- Die beiden vom BMF eingesetzten Expertenkommissionen „Bürgernahe Einkommensteuer“ und „Vereinfachte Unternehmensteuer“ haben am 12. Juli 2024 ihre Berichte an den Bundesminister der Finanzen Christian Lindner übergeben.
- Der nachfolgende Artikel stellt die Expertenkommissionen sowie die wesentlichen Inhalte ihrer Berichte vor und gibt einen Ausblick auf die nächsten Schritte im Umgang mit den Vorschlägen der Expertinnen und Experten.
- Das BMF wird die Vorschläge der Expertenkommissionen nun eingehend analysieren. Dabei liegt der Fokus auf Vereinfachungspotenzialen sowie Wettbewerbsfähigkeit und Systemgerechtigkeit des Einkommen- und Unternehmensteuerrechts. Es gilt, die von den Vorschlägen ausgehenden Impulse zu nutzen!
Motivation für die Einsetzung der Expertenkommissionen
Am 12. Juli 2024 haben die Leiter der Expertenkommissionen „Bürgernahe Einkommensteuer“ Prof. Rudolf Mellinghoff und „Vereinfachte Unternehmensteuer“ Prof. Wolfgang Schön die Berichte der Expertenkommissionen an den Bundesminister der Finanzen Christian Lindner übergeben. An der Veranstaltung im BMF in Berlin nahmen über 200 Gäste teil.
Mit den Berichtsübergaben fanden die neunmonatigen intensiven Arbeiten der unabhängigen Expertinnen und Experten ihren Abschluss. Das BMF hatte im Herbst vergangenen Jahres beide Kommissionen mit dem Ziel eingesetzt, das Steuerrecht für die Zukunft zu wappnen.
Berichte der Expertenkommissionen
Weitere Informationen sind auf den Internetseiten des BMF zu finden.
- „Weniger Bürokratie, mehr Digitalisierung – Wege zu einer bürgerfreundlichen Einkommensteuer“ - Bericht der Expertenkommission „Bürgernahe Einkommensteuer“
- „Besteuerung der Unternehmen: Einfacher und Effizienter“ - Bericht der Expertenkommission „Vereinfachte Unternehmensteuer“
- Aufzeichnung der Veranstaltung mit Vorstellung der Berichte
In der Vergangenheit gab es aus der Wissenschaft bereits einige Vorschläge zu umfassenden Steuerreformen. Die Gründe für ihr Scheitern waren mindestens genauso vielfältig. Schließlich sind es vielmehr die praxisnahen Vorschläge, die realistische Chancen zur Umsetzung haben.
Vor dem Hintergrund krisenbedingter, aber auch struktureller Herausforderungen und globaler Veränderungen braucht es ein für die Zukunft gerüstetes Steuerrecht. Wirtschafts- beziehungsweise steuerpolitisch ausgewogene und zugleich praxisorientierte Lösungen sind hierfür erforderlich.
Aus dieser Einsicht heraus ist im BMF im Sommer 2023 die Idee entstanden, die beiden Expertenkommissionen „Bürgernahe Einkommensteuer“ und „Vereinfachte Unternehmensteuer“ ins Leben zu rufen. Bei ihrer Einsetzung war es von großer Bedeutung, dass Vertreterinnen und Vertreter von Wissenschaft und Praxis gemeinsam und ohne inhaltliche Vorgaben Ideen zur Modernisierung des Steuerrechts entwickeln. Die Expertinnen und Experten haben frei und unabhängig gearbeitet. Allerdings hatte das BMF im Vorfeld Leitgedanken entwickelt, an denen sich die Arbeiten der Kommissionen orientieren sollten.
Leitgedanken für die Arbeiten der Kommissionen
- Steckt in unserem Steuerrecht Vereinfachungspotenzial sowohl für die Steuerpflichtigen als auch für die Verwaltung?
- Können wir durch die Vereinfachung Rechtssicherheit schaffen und den Standort Deutschland stärken?
