- Das Treffen der Beteiligungsführungen des Bundes und der Länder fand am 11. September 2024 in Präsenz im BMF in Berlin und Bonn sowie in Form einer Videokonferenz statt.
- Der Schwerpunkt der Veranstaltung lag auf dem Thema Nachhaltigkeit, bedingt durch neue gesetzliche Anforderungen und damit verbundenen Herausforderungen für öffentliche Unternehmen. Hierbei ist es wichtig, Bürokratie zu vermeiden und der jeweiligen Unternehmensgröße Rechnung zu tragen, um ein Asset für die Unternehmen zu erzeugen.
- Gute Corporate-Governance-Strukturen leisten einen wichtigen Beitrag zur Bewältigung der Herausforderungen von heute. Die aktuellen Entwicklungen sowie das Ziel des Bürokratieabbaus beziehungsweise der Senkung von bürokratischen Anforderungen an die Unternehmen sind Hintergrund der fortwährenden Anpassung der „Grundsätze guter Unternehmens- und aktiver Beteiligungsführung im Bereich des Bundes“. Dazu gehören die nach Unternehmensgröße abgestufte Nachhaltigkeitsberichterstattung für Bundesunternehmen, die angepassten Vorgaben zur Abschlussprüfung an aktuelle gesetzliche Vorgaben und die Nachschärfung der Bedeutung der Kontrollsysteme über Empfehlungen an die Unternehmen.
- Die Nutzung von Digitalisierungspotenzialen ist bei den Bundesunternehmen weiterhin voranzutreiben, um aktuelle regulatorische Anforderungen umsetzen zu können.
Inhalt
- Treffen der Beteiligungsführungen des Bundes und der Länder
- Reform der Nachhaltigkeitsberichterstattung bei Bundesunternehmen
- Prüfung des Nachhaltigkeitsberichts aus der Sicht eines Wirtschaftsprüfers
- Nachhaltigkeitsaktivitäten und Nachhaltigkeitsberichterstattung des Bundesunternehmens Bundesdruckerei Gruppe GmbH
- Schließung des Gender-Pay-Gap beim Bundesunternehmen Toll Collect GmbH
- Besetzung mitbestimmter Aufsichtsräte in Bundesmehrheitsbeteiligungen
- Weitere Themen der Konferenz
- Fazit der Konferenz
Treffen der Beteiligungsführungen des Bundes und der Länder
Der u. a. für Bundesbeteiligungen zuständige Abteilungsleiter des BMF Stefan Ramge begrüßte am 11. September 2024 die 190 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus den Finanzressorts der Bundesländer, den Bundesressorts sowie aus dem Bundesrechnungshof, die entweder vor Ort im BMF in Berlin anwesend oder per Videokonferenzsystem zugeschaltet waren. Das Treffen stand unter dem Hauptthema Nachhaltigkeit. Stefan Ramge hob hervor, dass viele neue gesetzliche Anforderungen für die Nachhaltigkeitsberichterstattung eine Herausforderung für öffentliche Unternehmen darstellten. Hierbei sei es wichtig, Bürokratie zu vermeiden und der jeweiligen Unternehmensgröße im Sinne des Proportionalitätsgedankens Rechnung zu tragen, um ein Asset für die Unternehmen zu erzeugen.
Das 37. Treffen der Beteiligungsführungen des Bundes und der Länder spiegelte thematisch die aktuellen Herausforderungen in der Praxis der Unternehmens- und Beteiligungsführung wider. Die Überlegungen des Bundes waren Ausgangspunkt für den gemeinsamen Austausch.
Reform der Nachhaltigkeitsberichterstattung bei Bundesunternehmen
Die Anpassung des Systems der bisherigen nichtfinanziellen Erklärung an neue Standards für künftige Geschäftsjahre mit der Reform der Nachhaltigkeitsberichterstattung ist eine große Herausforderung für die Bundesunternehmen und nicht unproblematisch. Eine Vertreterin des Grundsatzreferats für Beteiligungen des BMF stellte das Problem und Lösungsansätze dar. Jedes Bundesunternehmen muss grundsätzlich einen Nachhaltigkeitsbericht – unabhängig von der Unternehmensgröße – erstellen, da für alle Bundesunternehmen bislang in der Bundeshaushaltsordnung (BHO) nur pauschal auf das Dritte Buch Handelsgesetzbuch für große Kapitalgesellschaften verwiesen wird. Hierfür wurde vom Bund nunmehr in § 65 Abs. 1 Nr. 4 BHO eine Öffnungsklausel zur Anpassung des entsprechenden Gesellschaftsvertrags beziehungsweise der Satzung in das parlamentarische Verfahren eingebracht, wonach jedes Bundesunternehmen künftig einen Nachhaltigkeitsbericht – abgestuft nach seiner tatsächlichen Unternehmensgröße – erstellen muss (Stufenmodell). Die Weiterentwicklung dieses Stufenmodells der Nachhaltigkeitsberichterstattung wurde vertiefend erläutert. Es wurde verdeutlicht, dass das Stufenmodell für Bundesunternehmen die Wirtschaftlichkeit und den Bürokratieabbau bei nichtkapitalmarktorientierten kleinen und mittelgroßen Unternehmen sowie bei Kleinstkapitalgesellschaften berücksichtigt und damit einer unnötigen Ausweitung von Reportingpflichten für diese Unternehmen entgegengewirkt werde.
