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BMF-Monatsbericht Dezember 2024

Inhalt

Fünftes Steuerforum der Finanzverwaltung

20.12.2024
  • Am 17. und 18. September 2024 fand das Fünfte Steuerforum der Finanzverwaltung in Berlin statt.
  • Expertinnen und Experten aus Finanzverwaltung, Rechtsprechung, Wissenschaft und Wirtschaft informierten und diskutierten auch in diesem Jahr über die neuesten Entwicklungen im nationalen und internationalen Steuerrecht.
  • Die diesjährige Veranstaltung behandelte aktuelle Fragen der Steuerpolitik, Organschaft, Personengesellschaftsbesteuerung, Verrechnungspreise sowie mobile Arbeit und Betriebsstätten im internationalen Steuerrecht.

Einleitung

Am 17. und 18. September 2024 luden das BMF und die Bundesfinanzakademie (BFA) zum fünften Mal zum Steuerforum der Finanzverwaltung nach Berlin ein. Die Veranstaltung bot Fachvorträge und Diskussionen zu aktuellen Themen aus Rechtsprechung, Gesetzgebung und Verwaltung. Dazu widmeten sich 37 Rednerinnen und Redner sowie Teilnehmerinnen und Teilnehmer in insgesamt sieben Gesprächsrunden dem breiten Spektrum aktueller steuerrechtlicher Themen, u. a. aktuellen Gesetzesvorhaben, gegenwärtigen Diskursen in der Kapitalgesellschafts- und Personengesellschaftsbesteuerung sowie derzeitigen Herausforderungen im internationalen Steuerrecht. Auch Themen abseits des Steuerrechts, wie etwa die in der Zukunft erforderlichen Fähigkeiten (sogenannte Future Skills) und die Führungskräfteentwicklung in der Steuerverwaltung, fanden Eingang in den Dialog des Fachpublikums. Im weiteren Verlauf der Veranstaltung wandte sich zudem der damalige Bundesfinanzminister Christian Lindner mit einer Ansprache an die anwesenden Gäste. Nach einleitenden Vorträgen in das jeweilige Thema folgten vertiefende Podiumsdiskussionen, die auch den über 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmern die Gelegenheit für Fragen und einen Austausch mit den Fachleuten bot.

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Eröffnung des Steuerforums

Dr. Nils Weith, Leiter der Steuerabteilung im BMF, eröffnete das Steuerforum, das sich auch in diesem Jahr eines regen Zuspruchs erfreute. Der Dialog aller Beteiligten und der Austausch zwischen Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft sei ein wichtiges Anliegen des BMF. Schließlich seien es die Steuereinnahmen, die zur Finanzierung der Aufgaben des Staates eine Staatstätigkeit erst ermöglichten. Außerdem sei die Erhebung von Steuern kein Selbstzweck, sondern wesentliches Instrument einer gestaltenden Finanzpolitik. Das Steueraufkommen als wichtigste staatliche Einnahmequelle impliziere aber zugleich die Aufgabe an den Staat, das Erhebungsverfahren für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler so einfach wie möglich zu gestalten. Vor dem Hintergrund dieser Aufgabe gelte es, das Steuerrecht durch zielgerichtete Anpassungen wettbewerbsfähig zu machen und den konkreten Rechtsanwender von ärgerlicher und lästiger Bürokratie zu befreien.

Im Anschluss ging der damalige Bundesfinanzminister Christian Lindner auf das Zukunftsfinanzierungsgesetz und das Wachstumschancengesetz näher ein und gab einen Ausblick auf die Wachstumsinitiative der Bundesregierung sowie laufende Gesetzesvorhaben.

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Tag 1: Nationales Steuerrecht im Wandel

Der erste Tag des Forums widmete sich den aktuellen Gesetzgebungsvorhaben, der Führungskräfteentwicklung in der Steuerverwaltung, der Besteuerung von Kapital- und Personengesellschaften sowie der Investmentsteuer.

