Download Artikel

BMF-Monatsbericht Juni 2024

Inhalt

Steuerschätzung Mai 2024: Konjunkturelle Entwicklung dämpft Aufkommenszuwachs

20.06.2024
  • Der Arbeitskreis „Steuerschätzungen“ erstellte vom 14. bis zum 16. Mai 2024 auf Basis der Frühjahrsprojektion der Bundesregierung seine turnusmäßige Vorausschätzung der Steuereinnahmen von Bund, Ländern und Gemeinden für die Jahre 2024 bis 2028.
  • Der Arbeitskreis geht auf Basis des zum Schätzzeitpunkt geltenden Steuerrechts von einem sukzessiven Anstieg der Steuereinnahmen von rund 916 Mrd. Euro im Jahr 2023 auf rund 1.110 Mrd. Euro im Jahr 2028 aus. Der Anteil des Bundes an den Steuereinnahmen liegt im Schätzzeitraum bei durchschnittlich rund 39 Prozent.
  • Gegenüber der vorherigen Steuerschätzung aus dem Oktober 2023 stellt das Ergebnis eine deutliche Abwärtsrevision dar. Diese ist vor allem auf die abgesenkten Erwartungen zur Entwicklung der gesamtwirtschaftlichen Größen, die zwischenzeitliche Einnahmeentwicklung sowie die seit Oktober 2023 in Kraft getretenen Steuerrechtsänderungen zurückzuführen.

Hintergrund

Vom 14. bis 16. Mai 2024 fand die 166. Sitzung des unabhängigen Arbeitskreises „Steuerschätzungen“ auf Einladung der Deutschen Bundesbank in Hannover statt. Vorausgeschätzt wurden die Steuereinnahmen von Bund, Ländern und Gemeinden für die Jahre 2024 bis 2028. Die Ergebnisse wurden von Bundesfinanzminister Christian Lindner am 16. Mai 2024 vorgestellt.1

Der unabhängige Arbeitskreis „Steuerschätzungen“
erstellt in Deutschland die Vorausschätzungen für die Steuereinnahmen von Bund, Ländern und Gemeinden. Dem seit 1955 bestehenden Gremium gehören Expertinnen und Experten der 16 Bundesländer, von fünf Wirtschaftsforschungsinstituten (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, ifo Institut, Institut für Weltwirtschaft, RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung, Institut für Wirtschaftsforschung Halle), des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, der Deutschen Bundesbank, des Statistischen Bundesamts, des Deutschen Städtetags, des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz und des BMF, welches den Vorsitz führt, an. In der Regel finden zwei Sitzungen im Jahr statt: im Frühjahr und im Herbst. Auf Grundlage der Schätzvorschläge verschiedener im Arbeitskreis vertretener Institutionen werden einvernehmlich Vorausschätzungen für jede einzelne Steuerart erstellt.

Berücksichtigte Steuerrechtsänderungen

Die Steuerschätzungen des Arbeitskreises „Steuerschätzungen“ basieren (jeweils) auf geltendem Steuerrecht. Stand der in der aktuellen Schätzung berücksichtigten Steuerrechtsänderungen ist der Schätzzeitpunkt Mitte Mai und das zu dem Zeitpunkt geltende Steuerrecht. Tabelle 1 zeigt die finanziellen Auswirkungen von Gesetzen und sonstigen Regelungen, die gegenüber der vorangegangenen Schätzung vom Oktober 2023 in der Schätzung im Mai 2024 neu einbezogen wurden.

