 10-jährigen Grünen Bundesanleihen (Fälligkeiten August 2030 und August 2031) wurde in vier Auktionen um insgesamt 5,5 Mrd. Euro erhöht. Die Aufstockung der 30-jährigen Grünen Bundesanleihe mit Fälligkeit im August 2050 um 4 Mrd. Euro wurde am 1. Juni 2022 im Syndikat durchgeführt. Weitere Einzelheiten zu den Aufstockungen enthält Tabelle 1 zu allen Emissionen des Jahres 2022.
Diesem Emissionsvolumen werden mit dem Allokationsbericht 2022 die zur Verfügung stehenden anrechenbaren Ausgaben des Bundeshaushalts 2021 zugeordnet und so Transparenz über die Mittelverwendung geschaffen.6
Das Gesamtvolumen umlaufender Grüner Bundeswertpapiere stieg damit auf 38,5 Mrd. Euro. Die Aufteilung nach Wertpapieren und Emissionszeitpunkten kann Abbildung 1 entnommen werden. Im Jahr 2022 neu emittierte oder aufgestockte Wertpapiere sind hervorgehoben.

Marktentwicklung in Europa: Deutschland kombiniert Aufstockungen und Neuemissionen bei hoher Preistransparenz
Während der Bund sein Jahresemissionsvolumen in grünen Anleihen 2022 erneut gesteigert hat, zeigten sich im Segment insgesamt eher rückläufige Volumina. Die Zurückhaltung der Emittenten bei der Begebung grüner Anleihen lässt sich einerseits auf generelle Marktthemen wie Zinserhöhungen und eine gestiegene Volatilität zurückführen. Andererseits beeinflussten der Krieg in der Ukraine und dessen Auswirkungen wie die Energiekrise vorübergehend auch den Fokus längerfristiger Nachhaltigkeitsmaßnahmen. Ungeachtet dessen wurde Deutschland in kurzer Zeit zum – aktuell nach Frankreich – zweitgrößten Emittenten grüner Euro-Anleihen. Weitere wichtige Pioniere und Förderer des Segments sind die Europäische Union (EU), die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und die Europäische Investitionsbank (EIB) (s. a. Abbildung 2).
Deutschland setzt auf die Kombination von Aufstockungen und Neuemissionen. Damit wird das Ziel verfolgt, eine ähnliche Funktion im grünen Marktsegment anzubieten wie bei konventionellen Anleihen, bei denen Bundeswertpapiere die Benchmark im Euro-Raum sind. Je mehr Punkte (Fälligkeitstermine) auf der Renditekurve besetzt sind, umso aussagekräftiger ist sie und umso größer ist für Marktteilnehmer die Wahrscheinlichkeit, ein möglichst laufzeitgleiches Wertpapier als Vergleichs- und Bewertungsgröße heranziehen zu können. Zum Vergleich: Ende 2022 standen den fünf Grünen Bundeswertpapieren im Umlauf 63 konventionelle Bundeswertpapiere gegenüber. Zudem ist gerade für Benchmark-Anleihen eine hohe Marktliquidität elementar. Voraussetzung dafür ist ein angemessenes Emissionsvolumen jeder einzelnen Anleihe. Um diesem Aspekt Rechnung zu tragen und einer im Vergleich zum konventionellen Bundeswertpapier geringeren und somit preisverzerrenden Liquidität entgegenzuwirken, erhöht der Bund die Volumina der grünen Zwillinge schrittweise durch Aufstockungen.
Diese Strategie, verbunden mit dem Zwillingskonzept, macht Grüne Bundeswertpapiere schon heute zu einem wesentlichen Bestandteil des Markts für nachhaltige Geldanlagen. Investoren schätzen das Bestreben des Bundes, als Daueremittent von grünen Anleihen das Begebungsvolumen Jahr für Jahr zu steigern ebenso wie die durch das Zwillingskonzept gegebene Transparenz bezüglich des Preisunterschieds zwischen grüner und konventioneller Anleihe. Der Blick auf das Greenium bei Bundeswertpapieren ist bereits heute Teil des Tagesgeschäfts geworden – in Banken und Kreditinstituten, bei staatlichen und nichtstaatlichen Emittenten, ESG7-Analystinnen und -Analysten und vielen weiteren Marktteilnehmern.
Erhöhte Transparenz von Mittelverwendung und Wirkungen sichern Renditevorteile
Das Zwillingskonzept der Grünen Bundeswertpapiere ermöglicht den unmittelbaren Vergleich zwischen grünen und konventionellen Papieren mit identischen Ausstattungsmerkmalen. So schafft der Bund Transparenz über die Preisbildung und bietet anderen Marktteilnehmern eine wichtige Orientierung über den Wert des grünen Elements. Auch bei den im Jahr 2022 emittierten Grünen Bundeswertpapieren haben Investoren zum Zeitpunkt der Begebung Renditeabschläge in Kauf genommen (s. a. Tabelle 1). Eine um einen Basispunkt niedrigere Rendite erspart dem Bund jährliche Zinskosten in Höhe von 100.000 Euro für jede emittierte Milliarde Euro. Bei den Begebungen der Jahre 2020 bis 2022 summieren sich die Einsparungen über die gesamte Laufzeit der Wertpapiere auf mehr als 100 Mio. Euro.
