Eurogruppe
Die Eurogruppe im regulären Format am 11. März befasste sich mit den makroökonomischen Entwicklungen und der Fiskalpolitik im Euroraum 2025. Der Präsident der Eurogruppe Paschal Donohoe gab zunächst einen kurzen Überblick über die aktuelle Wirtschafts- und Finanzlage im Euroraum. Im Anschluss stellte die Europäische Kommission ihre Berechnungen zur fiskalischen Ausrichtung des Euroraums im Jahr 2025 vor.
Unter Berücksichtigung des reformierten fiskalischen Regelwerks sei von einer leicht restriktiven fiskalischen Ausrichtung des Euroraums auszugehen. Die Kommission appellierte an die Mitgliedstaaten, die erforderlichen fiskalischen Anpassungen so zu gestalten, dass diese nicht zulasten von Investitionen gingen. Hinsichtlich der Umsetzung der neuen Fiskalregeln kündigte die Kommission an, die fiskalpolitischen Referenzpfade bis zum 21. Juni 2024 vorzulegen. Die Mitgliedstaaten sollen dann bis zum 20. September ihre fiskalischen Pläne vorlegen.
Der Vertreter der Europäischen Zentralbank (EZB) führte aus, dass die Indikatoren derzeit auf eine schwache Wirtschaftsaktivität im Euroraum hindeuteten, es aber einige Anzeichen gebe, dass das Wirtschaftswachstum im Jahresverlauf wieder anziehe. Man gehe derzeit von einer Wachstumsrate von 0,6 Prozent im Jahr 2024 aus. Die Inflationsraten seien nach wie vor erhöht, derzeit werde eine Gesamtinflationsrate von 2,3 Prozent beziehungsweise Kerninflationsrate von 2,6 Prozent für 2024 prognostiziert. Zudem verwies die EZB auf den Beschluss des EZB-Rats vom 7. März 2024, die drei Leitzinssätze unverändert zu lassen. Der Vertreter des Europäischen Stabilitätsmechanismus betonte, dass die geplante Erklärung der Eurogruppe zur fiskalischen Ausrichtung wichtig für die Märkte sei, um die Erwartungen der Marktteilnehmer zu festigen.
Abschließend hat die Eurogruppe ihre Erklärung zur Ausrichtung der Fiskalpolitik für das Jahr 2025 verabschiedet. Inhalte der Erklärung sind u. a. das Befürworten einer moderat restriktiven Fiskalpolitik im Euroraum im Jahr 2025 und das Bekenntnis zu einer konsistenten und zügigen Umsetzung des reformierten fiskalischen Regelwerks. Die Erklärung soll bei der Aufstellung der nationalen Haushaltspläne für das kommende Jahr als Orientierung dienen.
Bei der Eurogruppe im inklusiven Format haben sich die Ministerinnen und Minister nach intensiven Vorarbeiten in den vergangenen Monaten auf eine Erklärung zur Zukunft der Kapitalmarktunion geeinigt. In der Erklärung wird die Notwendigkeit schneller Fortschritte zur Vertiefung der Kapitalmarktunion betont und es werden insgesamt 13 prioritäre Maßnahmenfelder in den Bereichen Architektur der Kapitalmarktunion (u. a. Aufsicht, Verbriefungen, Konvergenz der nationalen Insolvenzrahmen), Unternehmen (u. a. Stärkung der Finanzierungsmöglichkeiten mit Eigenkapital) und Bürgerinnen und Bürger (u. a. Finanzbildung, kapitalgedeckte Altersvorsorge) benannt. Zudem wird sich darin sich zum weiteren Prozess geäußert. Die Erklärung soll für die kommende Legislaturperiode als Input dienen.
Der Präsident der Eurogruppe Paschal Donohoe betonte, dass mit der Erklärung ein bedeutsamer Schritt erreicht worden sei. Die Ministerinnen und Minister aller EU-Mitgliedstaaten hätten mit dieser Erklärung ihre klare Absicht unterstrichen, rasche Fortschritte zur Stärkung der Kapitalmarktunion zu erzielen.