Auswirkungen der neu in die Steuerschätzung einbezogenen Rechtsänderungen
(Mehr- (+)/Mindereinnahmen (-)) in Mrd. Euro
 20242025202620272028
Bund-3,0-4,2-1,0-0,4-0,4
Länder-0,5-1,6-1,2-1,3-1,3
Gemeinden -0,2-0,7-1,1-1,0-0,5
Zusammen-3,7-6,5-3,3-2,7-2,2

Die neu einbezogenen Steuerrechtsänderungen2 haben im Saldo für sich genommen zu einem niedrigeren Schätzergebnis als im Oktober 2023 geführt. Sie stellen also steuerliche Entlastungen für Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen dar. Die Entlastungswirkung geht vom Wachstumschancengesetz, dem Haushaltsfinanzierungsgesetz 2024 (Strompreispaket) sowie dem Zukunftsfinanzierungsgesetz aus. Am stärksten fallen die Mindereinnahmen dabei mit rund 6 ½ Mrd. Euro im nächsten Jahr aus. Nicht in der Schätzung berücksichtigt sind noch im Gesetzgebungsverfahren befindliche Maßnahmen sowie gefasste politische Beschlüsse, die noch der legislativen Umsetzung bedürfen. Ebenso wenig berücksichtigt sind Anpassungsbedarfe und Maßnahmen, die sich aus den Ergebnissen der anstehenden Ausgaben des Existenzminimumberichts und des Steuerprogressionsberichts ergeben können. Aus diesen Berichten kann ein Anpassungsbedarf bei den steuerlichen Freibeträgen zur Freistellung des Existenzminimums (Grundfreibetrag und Kinderfreibetrag) folgen sowie Tarifanpassungen zum Ausgleich der kalten Progression. Dies ist bei der Interpretation der Zahlen der Steuerschätzung zu beachten.

Abgesenkte Erwartungen der gesamtwirtschaftlichen Bezugsgrößen

Der Steuerschätzung lagen die gesamtwirtschaftlichen Eckwerte der Frühjahrsprojektion 2024 der Bundesregierung vom 24. April 2024 zugrunde. Gegenüber den Annahmen in der Herbstprojektion 2023, die Basis der vorangegangenen Steuerschätzung im Oktober war, wurden die Erwartungen zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung merklich nach unten revidiert. Das gilt maßgeblich in preisbereinigter Rechnung, in welcher der Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) vor allem in diesem, aber auch im kommenden Jahr geringer ausfallen dürfte als im Herbst projiziert. Die wirtschaftliche Erholung hat sich gegenüber den Erwartungen aus dem Oktober verzögert. Erst im Jahresverlauf 2024 ist mit einer schrittweisen moderaten konjunkturellen Aufwärtsbewegung zu rechnen, die angesichts des insgesamt robusten Arbeitsmarkts, gesunkener Inflationsraten und steigender Löhne vor allem vom privaten Konsum getragen werden dürfte. Darüber hinaus ist der Preisauftrieb geringer ausgefallen als im Herbst projiziert, was sich in einer entsprechenden Anpassung der Preiserwartungen für den Schätzzeitraum niederschlägt. Daher fällt die Abwärtsrevision der erwarteten Veränderungsraten des BIP gegenüber der Herbstprojektion in nominaler Rechnung noch etwas kräftiger aus als in realer Rechnung: Für das Jahr 2024 beträgt sie -1,4 Prozentpunkte, für 2025 -0,7 Prozentpunkte.

Diese Abwärtsrevision macht sich in den relevanten Fortschreibungsgrößen für die einzelnen Steuerarten unterschiedlich bemerkbar (siehe „Schätzergebnisse nach einzelnen Steuerarten“ unten). Insgesamt ergibt sich aus den gesamtwirtschaftlichen Bemessungsgrundlagen eine Abwärtskorrektur der Aufkommenserwartung gegenüber der Oktoberschätzung. Dies gilt vor allem für das laufende und das kommende Jahr. Für den mittelfristigen Projektionszeitraum ab dem Jahr 2026 werden in der Frühjahrsprojektion etwas höhere Zuwachsraten des BIP erwartet als im Herbst. Der dämpfende Effekt der Anpassung der gesamtwirtschaftlichen Größen auf das Steueraufkommen relativ zur vorherigen Schätzung wird damit über die späteren Jahre geringer.