- Wie können wir eine stärkere Digitalisierung im Steuerrecht herbeiführen?
Die Auftaktveranstaltungen der beiden Expertenkommissionen fanden Ende September beziehungsweise Anfang Oktober 2023 im BMF statt. Die Mitglieder hatten sich selbst organisiert und eigenverantwortlich gearbeitet. In den darauffolgenden Monaten trafen sie sich regelmäßig – teilweise wöchentlich – in ihren Unterarbeitsgruppen.
Die Expertenkommission „Bürgernahe Einkommensteuer“
Die Expertenkommission hat umfangreiche Vorschläge entwickelt, die vornehmlich der Vereinfachung für Steuerpflichtige und für die Verwaltung dienen. Im Zentrum der Überlegungen stehen höhere Schwellenwerte, mehr Pauschalierungen und eine weitergehende Digitalisierung. Aufgrund des eng gesetzten Zeitrahmens für die Erstellung der Berichte begreifen die Expertinnen und Experten die Vorschläge als einen ersten Schritt. Für die Entwicklung weitergehender Reformvorschläge des Einkommensteuerrechts würde mehr Zeit benötigt. Vor diesem Hintergrund wäre die Einberufung einer umfassenden Steuerreformkommission aus Sicht der Expertinnen und Experten zu begrüßen.
Mitglieder und Organisation der Expertenkommission „Bürgernahe Einkommensteuer“
- Das BMF benannte folgende Mitglieder: Prof. Kay Blaufus, Prof. Frank Hechtner, Reiner Holznagel, Dr. Rainer Kambeck, Sebastian Koch, Florian Köbler, Torsten Lüth, Prof. Maria Marquardsen, Prof. Rudolf Mellinghoff, Dr. Lars Meyer-Pries, Prof. Nadine Riedel, Carsten Rothbart, Prof. Roman Seer.
- Die Expertenkommission leiteten Prof. Rudolf Mellinghoff und Prof. Frank Hechtner.
- Die Facharbeit erfolgte in den vier (Unter-)Arbeitsgruppen „Selbstständige“ (Leitung Florian Köbler), „Arbeitnehmer und Vereinfachung“ (Leitung Prof. Nadine Riedel und Prof. Roman Seer), „Rentner und Pensionäre“ (Leitung Prof. Kay Blaufus) und „Digitalisierung“ (Leitung Prof. Rudolf Mellinghoff).
Vorschläge im Bereich „Selbstständige“
Zur Steuervereinfachung schlägt die Expertenkommission u. a. vor, den Anwendungsbereich der Einnahmenüberschussrechnung (§ 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz – EStG) durch Anhebung der Schwellenwerte zur Buchführungspflicht auszuweiten. Statt zu bilanzieren, genügt es bei der Gewinnermittlung durch Einnahmenüberschussrechnung, die Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben gegenüberzustellen. Dies würde eine Erleichterung bei der Gewinnermittlung für die betroffenen Gewerbetreibenden und Land- und Forstwirtinnen und -wirte bedeuten. Im Gleichklang empfiehlt die Expertenkommission auch die Anhebung der Umsatzgrenzen für die Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten (Ist-Besteuerung, § 20 Umsatzsteuergesetz). Zudem sollen Kleinunternehmerinnen und Kleinunternehmer bei der Gewinnermittlung durch die Möglichkeit von Gewinnpauschalierungen entlastet werden. Betriebsausgaben sollen bei diesen pauschal in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes der Aufwendungen berücksichtigt werden können. Die bisher notwendigen Einzelnachweise von Betriebsausgaben entfallen.