Prüfung des Nachhaltigkeitsberichts aus der Sicht eines Wirtschaftsprüfers
Ein Wirtschaftsprüfer erläuterte die regulatorischen Grundlagen zur Prüfung des Nachhaltigkeitsberichtes nach der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) der Europäischen Union (EU) und der geplanten Umsetzung in Deutschland nach dem Regierungsentwurf zum CSRD-Umsetzungsgesetz. Dabei ging er auf die Prüfungsansätze im Rahmen der Abschlussprüfung von Unternehmen ein. Grundsätzlich prüft der Abschlussprüfer die Finanzberichterstattung. Der Nachhaltigkeitsbericht, der künftig Teil des Lageberichts eines Unternehmens ist, muss einer gesonderten Prüfung unterzogen werden, die durch den Wirtschaftsprüfer erfolgen soll. Derzeit erfülle nur der Wirtschaftsprüfer die entsprechenden Standards hinsichtlich der Ausbildung, Eignungsprüfung, Qualitätskontrolle, Haftung und Aufsicht.
Der Wirtschaftsprüfer stellte die Bestätigungsvermerke für die Abschlussprüfung und die Nachhaltigkeitsberichterstattung vor und erläuterte die Unterschiede der Prüfung mit „begrenzter Sicherheit“ gegenüber der Prüfung mit „hinreichender Sicherheit“. Bis zur Verabschiedung europäischer Standards für die Prüfung mit „begrenzter Sicherheit“ (bis 1. Oktober 2026) und mit „hinreichender Sicherheit“ (bis 1. Oktober 2028) können die europäischen Mitgliedstaaten die nationalen Prüfungsstandards anwenden oder geeignete Standards mit dem Auftraggeber vereinbaren, nach denen geprüft wird.
Die Wirtschaftsprüfer und die zu prüfenden Unternehmen stehen vor der großen Herausforderung, dass das berichtende Unternehmen die Prüffähigkeit der Berichte für den Wirtschaftsprüfer sicherstellen muss. Das bedeute für die Unternehmen, insbesondere die Prüfungsprozesse durch frühzeitige Bereitstellung von Informationen an den Wirtschaftsprüfer zu unterstützen, regelmäßig mit dem Wirtschaftsprüfer über den Fortschritt der Prüfung oder über offene Punkte zu kommunizieren und neue Erkenntnisse während der Prüfung proaktiv zu erklären beziehungsweise zu dokumentieren. Die Darstellung der Berichte müsse sich für den Wirtschaftsprüfer transparent, verständlich sowie nachvollziehbar abbilden. Zur Gewährleistung der Prüffähigkeit hätten die Unternehmen ein internes Kontrollsystem aufzubauen.
Der Wirtschaftsprüfer schätzte ein, dass es Prüfungen mit „begrenzter Sicherheit“ zu den ersten Nachhaltigkeitsberichten durch den Berufsstand der Wirtschaftsprüfer für das Berichtsjahr 2024 im Jahr 2025 geben werde, auch wenn noch keine einheitlichen europäischen Berichtsstandards vorlägen und die Umsetzung der CSRD in nationales Recht noch nicht abgeschlossen sei.
