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BMF-Monatsbericht Mai 2024

Inhalt

Deutsches Stabilitätsprogramm 2024: Finanzpolitik zur Stärkung von Wirtschaftswachstum und tragfähigen Staatsfinanzen

24.05.2024
  • Das Bundeskabinett hat am 24. April 2024 das Deutsche Stabilitätsprogramm 2024 beschlossen. Das Stabilitätsprogramm zeigt: Die Rückkehr in die finanzpolitische Normalität gelingt trotz großer Herausforderungen. Ausdruck dieser Normalität ist die Einhaltung der regulären Kreditobergrenze der Schuldenbremse, die schrittweise Rückkehr auf den Ausgabenpfad auf das Niveau vor den Krisen und der Wiederaufbau fiskalischer Puffer.
  • Mit soliden Staatsfinanzen bekräftigt Deutschland seine Rolle als Stabilitätsanker der Europäischen Union. In der aktuellen Projektion der Staatsfinanzen wird der gesamtstaatliche Finanzierungssaldo für das Jahr 2024 auf rund -1 ¾ Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) geschätzt. Bis zum Jahr 2025 dürfte das gesamtstaatliche Finanzierungsdefizit als Ergebnis einer strukturellen Konsolidierung schrittweise auf rund 1 Prozent des BIP zurückgehen.
  • Die gesamtstaatliche Maastricht-Schuldenstandsquote würde der Projektion zufolge ab dem kommenden Jahr laut Projektion schrittweise auf 62 Prozent des BIP im Jahr 2028 zurückgehen.
  • Nach der Bewältigung der sich überlagernden Krisen treten zwei strategische Grundpfeiler der Finanzpolitik in den Vordergrund: erstens eine effiziente, vorausschauende und an der Tragfähigkeit der Staatsfinanzen orientierte Politik fiskalischer Resilienz und zweitens eine breit angelegte Angebotspolitik für ein selbsttragendes Wirtschaftswachstum. Hierfür sind weitere Schritte zur Dynamisierung der Wirtschaft und zur Erhöhung der Ziel- und Wirkungsorientierung der öffentlichen Haushalte notwendig.

Einleitung

Das Bundeskabinett hat am 24. April 2024 das Deutsche Stabilitätsprogramm 2024 beschlossen, in dem das BMF über die Entwicklung des gesamtstaatlichen Haushalts sowie die Zielsetzung der deutschen Finanzpolitik berichtet. Im Anschluss an die Kabinettsitzung wurde das Stabilitätsprogramm gemäß den zu diesem Zeitpunkt gültigen Vorgaben des Stabilitäts- und Wachstumspakts (SWP) fristgerecht an die Europäische Kommission und den Ministerrat übersandt. Das Programm enthält eine Projektion der wichtigsten finanzpolitischen Kennzahlen sowie eine Erläuterung der wichtigsten finanzpolitischen Maßnahmen. Am 30. April 2024 sind die Rechtstexte des reformierten SWP in Kraft getreten. Nach den Vorgaben des reformierten SWP werden die Mitgliedstaaten künftig in Form mittelfristiger finanzpolitisch-struktureller Pläne (FSP) sowie jährlicher Fortschrittsberichte ihre Finanz- und Wirtschaftspolitik darlegen. Die Bundesregierung wird daher mit der Einreichung des FSP in diesem Jahr nochmals umfassend über die deutsche Finanzpolitik berichten.

Die finanzpolitische Ausgangslage zu Beginn des Jahres 2024 ist von den noch anhaltenden makroökonomischen Auswirkungen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine sowie zunehmend großen strukturellen Herausforderungen der deutschen Volkswirtschaft in mittlerer und langer Frist gekennzeichnet. Diese Herausforderungen zeigen sich in der projizierten gesamtwirtschaftlichen Entwicklung für das Jahr 2024 und die Folgejahre. Der demografische Wandel, die Dekarbonisierung, geringe Produktivitätszuwächse auch aufgrund noch unzureichender Nutzung der Potenziale der Digitalisierung und strukturelle Veränderungen des Welthandels infolge der geopolitischen Zeitenwende können das Wachstum dämpfen und zugleich Preisdruck erzeugen. Um diese Herausforderungen erfolgreich bewältigen zu können, verfolgt die Bundesregierung eine umfassende Angebotspolitik, die auf eine Erhöhung des Wachstumspotenzials abzielt. Dies kann im aktuellen von Knappheiten (z. B. auch Fachkräfteengpässen) gekennzeichneten gesamtwirtschaftlichen Umfeld insbesondere durch eine Steigerung der Arbeits- und Investitionsanreize sowie Produktivität erreicht werden.