Aktuelle Entwicklungen/Steuerpolitik

Nach den einführenden Worten zu Beginn des Forums gab Dr. Nils Weith einen Überblick über die aktuelle Gesetzgebung. Mit dem Steuerfortentwicklungsgesetz und dem Jahressteuergesetz 2024 (JStG 2024) wurden der aktuelle wirtschaftliche Status quo in Deutschland sowie die steuerpolitische Antwort darauf näher beleuchtet. In Anbetracht der derzeitigen konjunkturellen Lage und zunehmender struktureller Herausforderungen sei es dringend geboten, die Attraktivität, Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft des Wirtschaftsstandorts zu stärken und das Arbeitskräftepotenzial zu erhöhen.

Prof. Rudolf Mellinghoff (Ludwig-Maximilians-Universität, München) stellte in seinem Vortrag zu dem Thema „Weniger Bürokratie, mehr Digitalisierung – Wege zu einer bürgerfreundlichen Einkommensteuer“ wesentliche Ergebnisse der unter seiner Leitung geführten Expertenkommission vor. Für ein bürgernahes Steuersystem sei es erforderlich, die Bedürfnisse der Steuerpflichtigen in den Mittelpunkt zu stellen, damit diese möglichst rechtssicher und unbürokratisch ihren steuerlichen Pflichten nachkommen könnten.

Spiegelbildlich stellte auch Prof. Deborah Schanz (Ludwig-Maximilians-Universität, München) wichtige Punkte der Expertenkommission „Vereinfachte Unternehmensteuer“ vor, die einen Beitrag zu einer einfachen und effizienten Besteuerung der Unternehmen leisten sollen. Dabei konzentrierte sich die Kommission auf ausgewählte Aspekte des Steuerrechts, die insbesondere die Innovationskraft und Risikobereitschaft von Unternehmen unterstützen und unternehmerische Flexibilität garantieren sollen. In der anschließenden Podiumsdiskussion, ergänzt um Dr. Monika Wünnemann (Bundesverband der Deutschen Industrie, Berlin), Stephan Rochow (BMF, Leiter der Unterabteilung Steuern vom Einkommen und Ertrag) und Dr. Wendelin Staats (BMF, Referatsleiter Internationale Unternehmensbesteuerung), herrschte Einigkeit hinsichtlich der von den Vortragenden identifizierten Problempunkte.

Podiumsdiskussion beim Steuerforum, Prof. Mellinghoff steht am Rednerpult BildVergroessern
Prof. Rudolf Mellinghoff am RednerpultQuelle:  Bundesministerium der Finanzen

Future Skills und Führungskräfteentwicklung

Dass auch außerhalb der Rechtsanwendung vielschichtige Herausforderungen und Transformationsbedarf bestehen, machte der Programmpunkt „Fit für 2035“ deutlich, der sich sogenannten Future Skills und der Führungskräfteentwicklung in der Steuerverwaltung widmete. Dr. Robert Heller (Präsident der BFA) und Dr. Carina Koll (BFA) gaben einen Einblick in die Ausbildung künftiger Führungskräfte und den sich ständig wandelnden Anforderungen.

Ein erster Lösungsansatz könnte in der Modifikation der Juristenausbildung um entsprechende Führungskompetenzen liegen. Dem ging Prof. Volker Römermann (Römermann Rechtsanwälte AG, Berlin) in dem darauffolgenden Vortrag zum Reformbedarf der Juristenausbildung nach. Dabei identifizierte er insbesondere die unzureichende Vermittlung von Schlüsselqualifikationen und den fehlenden Umgang mit Modellen der Künstlichen Intelligenz (KI) als wesentliche Schwachpunkte in der Juristenausbildung. An welchen Kernkompetenzen angesetzt werden könnte, illustrierte Konstanze Bepperling (Präsidentin der Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main). Dabei seien die klassischen Führungskompetenzen um sogenannte Future Skills zu erweitern, damit die Finanzverwaltung auch im Jahr 2035 handlungsfähig bleiben könne. In der daran anschließenden Diskussion wurde insbesondere der KI eine tragende Rolle für die notwendige Weiterentwicklung von Führungskompetenzen zugeschrieben. Einen Einblick in die Verwaltungspraxis gab Susanne Klose (Leiterin der Steuerabteilung in der Senatsverwaltung für Finanzen, Berlin), die den Expertenkreis abrundete. Ihre Schilderungen machten deutlich, dass die aktuelle Ausbildung der Führungskräfte nicht die tatsächlichen Erwartungen an Führungspersonal in der Verwaltung treffe. Es sei daher eine wesentliche Aufgabe der Aus- und Fortbildung, mit dem ständigen Wandel Schritt zu halten.

