Warum braucht Deutschland das Generationenkapital?
Die gesetzliche Rente soll neben der Finanzierung durch die Beiträge von Arbeitgebern und Arbeitnehmern sowie den hohen jährlichen Zahlungen aus dem Bundeshaushalt ein drittes Standbein erhalten. Dies soll ein Kapitalstock sein – das Generationenkapital. Wir planen, diesen Kapitalstock ab dem Jahr 2024 aufzubauen. Ziel ist es, ab Mitte der 2030er-Jahre Ausschüttungen aus dem Generationenkapital an die gesetzliche Rentenversicherung in der Größenordnung von rund 10 Mrd. Euro pro Jahr zu leisten, um den Beitragssatz zu dämpfen und so die Beitragszahlerinnen und -zahler zu entlasten. Wir schaffen dadurch ein Standbein für die Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung, das die Abhängigkeit von der Wirtschaftsentwicklung in Deutschland verringert, weil es von der Entwicklung der Wirtschaft weltweit profitiert. Damit schaffen wir eine bessere Balance bei der Finanzierung der Rentenversicherung.
Wie wird das Generationenkapital finanziert und eingeführt?
Das Generationenkapital soll über eine eigene Stiftung aufgebaut werden. Es wird also nicht Teil des Bundeshaushalts sein, sondern getrennt vom Bund über die Stiftung Generationenkapital angelegt. Diese Stiftung erhält Darlehen vom Bund und auch Eigenmittel, z. B. Kapitalbeteiligungen oder Gesellschaftsanteile, die der Bund hält und der Stiftung übertragen kann. Die Stiftung entscheidet dann eigenständig, wie sie diese Mittel bestmöglich anlegt – global, langfristig orientiert und breit gestreut. Aufgrund dieser Anlagegrundsätze kann die Stiftung einen hohen Aktienanteil halten. Mit den Überschüssen, die aus den Geldanlagen erwirtschaftet werden, kann dann ab Mitte der 2030er-Jahre eine Ausschüttung an die Rentenversicherung stattfinden. Wichtig ist, dass für die Stabilisierung der Rentenbeiträge ausschließlich Überschüsse verwendet werden dürfen. Die Substanz, also die Zuführungen des Bundes in Form von Darlehen und Eigenmitteln, muss unter zusätzlicher Berücksichtigung eines Sicherheitspuffers erhalten bleiben. Der Kapitalstock darf durch Ausschüttung nicht schrumpfen.
Das Generationenkapital soll von einer Stiftung verwaltet und angelegt werden. Was sind die Vorteile dieses Vorgehens?
Die Lösung über die Stiftung Generationenkapital gewährleistet die Unabhängigkeit von der Politik und die klare Fokussierung auf das Ziel, Erträge zur Stabilisierung der Rentenbeiträge zu erwirtschaften. Aus diesem Grund ist die Einrichtung der Stiftung getrennt vom Bundeshaushalt vorgesehen. Die Stiftung wird folglich eigenständig und professionell arbeiten und die Mittel streng nach dem gesetzlichen Ziel, renditeorientiert und mit Blick auf möglichst gute Ergebnisse für die Rente anlegen.
Was ändert sich sonst bei der gesetzlichen Rente ab 2024?
Im Rentenpaket II ist geplant, dass die bisher bis zum Jahr 2025 geltende Haltelinie von 48 Prozent für das Rentenniveau bis zum Jahr 2039 fortgeschrieben wird. Aufgrund des zu erwartenden sinkenden Rentenniveaus nach geltendem Recht wird das Alterseinkommen der Rentnerinnen und Rentner somit höher ausfallen. Das macht eine stärker kapitalmarktbasierte Finanzierung der Rente noch dringender. Wir überarbeiten mit dem Gesetz auch die Regelungen zu den Bundeszuschüssen, die es bisher gegeben hat: Die neuen Regelungen werden klarer und verständlicher.
Welche Reformen streben Sie bei der privaten Altersvorsorge an?
Wir haben für dieses Jahr grundlegende Reformen sowohl bei der betrieblichen als auch privaten Altersvorsorge geplant. Bei der betrieblichen Altersversorgung will das BMF gemeinsam mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales ein Betriebsrentenstärkungsgesetz auf den Weg bringen. Dieses wird die betriebliche Altersvorsorge deutlich ausweiten – mit steuerlichen Verbesserungen, besseren Anlagemöglichkeiten für die Anbieter und einer stärkeren Nutzung sogenannter Sozialpartnermodelle. Bei der privaten Altersvorsorge haben wir vor, die Ergebnisse der „Fokusgruppe private Altersvorsorge“ umzusetzen. Insbesondere wollen wir ein neues Altersvorsorgeprodukt schaffen, zusätzlich zu den bestehenden Riester-Produkten: ein Altersvorsorgedepot, das Wertpapiere und Fonds einschließlich ETFs für die eigene Altersvorsorge beinhalten kann, und das zu den gleichen Bedingungen förderfähig ist wie die heutigen Riester-Produkte. Bei Letzteren muss sich übrigens niemand sorgen, dass es Vertragsänderungen gibt, denn sie werden natürlich unter Bestandschutz stehen und nur im Konsens der Vertragspartner geändert werden können. Was die Kosten, aber auch die Renditechancen angeht, wird das neue Altersvorsorgedepot ein äußerst attraktives Produkt sein. Davon versprechen wir uns, dass endlich wieder mehr Menschen privat vorsorgen.
Welche Themen sind Ihnen neben der Altersvorsorge in der zweiten Hälfte der Legislatur besonders wichtig?
Als Teil einer Wirtschaftswende werden wir die Leistungskraft der Finanz- und Kapitalmärkte vorantreiben, gerade weil der Bund und die Länder nach dem Ende der Corona-Pandemie und der Energiekrise ihre Finanzen konsolidieren müssen. Banken, Finanzdienstleister und Fonds müssen die Privatwirtschaft besser finanzieren können. Für die europäische Kapitalmarktunion haben wir gemeinsam mit Frankreich umfassende Vorschläge gemacht, beispielsweise zur Förderung von Start-ups oder zur Belebung des Verbriefungsmarkts. Ganz wichtig ist, wie die Finanzierung auch für erfolgreiche größere Start-ups, sogenannte Scale-ups, gelingt. Dabei brauchen wir vor allem auch passende Angebote für den Exit, damit Gründerinnen und Gründer, die ein Unternehmen aufgebaut haben, dieses an einen europäischen Eigentümer verkaufen können. Das ist nur eines der Themen, an denen wir arbeiten. Insgesamt werden wir uns noch viel stärker auf die Investitionsbedingungen für die Privatwirtschaft konzentrieren müssen.