BMF-Monatsbericht Februar 2025

Inhalt

Jahreswirtschaftsbericht 2025 – Für eine neue wirtschaftliche Dynamik

25.02.2025
  • Die deutsche Wirtschaft befindet sich in einer Schwächephase, was konjunkturelle und strukturelle Ursachen hat. Die Wirtschaftsleistung in Deutschland hat im vergangenen Jahr leicht um 0,2 Prozent abgenommen. Für das laufende Jahr wird mit einem moderaten Zuwachs von 0,3 Prozent gerechnet.
  • Zu den grundlegenden strukturellen Herausforderungen, vor denen die deutsche Wirtschaft steht, gehören die geopolitische Zeitenwende, Ziele und Notwendigkeiten der Dekarbonisierung, der demografische Wandel und eine hohe Bürokratiebelastung.
  • Die Bundesregierung begegnet diesen Herausforderungen im Rahmen einer angebotsorientierten Wirtschafts- und Finanzpolitik zur nachhaltigen Stärkung des Wirtschaftsstandorts. Diese Politik kann in zehn Handlungsfeldern zusammengefasst werden.
  • Die Finanzpolitik der Bundesregierung zielt auf die Steigerung des Wachstumspotenzials durch stark erhöhte öffentliche Investitionen und Anreize für private Investitionen ab und stärkt damit die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen.

Einleitung

Die Bundesregierung legt gemäß § 2 des Gesetzes zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft jährlich den Jahreswirtschaftsbericht vor. Sie stellt darin ihre wirtschafts- und finanzpolitische Strategie für das entsprechende Jahr dar und nimmt zum Jahresgutachten des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung Stellung.

Der diesjährige Jahreswirtschaftsbericht1 der Bundesregierung trägt den Titel „Für eine neue wirtschaftliche Dynamik“ und wurde am 29. Januar 2025 vom Bundeskabinett beschlossen. Er beschreibt im Eingangskapitel die wirtschaftliche Ausgangslage, die durch die anhaltende Wachstumsschwäche gekennzeichnet ist. Hierfür sind konjunkturelle, vor allem aber strukturelle Faktoren verantwortlich. Inhaltlichen Schwerpunkt des Berichts bilden zehn Handlungsfelder zur Stärkung des Wachstums, in denen zentrale wirtschaftspolitische Maßnahmen der Bundesregierung zur nachhaltigen Stärkung des deutschen Wirtschaftsstandorts dargelegt werden. Der Bericht enthält darüber hinaus ein Kapitel zur Wohlfahrtsberichterstattung.

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Konjunkturelle Lage

Die deutsche Wirtschaft hat noch nicht aus der längeren wirtschaftlichen Schwächephase herausgefunden. Das preisbereinigte Bruttoinlandsprodukt (BIP) ging im vergangenen Jahr leicht um 0,2 Prozent zurück. Die binnenwirtschaftliche Nachfrage entwickelte sich schwach und auch die außenwirtschaftliche Nachfrage blieb trotz des insgesamt wieder anziehenden Welthandels deutlich gedämpft. Die schwache wirtschaftliche Entwicklung spiegelt einerseits die anhaltenden Belastungsfaktoren durch die in der Geschichte der Bundesrepublik einmalige Häufung exogener Schocks in den vergangenen Jahren wider. Andererseits hat die Wachstumsschwäche aber auch strukturelle Ursachen, wie die demografischen Veränderungen, eine zunehmende geopolitische Fragmentierung oder den Verlust von Wettbewerbsfähigkeit auf Kernmärkten deutscher Unternehmen. Kurzfristig zeichnet sich noch keine Erholung der wirtschaftlichen Aktivität in Deutschland ab. Im weiteren Jahresverlauf ist angesichts steigender Realeinkommen und unter der Annahme nachlassender Unsicherheit von einer moderaten Aufwärtsbewegung des realen BIP auszugehen. In diesem Jahr wird insgesamt ein verhaltener Anstieg des preisbereinigten BIP um 0,3 Prozent erwartet. Für den Ausblick überwiegen dabei aktuell die Risiken, u. a. mit Blick auf mögliche Handelskonflikte oder fortbestehende wirtschafts- und geopolitische Unsicherheit.

