- Die Bundesrepublik Deutschland feiert in diesem Jahr ihr 75-jähriges Jubiläum: Am 24. Mai 1949 ist das Grundgesetz in Kraft getreten. Am 20. September 1949 wurde das BMF eingerichtet.
- Die im September 2024 herausgegebene Festschrift „75 Jahre Finanzen für unsere Demokratie – 75 Jahre Bundesministerium der Finanzen“ blickt in sechs Kapiteln auf die ereignisreiche Geschichte der deutschen Finanzpolitik und ihre enge Verbindung mit dem demokratischen Weg Deutschlands zurück.
- Der Band bietet eine doppelte Perspektive: Zum einen beleuchtet er die Historie der bundesdeutschen Finanzpolitik und der Finanzverfassung. Zum anderen enthält er in Porträts und Interviews einzigartige persönliche Einblicke und Erinnerungen aus erster Hand von den Menschen, die dieses Haus und seine Politik beeinflusst haben.
- Dieser Artikel beinhaltet einen Auszug aus dem Band zur Entwicklung des BMF als Organisation seit dem Jahr 1949.
75 Jahre BMF – Die organisatorische Entwicklung im Laufe der Jahre
Das Grundgesetz erwähnt nur drei Ministerien – eines davon ist das BMF. Es wurde mit der Bildung der ersten Bundesregierung am 20. September 1949 geschaffen, erster Bundesminister war Fritz Schäffer, der durch den beamteten Staatssekretär Alfred Hartmann vertreten wurde. Seit seiner Gründung wurde das Haus durch insgesamt 20 Minister geführt. Der Minister mit der längsten Amtszeit war Dr. Theo Waigel, der fast zehn Jahre lang Bundesfinanzminister war (21. April 1989 – 27. Oktober 1998); der vereidigte Minister mit der kürzesten Amtszeit war Kurt Schmücker, der weniger als einen Monat im Amt blieb (8. November bis 30. November 1966).
Im Jahr 2024 blickt das Ministerium auf eine 75-jährige Geschichte zurück. Die gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen von über sieben Jahrzehnten sind naturgemäß an diesem Haus nicht spurlos vorübergegangen. Das zeigt auch die kontinuierliche Weiterentwicklung der organisatorischen Struktur des Ministeriums.
Bei seiner Gründung umfasste das Haus sieben Abteilungen mit insgesamt 82 Referaten:
- Abteilung I: Organisation, Personalien, allgemeine Verwaltung, Beamten-, Versorgungs-, Besoldungs- und Tarifrecht
- Abteilung II: Allgemeine Finanzpolitik und öffentliche Finanzwirtschaft, Bundeshaushalt, Bundesvermögen, Baugruppe
- Abteilung III: Zölle und Verbrauchsteuern
- Abteilung IV: Besitz- und Verkehrsteuern
- Abteilung V: Wahrung, Geld und Kredit, Banken, Börsen, Versicherungen
- Abteilung VI: Rechtsangelegenheiten, Liquidation des Krieges
- Sonderabteilung: Besatzungslastenverwaltung
- Sondergruppe: Lastenausgleich
Während die Zollverwaltung nach 1945 zunächst den Ländern unterstellt war, wurde sie am 9. September 1950 mit Inkrafttreten des Ersten Finanzverwaltungsgesetzes dem BMF übertragen. Sie ist auch heute noch wichtiger Bestandteil der Bundesfinanzverwaltung. Eine weitere grundlegende Funktion nimmt die 1951 gegründete Bundesfinanzakademie wahr. Sie ist heute eine Unterabteilung innerhalb der Zentralabteilung des BMF und hat den in der Verfassung (Art. 108 Grundgesetz) angelegten Auftrag, Führungskräfte der Steuerverwaltung für ihre berufliche Handlungsfähigkeit aus- und fortzubilden.
