Am 5. März 2024 haben das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und das Bundesministerium der Finanzen die Ressortabstimmung sowie die Länder- und Verbändebeteiligung zum Referentenentwurf des Rentenniveaustabilisierungs- und Generationenkapitalgesetzes eingeleitet. In diesem Rentenpaket II ist geplant, dass die bisher bis zum Jahr 2025 geltende Haltelinie von 48 Prozent für das Rentenniveau bis zum Jahr 2039 fortgeschrieben wird. Das Alterseinkommen der Rentnerinnen und Rentner wird im Vergleich zu dem nach geltendem Recht zu erwartenden sinkenden Rentenniveau somit höher ausfallen. Mit dem Generationenkapital erfolgt ein Paradigmenwechsel im Rentensystem: Die Umlagefinanzierung wird durch einen vom Bund finanzierten Kapitalstock ergänzt, der als zusätzlicher Finanzierungsbaustein fungieren soll. Er macht das Rentensystem unabhängiger von demografischen Entwicklungen. So können künftig alle Rentenversicherten automatisch von den Vorteilen des Kapitalmarkts profitieren.
Das Generationenkapital
ist ein neues kapitalgedecktes Finanzierungselement für die gesetzliche Rentenversicherung, das ab Mitte der 2030er-Jahre zur Dämpfung des Beitragssatzanstiegs beiträgt. Die Mittel des Generationenkapitals sollen dauerhaft von einer neu zu gründenden unabhängigen öffentlich-rechtlichen Stiftung professionell verwaltet und global angelegt werden. Das Generationenkapital ist ein kollektiver Kapitalstock, von dessen Ausschüttungen alle Beitragszahlerinnen und -zahler profitieren. Die Erträge werden über Investitionen am Kapitalmarkt generiert und sind zweckgebunden: Sie tragen ausschließlich zur Stabilisierung der Rentenversicherungsbeiträge in der gesetzlichen Rentenversicherung bei.
Update für die gesetzliche Rente
Die gesetzliche Rentenversicherung ist derzeit insbesondere aufgrund des hohen Beschäftigungsstands noch finanziell stabil aufgestellt. Der Beitragssatz liegt seit dem Jahr 2018 bei 18,6 Prozent und das Rentenniveau bei rund 48 Prozent.
Mit dem demografischen Wandel gerät das Finanzierungsmodell der gesetzlichen Rentenversicherung jedoch zunehmend unter Druck. Beitragssätze und Leistungen des Bundes an die gesetzliche Rentenversicherung werden mit Renteneintritt der sogenannten Babyboomer, also der in der Nachkriegszeit geborenen Generationen, steigen. Die jährlichen Leistungen des Bundes an die gesetzliche Rentenversicherung betragen im Jahr 2024 bereits über 110 Mrd. Euro, mit steigender Tendenz. Das entspricht rund 23 Prozent des gesamten Bundeshaushalts 2024. Im derzeitigen System wird die Rente für die heutige Generation der Rentnerinnen und Rentner aus den laufenden Einnahmen gezahlt.
Das Generationenkapital: Finanzierung und Aufbau
Das Generationenkapital zielt in diesem Kontext auf eine Verbesserung ab. Mit Darlehen aus dem Bundeshaushalt und Vermögensübertragungen vom Bund soll ein Kapitalstock aufgebaut werden, dessen Erträge zukünftig zur Stabilisierung der Rentenversicherungsbeiträge in der gesetzlichen Rentenversicherung beitragen. Der Kapitalstock soll langfristig angelegt werden und nur erwirtschaftete Erträge sollen als Finanzierungsbeitrag für die Rentenversicherung verwendet werden.
Ab Mitte der 2030er-Jahre sollen jährlich durchschnittlich 10 Mrd. Euro an die gesetzliche Rentenversicherung aus den Erträgen des Generationenkapitals fließen. Diese Ausschüttungen dienen der Dämpfung des Beitragssatzes, um eine stärkere Belastung der Beitragszahlerinnen und -zahler zu verhindern. Etwaige notwendige Beitragssatzsteigerungen können so gedämpft werden.
Um das Generationenkapital zu verwalten, wird eine unabhängige öffentlich-rechtliche Stiftung gegründet, unter deren Dach der Kapitalstock aufgebaut wird. Die Stiftung erhält im Jahr 2024 erstmalig Zuführungen in Form von Darlehen des Bundes in Höhe von 12 Mrd. Euro. Die Zuführungen der Folgejahre sollen jährlich um 3 Prozent steigen. Die Stiftung wird verpflichtet, dem Bund die Refinanzierungskosten zu erstatten. Außerdem sollen zur Eigenkapitalunterlegung Eigenmittel in Form von Vermögenswerten des Bundes in Höhe von 15 Mrd. Euro bis zum Jahresende 2028 an die Stiftung übertragen werden. Bis Mitte der 2030er-Jahre soll das Generationenkapital so einen Kapitalstock von mindestens 200 Mrd. Euro erreichen.
Bei Zuführungen in Form von Darlehen des Bundes
zum Stiftungsvermögen handelt es sich um finanzielle Transaktionen im Sinne von § 3 des Gesetzes zur Ausführung von Art. 115 des Grundgesetzes, die das Finanzvermögen des Bundes nicht verändern und nicht auf die Einhaltung der Kreditgrenzen des Art. 115 des Grundgesetzes angerechnet werden.
Die Verwaltung des Kapitalstocks soll zunächst über den Fonds zur Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung (KENFO) erfolgen – eine öffentlich-rechtliche Stiftung, die bereits professionell und global Kapitalanlagen tätigt. Der KENFO bietet dem Bund dadurch die Möglichkeit, in einem ersten Schritt eine zeitnahe Umsetzung und Investition des Generationenkapitals zu erreichen.