Auch im Handel im Sekundärmarkt sind die Renditevorteile für den Bund ablesbar. Abbildung 3 stellt die Renditedifferenzen (Greenia) der ausstehenden Grünen Bundeswertpapiere im Vergleich zu ihrem Zwillingspapier dar. Grundsätzlich war im Jahr 2022 ein Rückgang der Renditedifferenzen im besonderen Marktumfeld steigender Preise, Zinsen und weltweiter Finanzierungsbedarfe und vor dem Hintergrund des wachsenden Angebots nachhaltiger Anleihen öffentlicher Emittenten zu beobachten. Einzige Ausnahme bildet die Grüne Bundesobligation mit Fälligkeit Oktober 2025, die weiterhin einen größeren Renditeabschlag zum konventionellen Zwilling aufweist. Eine mögliche Ursache für den größeren Renditeabschlag gegenüber dem konventionellen Zwilling könnte sein, dass dieses Wertpapier im vergangenen Jahr – im Unterschied zu den anderen Grünen Bundeswertpapieren – nicht aufgestockt wurde und mit 5 Mrd. Euro ein relativ kleines Volumen aufweist.
Die Transparenz über Mittelverwendung und Auswirkungen der als grün anerkannten Ausgaben auf Klima, Umwelt und Natur ist ein entscheidender Mehrwert Grüner Bundeswertpapiere gegenüber konventionellen Bundeswertpapieren. Daher hat sich der Bund im Rahmenwerk zu einer umfangreichen Berichterstattung über die Emissionen der Grünen Bundeswertpapiere verpflichtet. Im Allokationsbericht wird offengelegt, welche Ausgaben den grünen Emissionsvolumina zugeordnet werden können (sogenannte Allokation der anrechenbaren Ausgaben).8
Die Auswirkungen dieser Ausgaben auf Klima, Umwelt und Natur werden im Wirkungsbericht transparent dargestellt. Laut Rahmenwerk wird dieser Bericht in der Regel ein bis drei Jahre nach der entsprechenden Emission veröffentlicht. Der Wirkungsbericht für die Emissionen des Jahres 2020 wurde am 30. September 2022 veröffentlicht.9 Grüne Bundeswertpapiere entfalten ihre Wirkung in unterschiedlicher und vielschichtiger Weise, einerseits direkt am Kapitalmarkt, andererseits indirekt über die zugrundeliegenden Ausgaben auf nationaler und internationaler Ebene (s. a. Abbildung 4 und Kasten).

Zusammenfassung Wirkungsbericht 2020
Im Wirkungsbericht 2020 werden die Auswirkungen auf Klima, Umwelt und Natur der im Jahr 2020 erstmals begebenen Grünen Bundeswertpapiere transparent dargelegt. Den Emissionserlösen in Höhe von 11,5 Mrd. Euro wurden zahlreiche Förderprogramme aus 65 Haushaltstiteln des Bundeshaushalts 2019 zugeordnet. Der Wirkungsbericht stellt detailliert dar, welchen Beitrag die grün anrechenbaren Ausgaben in Höhe von 12,3 Mrd. Euro u. a. zum Klimaschutz, zur Anpassung an den Klimawandel, zur Verminderung der Umweltverschmutzung sowie zum Schutz der biologischen Vielfalt und der Ökosysteme leisten.
Die zur Verfügung stehenden Wirkungsindikatoren zeigen die große Bandbreite der Fördermaßnahmen des Bundes von Treibhausgasminderungen über geförderte Infrastruktur und Elektrofahrzeuge bis hin zu zahlreichen Vorhaben der internationalen Zusammenarbeit sowie im Bereich Forschung und Entwicklung:
- Die im Verkehrssektor mitfinanzierten Neu- und Ausbauprojekte im Bereich Schiene und Wasserstraßen tragen zu einer jährlichen Emissionsminderung von über 1,5 Mio. Tonnen CO-Äquivalenten pro Jahr nach Fertigstellung der Maßnahmen bei.
- Mit den Schieneninvestitionen in das Bestandsnetz in Höhe von 4,15 Mrd. Euro wurde ein wesentlicher Beitrag zum Erhalt des Schienennetzes geleistet und 1.105 Kilometer Gleise, 1.417 Weichen und 289 Brücken erneuert.
- Mit den Ausgaben im Bereich der Elektromobilität konnten u. a. mehr als 69.000 E-Fahrzeuge, knapp 2.900 Ladevorrichtungen und 840 Forschungsvorhaben gefördert werden.