Eine erfolgreiche Angebotspolitik bedarf dabei, neben Maßnahmen zur Stärkung des Arbeitsangebots und der Qualifikationen, insbesondere auch der Mobilisierung privatwirtschaftlicher Investitionen. Daher hat sich die Bundesregierung das Ziel gesetzt, ein innovationsfreundliches Umfeld mit wettbewerbsfähigem Steuersystem, einem modernisierten Staat und beschleunigten Planungs- und Genehmigungsverfahren zu gewährleisten. Die Bundesregierung hat mit dem Zukunftsfinanzierungsgesetz, dem Wachstumschancengesetz und dem Strompreispaket bereits wichtige Impulse einer effektiven Angebotspolitik gesetzt. Anknüpfend an die angebotspolitische Agenda, die umfassend im Jahreswirtschaftsbericht 2024 der Bundesregierung dargelegt wird, werden weitere Maßnahmen zur Dynamisierung der Wirtschaft erforderlich sein, um den rückläufigen Trend des Potenzialwachstums angesichts der großen strukturellen Herausforderungen umzukehren.

Die Wahrung der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen ist ein strategisches Ziel der deutschen Finanzpolitik. Um die Handlungsfähigkeit in künftigen Krisen und angesichts der großen mittel- und langfristigen Herausforderungen für die deutsche Volkswirtschaft zu sichern, markiert das Stabilitätsprogramm 2024 die finanzpolitische Normalisierung. Die Einhaltung der regulären Kreditobergrenze der deutschen Schuldenbremse auch im Jahr 2024 ist ein wichtiges Signal für die Verlässlichkeit sowie die Solidität der deutschen Finanzpolitik. Auch danach wird der Kurs der konsequenten quantitativen Konsolidierung fortgesetzt und durch eine zunehmende qualitative Konsolidierung sowie durch mehr Effizienz und Wirkungsorientierung öffentlicher Ausgaben ergänzt. Dadurch wird die finanzpolitische Handlungsfähigkeit für die Zukunft gesichert und die Fortsetzung des mit rund 53 Mrd. Euro sehr hohen Niveaus investiver Ausgaben im Bundeshaushalt 2024 ohne Sondereffekte ermöglicht. Die Bundesregierung setzt ihren Kurs der Investitionen in ein modernes, digitales und klimaneutrales Deutschland fort, verfolgt konsequent den Weg zur Stärkung der Gesamtverteidigungsfähigkeit und stärkt mit einer effizienten und vorausschauenden Finanzpolitik die Tragfähigkeit der Staatsfinanzen als wesentliche Grundvoraussetzung für das Vertrauen von Bürgerinnen und Bürgern sowie Unternehmen in die Handlungsfähigkeit des Staats.

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Entwicklung der Staatsfinanzen

Entwicklung des Finanzierungssaldos

Der Finanzierungssaldo im Jahr 2024 dürfte sich auf -1 ¾ Prozent des BIP verbessern, nach -2,5 Prozent des BIP im Jahr 2023. Das Entfallen von Krisenmaßnahmen – insbesondere des Wirtschaftsstabilisierungsfonds – ist hierbei maßgeblich und führt zum projizierten Abbau des Defizits gemäß den länderspezifischen Empfehlungen der Europäischen Kommission. Gedämpft wird der Defizitabbau durch höhere Defizite beim Klima- und Transformationsfonds (KTF) und dem Sondervermögen Bundeswehr (SV Bundeswehr). Im Jahr 2025 fällt das Defizit gemäß Projektion weiter auf 1 Prozent des BIP, u. a. aufgrund der technischen Annahme eines reduzierten Defizits beim KTF. Am Ende des Projektionszeitraums liegt das Defizit bei 1 Prozent des BIP, die Anstiege in den Jahren 2026 und 2027 gehen insbesondere auf die Sozialversicherungen zurück.