Zum Seitenanfang

Schätzergebnis insgesamt und nach Gebietskörperschaften

Erwartete Entwicklung der Einnahmen im Schätzzeitraum

Für die gesamtstaatlichen Steuereinnahmen wird im Schätzzeitraum ausgehend von 915,9 Mrd. Euro im Jahr 2023 ein Anstieg bis zum Jahr 2028 auf 1.110,5 Mrd. Euro erwartet (s. a. Tabelle 2). Ausgehend vom vorangegangenen Ist-Jahr 2023 liegt die durchschnittliche jährliche Veränderungsrate im Schätzzeitraum somit bei knapp 4 Prozent. Ein etwas überdurchschnittlicher Anstieg wird für das Jahr 2025 im Zuge der wirtschaftlichen Erholung und des Wegfalls steuerlicher Maßnahmen erwartet, zuvorderst infolge des Auslaufens der steuerfreien Inflationsausgleichsprämie. Leicht unterdurchschnittliche Anstiege sind dagegen für dieses Jahr und gegen Ende des Schätzzeitraums unterstellt.

Erwartete Entwicklung der Steuereinnahmen insgesamt und der Steuereinnahmen der Gebietskörperschaften
in Mrd. Euro
 Ist
2022
Ist
2023
Schätzung
2024
Schätzung
2025
Schätzung
2026
Schätzung
2027
Schätzung
2028
Steuereinnahmen insgesamt895,7915,9950,3995,21.036,61.074,81.110,5

Bund

337,2356,0375,6389,0400,3414,7428,4

Länder

384,5382,6394,4411,0426,7443,5459,5

Gemeinden

135,4141,8145,8152,6159,4165,8171,7

EU

38,735,434,542,650,150,950,8

Für den Bund wird in diesem Jahr ein stärkeres Wachstum der Steuereinnahmen erwartet als bei den Steuereinnahmen insgesamt. Einerseits hängt dies damit zusammen, dass die EU-Eigenmittel-Abführungen aus dem Steueraufkommen des Bundes im Jahr 2024 nochmals etwas niedriger ausfallen dürften als im Vorjahr. Dazu werden etwas geringere Beträge im Rahmen der vertikalen Umsatzsteuerverteilung vom Bund an die Länder übertragen als im Vorjahr, sodass die Einnahmen des Bundes aus den Steuern vom Umsatz überproportional ansteigen. Im weiteren Schätzzeitraum werden dann zunächst geringere Steigerungsraten bei den Steuereinnahmen des Bundes erwartet als insgesamt. Zum einen steigen die erwarteten EU-Eigenmittel-Abführungen in den Jahren 2025 und 2026 spürbar an. Zum anderen entwickeln sich die erwarteten Einnahmen aus den Bundessteuern schwächer als das Aufkommen insgesamt.

Die Steuereinnahmen der Länder entwickeln sich dagegen im laufenden Jahr voraussichtlich etwas schwächer als die Steuereinnahmen insgesamt. Hauptgrund ist, dass neben dem oben genannten Effekt bei der vertikalen Umsatzsteuerverteilung die Einnahmen aus den Ländersteuern nur stagnieren dürften. Ab dem Jahr 2025 ergibt sich dann im Einklang mit den erwarteten positiven Zuwachsraten der Einnahmen aus den Ländersteuern eine Entwicklung des Steueraufkommens der Länder ungefähr in der Größenordnung des Aufkommens insgesamt.

Für die Steuereinnahmen der Gemeinden wird – vor allem bedingt durch die Gewerbesteuer – in diesem Jahr eine etwas schwächere Dynamik als für die Steuereinnahmen insgesamt erwartet. In den späteren Jahren des Schätzzeitraums ab 2025 wird dagegen eine leicht stärkere Dynamik prognostiziert.

Der Anteil der Steuereinnahmen des Bundes an den Steuereinnahmen insgesamt liegt im Schätzzeitraum 2024 bis 2028 bei durchschnittlich 38,9 Prozent (Länder 41,3 Prozent; Gemeinden 15,4 Prozent; Europäische Union (EU) 4,4 Prozent, s. a. Abbildung 1). Er liegt damit etwas höher als in den vergangenen Krisenjahren, bleibt aber unterhalb des Anteils des Jahres 2019, dem letzten Jahr vor der Corona-Pandemie.