- Für die Programme zur Förderung erneuerbarer Energien und zur Steigerung der Energieeffizienz wird eine jährliche Reduzierung der Treibhausgasemissionen von etwa 1,8 Mio. Tonnen CO-Äquivalenten berichtet.
- In der internationalen Zusammenarbeit wurden mit über 2,9 Mrd. Euro nahezu 2.000 Vorhaben finanziert oder mitfinanziert, z. B. um Entwicklungs- und Schwellenländer in ihrem Übergang zu ökologisch nachhaltigeren Volkswirtschaften und Gesellschaften zu unterstützen.
- Über 4.500 Forschungs- und Entwicklungsvorhaben wurden unterstützt, um Bildung und Innovationen zu Klima- und Umweltbelangen zu ermöglichen.
Die erhöhte Transparenz bei Mittelverwendung und Wirkungen und die realisierten Renditevorteile sind ein Signal für den gesamten Markt, dass grüne Anleihen vorteilhaft und wirkungsvoll emittiert werden können.
Erfolgreiche Emissionsstrategie wird im Jahr 2023 fortgesetzt
Das Emissionsvolumen Grüner Bundeswertpapiere wird auch in diesem Jahr weiter ausgebaut und zwischen 15 Mrd. Euro und 17 Mrd. Euro betragen.10 Die Emissionsplanung sieht fünf Auktionstermine vor.11 In der ersten Auktion am 24. Januar 2023 wurde die Grüne Bundesobligation mit Fälligkeit Oktober 2025 um 1,5 Mrd. Euro aufgestockt. Neben Aufstockungen bereits begebener Wertpapiere sollen außerdem zwei neue Grüne Bundesanleihen, eine mit 10-jähriger und eine mit längerer Laufzeit, im Syndikatsverfahren emittiert werden.12 Ende des Jahres 2023 soll das Gesamtvolumen begebener Grüner Bundeswertpapiere deutlich mehr als 50 Mrd. Euro betragen. Gleichzeitig soll die grüne Bundkurve auf Grüne Bundeswertpapiere in sieben Laufzeiten (Fälligkeitsterminen) ausgebaut werden.
Der Bund setzt seine erfolgreiche Emissionsstrategie im Segment Grüner Anleihen fort und ist damit auf einem guten Weg, seine Position im Grünen Anleihenmarkt zu festigen und eine entsprechende Zinskurve in Europa zu etablieren.
Fußnoten
- 1
- Grundlage ist das Rahmenwerk für Grüne Bundeswertpapiere [PDF, 3,3 MB] vom 24. August 2020.
- 2
- Zu den Emissionen des Jahres 2021 s. a. Artikel „Grüne Bundeswertpapiere: Die grüne Renditekurve für mehr Nachhaltigkeit im Finanzmarkt“ im BMF-Monatsbericht Mai 2022. Zu den Grundlagen Grüner Bundeswertpapiere s. a. Artikel „Grüne Bundeswertpapiere – erfolgreiche erste Emission“ im BMF-Monatsbericht Oktober 2020.
- 3
- Informationen zu den Emissionen des Jahres 2022 finden sich auch hier.
- 4
- Emissionen erfolgen in der Regel im Auktionsverfahren, an dem sich Finanzinstitute beteiligen können, die der Bietergruppe Bundesemissionen angehören. Spezielle Finanzierungsinstrumente oder großvolumige Emissionen etablierter Bundeswertpapiere platziert der Bund vereinzelt über ein Bankenkonsortium (Syndikat), um durch dessen Vertriebskanäle zusätzliches Nachfragepotenzial zu erschließen.
- 5
- Die Bundesrepublik Deutschland emittiert ihre grünen Wertpapiere mit identischer Laufzeit und identischem Kupon zu einem bereits bestehenden konventionellen Bundeswertpapier (sogenanntes Zwillingskonzept). Zur Erläuterung des Konzepts und des damit transparenten Renditeabschlags s. a. BMF-Monatsbericht Mai 2022. 1 Basispunkt = 0,01 Prozentpunkt.
- 6
- Veröffentlichung im 1. Halbjahr 2023 geplant.
- 7
- ESG steht für Environmental, Social, Governance.
- 8
- Die Allokationsberichte 2020 und 2021 sind auf der Website der Deutschen Finanzagenturveröffentlicht.
- 9
- Veröffentlichung Wirkungsbericht 2020
- 10
- Die zur Verfügung stehenden anrechenbaren Ausgaben des Bundeshaushalts 2022 werden im 1. Quartal 2023 ermittelt.
- 11
- Vergleiche Seite 12 der Pressemitteilung [PDF, 389 KB] zur Emissionsplanung des Bundes für das Jahr 2023.
- 12
- Einzelheiten werden im Vorfeld der Begebungen auf der Internetseite der Finanzagentur veröffentlicht.