Finanzierungssalden nach staatlichen Ebenen
in Prozent des BIP
 202320242025202620272028

Bund

-2,3-1¼

Länder

-0,20

Gemeinden

-0,3

Sozialversicherung

0,200
Staat insgesamt-2,5-1¾-1-1¼-1½-1

Grundlagen der Projektion
Die im Stabilitätsprogramm enthaltene Projektion der Haushaltsentwicklung aller staatlichen Ebenen (Stichtag der Projektion: 28. März 2024) beruht auf dem Bundeshaushalt 2024 vom 12. Februar 2024, der Finanzplanung bis 2027 vom 5. Juli 2023, der Jahresprojektion der Bundesregierung zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung vom 21. Februar 2024, den Ergebnissen des Arbeitskreises „Steuerschätzungen“ vom 26. Oktober 2023, technisch angepasst auf Basis der Jahresprojektion, sowie einer auf Basis der Ist-Ergebnisse 2023 und der Jahresprojektion aktualisierten Schätzung der Haushaltsentwicklung von Ländern, Gemeinden und Sozialversicherungen. Die Schätzung des Jahres 2028 erfolgte, indem beim Bund das Jahr 2027 in Analogie zum haushälterischen Vorgehen übernommen („überrollt“) wurde. Beim KTF wurden technische Annahmen zur Anpassung des Wirtschaftsplans an die reduzierten Rücklagen infolge des BVerfG-Urteils vom 15. November 2023 getroffen.

Entwicklung der strukturellen Indikatoren

Der staatliche Finanzierungssaldo wird von der Finanzpolitik in erster Linie durch die Haushaltspolitik über die Gestaltung von Einnahmen und Ausgaben beeinflusst. Daneben wirkt jedoch eine Reihe konjunktureller und außergewöhnlicher Faktoren, die zu großen Teilen außerhalb der direkten Kontrolle der Regierungen liegen. Um die Finanzpolitik bereinigt um diese Faktoren zu bewerten, werden daher im europäischen Haushaltsüberwachungsverfahren strukturelle Indikatoren betrachtet. Der strukturelle Finanzierungssaldo ist der um Einmaleffekte und um die konjunkturelle Komponente bereinigte Saldo.

Der strukturelle Finanzierungssaldo betrug im Jahr 2023 2,0 Prozent des BIP. In den Jahren 2024 und 2025 würde sich der strukturelle Saldo der Projektion des Stabilitätsprogramms zufolge im Einklang mit der strategischen Ausrichtung der deutschen Finanzpolitik schrittweise verbessern. Die projizierte Verbesserung entspricht einer moderat restriktiven Finanzpolitik und damit den europäischen Empfehlungen. In den Jahren 2026 und 2027 ergäben sich insbesondere bei den Sozialversicherungen leichte strukturelle Verschlechterungen. Das mittelfristige Haushaltsziel für den strukturellen Saldo – aus den bis zum 30. April 2024 gültigen Regelungen des SWP – von -0,5 Prozent des BIP würde im Projektionszeitraum nicht erreicht. In den Jahren 2024 und 2025 wird aber der übliche Richtwert des bisherigen SWP bezüglich des Abbaus des strukturellen Defizits von 0,5 Prozentpunkten pro Jahr erreicht.

Struktureller Finanzierungssaldo im Vergleich zum tatsächlichen Finanzierungssaldo
in Prozent des BIP
 202320242025202620272028
Struktureller Finanzierungssaldo-2-1¼-1-1¼-1
Tatsächlicher Finanzierungssaldo-2,5-1¾-1-1¼-1½-1

Entwicklung des Schuldenstands relativ zum BIP

In den Jahren 2013 bis 2019 ging die Schuldenstandsquote (Maastricht-Bruttoschuldenstand relativ zum BIP) kontinuierlich zurück. Zum Ende des Jahres 2019 betrug sie 59,6 Prozent (s. a. Abbildung „Entwicklung der Maastricht-Schuldenstandsquote von 2008 bis 2028“). Damit wurde der Referenzwert des Maastricht-Vertrags von 60 Prozent erstmals seit dem Jahr 2002 wieder unterschritten. Der Rückgang der Schuldenstandsquote in den Jahren vor der Corona-Pandemie und dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine hat dazu beigetragen, auf die Herausforderungen der hierdurch verursachten Krisen entschlossen und kraftvoll reagieren zu können, ohne die Tragfähigkeit der Staatsfinanzen zu gefährden. Infolge der Maßnahmen zur Bewältigung der Pandemie erreichte die Schuldenstandsquote ihren zwischenzeitlichen Höchststand von 69,3 Prozent zum Ende des Jahres 2021. Schon im darauffolgenden Jahr 2022 sank sie trotz eines gesamtstaatlichen Finanzierungsdefizits aufgrund des hohen nominalen BIP-Zuwachses deutlich auf 66,1 Prozent.