Freiberuflerinnen und Freiberufler, Selbstständige und Gewerbetreibende sowie Land- und Forstwirtinnen und -wirte sollen zudem von verbesserten Abschreibungsregeln profitieren. Es wird die Anhebung der Grenze für sofort abschreibungsfähige geringwertige Wirtschaftsgüter auf 2.500 Euro vorgeschlagen. Dies wäre eine deutliche Steigerung gegenüber dem aktuellen Wert von 800 Euro. Für abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens von 2.500 bis 10.000 Euro soll die Möglichkeit der Gruppen- beziehungsweise Pool-Abschreibung verbessert und dabei die Abschreibungsdauer auf drei Jahre verkürzt werden. Überlegungen zur Reform der Sammelabschreibungen durch den Einstieg in die Gruppen- beziehungsweise Pool-Abschreibung sind bereits im Entwurf eines Gesetzes zur Fortentwicklung des Steuerrechts und zur Anpassung des Einkommensteuertarifs enthalten.
Vorschläge im Bereich „Arbeitnehmer und Vereinfachung“
Die Expertenkommission sieht großes Vereinfachungspotenzial im Bereich der Werbungskosten. Werbungskosten für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte, Homeoffice und das häusliche Arbeitszimmer sollen zu einer Arbeitstagepauschale pro Arbeitstag zusammengefasst werden. Eine Unterscheidung zwischen häuslichem Arbeitszimmer und Homeoffice solle entfallen. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit einer sehr großen Entfernung zur Arbeitsstätte sollen zudem ihre gefahrenen Kilometer geltend machen können, sofern sie nicht von der Arbeitstagepauschale abgedeckt sind.
Ziel sei die Verringerung der Anzahl der arbeitnehmerbezogenen Veranlagungsfälle. So schlagen die Expertinnen und Experten zudem verschiedene Modelle der Pauschalierung für weitere typische Werbungskosten bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern (beispielsweise Arbeitsmittel oder Beiträge zu Berufsverbänden) vor.
Vorschläge im Bereich „Sonderausgaben“
Die Expertenkommission stellt fest, dass für grundsätzliche Änderungen bei den Sonderausgaben andere Rechtsbereiche miteinzubeziehen seien. Eine isolierte Betrachtung des Steuerrechts sei unzureichend. Insoweit werden lediglich kleinere Anpassungen vorgeschlagen. Um einen Gleichlauf bei der steuerlichen Berücksichtigung von Spenden an Parteien und Wählergemeinschaften zu erreichen, sollten Parteispenden nur noch als Steuerermäßigungen nach § 34g EStG anstatt wie bisher auch als Sonderausgaben abgezogen werden können.
Ferner sieht die Expertenkommission Anpassungsbedarf bei den Regelungen zu den sonstigen Vorsorgeaufwendungen. Für bestimmte sonstige Vorsorgeaufwendungen werden mehrere Alternativen erwogen, die von der Einführung eines angemessenen Pauschbetrags unter Anhebung des geltenden Höchstbetrags bis zu einer (partiellen) Abschaffung des Abzugstatbestands des § 10 Abs. 1 Nr. 3a EStG reichen.
Vorschläge im Bereich „Rentner und Pensionäre“
Die Expertenkommission empfiehlt die schrittweise Einführung einer Rentenabzugsteuer auf Basis der Höhe der Renteneinkünfte im Vorjahr. Ähnlich wie bei der Lohnsteuer sollten die Versorgungsträger zum Einbehalt der Steuer und zur Übermittlung der Daten an die Finanzverwaltung verpflichtet werden. Die Abgabe einer Steuererklärung wäre dann in vielen Fällen nicht mehr erforderlich. Hieraus ergäbe sich für die Betroffenen ein großes Entlastungspotenzial.
Zudem könne man mit der Einführung eines Rentner-Pauschbetrags Vereinfachungen und Vereinheitlichungen beim Abzug von Werbungskosten erreichen.