Die Aussprache konzentrierte sich auf das nach wie vor unter den Mitgliedstaaten kontrovers diskutierte Thema der weiteren Arbeiten im Bereich der Kapitalmarktaufsicht. Mehrere Mitgliedstaaten äußerten, dass sie sich ambitionierte Formulierungen in Richtung einer stärkeren Integration gewünscht hätten. Andere Mitgliedstaaten hielten die gewählte Stoßrichtung einer Stärkung der aufsichtlichen Konvergenz für angemessen. Der deutsche Sitzungsvertreter begrüßte, dass die Eurogruppe mit der Erklärung auch im Bereich der Kapitalmarktaufsicht einen Kompromiss erreicht habe. Die Erklärung sei als Startpunkt für die nun folgenden weiteren Arbeiten zu sehen.
Es bestand Einigkeit darüber, dass die Kapitalmarktunion weiterhin einen wichtigen Fokus der Eurogruppe im inklusiven Format darstellen werde. Unter anderem wird die Eurogruppe eine regelmäßige Bestandsaufnahme der Performance der Europäischen Kapitalmärkte durchführen.
Hinsichtlich der Vorbereitung des März-Eurogipfels erläuterte der Präsident der Eurogruppe Paschal Donohoe, dass er die nun finalisierte Erklärung zur Zukunft der Kapitalmarktunion beim kommenden Eurogipfel am 21./22. März 2024 den Staats- und Regierungschefs vorlegen werde. Zudem kündigte er an, wie üblich einen Brief an den Präsidenten des Europäischen Rats Charles Michel zu aktuellen Themen zu schreiben. Schwerpunkte des Briefs seien neben der Kapitalmarktunion die Erklärung zur fiskalpolitischen Ausrichtung 2025, die Arbeiten der Eurogruppe zur Wettbewerbsfähigkeit sowie zum Monitoring von Mitgliedstaaten, die sich auf den Eurozonenbeitritt vorbereiten.
ECOFIN
Beim ECOFIN-Rat am 12. März fand auf Einladung der belgischen Ratspräsidentschaft zunächst eine gemeinsame Sitzung mit den Arbeits- und Sozialministerinnen und -ministern im Rat für Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Verbraucherschutz (EPSCO-Rat) zum Thema soziale Investitionen und Reformen für resiliente Volkswirtschaften statt. Dabei setzte die belgische Ratspräsidentschaft den Schwerpunkt insbesondere auf das Zusammenspiel von Sozialreformen, Investitionen und Wirtschaftswachstum sowie auf die Zusammenarbeit zwischen den beiden Ratsformationen.
Für Deutschland nahmen der Bundesminister für Arbeit und Soziales Hubertus Heil und Finanzstaatssekretär Heiko Thoms an der Sitzung teil. Bundesminister Hubertus Heil begrüßte, dass die beiden Ratsformationen gemeinsam tagten. Er betonte, dass das europäische Modell der sozialen Marktwirtschaft voraussetze, dass die Politikbereiche beider Ratsformationen ineinandergriffen. Drei Bereiche seien hervorzuheben. Wichtig sei erstens die Bekämpfung des Fachkräftemangels, z. B. durch Weiterbildung. Dies sei auch essenziell für die Steigerung der Produktivität. Zentral sei auch die Stärkung der Resilienz der sozialen Sicherungssysteme, wie dies in der Krise in Deutschland z. B. durch das Kurzarbeitergeld gelungen sei. Zudem seien faire Löhne bedeutsam. Staatssekretär Heiko Thoms begrüßte, dass die belgische Ratspräsidentschaft die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit als wichtige Priorität ansehe. Während vor allem die Mitgliedstaaten verantwortlich für die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit ihrer Volkswirtschaften seien, müssten auch auf EU-Ebene die richtigen Weichen gestellt werden. So sei z. B. ein starker Binnenmarkt zentral. Reformen und Investitionen könnten Synergien zur Stärkung des Wachstumspotenzials generieren. Aus diesem Grund berücksichtigten europäische Initiativen, wie die Aufbau- und Resilienzfazilität (Recovery and Resilience Facility, RRF)und jüngst die neuen Fiskalregeln, Reformen und Investitionen gemeinsam. Staatssekretär Heiko Thoms verwies auf die gut etablierte Kooperation der ECOFIN- und EPSCO-Ratsformationen im Rahmen des Europäischen Semesters.
Von vielen Mitgliedstaaten wurden insbesondere seitens der EPSCO-Mitglieder anhand von nationalen Beispielen zentrale Bereiche aktueller Politikmaßnahmen benannt. Dazu zählten vor allem Bildung, faire Löhne, eine höhere Arbeitsmarktbeteiligung von Frauen und benachteiligten Gruppen und das Zusammenspiel von Investitionen und Reformen. Insbesondere aus dem Kreis der ECOFIN-Mitglieder wurde von einer Gruppe von Mitgliedstaaten auf die Notwendigkeit einer Steigerung der Effizienz der öffentlichen Ausgaben und solider öffentlicher Finanzen zur Schaffung von Haushaltsspielräumen für soziale Ausgaben verwiesen.