Abbildung: Entwicklung derMaastricht-Schuldenstandsquote von 2008 bis 2028 (mehr in der Langbeschreibung) BildVergroessern
Quelle:  bis 2023 Deutsche Bundesbank, ab 2024 Projektion Bundesministerium der Finanzen

Dieser Trend hat sich im Jahr 2023 mit einem weiteren deutlichen Rückgang der Schuldenstandsquote auf 63,6 Prozent fortgesetzt. Ursächlich waren im Wesentlichen drei Effekte: Zum einen überstieg die Kreditaufnahme am Kapitalmarkt im Vorjahr 2022 aufgrund der unsicheren Haushaltssituation den kassenmäßigen Bedarf, was die Neuverschuldung im Jahr 2023 verminderte; zum anderen verringerte der hohe nominale BIP-Zuwachs im Jahr 2023 für sich betrachtet die Schuldenstandsquote deutlich. Schließlich war eine geringere Schuldenaufnahme möglich, weil Darlehensmittel zurückflossen, die zuvor zur Stützung von Energieversorgungsunternehmen und zur Stabilisierung in der Corona-Pandemie aufgenommen worden waren.

Die Schuldenstandsquote wird laut Projektion im laufenden Jahr zunächst leicht auf rund 64 Prozent des BIP ansteigen. Ab dem Jahr 2025 nimmt die erwartete Schuldenstandsquote dann wieder ab; am Ende des Projektionszeitraums im Jahr 2028 liegt sie bei rund 62 Prozent des BIP. Die projizierte Entwicklung der Maastricht-Schuldenstandsquote verdeutlicht eine umsichtige Finanzpolitik und das Ziel, fiskalische Resilienz zu wahren, fiskalische Puffer aufzubauen und die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu stärken.

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Strategische Ausrichtung der Finanzpolitik der Bundesregierung

Der deutschen Finanzpolitik im Jahr 2024 und in den Folgejahren liegt die grundsätzliche strategische Ausrichtung zugrunde, die in der der finanzpolitischen Strategie des BMF1 und der Aktualisierung des Stabilitätsprogramms im Jahr 2023 umfassend dargelegt wurde. Demzufolge ist die deutsche Finanzpolitik nach den Jahren fiskalischer Ausnahmesituationen durch zwei übergeordnete strategische Ziele geprägt, die auch auf europäischer Ebene als Empfehlungen für die Haushaltspolitik und für nachhaltiges Wachstum formuliert wurden: erstens eine effiziente, vorausschauende und an der Tragfähigkeit der Staatsfinanzen orientierte Politik fiskalischer Resilienz und zweitens eine umfassende und gezielte Angebotspolitik zur Stärkung des mittelfristigen Wachstumspotenzials.

Aus diesen strategischen Leitlinien folgt für die mittelfristige Ausrichtung der deutschen Finanzpolitik eine fortlaufende Priorisierung von Ausgaben und die Fokussierung auf die Wirksamkeit des Einsatzes staatlicher Finanzmittel im Sinne einer Ergänzung der quantitativen Konsolidierung um eine qualitative Konsolidierung des Bundeshaushalts. Mit der im geltenden Finanzplan bis zum Jahr 2027 vorgesehenen Rückkehr zum Ausgabenpfad ab dem Jahr 2025 auf das Niveau vor den Krisen und der Einhaltung der regulären Kreditobergrenze der nationalen Schuldenbremse auch in den Folgejahren wird die Bundesregierung einen wichtigen und notwendigen Beitrag leisten, um die finanzpolitische Handlungsfähigkeit angesichts steigender Ausgabenbedarfe im Zuge des demografischen Wandels, der erforderlichen Reaktion auf die veränderten geopolitischen Realitäten sowie höherer Kosten der öffentlichen Verschuldung zu wahren. Damit wirkt die Bundesregierung einer „Versteinerung“ der Ausgaben aus dem Bundeshaushalt entgegen.