In den 1950er-Jahren war die prägende Aufgabe für das Ministerium die Beseitigung der Kriegsfolgen und der beginnende Wiederaufbau. Bis zum Ende der Amtszeit Fritz Schäffers im Jahr 1957 blieb die Organisationsstruktur des Hauses im Wesentlichen unverändert. Mit der Bildung des dritten Kabinetts Adenauer im Oktober 1957 wurden auch die Geschäftsbereiche der Ministerien neu gefasst. Die Zuständigkeiten für das allgemeine Beamten-, Soldaten-, Versorgungs- und Tarifrecht gab das BMF an das Bundesministerium des Innern ab. Zugleich wurden die Unternehmensbeteiligungen sowie die Liegenschaftsverwaltung und das Bauwesen an das neu gegründete Bundesministerium für den wirtschaftlichen Besitz des Bundes (später Bundesschatzministerium) abgegeben. Wesentliche Teile dieser Aufgaben wurden 1969 nach Bildung des Kabinetts Brandt mit der Auflösung des Bundesschatzministeriums wieder in den Geschäftsbereich des BMF zurückverlagert. Im Gegenzug verlor das Haus die Zuständigkeiten für den Bundesfinanzhof und die Finanzgerichtsordnung an das Bundesministerium der Justiz.
1967 wurde erstmals ein zweiter beamteter Staatssekretär ernannt. Zudem erhielt das Haus mit Albert Leicht auch einen Parlamentarischen Staatssekretär, der den Minister vornehmlich bei der Erfüllung seiner politischen Aufgaben entlasten sollte. Im Mai 1971 wurde das Haus mit dem Bundesministerium für Wirtschaft zum Bundesministerium für Wirtschaft und Finanzen unter Bundesminister Prof. Dr. Karl Schiller zusammengeführt. Diese Entscheidung wurde jedoch im Dezember 1972 wieder aufgehoben, da sie sich in der Praxis nicht bewährt hatte. Das BMF erhielt in diesem Zusammenhang unter Bundesfinanzminister Helmut Schmidt auch die Zuständigkeiten für das Geld-, Kredit- und Wahrungswesen sowie für die Bank-, Börsen- und Versicherungspolitik. Die Bauaufgaben gingen auf das Bundesministerium für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau über.
Das bedeutendste Ereignis der deutschen Nachkriegsgeschichte ist sicherlich die friedliche Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten, die auch für das BMF erhebliche Veränderungen mit sich brachte. Zum einen galt es, eine Vielzahl einigungsbedingter Aufgaben zu bewältigen. Dies betraf nahezu alle Bereiche des Hauses. Darüber hinaus erhielt das BMF innerhalb der Bundesregierung die federführende Zuständigkeit für die Treuhandanstalt und die dort gebündelten, ehemals volkseigenen Betriebe der DDR. Zur Bewältigung dieses komplexen Themas wurde die infolge umfangreicher Privatisierungen zum 1. Januar 1989 aufgelöste Abteilung VIII (industrielles Bundesvermögen) im Jahr 1990 mit der Aufgabenbezeichnung „Bundesbeteiligungen, Treuhandanstalt“ wieder neu eingerichtet.
Zum anderen sollte der Beschluss des Deutschen Bundestags vom 20. Juni 1991 für Berlin als künftigen Regierungssitz der Bundesrepublik Deutschland umgesetzt werden. Am 12. Oktober 1993 entschied die Bundesregierung, bis zum Jahr 2000 nach Berlin umzuziehen. Das BMF gehörte zu den Ressorts, die ihren ersten Dienstsitz in Berlin haben sollten. Das Haus musste insbesondere zwei Herausforderungen bewältigen:
- die bauliche und technische Herrichtung der künftigen Berliner Dienstliegenschaft sowie
- die Auswahl des vom Regierungsumzug betroffenen Personals.
Bereits kurz nach der Wiedervereinigung hatten Außenstellen des BMF und des Bundesrechnungshofs das heutige Detlev-Rohwedder-Haus in der Wilhelmstraße in Berlin-Mitte bezogen. Die übrigen der insgesamt 2100 Räume des Gebäudes nutzte von 1991 bis 1994 überwiegend die Treuhandanstalt. Nach der Ermordung des ersten Präsidenten der Treuhandanstalt Detlev Rohwedder erhielt das Gebäude am 1. April 1992 auf Anregung des damaligen Bundesfinanzministers Dr. Theo Waigel seinen heutigen Namen: Detlev-Rohwedder-Haus. Das Gebäude selbst mahnt nicht nur über seinen Namensgeber zu Verantwortung und Erinnerung: Ursprünglich auf Wunsch des Nationalsozialisten Hermann Göring als Reichsluftfahrtministerium erbaut, wurde es nach Gründung der DDR im Jahr 1949 das „Haus der Ministerien“, die Machtzentrale des SED-Regimes. Vor der Wiedervereinigung lag das große Gebäude in der Wilhelmstraße genau auf der innerdeutschen Grenze zwischen Ost- und Westdeutschland. Der Verantwortung dieser belasteten Geschichte versucht das BMF heute gerecht zu werden, indem es die Vergangenheit des Gebäudes thematisiert, darüber aufklärt und dazu das Gespräch sucht. Jedes Jahr nutzen Tausende Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit, über den Besucherdienst an historischen Führungen durch das monumentale Bauwerk teilzunehmen oder sich mithilfe von Publikationen des BMF über die Vergangenheit des Gebäudes zu informieren.