Podiumsdiskussion beim Steuerforum, Prof. Volker Römermann steht am Rednerpult BildVergroessern
Prof. Volker Römermann am RednerpultQuelle:  Bundesministerium der Finanzen

Besteuerung von Kapitalgesellschaften

Den Auftakt zum Nachmittag machte Tobias Greinert (BMF, Referent Unternehmensbesteuerung) mit aktuellen Fragen zur ertragsteuerlichen Organschaft, womit er die anwesenden Gäste zurück in den steuerlichen Dialog führte. Anlass zum Austausch gab insbesondere das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 9. August 2023 (I R 26/19), wonach eine grenzüberschreitende Verlustverrechnung ohne eine zumindest faktisch gelebte Organschaft von vornherein nicht in Betracht kommt. Weitere Themen waren die Durchführungsfiktion von fehlerhaften Ergebnisabführungen und der sogenannte Kaufmannstest bei Gewinnrücklagen, die der anschließenden Podiumsdiskussion unter Moderation von Cornelius Link (BMF, Referatsleiter Unternehmensbesteuerung) überführt wurden.

Ein klares Votum gab Prof. Guido Förster (ehemals Heinrich-Heine-Universität, Düsseldorf) ab, der den für die Organschaft erforderlichen Gewinnabführungsvertrag als Komplexitätstreiber in der Organschaftsbesteuerung identifizierte und zu dessen Verzicht aufforderte. Dieser Forderung schlossen sich die weiteren Fachgäste Alexandra Pung (Landesamt für Steuern Rheinland-Pfalz, Koblenz) und Felix Hierstetter (WTS Deutschland, München) an. Einen gleichlautenden Vorschlag der Expertenkommission „Vereinfachte Unternehmensteuer“ erachteten sie daher als praktikable Lösung, um die festgestellten Konfliktherde der Organschaft im Steuerrecht zu entschärfen. Einen Überblick über aktuelle Fragen der Organschaft im Zusammenhang mit der Umwandlungssteuer gab Alexandra Pung anhand von Fallgestaltungen, die den Fachleuten die Gelegenheit für einen weiteren fachlichen Austausch boten.

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Podiumsdiskussion beim Panel „Besteuerung von Kapitalgesellschaften“Quelle:  Bundesministerium der Finanzen

Besteuerung von Personengesellschaften

Auch bei der Personengesellschaftsbesteuerung lag das Hauptaugenmerk auf dem Bericht der Expertenkommission. Dessen Kernaussagen stellten Dr. David Haubner (BMF, Referent u. a. Gewinnermittlung) und Dr. Carl-Friedrich Vees (Ministerium für Finanzen Baden-Württemberg, Stuttgart) dem Fachpublikum vor. Wesentliche Vorschläge im Bereich der Mitunternehmerschaft seien die Abschaffung von Sonderbetriebsvermögen und des Instituts der Betriebsaufspaltung sowie die Abschaffung von gewerblicher Infektion und Prägung bei der Einkünftequalifikation. Die Institute des Sonderbetriebsvermögens und der Betriebsaufspaltung seien insbesondere auf die Existenz der Gewerbesteuer und den Schwächen bei der Besteuerung privater Veräußerungsgeschäfte zurückzuführen. Inwieweit durch die vielschichtigen Folgen, die eine Abschaffung der beiden Instrumentarien mit sich zögen, eine von der Expertenkommission intendierte Vereinfachung erreicht werden könne, sei ungewiss. Ähnliches gelte für die Regelungen zur gewerblichen Infektion und Prägung, die insbesondere aus Gründen der Rechtssicherheit und Vereinfachung ihren Niederschlag im Einkommensteuerrecht gefunden haben.