Fiskalische Resilienz

Die reguläre Kreditobergrenze der Schuldenbremse als ein zentrales Element der deutschen Finanzpolitik sichert die die Rückführung der Schuldenstandsquote und somit den Aufbau von Risikopuffern für zukünftige Krisen, stärkt die glaubwürdige Einhaltung der intertemporalen Budgetrestriktion des Staats und damit die Tragfähigkeit der deutschen Staatsfinanzen. Die Schuldenbremse macht Zielkonflikte und Kosten vermehrter Zukunftsausgaben über Aushandlungsprozesse transparent und bietet eine Absicherung des Vertrauens der Finanzmärkte in die höchste Bonität des deutschen Staates und Versicherung gegen ungünstige Entwicklungen.

Angesichts struktureller Herausforderungen für die deutsche Volkswirtschaft, wie die Dekarbonisierung, des demografischen Wandels, des niedrigen Produktivitätswachstums – auch aufgrund einer noch unzureichenden Nutzung der Potenziale der Digitalisierung – und geopolitischer Risiken, räumt die Bundesregierung Investitionen in die Modernisierung der deutschen Volkswirtschaft Vorrang ein. Mit dem Bundeshaushalt 2024 und der im Juli 2023 beschlossenen Finanzplanung bis zum Jahr 2027 verstetigt die Bundesregierung das hohe Niveau investiver Ausgaben zur Initiierung privater Investitionen jeweils insbesondere in den Bereichen Dekarbonisierung, Digitalisierung und Aufbau einer resilienten Energieinfrastruktur. Gleichzeitig setzt die Bundesregierung in Reaktion auf die sicherheitspolitische Zeitenwende die in den vergangenen Jahren initiierten Investitionen in die Wehrhaftigkeit für eine effektive Landes- und Bündnisverteidigung fort. Hierzu trägt insbesondere auch das im Jahr 2022 mit bis zu 100 Mrd. Euro eingerichtete SV Bundeswehr bei.

Umfassende Angebotspolitik

Das zweite strategische Ziel der deutschen Finanzpolitik ist die Steigerung des Potenzialwachstums durch eine Dynamisierung der Wirtschaft mithilfe der allokativen und produktiven Kräfte des Markts. Ein höheres Wirtschaftswachstum kann im aktuellen, durch reale Knappheiten gekennzeichneten gesamtwirtschaftlichen Umfeld durch eine Steigerung des gesamtwirtschaftlichen Angebots und insbesondere durch eine Erhöhung der Produktivität erreicht werden. Für dieses Ziel setzt die Bundesregierung auf eine umfassende Angebotspolitik, die auch die Transformation stärkt. Eine erfolgreiche Angebotspolitik bedarf insbesondere auch der finanzpolitischen Mobilisierung privater Investitionen. Für das Ausmaß der erforderlichen Mobilisierung gilt es neben der Bereitstellung finanzieller Mittel zur Aktivierung insbesondere privater Investitionen vor allem, attraktive Rahmenbedingungen für Unternehmen zu setzen und eine moderne öffentliche Infrastruktur bereitzustellen, Unsicherheit gezielt zu reduzieren und den Wirtschaftsstandort Deutschland insgesamt zu stärken.

Daher hat sich die Bundesregierung das Ziel gesetzt, ein innovationsfreundliches Umfeld mit wettbewerbsfähigem Steuersystem, modernem Staat und beschleunigten Verfahren zu gewährleisten. In diesen Bereichen nimmt die Bundesregierung ambitionierte Strukturreformen vor, welche die Rahmenbedingungen für Gründungen, Investitionen und Innovation verbessern werden. Die Bundesregierung setzt auf vielfältige angebotspolitische Impulse und hat bereits erste wichtige Maßnahmen einer umfassenden Angebotspolitik umgesetzt. Mit dem Zukunftsfinanzierungsgesetz stärkt die Bundesregierung die Verfügbarkeit privaten Kapitals für Investitionen und insbesondere den Zugang junger Unternehmen und Start-ups zu Wagniskapital. Das Wachstumschancengesetz verbessert die Rahmenbedingungen für Investitionen und Innovationen durch gezielte steuerliche Anreize, u. a. durch einen verbesserten Verlustabzug und die Ausweitung der Forschungszulage, stärkt die Liquiditätssituation von Unternehmen, vereinfacht das Steuersystem und entlastet Unternehmen von bürokratischen Anforderungen.