Vorschläge im Bereich „Aufwendungen für haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse, haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen“
Nach Auffassung der Expertinnen und Experten sollten Aufwendungen für haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse, haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen nicht mehr steuerlich abzugsfähig sein. Zahlreiche Studien hätten belegt, dass die Regelung die Schwarzarbeit nicht wie gewünscht eingedämmt habe. Stattdessen habe sie hohen Verwaltungsaufwand verursacht. Die mit der Aufhebung der Regelung verbundenen Steuermehreinnahmen könnten zur Gegenfinanzierung anderer Entlastungen herangezogen werden.
Vorschläge im Bereich „Digitalisierung”
Die Expertenkommission hat sich umfassend mit dem Thema „Digitalisierung“ befasst. Statt konkreter Vorschläge für Rechtsänderungen erörtern die Expertinnen und Experten Wege zu einem digitalisierten Besteuerungsverfahren. Digitalisierung sei der Schlüssel für mehr Bürgernähe in der Einkommensbesteuerung und entlaste die Finanzverwaltung. Eine übergreifende und umfassende Digitalisierungsstrategie für das Besteuerungsverfahren sei essenziell. Die Expertinnen und Experten benennen die Bereiche, in denen sie Potenzial für eine stärkere Digitalisierung sehen. Eine digitale Identität und die effektive Nutzung bereits vorhandener Daten könnten eine erklärungslose Veranlagung von Amts wegen ermöglichen.
Die Expertenkommission „Vereinfachte Unternehmensteuer“
Die Expertenkommission „Vereinfachte Unternehmensteuer“ präsentierte in ihrem umfangreichen Bericht eine Vielzahl an Vorschlägen, um die grundlegende Struktur der Unternehmensbesteuerung zu reformieren. Hauptaugenmerk lag auf der Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland im internationalen Vergleich. Dies solle durch den Abbau ineffizienter und bürokratischer Regelungen erreicht werden.
Mitglieder der Expertenkommission „Vereinfachte Unternehmensteuer“
- Das BMF benannte folgende Mitglieder: Kirsten Birnbaum, Thomas Dierichs, Prof. Guido Förster, Prof. Joachim Hennrichs, Prof. Johanna Hey, Dr. Torsten Moser, Oliver Nußbaum, Prof. Erik Röder, Prof. Deborah Schanz, Prof. Wolfgang Schön, Dr. Ulrike Schramm, Prof. Uwe Schramm und Werner Thumbs.
- Prof. Wolfgang Schön leitete die Expertenkommission.
- Die Facharbeit erfolgte in den vier (Unter-)Arbeitsgruppen „Laufende Besteuerung der Unternehmen“ (Leitung Prof. Joachim Hennrichs), „Umwandlungen und Sanierungen“ (Leitung Prof. Guido Förster), „Internationale Unternehmensbesteuerung“ (Leitung Prof. Johanna Hey) und „Digitalisierung, Prozesse und Betriebsprüfung“ (Leitung Prof. Deborah Schanz).
Vorschläge im Bereich „Laufende Besteuerung der Unternehmen“
Die Expertinnen und Experten sprechen sich für erweiterte Wahlmöglichkeiten zwischen transparenter und intransparenter Besteuerung weitgehend unabhängig von der Gesellschaftsform (Personen- oder Kapitalgesellschaft) aus. Dazu solle für nicht börsennotierte Kapitalgesellschaften eine Option zur transparenten Besteuerung neu eingeführt werden. Die für Personengesellschaften bereits bestehende Option zur Körperschaftsbesteuerung (§ 1a Körperschaftsteuergesetz) bedürfe zudem in einigen Bereichen der Nachjustierung.
Mit der Streichung zahlreicher Sondervorschriften, insbesondere zu Rückstellungen und Sonderbetriebsvermögen, ließe sich das Unternehmensteuerrecht vereinfachen. Auch sollten Dividenden und Veräußerungsgewinne wieder vollumfänglich von der Besteuerung ausgenommen sein. Das Unternehmensteuerrecht müsse entscheidungsneutraler und krisenfester ausgestaltet werden. Daher empfiehlt die Kommission eine Erweiterung der Verlustverrechnung sowohl zeitlich als auch betragsmäßig.