In der anschließenden von Stephan Rochow moderierten Diskussion, ergänzt um Dr. Ulrike Banniza (Vorsitzende Richterin am BFH, München) und Prof. Erik Röder (Universität Mannheim), lag der Schwerpunkt auf der Abschaffung des Sonderbetriebsvermögens. Eingangs verdeutlichte Prof. Röder das Leitmotiv der Kommission, bei den Änderungsbestrebungen ursprüngliche gesetzliche Wertungen miteinzubeziehen. Unter Berücksichtigung dieser Wertungen sei daher zentrale Frage bei der Mitunternehmerschaftbesteuerung, wo die Grenze zwischen transparenter und intransparenter Besteuerung zu ziehen sei. Die Vorschläge der Kommission würden ungeachtet dessen die steuerliche Transparenz von Personengesellschaften nicht vollständig aufgeben, sondern vielmehr eine Systemänderung bei Sondervergütungen und Sonderbetriebsvermögen anstreben.

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Podiumsdiskussion beim Panel „Besteuerung von Personengesellschaften“Quelle:  Bundesministerium der Finanzen

Investmentsteuer

Der Fokus des letzten Panels des ersten Veranstaltungstags moderiert durch Angelika Buchwald (BMF, Referatsleiterin Einkünfte aus Kapitalvermögen, Investmentsteuergesetz) lag auf dem Diskussionsentwurf zu einem Gesetz zur Förderung von Investitionen von Fonds in erneuerbare Energien und Infrastruktur. Thomas Redert (BMF, Referent Einkünfte aus Kapitalvermögen, Investmentsteuergesetz) und Roland Ronig (Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung, Köln) beleuchteten Hintergründe und Ziele des Diskussionsentwurfs und die darin enthaltenen Änderungen des Investmentsteuerrechts. Im Kern zielen die Rechtsänderungen darauf ab, einen rechtssicheren Rahmen für Investitionen von Investmentfonds und Spezial-Investmentfonds in erneuerbare Energien und Infrastruktur zu schaffen. Damit solle der enorme Investitionsbedarf besser gedeckt werden und gleichzeitig sollten attraktive Anlagemöglichkeiten mit sicheren Renditen entstehen. Weiterhin wurde erläutert, dass der Diskussionsentwurf in der Zwischenzeit Bestandteil eines größeren Gesetzgebungspakets, und zwar des Entwurfs eines Zweiten Zukunftsfinanzierungsgesetzes, geworden sei.

Bastian Hammer (Bundesverband Investment und Asset Management, Frankfurt am Main) identifizierte das deutsche Steuerrecht als einen wesentlichen Faktor für den Wettbewerb zwischen den Fondsstandorten. Er zeigte auf, dass steuerliche Nachteile auch zu einem Abfluss von Kapital führen können. Es herrsche Einigkeit, dass die jetzt im Entwurf eines Zweiten Zukunftsfinanzierungsgesetzes enthaltenen Regelungsvorschläge einen großen Schritt zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit darstellen.

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Podiumsdiskussion zum Panel „Investmentsteuer“Quelle:  Bundesministerium der Finanzen

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Tag 2: Steuern im internationalen Kontext

Der zweite Tag des Steuerforums widmete sich unter der Moderation von Dr. Stefan Greil (BMF, Referatsleiter Verrechnungspreise) und Dr. Daniel Fehling (BMF, Referatsleiter Grundsatzfragen der Doppelbesteuerungsabkommen (DBA)) den aktuellen Problemen bei Verrechnungspreisen sowie im Abkommensrecht und schloss mit einem Überblick über die relevanten Entwicklungen im Bereich der Umsatzsteuer von Winfried Keisinger (BMF, Referatsleiter Umsatzsteuer).