Die Bundesregierung wird zur Dynamisierung der Wirtschaft den Abbau überflüssiger Bürokratie mit zahlreichen Maßnahmen weiter vorantreiben. Dabei soll einerseits bestehende Bürokratie reduziert und neue vermieden werden, andererseits wird auch die Verwaltung agiler und digitaler aufgestellt. Als ein wichtiger Schritt zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für Unternehmen verfolgt die Bundesregierung das Ziel, die Dauer von Planungs- und Genehmigungsverfahren in Deutschland zu verkürzen und die Verfügbarkeit gut ausgebildeter Arbeitskräfte durch Aus- und Weiterbildung zu fördern. Letzteres wird mit dem Gesetz zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung unterstützt. In diesem Bereich hat die Bundesregierung zudem mit einem Gesetz und einer Verordnung zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung die qualifizierte Erwerbseinwanderung aus Nicht-EU-Ländern erheblich erleichtert. Mit diesen Maßnahmen erhöht die Bundesregierung die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Deutschland, fördert die Dynamik des Produktivitätswachstums und stellt so die Weichen für ein starkes und anhaltendes Wirtschaftswachstum durch kontinuierliche Stärkung der Produktionsfaktoren.

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Fazit

Das Deutsche Stabilitätsprogramm 2024 zeigt: Die deutsche Finanzpolitik hat das Auslaufen der Unterstützungsmaßnahmen in der Energiekrise zur Rückführung des Defizits genutzt und verfolgt einen moderat restriktiven Kurs. Dies trägt auch dazu bei, die Erfolge der Geldpolitik bei der Bekämpfung der Inflation nicht zu gefährden. Damit folgt die Bundesregierung den europäischen Empfehlungen zur Finanzpolitik. Die Rückführung der Schuldenstandsquote entspricht einer umsichtigen Finanzpolitik mit dem Ziel, fiskalische Puffer aufzubauen und tragfähige Staatsfinanzen zu sichern. Gleichzeitig setzt die Bundesregierung den Kurs der Investitionen in ein modernes, digitales und klimaneutrales Deutschland fort. Die Schuldenbremse als zentrales Element der deutschen Finanzpolitik sichert die Erreichung dieser Ziele, indem sie eine fortlaufende Priorisierung von Ausgaben verlangt und die notwendige schrittweise Rückkehr auf den Ausgabenpfad der Jahre vor den Krisen sicherstellt.

Die Projektion im Stabilitätsprogramm zeigt aber auch, dass es dringend geboten ist, weitere Schritte einer quantitativen und qualitativen Konsolidierung der Staatsfinanzen zu gehen. Denn trotz der erwarteten Rückführung weist der Staatshaushalt über den gesamten Projektionszeitraum hinweg ein leicht erhöhtes strukturelles Defizit auf. Das Stabilitätsprogramm entkräftet gleichzeitig die Sorge einer zu restriktiven Finanzpolitik und unzureichender Investitionen als Folge der Einhaltung der deutschen Schuldenbremse. Dies ist das Ergebnis einer konsequenten Priorisierung von Ausgaben, bei der die großen mittel- bis langfristigen Herausforderungen der deutschen Volkswirtschaft und der Staatsfinanzen im Fokus stehen.

Hierzu zählt insbesondere der demografische Wandel, denn die Langfristprojektionen im Sechsten Tragfähigkeitsbericht des BMF deuten auf einen sich ergebenden Handlungsbedarf hin. Der demografische Wandel stellt eine zentrale Herausforderung für die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen dar. Vor diesem Hintergrund gilt es, neben Maßnahmen zur Verbesserung der Leistungspotenziale der erwerbstätigen Bevölkerung sowie zur Steigerung von Investitionen und Produktivität und zur finanziellen Festigung des Sozialversicherungssystems eine solide fiskalische Ausgangslage zu schaffen und weitere Schritte zur Erhöhung der Ziel- und Wirkungsorientierung der öffentlichen Haushalte umzusetzen. Die Schuldenbremse wirkt dabei als Versicherung gegen eine Verschlechterung der Tragfähigkeit. Denn für ihre Einhaltung müssen fortlaufend geeignete Maßnahmen ergriffen werden, um dem alterungsbedingten Anstieg der Staatsausgaben zu begegnen.

Fußnoten

1
Die finanzpolitische Strategie des BMF ist hier abrufbar [pdf, 489KB] .