Abbildung: Verteilung des erwarteten Steueraufkommens im Durchschnitt über den Schätzzeitraum (mehr in der Langbeschreibung) BildVergroessern
Abbildung 1Quelle:  Arbeitskreis „Steuerschätzungen“

Die volkswirtschaftliche Steuerquote, gemessen als Verhältnis aus Steuereinnahmen insgesamt zum nominalen BIP, ist im Jahr 2023 spürbar von 23,1 Prozent auf 22,2 Prozent gefallen. Dies ist unter anderem auf die Wirkung von Entlastungsmaßnahmen wie der steuerfreien Inflationsausgleichsprämie oder der temporären Umsatzsteuersatzsenkung auf Lieferungen von Gas und Fernwärme zurückzuführen. Mit dem Auslaufen dieser Maßnahmen wird ein Wiederanstieg in diesem und im kommenden Jahr erwartet. Der Wiederanstieg setzt sich im weiteren Schätzzeitraum sukzessive fort. Bei der Interpretation der Zahlen ist allerdings zu bedenken, dass – wie oben ausgeführt – keine weiteren Anpassungen von Grund- und Kinderfreibetrag zur Freistellung des Existenzminimums sowie Tarifanpassungen zum Ausgleich der kalten Progression im Schätzzeitraum berücksichtigt sind, die auch Auswirkungen auf die Entwicklung der Steuerquote hätten.

Vergleich mit der Schätzung aus dem Oktober 2023

Gegenüber der vorangegangenen Steuerschätzung des Arbeitskreises „Steuerschätzungen“ aus dem Oktober 2023 sind die Schätzansätze für das Aufkommen insgesamt spürbar nach unten revidiert worden. Im Durchschnitt über den gesamten Schätzzeitraum liegt die Abwärtsrevision bei rund 16 Mrd. Euro pro Jahr. Sie ist einerseits auf die neu einbezogenen Rechtsänderungen zurückzuführen, andererseits vor allem auf die gegenüber den Erwartungen aus dem Herbst abgesenkten gesamtwirtschaftlichen Annahmen (s. a. jeweils Ausführungen oben) sowie die hinter den Erwartungen aus dem Herbst zurückgebliebene Entwicklung der Einnahmen. Die Abwärtsanpassung fällt im Jahr 2025 am größten aus und wird im weiteren Verlauf des Schätzzeitraums kleiner.

Für den Bund wurden die erwarteten Einnahmen gegenüber Oktober 2023 im Schätzzeitraum um durchschnittlich etwas über 8 Mrd. Euro nach unten angepasst. Auch hier fällt die Abweichung für das Jahr 2025 mit 11 Mrd. Euro betragsmäßig am größten aus. Sie ist dabei zuvorderst auf die Einnahmeentwicklung seit der vorherigen Schätzung und die geänderte Einschätzung zur konjunkturellen Entwicklung („Schätzabweichung“) sowie die neu einbezogenen Steuerrechtsänderungen zurückzuführen (s. a. Abbildung 2). Daneben wurden die erwarteten Abführungen an die EU gegenüber der Herbstschätzung leicht nach oben angepasst.

Abbildung: Schätzergebnis für den Bund für das Jahr 2025 im Vergleich zur vorangegangenen Schätzung aus dem Oktober 2023 (mehr in der Langbeschreibung) BildVergroessern
Abbildung 2Quelle:  Arbeitskreis „Steuerschätzungen“

Zum Seitenanfang

Schätzergebnisse nach einzelnen Steuerarten

Erwartete Entwicklung der Einnahmen
aus verschiedenen Steuerarten
gegenüber dem jeweiligen Vorjahr in Prozent
 20242025202620272028
Lohnsteuer6,610,06,36,15,0
Steuern vom Umsatz5,03,42,82,93,0
Ertragsteuern¹0,72,64,23,63,5
Bundessteuern2,51,32,30,50,0
Ländersteuern-0,23,94,03,72,8