Aktuelles zu Verrechnungspreisen

Dr. David Heckerodt (BMF, Sachbearbeiter Verrechnungspreise) eröffnete das erste Panel des zweiten Tages zu Verrechnungspreisen mit einem Impulsvortrag zu Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen nach § 90 Abgabenordnung (AO) und zum Risikokontrollansatz als Kern der Funktions- und Risikoanalyse bei der Verrechnungspreisermittlung, also der innerbetrieblichen Leistungsverrechnung. In diesem Zusammenhang stellte Dr. David Heckerodt die RACI-Methode (Responsible, Accountable, Consulted, Informed) als einen möglichen Ansatz zur Charakterisierung der Aufgaben und Zuständigkeiten einer (Personal-)Funktion vor. Schließlich ging er auf das sechsstufige Vorgehen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) bei der konzerninternen Risikozuteilung im Rahmen des Risikokontrollansatzes ein.

Dem schloss sich eine Diskussion an, wobei aus Sicht der Finanzverwaltung durch Ulrike Wolff-Seeger (Bayerisches Landesamt für Steuern, München) insbesondere die Notwendigkeit einer umfassenden Ermittlung der tatsächlichen Verhältnisse zur Funktions- und Risikoanalyse in den Mittelpunkt gerückt wurde. Andererseits wies Maryna Bajer (Lanxess, Köln) auf die erhebliche Belastung für die betroffenen Unternehmen hin, insbesondere auf den Aufwand, welcher selbst mit der Klärung kleinerer Fragen einhergehe. Auch aus der Perspektive von Dr. Michael Schwenke (Richter am BFH, München) wurde die Einschätzung geteilt, dass ein mittlerweile großes „Regelungsgestrüpp“ vorliege, an das der BFH zwar nicht gebunden sei, das er in der Praxis gleichwohl zur Kenntnis nehme.

Es folgte ein weiterer Impulsvortrag von Andreas Saliger (Bayerisches Staatsministerium der Finanzen und für Heimat, München) zu dem von den OECD-Reformen unter Pillar 1 umfassten Amount B. Er skizzierte zunächst das Ziel von Amount B, mit dem bei einfachen Vertriebstätigkeiten eine einheitliche Verrechnungspreisbestimmung ermöglicht und zudem eine Hilfestellung für Jurisdiktionen mit geringeren Ressourcen erreicht werden solle. Gegenstand des Vortrags waren darüber hinaus die vorgesehenen Implementierungsoptionen von Amount B, dessen Anwendungsbereich, der Preisfindungsmechanismus und die Anwendung nach der Vereinbarung des Inclusive Frameworks sowie der Stand der Umsetzung in Deutschland und damit in Zusammenhang stehende Probleme.

Die anschließende Diskussion widmete sich insbesondere der Frage, inwieweit Amount B tatsächlich zu einer Vereinfachung führen werde. Den Einschätzungen der Diskutantinnen und Diskutanten war gemein, dass die Idee der Vereinfachung begrüßt wird. Maryna Bajer merkte jedoch an, dass es nicht nur an der Selbstverpflichtung vieler Staaten fehle, hinzu käme eine große Anzahl an Wahlrechten. Das Ergebnis sei ein Flickenteppich unterschiedlicher Regelungen, der mit viel Aufwand für die Unternehmen verbunden sei. Ulrike Wolff-Seeger ergänzte, dass der Erfolg maßgeblich von der noch ausstehenden Umsetzung von Amount B sowohl in Deutschland als auch in den anderen Ländern abhängen werde. Andreas Saliger erläuterte hierzu, dass – im Gegensatz zu den Staaten, für die Amount B eine Vereinfachung darstelle – die Industriestaaten Amount B eher zurückhaltend gegenübertreten würden. Dies sei mit einem Mikado-Haufen vergleichbar, aus dem die Staaten vorsichtig versuchen würden, die für sie passenden Stäbchen im Rahmen der Umsetzung herauszunehmen. Dr. Schwenke bemerkte, dass Amount B viele Folgefragen im Zuge der Umsetzung aufwerfe, insbesondere könne eine Anpassung des Außensteuergesetzes erforderlich sein; auch stelle sich die Frage nach der Sperrwirkung von Art. 9 OECD-Musterabkommen, der den Fremdvergleichsgrundsatz anordnet. Insgesamt komme es daher auf die richtige Umsetzung an.

