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  • Schlaglicht: Bund-Länder-Finanzbeziehungen

    Schief­la­ge der Bund-Län­der-Fi­nanz­be­zie­hun­gen

    • Die föderalen Finanzbeziehungen sind im Ungleichgewicht: Der Bund ist mit hohen Finanzierungsdefiziten strukturell in einer angespannteren Lage als die Länder und Kommunen, die zuletzt Finanzierungsüberschüsse erzielt haben.
    • Hauptgrund für die Schieflage sind – neben der Übernahme der Hauptlast in der Krisenfinanzierung – hohe Entlastungen der Länder und Kommunen durch den Bund: einerseits durch massive Finanztransfers, die sich allein 2023 für ausgewählte finanzielle Entlastungen auf 53,7 Mrd. Euro summieren, andererseits im Rahmen der vertikalen Umsatzsteuerverteilung zugunsten der Länder und Kommunen, die beim Bund im Jahr 2023 zu Mindereinnahmen von rund 15,8 Mrd. Euro führen.
    • Damit der Bund seine originären Aufgaben im Rahmen der regulären Obergrenzen der Schuldenregel erfüllen und die enormen Herausforderungen der Zukunft stemmen kann, sind weitere Entlastungen der Länder und Kommunen durch den Bund nicht mehr leistbar.

    Einleitung

    Das föderale Finanzgeflecht zwischen dem Bund auf der einen Seite und den Ländern und Kommunen auf der anderen Seite ist in den vergangenen Jahren in eine beachtliche Schieflage geraten. Während der Bundeshaushalt von 2020 bis 2022 Defizite in dreistelliger Milliardenhöhe aufwies, erzielten Länder und Kommunen in der Gesamtheit seit 2021 wieder milliardenhohe Überschüsse. Dieses Ungleichgewicht ist insbesondere auf die massiven Entlastungen der Länder und Kommunen durch den Bund zurückzuführen. Der Bund leistet auch bei Aufgaben, die in der originären Zuständigkeit der Länder und Kommunen liegen, hohe finanzielle Transfers. Teilweise wurde das Grundgesetz geändert, um die Entlastung verfassungsrechtlich zu ermöglichen. Zudem hat der Bund die Krisenbewältigung während der Corona-Pandemie und zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine überwiegend allein gestemmt.

    Der Bund kann auf Dauer diese erhebliche Umverteilung zu seinen Lasten nicht aufrechterhalten, da er sonst Gefahr läuft, seine eigenen originären Aufgaben nicht mehr auskömmlich im Rahmen der regulären Obergrenze der Schuldenregel finanzieren zu können. Neue Forderungen der Länder und Kommunen nach weiterer Entlastung durch den Bund können angesichts der angespannten Haushaltslage des Bundes nicht mehr erfüllt werden. Bund und Länder müssen einen Weg zurück zu dem im Grundgesetz verankerten Regelfall finden: Bund und Länder sind verantwortlich für die Finanzierung ihrer jeweiligen Aufgaben.

    Finanzpolitische Kennziffern

    Die Schieflage im föderalen Gefüge zeigt sich in einer Reihe von finanzpolitischen Kennziffern.

    Finanzierungssalden

    Das Statistische Bundesamt veröffentlichte am 24. Februar 2023 die vorläufigen Finanzierungssalden der einzelnen Ebenen für das Jahr 2022 (Bund, Länder, Gemeinden und Sozialversicherungen inklusive ihrer jeweiligen Extrahaushalte in den Kategorien der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen): Das Finanzierungsdefizit des Bundes betrug 129,2 Mrd. Euro. Die Länder erzielten demgegenüber einen Überschuss von 12,4 Mrd. Euro, die Kommunen einen Überschuss von 8,8 Mrd. Euro.

    Auch im Jahr 2021 lag dieses Ungleichgewicht vor. Dem Defizit des Bundes von 145,9 Mrd. Euro standen Überschüsse der Ländergesamtheit in Höhe von 2,8 Mrd. Euro und der kommunalen Ebene von insgesamt 4,6 Mrd. Euro gegenüber (Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserie 18, Reihe 4.1 vom 3. März 2023). Hier offenbart sich ein strukturelles Problem, das auch auf absehbare Zeit erhalten bleiben wird.