Lohnsteuer

Die Einnahmen aus der Lohnsteuer dürften über den gesamten Schätzzeitraum hinweg im Einklang mit der unterstellten Entwicklung ihrer Bemessungsgrundlage relativ kräftig ansteigen; zuvorderst aufgrund der erwarteten Entwicklung der nominalen Bruttolöhne und -gehälter (BLG). Die durchschnittliche Veränderungsrate gemäß Schätzergebnis liegt bei über 6 Prozent. Am kräftigsten dürfte der Anstieg im kommenden Jahr ausfallen, wenn das Instrument der steuerfreien Inflationsausgleichsprämie wegfällt und Zahlungen der Prämie durch „reguläre“ Tarifsteigerungen ersetzt werden. Im weiteren Schätzzeitraum fallen die erwarteten Zuwachsraten dann wieder etwas niedriger aus (s. a. Tabelle 3). Gegenüber der Schätzung im Oktober 2023 wurden die Einnahmeerwartungen für die Lohnsteuer für die ersten Jahre des Schätzzeitraums nach unten angepasst. Zwar sind, u. a. angesichts des robusten Arbeitsmarkts und der seit der Herbstschätzung erfolgten Tarifabschlüsse, die Erwartungen über die Entwicklung der nominalen BLG kaum verändert. Allerdings wird wohl stärker vom Instrument der Inflationsausgleichsprämie Gebrauch gemacht als im Herbst angenommen. Dazu haben sich für das Jahr 2023 über die makroökonomischen Annahmen hinaus geringere Einnahmen ergeben, als noch im Oktober 2023 erwartet worden war. Diese Mindereinnahmen wirken als Basiseffekt im Schätzzeitraum fort.

Steuern vom Umsatz

Das Aufkommen der Steuern vom Umsatz wird in diesem Jahr voraussichtlich etwas kräftiger ansteigen als im Vorjahr. Dies ist maßgeblich auf das Auslaufen von Unterstützungsmaßnahmen zurückzuführen (Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Lieferungen von Gas und Fernwärme sowie für Speisen in der Gastronomie). Zudem kam es bei der Vereinnahmung von Steueraufkommen aus dem One-Stop-Shop-Verfahren (OSS) in den vergangenen Jahren zu Verzögerungen (s. a. dazu den Artikel zu Steuereinnahmen und konjunkturellem Umfeld aus der August-2023-Ausgabe des BMF-Monatsberichts3). Im weiteren Schätzzeitraum werden dann im Einklang mit der unterstellten Entwicklung der Bemessungsgrundlage moderatere Aufkommensanstiege erwartet. Gegenüber der Schätzung im Oktober 2023 wurden die Einnahmeerwartungen spürbar abgesenkt. Für die nominalen privaten Konsumausgaben, die für die Entwicklung der Steuern vom Umsatz besonders relevant sind, wird für den Großteil des Schätzzeitraums in der Frühjahrsprojektion ein geringeres Niveau erwartet als in der Herbstprojektion. Dies liegt an einer zuletzt schwächeren Entwicklung in preisbereinigter Rechnung, u. a. aufgrund einer weiterhin erhöhten Neigung zur Ersparnisbildung. Auch die Steigerung der Verbraucherpreise ist schwächer ausgefallen als im Herbst projiziert. Daneben sind andere Fortschreibungsgrößen für die Steuern vom Umsatz, wie die Wohnungsbauinvestitionen, gegenüber den Ansätzen im Herbst abgesenkt worden.