Im öffentlichen Teil der ECOFIN-Tagung hat die belgische Ratspräsidentschaft die ECOFIN-Ministerinnen und ‑Minister über die aktuellen Gesetzgebungsvorschläge im Finanzdienstleistungsbereich informiert.
Der anschließende Tagesordnungspunkt betraf den aktuellen Umsetzungsstand der RRF. Die belgische Ratspräsidentschaft erläuterte, dass nach aktuellem Stand 225 Mrd. Euro aus der RRF ausgezahlt und dass – gemessen an der Anzahl – 75 Prozent von den Meilensteinen und Zielen erreicht worden seien, die planmäßig bis Ende 2023 abgeschlossen werden sollten. Für die ECOFIN-Sitzung im April sei eine Diskussion zu der am 22. Februar 2024 von der Europäischen Kommission vorgelegten Halbzeitbewertung der RRF mit anschließender Verabschiedung von Ratsschlussfolgerungen geplant.
Die Europäische Kommission ergänzte, dass durch eine fristgerechte Überprüfung aller Aufbau- und Resilienzpläne bis Ende 2023 eine Vorfinanzierung von 10,4 Mrd. Euro ermöglicht worden sei. Die letzte Auszahlung sei am 1. März 2024 an Finnland erfolgt. Es befänden sich 18 Auszahlungsanträge in Bearbeitung. Für das Frühjahr rechnet die Europäische Kommission daher mit Auszahlungen von rund 41 Mrd. Euro. Die Kommission ziehe insgesamt eine positive Zwischenbilanz der RRF, da diese als neues leistungsbasiertes Instrument schnelle Ergebnisse geliefert habe. Es gelte nun, die Umsetzungsanstrengungen zügig zu intensivieren. Die Kommission werde aber auch mögliche Verbesserungsmaßnahmen prüfen.
Die EZB wies auf das geringe Investitionswachstum in der Europäischen Union – u. a. im Vergleich zu den USA – und mögliche Ursachen hin. Sie kündigte eine Analyse zu den makroökonomischen Auswirkungen und dem Einfluss von NextGenerationEU an.
In der Aussprache äußerten sich viele Mitgliedstaaten grundsätzlich optimistisch, warnten aber zugleich vor vorschnellen Schlüssen aus der Halbzeitbewertung. Einige Mitgliedstaaten hoben die Bedeutung des Instruments auch mit Blick auf die digitale und grüne Transformation hervor. Als kritischer Punkt wurde vor allem der hohe Verwaltungsaufwand genannt. Zudem äußerten einige Mitgliedstaaten, dass mögliche negative Auswirkungen, wie u. a. zusätzliche Schulden beziehungsweise eine mögliche Verdrängung privater Investitionen, und ein nur geringer Anstieg der öffentlichen Investitionen in der Halbzeitbewertung zu wenig betrachtet worden seien. Eine Gruppe von Mitgliedstaaten betonte, dass es sich bei der RRF um ein einmaliges Instrument handele und man weiteren gemeinsamen Kreditaufnahmen und Folgeinstrumenten nach Vorbild der RRF kritisch gegenüberstehe.
Danach fand ein Austausch zu den wirtschaftlichen und finanziellen Folgen des Kriegs in der Ukraine statt. Die belgische Ratspräsidentschaft und die Europäische Kommission berichteten eingangs über die aktuellen Entwicklungen seit der vorangegangenen formalen ECOFIN-Tagung. Hinsichtlich der Finanzierungsfragen sei mit der Ukraine-Fazilität nun in den nächsten vier Jahren eine verlässliche Finanzierung für die Ukraine von insgesamt 50 Mrd. Euro sichergestellt. Eine Brückenfinanzierung beginne bereits in der kommenden Woche. Im Jahr 2024 würden die Unterstützungsleistungen bis zu 15,9 Mrd. Euro betragen. Die entsprechende Ad-hoc-Arbeitsgruppe werde dem Rat für allgemeine Angelegenheiten und dem ECOFIN-Rat regelmäßig berichten. Bezüglich der Finanzierung durch internationale Partner betrachte man die Situation in den USA mit Sorge.