Der KENFO
oder Fonds zur Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung ist eine öffentlich-rechtliche Stiftung, die durch ein Gesetz gegründet wurde, um die Finanzierung der Zwischen- und Endlagerung radioaktiver Abfälle aus der gewerblichen Nutzung der Kernenergie zur Erzeugung von Elektrizität in Deutschland sicherzustellen.
Die Stiftung wird die Mittel diversifiziert und global an den Kapitalmärkten anlegen. Durch diese aktive Partizipation an den Rendite- und Wachstumschancen der Kapitalmärkte profitiert das gesetzliche Rentensystem. Die Erträge des Generationenkapitals sind in Zukunft ein wichtiger Bestandteil zur Stabilisierung des Rentenbeitragssatzes. Einige europäische Länder – insbesondere Schweden und Norwegen – praktizieren eine Kapitaldeckung in der Rentenversicherung bereits erfolgreich und liefern wichtige Erkenntnisse für das Generationenkapital.
Kapitaldeckung in der Rentenversicherung
Schweden setzt auf eine kapitalgedeckte gesetzliche Altersvorsorge über die sogenannte individuelle Prämienrente. Norwegen legt Einnahmen aus Öl- und Gasverkäufen erfolgreich in einem Staatsfonds an. Dort wurden temporäre Kursschwankungen bei der Kapitalanlage immer wieder aufgeholt, sodass langfristig ein beträchtlicher Kapitalstock entstanden ist, der die Altersvorsorge – individuell oder kollektiv – stärken kann.
Vorteile der globalen Kapitalmärkte nutzen – Beiträge stabilisieren
Das Generationenkapital nutzt die langfristigen Renditepotenziale der internationalen Kapitalmärkte. Der Kapitalstock wird unabhängig verwaltet und diversifiziert, global angelegt. Die Renditeentwicklung gängiger global gestreuter Indizes kann hier als realistischer Orientierungspunkt angenommen werden. Grundsätzlich hat das Generationenkapital das Potenzial, langfristig eine spürbare Entlastung des Bundeshaushalts und der Beitragszahlerinnen und -zahler zu bewirken. Voraussetzung dafür sind ein ausreichend großer Kapitalstock sowie darauf anfallende Erträge.
Ab Mitte der 2030er-Jahre sollen Erträge des Generationenkapitals in Höhe von durchschnittlich 10 Mrd. Euro jährlich an die gesetzliche Rentenversicherung ausgeschüttet werden. Über die konkrete Höhe der Ausschüttungen wird aber erst im Lichte der tatsächlichen Entwicklung des Generationenkapitals entschieden. Verläuft die Wertentwicklung der Kapitalanlagen so positiv, dass der Kapitalstock auch nach jährlicher Ausschüttung an die gesetzliche Rentenversicherung weiter anwächst, so bleiben diese zusätzlichen Überschüsse investiert. Der Ausschüttungsbetrag könnte in diesem Fall perspektivisch auch weiter steigen.
Ein nachhaltiges krisenfestes Instrument
Es wird innerhalb des Generationenkapitals ein Sicherheitspuffer bei Ausschüttungen eingerichtet, mit dem die Substanz des Stiftungsvermögens – also insbesondere die der Stiftung gewährte Darlehenssumme und damit die Rückzahlbarkeit des Darlehens – geschützt wird. Zudem soll im Jahr 2029 eine Überprüfung stattfinden, ob die Stiftung ihre Ertragsziele vor dem Hintergrund der eingetretenen Kapitalmarktentwicklung voraussichtlich erreichen wird. Falls nicht, müssen Gegenmaßnahmen vorgeschlagen werden. Geplant ist eine langfristige Kapitalanlage, bei der kurzfristige Kursschwankungen weniger ins Gewicht fallen. Nur wenn langfristig keine ausreichenden Erträge möglich sind, würde eine Ausschüttung an die Rentenversicherung nicht oder noch nicht ab Mitte der 2030er-Jahre erfolgen können.
Das Konzept des Generationenkapitals basiert dabei auf einer empirisch fundierten durchschnittlichen Renditedifferenz zwischen dem diversifizierten Kapitalstock einerseits und sicheren sowie liquiden Bundeswertpapieren andererseits. Auf diese Weise ermöglicht der Bund den möglichst schnellen Aufbau des Generationenkapitals: Er nutzt seine hervorragende Reputation bei globalen Anlegern als Schuldner und Benchmark-Emittent zugunsten der Beitragszahlerinnen und -zahler. Die Einhaltung der Schuldenbremse leistet einen Beitrag dazu, dass die beste Bonität von Bundeswertpapieren und somit die erwartete Renditedifferenz erhalten bleiben.
Ausblick
Die Bundesregierung verfolgt bei der Rente eine umfassende Strategie für eine stabile auskömmliche Altersvorsorge. Zu den Maßnahmen gehört das Generationenkapital, das mithilfe diversifizierter, globaler Anlagen den Auswirkungen des demografischen Wandels entgegentritt und Rentenbeiträge stabilisiert. Neben dem Rentenpaket II und dem darin enthaltenen Generationenkapital arbeitet die Bundesregierung auch an Reformen der privaten Altersvorsorge und der betrieblichen Altersversorgung.
Die am 5. März 2024 eingeleitete Länder- und Verbändebeteiligung zum Rentenniveaustabilisierungs- und Generationenkapitalgesetz wird voraussichtlich im April 2024 abgeschlossen, sodass der Gesetzentwurf anschließend im Kabinett verabschiedet und an Bundestag und Bundesrat geleitet werden kann. Ein Inkrafttreten soll spätestens im Herbst des Jahres 2024 erfolgen.