Ertragsteuern

Bei den gewinnabhängigen Steuern (veranlagte Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer) wird in diesem Jahr mit einer deutlich gedämpften Entwicklung gerechnet. Hier schlägt sich die wirtschaftliche Schwächephase nieder, die sich in der Entwicklung der Unternehmens- und Vermögenseinkommen (UVE) bemerkbar macht. Im nächsten Jahr ist dann im Einklang mit der unterstellten gesamtwirtschaftlichen Erholung mit einem Wiederanstieg zu rechnen. Bei der Körperschaftsteuer fallen die zu erwartenden Schwankungen etwas größer aus, was auch an Kapitalertragsteuer-Anrechnungen in größerem Umfang in diesem Jahr liegt. Im weiteren Schätzzeitraum ab 2026 wird dann bei allen drei Steuerarten mit Wachstumsraten im Einklang mit den unterstellten gesamtwirtschaftlichen Bemessungsgrundlagen gerechnet. Gegenüber der Schätzung aus dem Oktober 2023 wurden die Ansätze für die gewinnabhängigen Steuern nach unten angepasst. Die deutliche Abwärtsrevision des BIP in diesem und im kommenden Jahr zeigt sich vor allem in einer schwächeren Entwicklung der UVE als im Oktober prognostiziert. Dazu kommen Mindereinnahmen aus neu in die Schätzung einbezogenen Rechtsänderungen wie dem Wachstumschancengesetz. Einzig für das laufende Jahr ist bei der Gewerbesteuer die Aufkommenserwartung auf Basis des bisherigen Kassenergebnisses kaum verändert.

Bei der Abgeltungsteuer auf Zins- und Veräußerungserträge wird für das laufende Jahr mit einem sehr starken Anstieg der Einnahmen gerechnet, der primär auf stark gestiegene Erträge aus verzinsten Geldanlagen zurückzuführen ist (s. a. Fokusthema des Artikels „Steuereinnahmen im Mai 2024 und konjunkturelles Umfeld“ in dieser Ausgabe). Für den späteren Schätzzeitraum erwartet der Arbeitskreis auf Basis der in der gesamtwirtschaftlichen Projektion unterstellten technischen Annahme eines etwas niedrigeren Zinsniveaus leichte Rückgänge des Aufkommens. Gegenüber der vorherigen Schätzung im Oktober wurden die Erwartungen zur Höhe des Aufkommens im Schätzzeitraum deutlich nach oben revidiert. Zwar war bereits im Oktober 2023 eine Erhöhung der Schätzansätze durch den Arbeitskreis erfolgt. Zum damaligen Zeitpunkt hatten aber die Daten zum Steueraufkommen nicht die jetzt sichtbare Entwicklung sehr starker Zuwächse erwarten lassen.

Die Einnahmen aus den nicht veranlagten Steuern vom Ertrag dürften in diesem Jahr gegenüber dem Vorjahr dagegen zurückgehen. Dahinter steht ein allgemein etwas niedrigeres Niveau an Dividendenausschüttungen sowie eine durch Einzelfälle erhöhte Vorjahresbasis. Im späteren Schätzzeitraum werden dann im Einklang mit der erwarteten Zunahme der UVE wieder leichte Zuwächse erwartet. Gegenüber der vorangegangenen Schätzung wurden die erwarteten Einnahmen u. a. angesichts der Abwärtsrevision der makroökonomischen Bemessungsgrundlagen nach unten angepasst.

Bundessteuern

Für die Einnahmen aus den Bundessteuern wird für das Jahr 2024 und in den nächsten Jahren mit leichten Zuwächsen gerechnet, die gegen Ende des Schätzzeitraums in eine Stagnation des Aufkommens übergehen. Die Zuwächse speisen sich im Jahr 2024 u. a. aus der Tabaksteuer und der Versicherungsteuer. Die in den späteren Jahren abflachenden Zuwachsraten ergeben sich vor allem aus angenommenen Rückgängen der Einnahmen aus der Energiesteuer. Hier unterstellt der Arbeitskreis „Steuerschätzungen“ auf Basis vorliegender Informationen (z. B. der Projektionsberichte des Umweltbundesamts) rückläufige Verbräuche besteuerter fossiler Energieträger. Bei der Stromsteuer ist zu berücksichtigen, dass nach aktuellem Rechtsstand im Jahr 2026 die derzeit geltenden Entlastungsmaßnahmen (Strompreispaket) auslaufen werden. Dies ist der maßgebliche Faktor für den in der Steuerschätzung unterstellten deutlichen Anstieg der Einnahmen aus der Stromsteuer ab dem Jahr 2026, der sich auch im Gesamtaufkommen der Bundessteuern widerspiegelt. Gegenüber der Schätzung im Oktober 2023 sind die Einnahmeerwartungen für die Bundessteuern insgesamt für dieses und nächstes Jahr aufgrund des erstmals einbezogenen Strompreispakets abgesenkt worden. Für die späteren Jahre sind nur relativ geringe Anpassungen gegenüber der vorangegangenen Schätzung vorgenommen worden.