Nachhaltigkeitsaktivitäten und Nachhaltigkeitsberichterstattung des Bundesunternehmens Bundesdruckerei Gruppe GmbH
Eine Vertreterin der Bundesdruckerei Gruppe GmbH berichtete aus der Praxis über Nachhaltigkeitsaktivitäten und die künftige Nachhaltigkeitsberichterstattung am Beispiel des Bundesunternehmens Bundesdruckerei Gruppe GmbH. Sie erläuterte den rechtlichen Rahmen der Nachhaltigkeitsberichterstattung nach CSRD einschließlich der sich aus den European Sustainability Reporting Standards ergebenden Berichtspflichten für das Unternehmen ab dem Geschäftsjahr 2025. Sie verdeutlichte, dass ein wesentlicher Bestandteil für die Berichterstattung nach CSRD in der Erstellung einer stets anzupassenden Wesentlichkeitsanalyse liege. Seit dem Jahr 2022 durchlief das Unternehmen bereits zwei Wesentlichkeitsanalysen, um sich auf die CSRD-Berichtspflichten vorzubereiten. Sie stellte die hohen und neuen Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichterstattung aus der Unternehmensperspektive vor. Darüber hinaus erläuterte sie den Prozess des Reporting-Projekts seit dem Jahr 2022. In dem Prozess sind anhand der Wesentlichkeitsanalyse insbesondere die relevanten Inhalte für die künftige Nachhaltigkeitsberichterstattung zu ermitteln, prüfungsfähige Dokumentationen der Prozesse und Angaben zu Konzepten, Maßnahmen und Zielen sowie Kennzahlen zu erstellen und bei neuen quantitativen Angaben auch entsprechend erforderliche Prozesskonzeptionen zu erarbeiten. Gewinnbringend würde aufgrund der hohen Anforderungen an die Berichtspflicht – insbesondere mit Blick auf die Prüffähigkeit der Angaben – eine „Tandemlösung“ in der Zusammenarbeit der Nachhaltigkeitsabteilung und der Finanzabteilung genutzt werden. An einem Beispiel erläuterte sie die einzelnen Schritte, anhand derer das Unternehmen von einer Nachhaltigkeitsstrategieentwicklung hin zu einer Nachhaltigkeitsstrategieumsetzung gelange, die sich zudem in einer transparenten Nachhaltigkeitsberichterstattung widerspiegele.
Schließung des Gender-Pay-Gap beim Bundesunternehmen Toll Collect GmbH
Ein Vertreter des Bundesunternehmens Toll Collect GmbH stellte mit dem Gender-Pay-Gap ein Thema vor, das sich auch aus dem Thema Nachhaltigkeit ableiten lässt. Hierzu erläuterte er die Eckdaten zu dem Unternehmen und berichtete insbesondere über Fakten und Zahlen zur Beschäftigtenstruktur der Toll Collect GmbH. Dabei erläuterte er das Geschlechterverhältnis, die durchschnittliche Altersstruktur, die durchschnittliche Betriebszugehörigkeit und das Verhältnis zwischen Voll- und Teilarbeitszeitmodell. Eine Analyse zum Gender-Pay-Gap habe zum Ergebnis gehabt, dass im Unternehmen auf höher vergüteten Positionen mehr Männer und auf geringer vergüteten Positionen mehr Frauen tätig seien. Die Vergütungslücken zwischen Männern und Frauen gelte es, zu schließen. Er stellte den Prozess der Vergütungsanalyse vor, der seit dem Jahr 2018 bis heute läuft, um die Schließung des Gender-Pay-Gap durchzusetzen.
Die Herausforderung bei der Ermittlung des Gender-Pay-Gap sei insbesondere die Beantwortung der Fragen: Was wird verglichen, was ist der Maßstab des Vergleichs? Vergleichsgruppen seien auf der Grundlage von Tätigkeiten abgebildet worden, die gleich oder gleichwertig im Sinne von Arbeiten mit ähnlichen Anforderungen an Qualifikation, Kompetenz, Verantwortung und Arbeitsbedingungen seien. Im Jahr 2023 haben sich die Beschäftigten auf transformierte Stellen neu bewerben können. Das habe die Möglichkeit einer faireren Geschlechterverteilung in den Führungsebenen eröffnet. Die neue Führungsstruktur sei maßgeblich für die Erreichung der Geschlechtergerechtigkeit gewesen und sei es immer noch. Die Toll Collect GmbH nutze ein Vergütungssystem mit Gehaltsbändern und Jahreszielgehältern, denen die jeweiligen Funktionsstufen zugeordnet seien. Die Gehaltsbänder orientierten sich an den am Markt üblichen Gehältern. Unabhängige Dienstleister hätten für die Toll Collect GmbH bestätigt, dass die Funktionsstufen als Vergleichsgruppen geeignet seien und die Anforderungen im Rahmen der Gender-Pay-Gap-Analyse erfüllten. Neben dem regelmäßigen jährlichen Vergleich des Vergütungsniveaus sei auch die Überprüfung der Entgeltsystematik ein kontinuierlicher Prozess, der die Vergütungslücken schrittweise bis zu den Jahren 2024/2025 schließe.