    Schuldenstand

    Der Schuldenstand des Bundes betrug laut der vierteljährlichen Schuldenstatistik des Statistischen Bundesamts zum Ende des 3. Quartals 2022 rund 1.574,2 Mrd. Euro. Aufseiten der Länder waren es 613,7 Mrd. Euro, aufseiten der Kommunen 137,0 Mrd. Euro. Zum Ende des Jahres 2019 – vor Beginn der Corona-Pandemie – lagen die Schulden des Bundes noch bei 1.188,6 Mrd. Euro (Anstieg zum 3. Quartal 2022 damit um 385,6 Mrd. Euro beziehungsweise 32 Prozent), die der Länder bei 579,0 Mrd. Euro (Anstieg um 34,7 Mrd. Euro beziehungsweise 6 Prozent) und die der Kommunen bei 131,4 Mrd. Euro (Anstieg um 5,6 Mrd. Euro beziehungsweise 4 Prozent).

    In diesen Zahlen wird deutlich, dass der Bund den weit überwiegenden Anteil der Lasten der Pandemie und der ökonomischen Abfederung der Folgen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine getragen und eine massive Ausweitung seiner Verschuldung in Kauf genommen hat. Entsprechend ist der Bund auch von Zinserhöhungen deutlich stärker betroffen als die Länder und Gemeinden.

    Anteil am Gesamtsteueraufkommen

    Mit der Corona-Pandemie trat eine Umkehr der Größenordnung der Anteile von Bund und Ländern am gesamten Steueraufkommen ein. In den Jahren bis einschließlich 2019 erzielte der Bund mit rund 41 Prozent bis 43 Prozent durchweg einen höheren Anteil am Gesamtsteueraufkommen als die Länder, deren Anteil um rund 40 Prozent schwankte. Im Jahr 2020 sank der Anteil des Bundes hingegen auf 38,3 Prozent, der Anteil der Länder stieg auf 42,8 Prozent. Bei dieser Umkehr blieb es auch im Jahr 2021. Der Arbeitskreis „Steuerschätzungen“ erwartete in seiner letzten Steuerschätzung vom Oktober 2022 auch für das Jahr 2022 und die kommenden Jahre eine Fortführung dieses Verhältnisses. Der Bund kann demnach nur noch mit rund 39 Prozent des Aufkommens rechnen, die Länder mit rund 41 Prozent bis 42 Prozent.

    Anteil am Umsatzsteueraufkommen

    Einer der Hauptgründe für die Umkehrung der Steueranteile ist der Verzicht des Bundes auf einen beträchtlichen Anteil am Umsatzsteueraufkommen zugunsten der Länder und Kommunen. Dies erfolgt durch wiederholte Änderungen des § 1 des Finanzausgleichsgesetzes (FAG), in dem die vertikale Verteilung des Umsatzsteueraufkommens geregelt ist. Bis zum Jahr 2019 verfügte der Bund durchweg über einen höheren Anteil am gesamten Umsatzsteueraufkommen als die Länder; bis zum Jahr 2015 lag er weit über 50 Prozent (z. B. 2014: 53,5 Prozent). Die Länder kamen bis 2014 regelmäßig auf unter 45 Prozent. Ab 2015 stieg der Anteil der Länder bis 2020 auf den Wert von 52,9 Prozent, während der Bundesanteil auf nur noch 43,0 Prozent sank. Im Jahr 2022 betrug der Anteil des Bundes 46,6 Prozent, der Anteil der Länder 50,5 Prozent.

    Im Jahr 2022 wurden Länder und Kommunen im Rahmen der vertikalen Umsatzsteuerverteilung im Umfang von 19,2 Mrd. Euro entlastet. Im Jahr 2021 lag dieser Entlastungsbetrag bei 19,4 Mrd. Euro, im Jahr 2020 bei 21,6 Mrd. Euro. Für das laufende Jahr ist absehbar, dass sich dieser Betrag auf mindestens 15,8 Mrd. Euro belaufen wird. Auch in den Folgejahren wird mit Entlastungen von mindestens 12,8 Mrd. Euro gerechnet.