Ländersteuern

Im laufenden Jahr ist bei den Ländersteuern mit einem Aufkommen in etwa in der Größenordnung des Vorjahrs zu rechnen. Maßgeblich dafür ist, dass sich das Aufkommen aus der Grunderwerbsteuer stabilisiert hat, wenn auch auf deutlich niedrigerem Niveau als vor dem Jahr 2023. Im weiteren Schätzzeitraum dürften Preise und Transaktionsvolumen am Immobilienmarkt sukzessive etwas zunehmen, sodass mit einem leicht steigenden Aufkommen der Grunderwerbsteuer gerechnet wird. Auch bei der Erbschaftsteuer werden leichte Zuwächse erwartet, sodass für das Aufkommen der Ländersteuern insgesamt Aufkommenszuwächse in den nächsten Jahren unterstellt sind. Gegenüber der vorangegangenen Steuerschätzung aus dem Herbst sind die Erwartungen zur Aufkommensentwicklung kaum verändert.

Eine Übersicht über die Abweichung der Schätzergebnisse der verschiedenen Steuerarten vom Schätzergebnis im Oktober 2023 für das Jahr 2025 findet sich in Abbildung 3. Absolut gesehen fällt die Abwärtsrevision dabei bei den Steuern vom Umsatz am kräftigsten aus. Bei den Ertragsteuern kompensiert die Aufwärtsrevision bei der Abgeltungsteuer auf Zins- und Veräußerungserträge einen beträchtlichen Teil vom Minus bei den anderen Steuerarten.

Abbildung: Schätzergebnis für den Bund für das Jahr 2025 im Vergleich zur vorangegangenen Schätzung aus dem Oktober 2023 (mehr in der Langbeschreibung) BildVergroessern
Abbildung 3Quelle:  Arbeitskreis „Steuerschätzungen“

Zum Seitenanfang

Fazit

Der Arbeitskreis „Steuerschätzungen“ erwartet in den Jahren 2024 bis 2028 weiter ansteigende Steuereinnahmen. So werden im Jahr 2024 Steuereinnahmen in Höhe von insgesamt rund 950 Mrd. Euro erwartet, die bis zum Jahr 2028 auf rund 1.110 Mrd. Euro ansteigen. Gegenüber der Steuerschätzung vom Oktober 2023 ergeben sich allerdings in allen Schätzjahren spürbare Mindereinnahmen, die auf abgesenkte gesamtwirtschaftliche Annahmen, die hinter den Erwartungen zurückgebliebene Kassenentwicklung seit der vorangegangenen Schätzung sowie neu einbezogene Steuerrechtsänderung zurückzuführen sind. Das Schätzergebnis verdeutlicht, dass neue finanzielle Spielräume absehbar nicht bestehen.

Fußnoten

1
Die Ergebnisse sind auf der Internetseite des BMF zu finden.
2
Die neu einbezogenen Rechtsänderungen sind im Einzelnen in der Anlage 2 zur Pressemitteilung des BMF Nr. 7/2024 vom 16. Mai 2024 aufgeführt. Die Pressemitteilung ist auf der Internetseite des BMF zu finden, s. a. Fußnote 1.
3
Artikel zu Steuereinnahmen und konjunkturellem Umfeld aus der August-2023-Ausgabe des BMF-Monatsberichts