Mit der Überprüfung und Schließung des Gender-Pay-Gap nimmt die Toll Collect GmbH ihre Verantwortung als Bundesunternehmen wahr und bereitet sich gleichzeitig auf die Umsetzung der EU-Entgelttransparenz-Richtlinie vor, die bis 7. Juni 2026 in deutsches Recht umzusetzen ist. Deren übergeordnetes Ziel ist es, die Lohntransparenz zu erhöhen, um geschlechtsspezifische Lohnunterschiede zu verringern und sicherzustellen, dass gleiche Arbeit gleich entlohnt wird.
Besetzung mitbestimmter Aufsichtsräte in Bundesmehrheitsbeteiligungen
Auch dieses Thema lässt sich aus dem Thema Nachhaltigkeit ableiten. Eine Vertreterin des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr stellte einen Lösungsansatz für ein Praxisproblem bei Mehrheitsbeteiligungen des Bundes bei der Besetzung von paritätisch mitbestimmten Aufsichtsräten mit Geschlechterquote von mindestens 30 Prozent vor, das aus der möglichen Nichterfüllung der Quote durch die Arbeitnehmerseite resultieren kann. Der Bund müsse diese Nichterfüllung ausgleichen und verstoße damit gegebenenfalls gegen das Bundesgremienbesetzungsgesetz. Der Lösungsansatz für dieses Problem beruhe auf der Getrennterfüllung der Quote nach § 96 Abs. 2 Satz 3 Aktiengesetz durch Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite. Voraussetzung wäre ein Mehrheitsbeschluss der jeweiligen (Arbeitnehmer- oder Arbeitgeber-)Bank zum Widerspruch gegen die Gesamterfüllung der Quote, der immer vor der Wahl dem Vorsitz des Aufsichtsrats und immer nur für die jeweils kommende Wahl zur Kenntnis gegeben werde. Vorteile dieser Lösung wären die Einhaltung des Bundesgremienbesetzungsgesetzes, das Bekenntnis zu klarer Verantwortung der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite, mögliche Planbarkeit der geschlechterbezogenen Aufsichtsratsbesetzungen für beide Bänke bis hin zur Sanktionierungsmöglichkeit auch der Arbeitnehmerseite bei Nichterfüllung.
Weitere Themen der Konferenz
Eine Vertreterin des Grundsatzreferats für Beteiligungen des BMF erläuterte zum Thema „Grundsätze guter Unternehmens- und aktiver Beteiligungsführung im Bereich des Bundes“ die aktuellen Entwicklungen und wichtigsten Updatethemen 2023, wie z. B. die gestufte Nachhaltigkeitsberichterstattung, die angepassten Vorgaben zur Abschlussprüfung an aktuelle gesetzliche Vorgaben und die Nachschärfung der Bedeutung der Kontrollsysteme und Empfehlungen zur Nutzung von Digitalisierungspotenzialen der Unternehmen. Punktuell werden die Grundsätze auch 2024 angepasst. Hintergrund sind aktuelle Entwicklungen, insbesondere das Ziel des Bürokratieabbaus beziehungsweise der Senkung von Anforderungen an die Unternehmen.
Eine Vertreterin und ein Vertreter aus dem Bundesministerium für Finanzen der Republik Österreich stellten das Beteiligungsmanagement der Republik Österreich vor. Ein Vertreter der Eidgenössischen Finanzverwaltung der Schweiz referierte kurz über die aktuellen Herausforderungen zur Public Corporate Governance in der Schweiz.
Eine Vertreterin der Abteilung VIII des BMF berichtete zum Thema „Digitalisierung der Beteiligungsführung“ über die Entwicklung des unter der Bezeichnung BeMIS (Beteiligungsmonitoring- und Informationssystem) bekannten Projekts. Die Software befinde sich derzeit in der Entwicklung. Sie stellte die digitale Lösung vor, die auf einer einheitlichen Datengrundlage durch eine zentrale Datenbank basiere. Die Inbetriebnahme der Software sei für Anfang des Jahres 2026 geplant.
Fazit der Konferenz
Zu allen Vorträgen der Konferenz gab es einen regen Erfahrungs- und Meinungsaustausch zwischen den Teilnehmerinnen und Teilnehmern von Bund und Ländern. Ergebnis war die Einigkeit darüber, dass zum Thema Nachhaltigkeit in Unternehmen mit Bundes- und Länderbeteiligung ein großes Interesse an der Expertise des BMF besteht.
Einhellig äußerten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sowohl während als auch im Nachgang der Konferenz dazu, dass das Treffen der Beteiligungsführungen des Bundes und der Länder zum wiederholten Male eine Plattform des konstruktiven und gewinnbringenden Dialogs für alle Beteiligten gewesen sei. Die Konferenz sei inzwischen eine feste Größe im Terminkalender der Beteiligungsführungen und man erwarte wieder spannende Themen und Vorträge im nächsten Jahr.