Auf die Frage, bis wann eine Umsetzung vonseiten Deutschlands zu erwarten sei, wurde darauf verwiesen, dass diese zeitnah erfolgen solle, Deutschland jedoch im Vergleich mit anderen Staaten derzeit nicht im Hintertreffen sei.

Abkommensrecht

Das zweite Panel des Tages widmete sich zunächst mit einem Impulsvortrag von Dr. Eva Oertel (Bayerisches Staatsministerium der Finanzen und für Heimat, München) dem Thema des internationalen mobilen Arbeitens. Das flexible Arbeiten sei mit diversen steuerrechtlichen Fragen verbunden, insbesondere bestehe aus Arbeitgeberperspektive die Frage des Lohnsteuerabzugs und aus Perspektive der Arbeitnehmerinnen und nehmer die Frage der Zuordnung des Besteuerungsrechts am Arbeitslohn. Dr. Oertel erläuterte auch mögliche Anpassungen in den DBA am Beispiel des DBA Österreichs, das mit Art. 15 Abs. 6 DBA-Österreich in Bezug auf Grenzgänger eine Änderung erfahren habe, welche das Problem für Grenzgänger auch in Bezug auf die Tätigkeit im Homeoffice abgestellt habe. Die Änderung soll mehr Flexibilität für Arbeitnehmerinnen und -nehmer in der Grenzzone bewirken, insbesondere bei der Entscheidung, täglich zu pendeln oder auf Homeoffice-Angebote zurückzugreifen.

Auch in der nachfolgenden Diskussion wurde besonders der Klärungsbedarf zu weiteren verwandten Problemen wie globales Homeoffice, steuerliche „Nomaden“ und Workation beleuchtet. Dies sei Gegenstand internationaler Abstimmungen auf Ebene der OECD und der Europäischen Union. Christoph Ott (BMF, Referent Grundsatzfragen der DPA) wies in Bezug auf abkommensrechtliche Regelungen mit den deutschen Grenzstaaten darauf hin, dass diese höchst unterschiedlich seien. Dies gelte z. B. im Hinblick auf die Richtung der Pendlerströme im Vergleich der verschiedenen Länder. Daher sei eine One-Size-Fits-All-Lösung zwar verlockend, aber nicht sachgerecht. Insbesondere eine Höchstanzahl der Rückkehrtage führe zu einem Verzicht auf Steuersubstrat. In diesem Zusammenhang verwies er auch auf das schon ausgebaute Grenzgängerregime mit Luxemburg und die (oftmals unterschätzte) Regelung, dass ein „zählender“ Arbeitstag erst ab einer Arbeitszeit von 30 Minuten beginne.

Auf die Frage nach internationalen Regelungen führte Christoph Ott aus, dass es auf OECD-Ebene bislang keine einheitlichen Lösungsansätze für grenzüberschreitend tätige Arbeitnehmerinnen und -nehmer gebe, was auch daran liege, dass viele OECD-Staaten keine „Grenzgängerfälle“ miteinander hätten. Auf europäischer Ebene bestehe zwar ein grundsätzliches Interesse an einer Regelung, bei den fachlichen Arbeiten dazu sei jedoch noch weiterer Fortschritt notwendig.

Im Anschluss lenkte Christoph Ott die Aufmerksamkeit des Podiums in seinem Vortrag zu aktuellen Betriebsstättenfragen auf einen weiteren Brennpunkt im internationalen Steuerrecht. Dabei ging er zunächst auf das BFH-Urteil vom 7. Juni 2023 (I R 47/20) sowie das anhängige BFH-Verfahren mit dem Aktenzeichen I R 47/21 ein. Darüber hinaus erläuterte er, dass die Diskussion um Homeoffice-Betriebsstätten auf OECD-Ebene begonnen habe und legte die im Anwendungserlass zur AO festgelegte deutsche Position dar, nach der eine Tätigkeit im Homeoffice bei gewöhnlichen Arbeitnehmerinnen und -nehmern mangels Verfügungsmacht des Arbeitgebers weder innerstaatlich noch abkommensrechtlich eine Betriebsstätte des Arbeitgebers begründe. Auch vonseiten der OECD sei man sich einig, dass „Mikrobetriebsstätten“ vermieden werden sollen.