Schließlich spricht sich die Expertenkommission für eine pauschale Berücksichtigung der Gewerbesteuer in der Körperschaftsteuer aus. Dies erlaube es, die Gesamtbelastung auf eine international wettbewerbsfähige Zielgröße von 25 Prozent zu senken.
Vorschläge im Bereich „Umwandlungen und Sanierungen“
Die Expertenkommission plädiert für den Abbau von Umstrukturierungshindernissen. Als Hindernisse für eine Umstrukturierung würden das Teilbetriebserfordernis bei Spaltungen und Einbringungen (§§ 15, 20, 24 Umwandlungssteuergesetz) sowie der Umfang der Sperrfristen wahrgenommen. Zudem schlägt die Expertenkommission vor, Liquidationsverluste von Kapitalgesellschaften beim Anteilseigner in begrenztem Umfang zum Abzug zuzulassen.
Vorschläge im Bereich „Internationale Unternehmensbesteuerung“
Zentrales Anliegen der Expertenkommission ist die Vermeidung von Doppelbesteuerung und deren Vereinfachung. Schließlich habe sich die Gesetzgebung in der Vergangenheit einseitig auf die Abwehr von Steuerausfällen aufgrund von Gewinnverlagerungen ins Ausland konzentriert. Soweit Auslandsgewinne der Gewerbesteuer unterlägen, sei die ausländische Steuer auch auf die Gewerbesteuer anzurechnen. Zudem solle auf die Einbeziehung des Hinzurechnungsbetrags aus dem Außensteuergesetz in die Gewerbesteuer verzichtet werden.
Die Expertinnen und Experten fordern den Einsatz der Bundesregierung auf internationaler Ebene zur Veränderung der Rahmenbedingungen im Lohnsteuer- und im Sozialversicherungsrecht, um den Anforderungen einer zunehmend mobilen Arbeitswelt gerecht zu werden.
Die umfangreichen Nachweis- und Dokumentationspflichten seien einzudämmen. Dies könne durch eine teilweise Rückführung der Anti-Missbrauchsvorschriften erreicht werden. Die Bundesregierung solle sich daher insbesondere auf Ebene der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und der Europäischen Union dafür einsetzen, die globale effektive Mindeststeuer (Säule 2) einfacher auszugestalten. Die Wegzugsbesteuerung solle entschärft werden, um die Mobilität nicht weiter einzuschränken.
Vorschläge im Bereich „Digitalisierung, Prozesse und Betriebsprüfung“
In diesem Bereich haben die Expertinnen und Experten ihr Augenmerk auf die Vereinfachung von Verwaltungsprozessen gerichtet. Die Einführung einer „Ampelbewertung“ für Steuerpflichtige innerhalb der Finanzverwaltung sowie einer einheitlichen Identifikationsnummer bei der Erstattung von Quellensteuern beim Bundeszentralamt für Steuern sind zentrale Anliegen. Bei einer regeltreuen, d. h. grünen Ampelbewertung des Steuerpflichtigen könnte eine Beschleunigung der Verfahren durch Selbstüberprüfung erreicht werden. Diese Beschleunigung könnte beispielsweise bei steuerlichen Förderungen, wie der ursprünglich für das Wachstumschancengesetz geplanten Investitionsprämie, greifen.
Vorgeschlagen wird eine einheitliche anteilige Nichtabzugsfähigkeit von Sachzuwendungen, die dann allerdings lohnsteuer- und sozialversicherungsfrei seien. Auf diese Weise wolle man der Vielfältigkeit von Regelungen und Arten von Sachzuwendungen an Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und Geschäftspartnerinnen und Geschäftspartner entgegenwirken.
Auch sei die Anzahl an Mitteilungs- und Nachweispflichten zu reduzieren. Dies gelte insbesondere für die Meldung von Steuergestaltungen, die Verrechnungspreisdokumentation und die Erklärungen nach dem Außensteuergesetz.