Festschrift „75 Jahre Finanzen für unsere Demokratie“
Interessierte Bürgerinnen und Bürger können sich ein Exemplar über die Website des BMF bestellen.
1999 wurde der erste Dienstsitz des BMF vom Rhein an die Spree verlegt. Ein Großteil der Beschäftigten verrichtet mittlerweile den Dienst in Berlin statt in Bonn. Auch die anfangs bestehende Aufsplitterung einzelner Organisationseinheiten auf die beiden Dienstsitze konnte weitgehend aufgelöst werden. Durch den Einsatz moderner Informationstechnik (z. B. Videokonferenzen) gestaltet sich die Zusammenarbeit mit dem Dienstsitz in Bonn und den anderen Ressorts problemlos. Die Notwendigkeit, zwischen Bonn und Berlin zu pendeln, konnte dadurch auf ein Mindestmaß reduziert werden.
Der Aufgabenbereich des BMF beschränkt sich jedoch nicht nur auf Deutschland. Gerade seit den 1990er-Jahren ist das BMF auch zum internationalen Akteur geworden. Die europäische und die internationale Finanzpolitik sind inzwischen zu elementaren Säulen der Arbeit im BMF geworden. Die Bedeutung der Entscheidungen auf europäischer Ebene hat mit den Jahren stetig zugenommen. Wurden Fragen im Zusammenhang mit der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und später der Europäischen Gemeinschaft (EG) anfangs noch in der Unterabteilung V B wahrgenommen, war es nur folgerichtig, dass im Jahr 1992 eine Abteilung IX (Internationale Währungs- und Finanzbeziehungen, Finanzbeziehungen zu der EG) – seit 1998 Abteilung E – eingerichtet wurde. Die heutige Abteilung E ist inzwischen auch zuständig für die internationale Finanzpolitik. Damit ist sichergestellt, dass diese eng verflochtenen Bereiche aus einer Hand betreut werden.
Mit der Auflösung des Bundesministeriums für Post und Telekommunikation übernahm das BMF zum 1. Januar 1998 die Zuständigkeiten für die Beteiligungs- und Privatisierungspolitik und die Beteiligungsverwaltung der Unternehmen Telekom, Postbank, Post und Bundesdruckerei, für die Rechts-und Fachaufsicht über die Bundesanstalt für Post und Telekommunikation sowie für Postwertzeichen.
2005 wurde mit Gründung der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben die bisherige Abteilung VI (Bundesliegenschaften) aufgelöst. Mit der Übernahme des Vizekanzleramts durch Bundesfinanzminister Olaf Scholz wurden 2018 die Arbeitseinheiten des bisherigen Leitungsstabs unter entsprechender personeller Verstärkung in die neue Abteilung L überführt.
Heute wird das Haus durch Bundesminister Christian Lindner geleitet, der dabei durch die Parlamentarische Staatssekretärin Katja Hessel und den Parlamentarischen Staatssekretär Dr. Florian Toncar sowie durch die Staatssekretärin Prof. Dr. Luise Hölscher und die Staatssekretäre Steffen Saebisch, Dr. Wolf Heinrich Reuter und Heiko Thoms unterstützt wird. Das Haus gliedert sich im Jahr 2024 in insgesamt zehn Abteilungen mit 33 Unterabteilungen und 191 Referaten.