Eingehend diskutiert wurde die Frage, ob im bereits entschiedenen Fall des Flugzeugmechanikers (I R 47/20) die Betriebsstätte im Schließfach oder im Hangar bestehe. Dr. Schwenke betonte, dass es sich um einen Einzelfall handele, und warnte davor, zu viel in die Entscheidung hineinzulesen. Er erläuterte, dass nach seiner Ansicht das Schließfach selbst und nicht der Hangar die Betriebsstätte darstelle. Es würde sich aber auch nichts dadurch ändern, wenn man den Hangar selbst anstelle des Schließfachs als die Betriebsstätte ansähe. Dies gelte auch mit Blick auf die Zuordnung von Steuersubstrat. Die Entscheidung liege auf der Linie der bisherigen Rechtsprechung, nach der es stets einer Verwurzelung bedürfe, die im vorgetragenen Fall über das Schließfach begründet würde. Abschließend versuchte sich das Panel an einem Blick in die Glaskugel zu der Frage, wie lange der Betriebsstättenbegriff noch in seiner jetzigen Form existieren würde. In der Tendenz sei eher von einer graduellen Anpassung an die moderne Arbeitswelt als von einer totalen Revolution auszugehen.

Aktuelle Entwicklungen im Bereich der Umsatzsteuer

Winfried Keisinger (BMF, Referatsleiter Umsatzsteuer) nahm abschließend aktuelle Entwicklungen im Bereich der Umsatzsteuer in den Fokus.

Zur umsatzsteuerlichen Organschaft stellte er das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 11. Juli 2024 (C 184/23) vor, welches die Nichtsteuerbarkeit von Leistungen unter Beteiligten derselben Mehrwertsteuergruppe bestätigte, und ordnete die Entscheidung in die bisherige Rechtsprechung des EuGH und des BFH ein. Er berichtete weiter von der Arbeit in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Reform der umsatzsteuerlichen Organschaft, deren Kernaufgabe insbesondere darin bestehe, einen Gesetzesvorschlag zum Erklärungsverfahren und zur Berücksichtigung der Rechtsprechung von EuGH und BFH zu erarbeiten, wonach auch Personengesellschaften Organgesellschaften sein können. Die Arbeiten der Arbeitsgruppe würden voraussichtlich Ende des Jahres 2024 abgeschlossen sein.

Nachfolgend ging er auf den Vorsteuerabzug aus den Rechnungen eines Ist-Versteuerers ein. Er skizzierte zunächst die aktuelle Rechtslage sowie das Erfordernis einer Neuregelung im JStG 2024 im Anschluss an die Entscheidung des EuGH, Urteil vom 10. Februar 2022 (C 9/20), wonach ein Vorsteueranspruch aus der Leistung eines Ist-Versteuerers erst im Zeitpunkt der Vereinnahmung des Entgeltes durch den Leistenden entstehen darf. Hierfür soll nach dem JStG 2024 eine neue Rechnungspflichtangabe in § 14 Abs. 4 S. 1 Nr. 6a Umsatzsteuergesetz (UStG) erforderlich sein und der Zeitpunkt des Vorsteuerabzugs soll künftig nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UStG von der Eigenschaft des leistenden Unternehmers als Ist- oder Soll-Versteuerer abhängen. Die Regeln sollen ab dem 1. Januar 2026 gelten.

Schließlich ging er auf Fragen insbesondere betreffend Format, Inhalt und Verwendung von elektronischen Rechnungen entsprechend der Regelung im Wachstumschancengesetz ein.

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Fazit

Auch das diesjährige Steuerforum bot – wie schon in den Jahren zuvor – einen regen und fruchtbaren Austausch zwischen Finanzverwaltung, Wissenschaft und Wirtschaft.