Am Arbeitsmarkt wurde im vergangenen Jahr ein Höchststand der Erwerbstätigkeit erreicht. Allerdings kehrte sich die Dynamik im Jahresverlauf zwischenzeitlich um, wobei eine rückläufige Erwerbstätigkeit sowie eine steigende Arbeitslosigkeit die gesamtwirtschaftlichen Belastungen widerspiegelten. Das Verarbeitende Gewerbe verzeichnete einen zunehmenden Abbau der Beschäftigung und nahm vermehrt Kurzarbeit in Anspruch. Einige Dienstleistungsbranchen, wie das Gesundheitswesen und der Bereich Bildung und Erziehung, wiesen hingegen einen Beschäftigungsaufbau auf. In diesem Jahr wird, bei einer Stabilisierung im Jahresverlauf, im Durchschnitt mit einem leichten Rückgang der Erwerbstätigkeit und einer leichten Zunahme der Arbeitslosenzahl gerechnet.

Die jahresdurchschnittliche Teuerungsrate der Verbraucherpreise ging von 5,9 Prozent im Jahr 2023 sehr deutlich auf 2,2 Prozent im Jahr 2024 zurück. Ein maßgeblicher Faktor waren rückläufige Energiepreise. Die Teuerung, vor allem bei Dienstleistungen, blieb jedoch spürbar erhöht und trug dazu bei, dass zum Jahresende die Inflationsrate wieder anzog. In der Jahresprojektion wird auch im laufenden Jahr mit einem Anstieg der Verbraucherpreise um durchschnittlich 2,2 Prozent gerechnet.

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Finanzpolitische Lage

Die finanzpolitische Lage Deutschlands ist durch die noch anhaltenden gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen sich überlagernder Krisen sowie strukturelle Herausforderungen und einen hohen Investitionsbedarf geprägt. Nach einem starken Anstieg des Maastricht-Finanzierungsdefizits während der Corona-Pandemie auf über 4 Prozent des BIP konnte dieses schrittweise unter die Maastricht-Obergrenze von 3 Prozent des BIP gesenkt werden und erreichte im Jahr 2024 einen Wert von 2,6 Prozent des BIP. Auch das – um konjunkturelle und einmalige Effekte sowie Zinsausgaben bereinigte – strukturelle Primärdefizit konnte nach einem starken Anstieg während der Corona-Pandemie bis 2024 auf 0,5 Prozent des BIP gesenkt werden. Die Schuldenstandsquote sank nach einem Höchststand in den Jahren 2020 und 2021 von 68 Prozent auf 62,9 Prozent im Jahr 2023, dürfte aber im Jahr 2024 wieder leicht angestiegen sein. Nach dem vorläufigen Haushaltsabschluss 2024 des Bundeshaushalts betrug die strukturelle Nettokreditaufnahme des Bundes im Rahmen der Schuldenbremse 0,28 Prozent des BIP. Damit wurde die reguläre Kreditobergrenze der Schuldenbremse unterschritten.

Da der Bundeshaushalt 2025 nicht mehr im Jahr 2024 verabschiedet werden konnte, gilt seit Jahresbeginn die vorläufige Haushaltsführung. Bis der vom Deutschen Bundestag verabschiedete Haushalt 2025 im Bundesgesetzblatt verkündet sein wird, arbeitet die Bundesregierung im Wesentlichen auf der Basis von Art. 111 Grundgesetz. Damit ist sichergestellt, dass die Bundesregierung ihren bestehenden Verpflichtungen nachkommen und somit ihre Aufgaben erfüllen kann.

Auch wenn die vorläufige Haushaltsführung die Höhe der Ausgaben in diesem Zeitraum bremst, werden jedoch erfahrungsgemäß etwaige zurückgehaltene Mittelabflüsse nach deren Ende recht kurzfristig nachgeholt. Im Ergebnis dürften für das Gesamtjahr keine signifikanten negativen Wachstumseffekte hiervon zu erwarten sein.