Die gewachsenen Aufgaben sowie die gesellschaftlichen und politischen Änderungen spiegeln sich auch in der personellen Entwicklung des Hauses wider. Das zeigt sich einerseits an der Anzahl der Stellen, die im Jahr 1950 bei insgesamt 780 lag und bis zur Wiedervereinigung im Jahr 1989 auf 1.649 Stellen anstieg. Im Jahr 2024 verfügt das Haus über 2.187,5 Planstellen/Stellen. Waren in den ersten Jahrzehnten Führungspositionen nahezu ausschließlich mit Männern besetzt, so hat sich das Bild inzwischen deutlich verändert. Noch 1999 betrug der Frauenteil in Führungspositionen 9 Prozent, im gesamten höheren Dienst des Hauses lediglich 19,9 Prozent. Der Anteil der Frauen in Führungspositionen konnte von 1999 bis heute auf 38 Prozent gesteigert werden. Hervorzuheben ist insbesondere die Entwicklung des Frauenanteils bei den Abteilungsleitungen. Der Anteil stieg von 20 Prozent im Jahre 2019 auf 40 Prozent im Jahre 2023 und verdoppelte sich damit. Im Januar 2022 wurde mit Prof. Dr. Luise Hölscher erstmals auch eine beamtete Staatssekretärin ernannt.
In den vergangenen Jahren hat das BMF zudem die Bemühungen verstärkt, mehr Diversität und Inklusion in der Belegschaft zu fördern: 2021 unterzeichnete das BMF die „Charta der Vielfalt“ mit dem Ziel, ein wertschätzendes, chancenoffenes Arbeitsumfeld für alle Beschäftigten zu schaffen – unabhängig von Alter, ethnischer Herkunft und Nationalität, Geschlecht und geschlechtlicher Identität, körperlichen und geistigen Fähigkeiten, Religion und Weltanschauung, sexueller Orientierung und sozialer Herkunft. Außerdem bietet das BMF im Rahmen des Projekts „Vielfalt im Amt“ mehrere Plätze für Hospitantinnen und Hospitanten mit Migrationshintergrund an. Die Inklusionsvereinbarung des Hauses zielt darauf ab, die gleichberechtigte Teilhabe schwerbehinderter Menschen im BMF aktiv zu unterstützen und weiter voranzubringen.
Auch die Arbeitsformen im BMF haben sich – maßgeblich auch durch die Corona-Pandemie – stark verändert. Die Beschäftigten können heute zeitlich und örtlich flexibel arbeiten und somit auch Beruf und Familie besser in Einklang bringen. Mit der Einführung der E-Akte Bund werden in Zukunft nahezu alle Bearbeitungsprozesse elektronisch ablaufen.
Die Aufgaben des Hauses entwickeln sich weiterhin dynamisch. Neben den klassischen Kernaufgaben im Haushalt sowie im Bereich der Steuer- und Finanzpolitik, die das Haus bereits seit seiner Gründung wahrnimmt, ergeben sich durch gesellschaftliche und politische Entwicklungen stets neue Herausforderungen, auf die sich das Haus einstellen muss. Beispiele sind aktuelle Krisenlagen und kriegerische Entwicklungen, die Bekämpfung der Finanzkriminalität, aber auch die immer weiter voranschreitende Digitalisierung und die Entwicklung der künstlichen Intelligenz.
Den digitalen Wandel der Verwaltung gestaltet das BMF als Infrastrukturministerium und agiert dabei als Impulsgeber im Bereich innovativer Lösungsansätze, die auf künstlicher Intelligenz und Cloud-Technologien basieren. Durch die Digitalisierung ermöglicht das BMF zudem einen nutzerfreundlichen, modernen Kontakt für die Bürgerinnen und Bürger, die zeit- und ortsunabhängig auf Dienstleistungen der Finanzverwaltung zugreifen können.
Auch in Zukunft wird das BMF spannende und herausfordernde Aufgaben zu bewältigen haben. Die gesellschaftlichen, politischen und technischen Entwicklungen werden – wie auch in der Vergangenheit – die Struktur des Hauses nachhaltig prägen und verändern. Wie diese Entwicklungen von Insidern selbst erlebt wurden und werden und vieles mehr kann im Band „75 Jahre Finanzen für unsere Demokratie – 75 Jahre Bundesministerium der Finanzen“ nachgelesen werden.