Schließlich bedürfe es umfassender Verbesserungen bei der steuerlichen Außenprüfung in Bezug auf die Effizienz. Hier sollten kooperative Verfahrenselemente stärker berücksichtigt werden. Des Weiteren fordern die Expertinnen und Experten eine einheitliche Digitalisierung in Bund und Ländern sowie die Verbesserung des digitalen Austauschs zwischen Unternehmen und Finanzbehörden.
Impulse nutzen! – Das weitere Vorgehen mit den Vorschlägen der Expertenkommissionen
Zunächst wird die Steuerabteilung des BMF die Vorschläge der Expertenkommissionen umfassend analysieren. Aus der Gewichtung der Vor- und Nachteile sollen die Realisierbarkeitsoptionen eines Vorschlags insgesamt oder einzelner Elemente entwickelt werden. Aus den realisierbaren Maßnahmen gilt es dann, ein Paket zu schnüren und dabei in den Dialog mit den Ländern zu treten.
Im Rahmen der Analyse der Vorschläge wird auch zu bewerten sein, welche Maßnahmen zügig – und damit noch in dieser Legislaturperiode – umsetzbar sind. Daneben gibt es die als Daueraufgabe zu qualifizierenden Maßnahmen, beispielsweise im Bereich der Digitalisierung.
Die Analyse der Vorschläge erfolgt mit einem klaren Fokus auf Vereinfachungspotenziale, Wettbewerbsfähigkeit und Systemgerechtigkeit des Einkommen- und Unternehmensteuerrechts. Sie erfolgt mit der Zielsetzung, Ressourcen noch effektiver einzusetzen. So liefern die Vorschläge der Expertinnen und Experten wichtige Impulse für die bereits im Kreis der Finanzverwaltung ohnehin geführte Debatte über effektives Verwaltungshandeln. Denn zweifelsohne besteht nicht nur für Bürgerinnen und Bürger, sondern auch aus Sicht der Finanzverwaltung erhebliches Interesse an das System vereinfachenden Maßnahmen. Schließlich hängt der effektive Einsatz von personellen Ressourcen sowie Digitalisierungsvorhaben auch von einfacher Rechtsetzung ab. So betreffen Fragen rund um Pauschalierung, Typisierung und Wesentlichkeitsgrenzen auch den effizienten Vollzug und die Servicequalität der Verwaltung. Systemfunktionalität und Einzelfallgerechtigkeit sind an vielen regulativen Stellen abzuwägen. Gleiches gilt für die Bürokratie- und Steuererhebungseffizienz bei den oft komplexen Regelungen der Unternehmensbesteuerung. Auch hier spielen nicht nur Standortaspekte aus Sicht der Unternehmen, sondern auch der effektive Steuervollzug eine gewichtige Rolle. Zugleich müssen Reformansätze anhand ihrer fiskalischen Effekte untersucht werden.
Fazit
Vorschläge aus der Wissenschaft zu umfassenden Steuerreformen, die das Steuersystem vollkommen neu konzipieren, gab es in der Vergangenheit einige. Es sind jedoch die praxisnahen Vorschläge, die realistische Chancen zur Umsetzung haben.
Das Steuerrecht ist ein Rechtsgebiet, das durch stetige Änderungen und Weiterentwicklungen an Komplexität zugenommen hat. Es ist Aufgabe der Politik, für den Rückbau der komplexen Strukturen zu sorgen und somit die Attraktivität des Standorts sowie die Effektivität der Verwaltung zu erhöhen. Dazu muss das Steuerrecht vereinfacht und bürgernah gestaltet werden. Die Vorschläge der Expertenkommissionen liefern hierzu wichtige Impulse.
Den Expertinnen und Experten ist für ihren großen Einsatz und die geleistete Arbeit zu danken: Es ist beeindruckend, dass sie die Berichte in lediglich neun Monaten fertiggestellt haben.