Der (seit April 2024) reformierte Stabilitäts- und Wachstumspakt sieht die Festlegung verbindlicher Nettoausgabenpfade zur Reduzierung von Schulden- und Defizitquoten in sogenannten mittelfristigen finanzpolitisch-strukturellen Plänen (FSP) vor. Seine Einhaltung wird anhand dieser nationalen Pläne überprüft, wobei der Anpassungszeitraum im Gegenzug für die Vereinbarung von Investitions- und Reformpaketen verlängert werden kann. Aufgrund der vorgezogenen Bundestagswahl am 23. Februar 2025 hat die Bundesregierung – analog zum Vorgehen in anderen Mitgliedstaaten in solchen Fällen – eine Verlängerung der Abgabefrist für den FSP mit der Europäischen Kommission vereinbart.

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Strukturelle Ursachen der wirtschaftlichen Stagnation beseitigen und Strukturreformen fortführen

Bedingt durch konjunkturelle und strukturelle Ursachen ist die Entwicklung der deutschen Wirtschaft stärker beeinträchtigt als in vielen anderen großen Volkswirtschaften und stagniert. Während sich somit die deutsche Wirtschaft nur zögerlich von den wirtschaftlichen Folgen der vergangenen Schocks erholt, zeigen sich zugleich tieferliegende Wachstumsprobleme.

Diese können im Wesentlichen auf vier grundlegende strukturelle Entwicklungen zurückgeführt werden:

  1. Die geopolitische Zeitenwende, ausgelöst durch den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine, sowie die zunehmenden protektionistischen Maßnahmen und Investitionsbeschränkungen einzelner Staaten führen zu einer verstärkten Fragmentierung der Weltwirtschaft. Deutschland, als hochgradig in internationale Wertschöpfungsketten eingebettete Industrienation, ist von diesen Entwicklungen besonders betroffen. Der zunehmende Wettbewerb durch den Aufstieg einzelner nicht marktbasierter Volkswirtschaften in der globalen Wertschöpfungskette verschärft die Herausforderungen in zentralen Sektoren, in denen Deutschland bislang Wettbewerbsvorteile genoss.
  2. Der demografische Wandel gewinnt durch die Alterung der Gesellschaft zunehmend an ökonomischer Bedeutung. Mit dem Eintritt der Babyboomer-Generation in den Ruhestand nimmt die Knappheit an Fachkräften weiter zu, was die Notwendigkeit erhöht, ungenutzte Erwerbspotenziale im Inland, insbesondere von Frauen, älteren Erwerbstätigen und bereits Zugewanderten, stärker zu aktivieren. Gleichzeitig wird eine gezielte Fachkräftezuwanderung essenziell, um die Erwerbsbasis zu stabilisieren. Zudem steigen durch die demografische Alterung die finanziellen Belastungen der Sozialversicherungssysteme merklich an, sodass ohne grundlegende Anpassungen die Sozialversicherungsbeiträge perspektivisch weiter steigen werden. Es gilt, diesen Anstieg zu begrenzen und durch Produktivitätssteigerungen den langfristigen Wohlstand zu sichern.
  3. Der fortschreitende Klimawandel und die damit einhergehenden klimatischen Extremereignisse verdeutlichen die Dringlichkeit einer konsequenten Transformation zu einer treibhausgasneutralen Wirtschaft. Die Einhaltung internationaler Klimaziele und die Beschleunigung der Dekarbonisierung erfordern substanzielle öffentliche und private Investitionen. Die angestrebte Transformation impliziert einen tiefgreifenden Strukturwandel der deutschen Wirtschaft und wird mit erheblichen Anpassungskosten verbunden sein.
  4. In den vergangenen Jahrzehnten vernachlässigte Standortfaktoren hemmen die Produktivität und das Wachstumspotenzial. Über viele Jahre hinweg ist ein immenser öffentlicher Investitionsstau bei Digitalisierung, Infrastruktur und Verteidigung entstanden, obwohl die investiven Ausgaben im Bundeshaushalt in den vergangenen Jahren erhöht worden sind. Darüber hinaus haben, auch durch europäische Vorgaben, Berichts- und Nachweispflichten sowie stärkere Regulierung zu zusätzlicher und teils übermäßiger Bürokratie geführt. Hinzu kommen oftmals lange Verfahrensdauern für Infrastrukturvorhaben durch das – trotz substanzieller Fortschritte – noch immer hochkomplexe Planungs- und Genehmigungsrecht. Auch die Rahmenbedingungen für Beschäftigung, Investitionen und Innovationen sind gegenüber wichtigen Wettbewerbern verbesserungswürdig. Die Finanzmärkte in der Europäischen Union (EU) sind zu fragmentiert; dies steht einem ungehinderten Zugang zu privatem Kapital entgegen. Insbesondere für Start-ups gelten teilweise zu hohe administrative Hürden, welche die Attraktivität von Investitionen verringern. Das große Potenzial von Innovationen kann sich daher (in Deutschland und der EU insgesamt) noch nicht voll entfalten. Für die mittel- und langfristige Entwicklung der Volkswirtschaft sieht die Bundesregierung die Herausforderungen im Bildungsbereich als besonders relevant an, angefangen bei der frühkindlichen Bildung bis hin zur Berufsbildung.