    Finanztransfers des Bundes an die Länder

    Das Ausmaß der Finanzströme vom Bund an die Länder zeigt sich auf der Ausgabeseite des Bundeshaushalts in einer Vielzahl von Politikfeldern und Transferwegen – über Gemeinschaftsaufgaben, Geldleistungsgesetze, Finanzhilfen, Regionalisierungsmittel, Krisenhilfen und Modellvorhaben. Die Transfers vom Bund an die Länder addieren sich für das Jahr 2023 allein für ausgewählte finanzielle Entlastungen auf insgesamt rund 53,7 Mrd. Euro. Hinzu kommen rund 38,4 Mrd. Euro in mehreren überjährigen Sondervermögen des Bundes, die unmittelbar den Ländern und Kommunen zugutekommen.

    In vielen Fällen handelt es sich bei den geförderten Maßnahmen um eigentlich im Bereich der Länderkompetenzen liegende Aufgaben. Finanzhilfen des Bundes wurden in den Bereichen Bildung und Wohnungsbau erst durch im Jahr 2019 durchgeführte Änderungen des Grundgesetzes (Art. 104c und Art. 104d) möglich. Zudem hat der Bund den Ländern und Kommunen im Sozialbereich immer wieder hohe Kostenanteile abgenommen und sie somit massiv entlastet. Die folgenden Zahlen beziehen sich auf die Soll-Ansätze des Bundeshaushalts 2023.

    Soziale Sicherung: rund 22,9 Mrd. Euro im Jahr 2023

    Die größte Entlastung der Kommunen erfolgt im Bereich des Bürgergelds (vormals Arbeitslosengeld II): Durch die Erhöhung der Bundesbeteiligung an den Kosten der Unterkunft und Heizung um 25 Prozentpunkte im Jahr 2020 entlastet der Bund die Länder und Kommunen jährlich um zusätzlich rund 4 Mrd. Euro, sodass die Bundesbeteiligung an den Kosten der Unterkunft und Heizung inzwischen auf über 10 Mrd. Euro angestiegen ist. Hinzu treten die deutlichen Entlastungen aufgrund der Übernahme von Geflüchteten aus der Ukraine in den Geltungsbereich des Sozialgesetzbuchs II und XII (SGB). Zudem erstattet der Bund den Kommunen vollständig die Ausgaben für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (9,05 Mrd. Euro).

    Außerdem leistet der Bund Zuschüsse zu den Rentenversicherungsbeiträgen für die in Integrationsprojekten beschäftigten behinderten Menschen in Höhe von 1,56 Mrd. Euro. Die Beteiligung des Bundes an den Kosten der Zusatzversorgungssysteme der DDR (Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz) führt zu einer finanziellen Entlastung der ostdeutschen Länder von rund 1,87 Mrd. Euro.

    Familie und Bildung: rund 5,0 Mrd. Euro im Jahr 2023 (plus 15,4 Mrd. Euro in Sondervermögen)

    Der Bund hat in den Bereichen Kinderbetreuung und Schule drei Sondervermögen errichtet, um den Ausbau der Kitas (5,4 Mrd. Euro bis 2025), die Ganztagsbetreuung an Grundschulen (3,5 Mrd. Euro bis 2028) und die Digitalisierung der Schulen (DigitalPakt Schule mit bis zu 6,5 Mrd. Euro bis 2024) zu fördern.

    Seit dem 1. Juli 2017 trägt der Bund 40 Prozent der Leistungen des Unterhaltsvorschussgesetzes, wodurch die Länder in 2023 um 1,19 Mrd. Euro entlastet werden. Der Bund weist 2023 im Rahmen des Bundeskinderschutzgesetzes 56 Mio. Euro der Stiftung Frühe Hilfen zu. Seit 2015 hat der Bund vollständig das BAföG von den Ländern übernommen, was in diesem Jahr zu Ausgaben von 2,72 Mrd. Euro für den Bund führt. Hinzu kommt der Finanzierungsanteil des Bundes von 78 Prozent bei der Aufstiegsfortbildung in der beruflichen Bildung mit 880 Mio. Euro. Der Digitale Bildungsraum (Bildungsplattform, Bildungskompetenzzentren und INVITE) umfasst Ausgaben von 206 Mio. Euro für den Bund.

