Liebe Leserinnen, liebe Leser,
das Bundeskabinett hat am 21. Februar 2024 unter dem Titel „Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig stärken“ den Jahreswirtschaftsbericht 2024 einschließlich einer neuen Projektion zum Wirtschaftswachstum beschlossen. Nach den außergewöhnlichen Krisenjahren treten die strukturellen Herausforderungen immer stärker in den Vordergrund. Für dieses Jahr rechnet die Bundesregierung mit einer preisbereinigten Wachstumsrate des Bruttoinlandsprodukts von nur 0,2 Prozent. Insbesondere aber der mittelfristige Ausblick bleibt eingetrübt. Ähnlich wie der Sachverständigenrat und die Gemeinschaftsdiagnose der führenden Wirtschaftsforschungsinstitute erwartet die Bundesregierung für die Jahre bis 2028 ein jährliches Potenzialwachstum von nur noch 0,5 Prozent. Einer der Hauptgründe für die schwache Potenzialentwicklung ist der demografische Wandel. Vor allem die Alterung der Gesellschaft mit dem zunehmenden Eintritt der Babyboomergenerationen in den Ruhestand ab Mitte der 2020er-Jahre stellt den Arbeitsmarkt und die sozialen Sicherungssysteme vor große Herausforderungen.
Um diesen zu begegnen, sind Reformen in allen drei Säulen der Altersvorsorge geplant. Insbesondere wird dadurch, dass immer weniger Erwerbstätige für mehr Rentnerinnen und Rentner aufkommen müssen, die kapitalmarktbasierte Finanzierung der Rente immer dringender. Bundesfinanzminister Christian Lindner und Bundesarbeitsminister Hubertus Heil haben am 5. März 2024 gemeinsam das Rentenpaket II vorgestellt. Eines der Kernelemente ist das Generationenkapital, mit dem durch eine zusätzliche kapitalmarkt- und renditeorientierte Komponente eine Neuerung zur Finanzierung der gesetzlichen Rente eingeführt wird. Das Generationenkapital dämpft den Anstieg der Rentenbeiträge und entlastet damit die jüngeren Generationen. Der Schlaglichtartikel erläutert Ihnen in dieser Ausgabe übersichtlich die wichtigsten Punkte zum Generationenkapital. Im Interview vertieft unser Parlamentarischer Staatsekretär Dr. Florian Toncar das Thema und erklärt, weshalb Deutschland das Generationenkapital benötigt, wodurch es finanziert und wie es eingeführt wird. Darüber hinaus erläutert er, welche Reformen im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung und der privaten Altersvorsorge geplant sind.
Neben dem demografischen Wandel beschreibt der Jahreswirtschaftsbericht 2024 die geopolitische Zeitenwende, die hohe Bürokratiebelastung sowie die Dekarbonisierung als strukturelle Herausforderungen für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Die Kernaussage lautet: Für eine höhere Wachstumsdynamik in Deutschland braucht es einen neuen Schub, vor allem Entbürokratisierung, steuerliche Entlastung der Unternehmen und bessere Erwerbsanreize, um dem Arbeits- und Fachkräftemangel zu begegnen. Es geht im aktuellen Umfeld darum, eine breit ausgerichtete Angebotspolitik zu verfolgen, welche die mittel- und langfristigen Herausforderungen für Deutschland adressiert und den Ordnungsrahmen für die Wirtschaft insgesamt stärkt.
Das jüngste Treffen der G20-Finanzministerinnen und -minister sowie der Notenbankgouverneurinnen und -gouverneure stand unter der Überschrift „Building a Fair World and a Sustainable Planet“. Im Fokus dieses G20-Treffens unter brasilianischer Präsidentschaft standen die Themen Ungleichheit, Klimafinanzierung sowie die Reform multilateraler Institutionen. Üblicherweise wird im Nachgang dieser Treffen ein gemeinsames Kommuniqué veröffentlicht, was dieses Mal leider nicht möglich war. Die G20 konnte sich zwar bei allen fachlichen Fragestellungen auf gemeinsame Botschaften verständigen. Eine gemeinsame Bewertung zu den Auswirkungen der geopolitischen Konflikte auf die Weltwirtschaft konnte jedoch nicht erzielt werden. Aus deutscher Sicht hätte es hierfür einer klaren Benennung der negativen Folgen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine bedurft sowie eines Bekenntnisses, dass dies ein wichtiges Thema in der G20 bleiben wird.
Ich hoffe, dass Ihnen die Lektüre dieser Ausgabe neue Einblicke in die aktuellen Themen des BMF bietet, und wünsche Ihnen viel Freude beim Lesen.
Ihr Dr. Wolf Heinrich Reuter
Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen