- Das BMF erstellt jährlich eine Statistik über die Ergebnisse der Verfolgung von Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten sowie über die Ergebnisse der Steuerfahndung. Die Statistik wird auf der Grundlage der Meldungen aller Länder erstellt.
- Im Jahr 2023 wurden in den Bußgeld- und Strafsachenstellen der Finanzämter bundesweit insgesamt rund 47.900 Strafverfahren wegen Steuerstraftaten bearbeitet. Zudem wurden rund 5.000 Bußgeldverfahren abgeschlossen und für die wichtigsten Tatbestände der Steuerordnungswidrigkeiten Bußgelder in einer Gesamthöhe von circa 16 Mio. Euro festgesetzt.
- Im selben Zeitraum erledigte die Steuerfahndung bundesweit insgesamt 34.600 Fälle. Dabei wurden Mehrsteuern in Höhe von rund 2,5 Mrd. Euro festgestellt und Freiheitsstrafen in einem Gesamtumfang von 1.460 Jahren verhängt.
Einleitung
Steuerhinterziehung oder andere Formen der Steuerstraftaten sind keine Kavaliersdelikte. Es sind Straftaten, die der Gemeinschaft die finanziellen Grundlagen entziehen. Steuereinnahmen sind notwendig, damit ein Staat seinen Aufgaben gerecht werden und funktionieren kann. Es ist ein Gebot der Gerechtigkeit, dass alle nach ihrer Leistungsfähigkeit und ihrem Einkommen einen angemessenen Anteil an den Steuerzahlungen tragen. Wer sich dem auf illegale Weise entzieht, handelt zutiefst unsolidarisch.
Zu den Steuerstraftaten und diesen gleichgestellten Straftaten, die in der Statistik erfasst werden, gehört die Steuerhinterziehung nach § 370 der Abgabenordnung (AO) genauso wie z. B. die gewerbs- und bandenmäßige Schädigung des Umsatzsteueraufkommens nach § 26c des Umsatzsteuergesetzes (UStG). Diese Taten werden in der Regel mit einer Geld- oder Freiheitsstrafe geahndet.
Steuerordnungswidrigkeiten sind demgegenüber Zuwiderhandlungen, die nach den Steuergesetzen mit einer Geldbuße geahndet werden können, wie z. B. die leichtfertige Steuerverkürzung (Leichtfertigkeit) nach § 378 AO oder die Gefährdung von Abzugsteuern nach § 380 AO.
Leichtfertigkeit ist eine besondere Form der Fahrlässigkeit und liegt vor, wenn jemand in besonders großem Maße gegen Sorgfaltspflichten verstößt und ihm dieser Verstoß besonders vorzuwerfen ist, weil er die Folgen leicht hätte vorhersehen und vermeiden können.
Im Folgenden werden die Ergebnisse der Verfolgung von Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten im Jahr 2023 dargestellt. Die Darstellung erfolgt getrennt nach der Arbeit der Bußgeld- und Strafsachenstellen der Finanzämter auf der einen Seite und der Arbeit der Steuerfahndung auf der anderen Seite. In den Statistiken werden die Besitz- und Verkehrsteuern erfasst, welche von den Ländern verwaltet werden.
Besitz- und Verkehrsteuern
Besitzsteuern knüpfen an den Ertrag beziehungsweise das Einkommen (z. B. Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer) oder das Vermögen (z. B. Erbschaftsteuer) an. Verkehrsteuern sind Steuern, die Vorgänge des Rechts- und Wirtschaftsverkehrs erfassen (z. B. Umsatzsteuer).
Arbeitsergebnisse der Bußgeld- und Strafsachenstellen
Soweit nicht die Staatsanwaltschaft zuständig ist, obliegt die Ermittlung und Verfolgung von Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten den Bußgeld- und Strafsachenstellen der (Landes-) Finanzämter. Sie entscheiden über die Einleitung oder auch über Einstellung eines Steuerstraf- oder Bußgeldverfahrens, können Strafbefehle beantragen, die Strafsache gegebenenfalls an die zuständige Staatsanwaltschaft abgeben und auch Bußgeldbescheide erlassen.
Verfolgung von Steuerstraftaten
Im Jahr 2023 haben die Bußgeld- und Strafsachenstellen der Finanzämter bundesweit insgesamt 47.884 Strafverfahren abgeschlossen.
Unter den 19.114 eingestellten Steuerstrafverfahren nach § 170 Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO) waren 4.792 Verfahren nach Selbstanzeigen wegen Steuerhinterziehung mit einem hinterzogenen Betrag bis 25.000 Euro. In weiteren 227 Fällen erfolgte ein Absehen von der Verfolgung in besonderen Fällen, und zwar gegen Zahlung eines Geldbetrags an die Staatskasse von insgesamt circa 4,6 Mio. Euro. Die 11.254 Einstellungen der Steuerstrafverfahren bei Erfüllung von Auflagen und Weisungen nach § 153a StPO waren mit Geldauflagen in Höhe von 44,2 Mio. Euro verbunden.
Bei dem Absehen von der Verfolgung in besonderen Fällen
handelt es sich um Selbstanzeigen wegen Steuerhinterziehung mit einem hinterzogenen Steuerbetrag von mehr als 25.000 Euro. Von der Strafverfolgung wird gemäß § 398a AO abgesehen, wenn der Steuerpflichtige – zusätzlich zur Nachentrichtung der Steuer – einen Geldbetrag in folgender Höhe an die Staatskasse zahlt:
- 10 Prozent der hinterzogenen Steuer, wenn der Hinterziehungsbetrag 100.000 Euro nicht übersteigt;
- 15 Prozent der hinterzogenen Steuer, wenn der Hinterziehungsbetrag 100.000 Euro übersteigt und 1 Mio. Euro nicht übersteigt;
- 20 Prozent der hinterzogenen Steuer, wenn der Hinterziehungsbetrag 1 Mio. Euro übersteigt.
Die Staatsanwaltschaften und Gerichte schlossen im gleichen Zeitraum 9.951 Strafverfahren rechtskräftig ab.
Die 1.314 Fälle der Einstellung der Steuerstrafverfahren durch die Staatsanwaltschaften und Gerichte bei Erfüllung von Auflagen und Weisungen nach § 153a StPO waren mit Geldauflagen von circa 21,1 Mio. Euro verbunden. In 31 Fällen der Selbstanzeige mit einem hinterzogenen Betrag von jeweils mehr als 25.000 Euro wurde gegen zusätzliche Zahlung eines Geldbetrags in Höhe von insgesamt circa 0,7 Mio. Euro von den Strafverfolgungen abgesehen.
Im Jahr 2023 ergingen 5.776 Urteile und Strafbefehle wegen Steuerhinterziehung nach § 370 AO. Den verhängten Freiheitsstrafen in einem Gesamtumfang von 1.553 Jahren und Geldstrafen von bundesweit 32,0 Mio. Euro lagen 835 Mio. Euro hinterzogene Steuern zugrunde.
Verfolgung der Steuerordnungswidrigkeiten
Neben den als Steuerstraftaten qualifizierten Delikten schlossen die Bußgeld- und Strafsachenstellen der Finanzämter im Berichtszeitraum bundesweit insgesamt 5.046 Bußgeldverfahren ab.
Bußgelder werden insbesondere wegen leichtfertiger Steuerverkürzung (§ 378 AO), Steuergefährdung (§ 379 AO), Gefährdung der Abzugsteuern (§ 380 AO), Schädigung des Umsatzsteueraufkommens (§ 26b UStG) sowie wegen Verstößen gegen das Steuerberatungsgesetz und das Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) festgesetzt. Des Weiteren werden Bußgeldbescheide auch in Fällen der Einziehung des Werts von Taterträgen gemäß § 29a OWiG erlassen.
Mit den rechtskräftig gewordenen Bußgeldbescheiden bezogen auf diese wichtigsten Tatbestände der Steuerordnungswidrigkeiten wurden Bußgelder in Höhe von 16,0 Mio. Euro festgesetzt. Der größte Teil – 7,5 Mio. Euro – entfiel auf Fälle der Einziehung des Werts von Taterträgen gemäß § 29a OWiG. Bußgelder in Höhe von 3,6 Mio. Euro entfielen auf Verstöße gegen das OWiG. Den Bußgeldverfahren wegen leichtfertiger Steuerverkürzung, für die Bußgelder von circa 1,0 Mio. Euro festgesetzt wurden, lagen verkürzte Steuerbeträge in Höhe von insgesamt 11,2 Mio. Euro zugrunde. Die Verfahren wegen Schädigung des Umsatzsteueraufkommens führten zu Bußgeldfestsetzungen von ebenfalls 1,0 Mio. Euro und basierten auf nicht oder nicht vollständig entrichteter Umsatzsteuer in Höhe von 51,5 Mio. Euro.
Ergebnisse der Steuerfahndung
Tätigkeitsgebiet der Steuerfahndung
Nicht alle Steuerpflichtigen kommen ihren steuerlichen Pflichten – also der Erklärung der Einkünfte – in dem gesetzlich vorgeschriebenen Umfang nach. Haben Steuerpflichtige gegenüber der Finanzverwaltung vorsätzlich unvollständige oder unrichtige Angaben gemacht, sodass Steuern nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden konnten, kann es sich um Steuerhinterziehung handeln. In diesem sowie in anderen als Steuerstraftat definierten Fällen wird die Steuerfahndung tätig. Dabei handelt es sich um mit besonderen Befugnissen ausgestattete Beschäftigte der Finanzbehörden.
Entsprechend der Verwaltungszuständigkeit sind die Länderbehörden für die Aufdeckung und Verfolgung von Steuerstraftaten beziehungsweise Steuerordnungswidrigkeiten im Bereich der Besitz- und Verkehrsteuern zuständig. In einigen Ländern ist die Steuerfahndung den Finanzämtern angegliedert, in anderen Ländern wurden eigenständige Finanzämter für Steuerfahndung eingerichtet.
Die Steuerfahndungsdienste der Länder leisten einen wichtigen Beitrag zur Sicherung des Steueraufkommens. Im Folgenden werden die Ergebnisse der Steuerfahndung der Länder für das Jahr 2023 vorgestellt. Darin nicht enthalten sind die besonderen Verbrauchsteuern, die Einfuhrumsatzsteuer und steuerliche Nebenleistungen wie z. B. Kosten, Verspätungszuschläge und Zwangsgelder. Ebenfalls nicht in der Statistik erfasst sind Mehrergebnisse aufgrund von Selbstanzeigen.
Anzahl der Ermittlungsfälle
Die Fahndungsstellen der Länder führen hauptsächlich Fahndungsprüfungen durch, sind aber in den vergangenen Jahren in hohem Maße auch mit der Erledigung von Amts- und Rechtshilfeersuchen beschäftigt. Amts- und Rechtshilfeersuchen werden von anderen Behörden an eine Fahndungsstelle gerichtet, um Amtshandlungen, wie z. B. die Beschaffung von Beweismitteln, für die ersuchende Behörde vornehmen zu lassen.
Im Jahr 2023 erledigten die Steuerfahndungen der Länder insgesamt 34.623 Prüfungen, davon 23.737 Fahndungsprüfungen und 10.886 Prüfungen aufgrund nationaler und internationaler Amts- und Rechtshilfeersuche.
Festgestellte Mehrsteuern
Die Fahndungsprüfungen werden nach Vorliegen eines Anfangsverdachts eingeleitet. In den Fahndungsprüfungen ermitteln die Steuerfahnder sämtliche Besteuerungsgrundlagen des betroffenen Steuerpflichtigen. Im Strafverfahren werden dann die Ermittlungsergebnisse auf ihre strafrechtliche Relevanz geprüft. Statistisch erfasst wurden für das Jahr 2023 die vorläufig festgestellten Mehrergebnisse der Steuerfahndung. Die Erfassung der vorläufigen Ergebnisse ermöglicht eine periodengerechte Betrachtungsweise in Bezug auf die im Jahr abgeschlossenen Fahndungsprüfungen. Ausgewiesen werden sämtliche Ergebnisse der Steuerfahndung, die in die Steuerfestsetzung eingegangen sind, unabhängig davon, ob sie auch in die Strafzumessung eingegangen sind.
Im Jahr 2023 wurden durch die Steuerfahndungsstellen der Länder Mehrergebnisse von insgesamt circa 2,5 Mrd. Euro festgestellt.
Das als Ergebnis der Tätigkeit der Steuerfahndung vorläufig festgestellte Mehrergebnis unterscheidet sich vom kassenmäßig vereinnahmten und damit dem Staatshaushalt zugeflossenen Mehrergebnis. Ursache hierfür sind von der Steuerfahndung nicht zu beeinflussende Faktoren wie z. B. Rechtsbehelfsverfahren, Insolvenz der Steuerpflichtigen oder eine Verschlechterung ihrer Einkommens- und Vermögenslage.
Einleitung und Abschluss von Strafverfahren
Auf der Grundlage von Ermittlungen der Steuerfahndung wurden im Jahr 2023 bundesweit 8.298 Strafverfahren eingeleitet. Im Ergebnis der abgeschlossenen Strafverfahren verhängten die Gerichte sowohl Freiheitsstrafen von bundesweit 1.457 Jahren als auch Geldstrafen in Höhe von insgesamt 13,6 Mio. Euro.
In bestimmten Fällen sieht die Staatsanwaltschaft mit Zustimmung des zuständigen Gerichts von der Erhebung der öffentlichen Klage ab und erteilt Beschuldigten die Auflage, einen Geldbetrag zu zahlen (§153a StPO). Bundesweit wurden in diesen Fällen im vergangenen Jahr Geldbeträge von 23,3 Mio. Euro festgesetzt.
Leichtfertige Verstöße gegen die Steuergesetze werden mit einer Geldbuße gemäß dem OWiG geahndet. Im Jahr 2023 wurden Geldbußen in Höhe von 2,3 Mio. Euro rechtskräftig festgesetzt.