Hinsichtlich der Windfall Profits aus russischen Vermögenswerten, die in Europa eingefroren sind, seien Fortschritte erzielt worden. Der Durchführungsbeschluss des Rats und die Verordnung zur Einfrierung der Windfall Profits seien in Kraft getreten. Die Kommission bereite nun einen Vorschlag für den zweiten Schritt (Step-2) vor, der die Nutzung der Gewinne und die Übertragung an den EU-Haushalt umfasst. Auf G7-Ebene werde weiterhin über die Nutzung der eingefrorenen russischen Vermögenswerte selbst diskutiert, insbesondere die USA forderten dies stark ein. Hier sei weiterhin ein rechtlich belastbares und finanzpolitisch solides Vorgehen wichtig.
In der Aussprache betonten die Mitgliedstaaten die Bedeutsamkeit der Ukraine-Fazilität und der nun anlaufenden Brückenfinanzierung. Einige Mitgliedstaaten forderten hinsichtlich der möglichen künftigen Finanzierungslücke der Ukraine durch verringerte internationale Unterstützung die vorsorgliche Entwicklung eines Alternativplans. Die Europäische Investitionsbank gab eine Einschätzung zu den aktuellen Herausforderungen bei der Umsetzung von Investitionen und dem Wiederaufbau in der Ukraine.
Wie viele andere der wortnehmenden Mitgliedstaaten begrüßte der deutsche Sitzungsvertreter die baldige Vorlage des Kommissionvorschlags zu Step-2 und verwies auch auf die noch offenen Fragen, die hoffentlich zeitnah geklärt werden könnten. Die EZB benannte vier Problemfelder, die bei der Diskussion zu berücksichtigen seien. Diese beträfen die Frage nach der Einhaltung des internationalen Rechts, die Aufnahme einer solchen Entscheidung von Reservehaltern, mögliche russische Vergeltungsmaßnahmen und die Finanzstabilität.
Anschließend berichteten die belgische Ratspräsidentschaft und die Europäische Kommission kurz von den Ergebnissen des G20-Treffens der Finanzministerinnen und Finanzminister und Notenbankgouverneurinnen und Notenbankgouverneure vom 26. bis 29. Februar in São Paulo, Brasilien. Schwerpunktthemen der Diskussionen seien Ungleichheit, Weltwirtschaft, Besteuerung und Schuldenarchitektur gewesen. Aufgrund der schwierigen Diskussionen zur Geopolitik sei keine gemeinsame Sprache zum russischen Angriffskrieg und zur Situation in Gaza gefunden worden. Deswegen sei kein gemeinsames Kommuniqué zustande gekommen.
Zudem hat der ECOFIN-Rat die Empfehlungen zur EU-Haushaltsentlastung 2022 angenommen. Gegen die Empfehlung hatten Dänemark, die Niederlande, Schweden, Finnland und Österreich gestimmt und wie im Vorjahr eine gemeinsame Erklärung abgegeben. In dieser legen sie dar, dass die vom Europäischen Rechnungshof festgestellten Defizite in der Empfehlung nicht ausreichend kritisch thematisiert worden seien. So habe der Europäische Rechnungshof erneut das Prüfungsurteil zur Recht- und Ordnungsmäßigkeit der Ausgaben versagt. Die Europäische Kommission betonte, dass die Empfehlungen des Rechnungshofs sehr ernst genommen würden und die Kommission stetig weiter an Verbesserungen arbeite. Abzuwägen sei aber auch ein angemessenes Gleichgewicht zwischen der Effizienz des Haushaltsvollzugs und einer Minimierung der Fehlerquote.
Danach hat der ECOFIN-Rat Schlussfolgerungen zu den EU-Haushaltsleitlinien für 2025 verabschiedet. In diesen benennt der Rat seine Erwartungen an die Europäische Kommission an den EU-Haushalt 2025 und für das Haushaltsaufstellungsverfahren. Zahlen oder konkrete Mitteileinsätze sind nicht Gegenstand der Haushaltsleitlinien. Diese werden erst auf Grundlage des Haushaltsentwurfs diskutiert, den die Europäische Kommission im Juni 2024 vorlegen wird. Die Kommission kündigte an, dass der Zeitplan für das Haushaltsverfahren 2025 im Rahmen des Haushaltstrilogs am 9. April 2024 festgelegt werde.
Abschließend berichtete die Europäische Kommission über den Stand der Implementierung von Rechtsvorschriften im Finanzdienstleistungsbereich.