    Forschung und Wissenschaft: rund 4,2 Mrd. Euro im Jahr 2023

    Der Bund hat im Rahmen der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz eine Reihe wichtiger Vereinbarungen mit den Ländern geschlossen, die einen deutlichen Aufwuchs an Bundesmitteln für Universitäten, Fachhochschulen, Akademien und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen beinhalten. Analog zum Pakt für Forschung und Innovation (PFI) für die außeruniversitären Forschungseinrichtungen (Länder-Entlastungsbetrag PFI IV 406 Mio. Euro im Jahr 2023) beteiligt sich der Bund an einem jährlich 3-prozentigen Aufwuchs der Zuwendungen für die Hochschulen im Zukunftsvertrag „Studium und Lehre stärken“ (Zuwendung Bund insgesamt 1,94 Mrd. Euro im Jahr 2023). Darüber hinaus erhalten die Hochschulen für von der Deutschen Forschungsgesellschaft (DFG) geförderte Forschungsvorhaben eine DFG-Programmpauschale in Höhe von 469 Mio. Euro. Weitere Vereinbarungen mit den Ländern beinhalten die Exzellenzstrategie (400 Mio. Euro), die Stiftung Innovation in der Hochschullehre (150 Mio. Euro), die Förderinitiative Innovative Hochschule (55 Mio. Euro), die Förderung einer Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (58 Mio. Euro) und das Programm zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses (121 Mio. Euro). Für die Förderung von Forschungsbauten, Großgeräten und des Nationalen Hochleistungsrechnens stellt der Bund 317 Mio. Euro bereit. Zusammen mit einer Vielzahl weiterer hochschulbezogener Maßnahmen (238 Mio. Euro) beläuft sich die Entlastung der Länder bei den Ausgaben für Forschung und Wissenschaft auf rund 4,2 Mrd. Euro im Soll des Jahres 2023.

    Investitionen: rund 20,8 Mrd. Euro im Jahr 2023 (plus 7 Mrd. Euro im Sondervermögen)

    Über die bereits genannten Finanzhilfen hinaus unterstützt der Bund die Länder und Kommunen über eine Vielzahl von Finanztransfers bei deren Investitionstätigkeit. An erster Stelle stehen die Regionalisierungsmittel für den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) in Höhe von 10,898 Mrd. Euro im Jahr 2023, wobei eine weitere Erhöhung um 1,5 Mrd. Euro im Jahr 2023 zur Einführung des 49-Euro-Tickets derzeit im parlamentarischen Verfahren beraten wird (Entwurf des 9. Gesetzes zur Änderung des Regionalisierungsgesetzes). Hinzu kommt das Bundesprogramm Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz mit 1 Mrd. Euro pro Jahr für Investitionen in die Schienenwege des ÖPNV. Im Bereich Verkehr stellt der Bund den Ländern zudem folgende Mittel bereit:

    • Radverkehr: 325 Mio. Euro
    • Digitalisierung kommunaler Verkehrssysteme: 61 Mio. Euro
    • Weiterentwicklung Elektromobilität: 87 Mio. Euro
    • Förderung des Ankaufs von Bussen mit alternativen Antrieben: 62 Mio. Euro

    Der Gigabitnetzausbau auf Glasfaserbasis wird vom Bund im Jahr 2023 im Rahmen des Sondervermögens „Digitale Infrastruktur“ mit 1,456 Mrd. Euro unterstützt.

    Der Bund stärkt die Länder in großem Umfang im Bereich der Struktur- und Regionalpolitik. Für die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ stellt der Bund im Jahr 2023 rund 660 Mio. Euro (davon 12,5 Mio. Euro für ein Sonderprogramm) und für die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ 1,133 Mrd. Euro zur Verfügung. Maßnahmen zur Förderung der Kohleregionen gemäß Strukturstärkungsgesetz werden vom Bund mit 2,519 Mrd. Euro im Jahr 2023 finanziert. Die Innovationsbeihilfen Schiffsbau belaufen sich auf 37 Mio. Euro.

    Die Kommunen werden vom Bund mit einer Reihe investiver Ausgaben unterstützt. Der Kommunalinvestitionsförderungsfonds sieht in zwei Kapiteln insgesamt 7 Mrd. Euro bis 2025 für finanzschwache Kommunen vor. Für den sozialen Wohnungsbau sind 1,275 Mrd. Euro vorgesehen. Zur Förderung städtebaulicher Gesamtmaßnahmen übernimmt der Bund 790 Mio. Euro zur Entlastung der Kommunen. Der Investitionspakt Sportstätten sieht zugunsten der Kommunen ein Volumen von 61 Mio. Euro vor. Die Sanierung kommunaler Einrichtungen in den Bereichen Sport, Jugend und Kultur umfasst Mittel in Höhe von 260 Mio. Euro. Das Programm „Förderung von Modellprojekten Smart Cities“ beinhaltet Ausgaben von 125 Mio. Euro. Der Pakt für den Öffentlichen Gesundheitsdienst sieht Bundesmittel in Höhe von rund 220 Mio. Euro vor.

    Weitere Entlastungen: 838 Mio. Euro im Jahr 2023 (plus 16 Mrd. Euro im Sondervermögen Aufbauhilfe 2021)

    Der Bund gewährt den Ländern Bremen und Saarland Sanierungshilfen von jährlich zusammen 800 Mio. Euro. Für Seehäfen stehen Finanzhilfen von 38 Mio. Euro zur Verfügung. Zur Finanzierung der Wiederaufbauhilfe in den von der Flutkatastrophe im Sommer 2021 geschädigten Regionen ist ein nationaler Solidaritätsfonds „Aufbauhilfe 2021“ als Sondervermögen des Bundes mit bis zu 30 Mrd. Euro errichtet worden, wobei 2 Mrd. Euro für reine Bundesinfrastruktur vorgesehen sind. Die weiteren 28 Mrd. Euro werden hälftig von Bund und Ländern getragen, wobei der Bund im Jahr 2021 eine erste Zuführung von 16 Mrd. Euro im Voraus geleistet hat und die Länder ihren Beitrag über Ratenzahlungen im Rahmen der Umsatzsteuerverteilung über 30 Jahre leisten.

    Umsatzsteuerverteilung

    Die Unterstützung der Länder und Kommunen erfolgt nicht nur über die Ausgabeseite des Bundeshaushalts, sondern im großen Umfang auch über die vertikale Umsatzsteuerverteilung. Durch Änderungen an § 1 FAG werden die Anteile am Umsatzsteueraufkommen zwischen den Ebenen neu festgesetzt. Dieser Weg wurde in den zurückliegenden Jahren zunehmend mit politischen Vereinbarungen zwischen Bund und Ländern in anderen Bereichen verknüpft. Für 2023 sind Entlastungen der Länder und Kommunen im Rahmen der vertikalen Umsatzsteuerverteilung in Höhe von 15,8 Mrd. Euro vorgesehen.

    Dauerhafte Belastung des Bundes: 9,8 Mrd. Euro im Jahr 2023

    Im Zuge der Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen ab 2020 hat der Bund den Ländern einen von der Entwicklung des Umsatzsteueraufkommens abhängigen dynamischen Entlastungsbetrag zugesagt. Er beträgt im Jahr 2023 voraussichtlich 4,2 Mrd. Euro und wächst voraussichtlich auf rund 4,5 Mrd. Euro im Jahr 2027 an. Im Zusammenhang mit dem Auslaufen der fiktiven Abfinanzierung des Fonds „Deutsche Einheit“ wurde der Länderanteil um jährlich 2,224 Mrd. Euro zulasten des Bundes erhöht. Seit 2018 entlastet der Bund die Kommunen unbefristet im Umfang von jährlich 5 Mrd. Euro, davon 3,4 Mrd. Euro im Rahmen der vertikalen Umsatzsteuerverteilung.

    Kinderbetreuung: 2,7 Mrd. Euro im Jahr 2023

    Im Zusammenhang mit der Berücksichtigung der Lasten aus dem Ausbau der Kinderbetreuung wurde der Umsatzsteueranteil der Länder um jährlich 845 Mio. Euro zulasten des Bundes erhöht. Hinzu kommen 2023 voraussichtlich knapp 1,884 Mrd. Euro für das KiTa-Qualitätsgesetz.