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Finanzpolitik zur Stärkung von Investitionen und tragfähige Staatsfinanzen

Die Finanzpolitik der Bundesregierung zielt auf die Steigerung des Wachstumspotenzials durch höhere öffentliche Investitionen und Anreize für private Investitionen ab und sichert die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen. Die Bundesregierung hat die investiven Ausgaben im Bundeshaushalt in den vergangenen Jahren stark erhöht. Angesichts der bestehenden Bedarfe ist ein weiterer Hochlauf in den kommenden Jahren erforderlich. Vor dem Hintergrund der genannten grundlegenden strukturellen Herausforderungen gilt es, den in den vergangenen Jahren eingeschlagenen Weg struktureller Reformen konsequent fortzusetzen. Die Finanzpolitik setzt auch im Sinne der Generationengerechtigkeit auf den gezielten Einsatz öffentlicher Mittel für Zukunftsinvestitionen. Öffentliche Investitionen in diesen Bereichen stärken das Wirtschaftswachstum nicht nur unmittelbar über die Ausweitung des Kapitalstocks, sondern vor allem nachhaltig durch die damit einhergehende Verbesserung der Rahmenbedingungen und induzierte Produktivitätseffekte. Dadurch unterstützen zukunftsorientierte Ausgaben die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen und sichern langfristig geringe Refinanzierungskosten des Staates sowie finanzpolitische Handlungsfähigkeit.

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Handlungsfelder zur Stärkung des Wachstums

Die Bundesregierung setzt seit Beginn dieser Legislaturperiode auf strukturelle Reformen, um den deutschen Wirtschaftsstandort nachhaltig zu stärken. Bereits im Jahreswirtschaftsbericht 2024 hat die Bundesregierung zehn Handlungsfelder im Sinne einer umfassenden und zugleich zielgerichteten Angebotspolitik benannt. Dabei hat die Bundesregierung Schwerpunkte auf verbesserte Investitionsbedingungen, weiteren Bürokratieabbau, ein innovationsfreundliches Umfeld, die Stärkung von Erwerbsanreizen, einen leistungsfähigen Kapitalmarkt sowie die dynamische Angebotsausweitung bei erneuerbaren Energien und bezahlbarem Wohnraum gelegt. Für künftigen Wohlstand ist es zudem wesentlich, dass Deutschland durch verbesserte Rahmenbedingungen ein starker Industriestandort bleibt, auch um die vielen gut qualifizierten Arbeitskräfte und gut bezahlten Arbeitsplätze zu halten. Die Wirtschaftspolitik der Bundesregierung zielt daher auf die Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit ab und unterstützt darüber hinaus gezielt die Transformation der Wirtschaft. Die Bundesregierung hat dabei im Sinne einer modernen Angebotspolitik auch sozial- und verteilungspolitische Fragen im Blick. Ausgehend hiervon ergreift die Bundesregierung wirtschaftspolitische Maßnahmen insbesondere in den nachfolgend ausgeführten Handlungsfeldern.

Maßnahmen zur Stärkung des Wachstumspotenzials inklusive Wachstumsinitiative


Vor dem Hintergrund der oben genannten Herausforderungen hat die Bundesregierung 2024 umfassende Maßnahmen verabschiedet, um das Wachstumspotenzial der deutschen Volkswirtschaft zu stärken. Unter der Überschrift der Wachstumsinitiative liegt deren Fokus auf der Verbesserung der Rahmenbedingungen für Unternehmen und Erwerbstätigkeit, dem Abbau von Bürokratie sowie der Förderung von Investitionen und Innovationen.