    Unterstützung für Geflüchtete: 2,75 Mrd. Euro im Jahr 2023

    Der Bund hat in den Jahren 2015 bis 2021 die Länder und Kommunen im Zusammenhang mit den durch die hohe Zahl an Geflüchteten entstehenden Ausgaben insgesamt um rund 38,8 Mrd. Euro entlastet. Im Jahr 2022 hat der Bund allein über die vertikale Umsatzsteuerverteilung 4,392 Mrd. Euro an die Länder transferiert. Für das laufende Jahr 2023 sind – unter Einschluss des Beschlusses des Bundeskanzlers mit den Regierungschefinnen und -chefs der Länder vom 2. November 2022 im Zusammenhang mit Flucht und Migration – insgesamt 2,75 Mrd. Euro zur Entlastung der Länder und der Kommunen vorgesehen.

    Nachrichtlich: Losgelöst von der Umsatzsteuerverteilung entlastet der Bund im Flüchtlingsbereich die Länder durch den sogenannten Rechtskreiswechsel auf der Ausgabenseite, indem die Geflüchteten aus der Ukraine kein Asylverfahren durchlaufen müssen, sondern seit dem 1. Juni 2022 unmittelbar gemäß SGB II beziehungsweise SGB XII leistungsberechtigt sind. Damit hat der Bund für diesen Personenkreis die weit überwiegende Kostentragung übernommen. Durch das Chancenaufenthaltsrechtsgesetz werden die Länder des Weiteren entlastet durch einen Wechsel von Leistungsberechtigten aus dem Asylbewerberleistungsgesetz hin zum SGB II beziehungsweise SGB XII.

    Öffentlicher Gesundheitsdienst: 500 Mio. Euro im Jahr 2023

    Der Pakt für den Öffentlichen Gesundheitsdienst sieht für 2023 im Rahmen der vertikalen Umsatzsteuerverteilung eine Tranche von 500 Mio. Euro vor. Der Betrag steigt auf 600 Mio. Euro im Jahr 2024, 700 Mio. Euro im Jahr 2025 und 750 Mio. Euro im Jahr 2026.

    Weitere Entlastungen über die Umsatzsteuerverteilung

    In den vergangenen Jahren wurden über den Weg der Umsatzsteuerverteilung immer wieder befristet hohe Beträge vom Bund an die Länder und die Kommunen übertragen. Die Kompensation pandemiebedingter Einnahmeausfälle durch die Umsatzsteuersatzsenkung im 2. Halbjahr 2020 betrug in den Jahren 2020 und 2021 insgesamt 9,851 Mrd. Euro. Zur Kompensation der Einnahmeausfälle durch den Kinderbonus – 300 Euro im Jahr 2020, 150 Euro im Jahr 2021 und 100 Euro im Jahr 2022 – übertrug der Bund den Ländern insgesamt 4,529 Mrd. Euro in diesen drei Jahren. Im Rahmen der Bund-Länder-Vereinbarung „Aufholen nach Corona“ hat der Bund die Länder 2021 und 2022 mit insgesamt 1,29 Mrd. Euro unterstützt. Für den „Pakt für den Rechtsstaat“ hat der Bund 2019 und 2022 jeweils 110 Mio. Euro bereitgestellt.

    Ausblick

    Die Schieflage in der Finanzverteilung zwischen Bund und Ländern schränkt die Handlungsmöglichkeiten des Bundes zur Bewältigung der vor ihm liegenden Aufgaben zur Stärkung der Zukunftsfähigkeit Deutschlands zunehmend ein, während er gleichzeitig die Länder und Kommunen bei der Finanzierung ihrer Aufgaben unterstützt. Die Stärkung der Bundeswehr, der überregionale Klimaschutz und die Digitalisierung sind originäre Aufgaben des Bundes, die ihn finanziell stark fordern. Hinzu kommen die mit dem demografischen Wandel einhergehenden Herausforderungen in den Sozialversicherungen. Damit der Bund die Herausforderungen der Zukunft im Rahmen der regulären Obergrenze der Schuldenregel bewältigen kann, ist es angezeigt, dass die Länder und die Kommunen wieder ihre Eigenverantwortung stärken und ihre originären Aufgaben selbst finanzieren. Der Bund wird weitere finanzielle Entlastungen für die Länder und Kommunen nicht unverändert aufbringen können.

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