Zu den zentralen Maßnahmen zählen steuerliche Entlastungen wie die Verlängerung der degressiven Abschreibung und die erneute Ausweitung der Forschungszulage. Bürokratische Belastungen sollen durch vereinfachte Vergabeverfahren, höhere Schwellenwerte im Datenschutz und eine Reduzierung von Berichtspflichten verringert werden. Der Ausgleich der kalten Progression erfolgt über die Anpassung des Einkommensteuertarifs für 2025 und 2026.

Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Ausschöpfung von Erwerbspotenzialen. Dies umfasst bessere Arbeitsanreize im Bürgergeldsystem, Förderungen für eine längere Erwerbstätigkeit von Älteren und Maßnahmen zur Verbesserung der Kita-Qualität. Zudem wird die Förderung des Finanzmarkts vorangetrieben, insbesondere durch attraktivere Bedingungen für Wagniskapital und eine Vertiefung der Kapitalmarktunion.

Im Energiebereich zielt die Initiative auf eine Senkung der Energiekosten ab, beispielsweise durch die Verlängerung der Strompreiskompensation und die Förderung von Wasserstofftechnologien. Gleichzeitig setzt sich die Bundesregierung für einen im Sinne der Welthandelsorganisation konformen Schutz deutscher Exporteure im Rahmen des Carbon Border Adjustment Mechanism (deutsch: CO₂-Grenzausgleichmechanismus) ein.

Obwohl mehrere Maßnahmen nicht mehr in dieser Legislaturperiode umgesetzt werden können, hat die Wachstumsinitiative 2024 wichtige Impulse zur Wiederbelebung der Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft der deutschen Wirtschaft gesetzt, die es angesichts bestehender Herausforderungen auch in Zukunft weiter zu stärken gilt.

Zur Stärkung der Investitionsdynamik schafft die Bundesregierung die notwendigen Rahmenbedingungen, um private Investitionen zu mobilisieren, die rund 90 Prozent der gesamtwirtschaftlichen Investitionen in Deutschland ausmachen. Die übergreifenden Rahmenbedingungen für Investitionen wurden insbesondere durch attraktivere Abschreibungsbedingungen, weitergehende Möglichkeiten zur Verlustverrechnung sowie eine mehrfach erheblich ausgeweitete steuerliche Förderung von Forschungs- und Entwicklungsausgaben verbessert. Das Wachstumschancengesetz unterstützt mit einem Entlastungsvolumen von insgesamt circa 3,2 Mrd. Euro die Modernisierung und Transformation zur digitalen und klimaneutralen Wirtschaft. Mit dem Steuerfortentwicklungsgesetz wird die kalte Progression über die Anpassung des Einkommensteuertarifs für die Jahre 2025 und 2026 ausgeglichen. Auch Investitionen in Klimaschutz, Energiewende, Mobilität und Digitalisierung werden über den Klima- und Transformationsfonds vorangetrieben. Mit der Wachstumsinitiative beschloss die Bundesregierung im 2. Halbjahr 2024 zudem zusätzliche weitreichende Maßnahmen zur Stärkung privater Investitionen, die aufgrund des frühzeitigen Endes der Legislaturperiode jedoch mehrheitlich nicht umgesetzt werden konnten.

Für die mittelfristigen Wachstumsaussichten sind unternehmerische Investitionen und Innovationen sowie Forschung und Entwicklung weiterhin von besonderer Bedeutung. Verbesserungen im Sinne eines innovationsfreundlichen steuerlichen Umfelds oder die Einführung einer unbürokratischen und unkomplizierten Steuerprämie für betriebliche Investitionen (Investitionsprämie) sind Beispiele für künftige mögliche Impulse zur Stärkung der Investitionstätigkeit. Auch für ausländische Investoren würde dadurch die Attraktivität des Standorts Deutschland steigen.

Das Thema Bürokratieabbau wurde in den vergangenen Jahren stark priorisiert und zahlreiche Maßnahmen wurden auf den Weg gebracht. Ziel war einerseits eine spürbare Entlastung und andererseits eine deutliche Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren. Der über Jahre angewachsene Umfang der bürokratischen Belastungen sowie die hohe Regulierungsdichte sind inzwischen zu einem ernsthaften Investitionshemmnis geworden. Um die Wirtschaft konsequent von unnötiger Bürokratie zu entlasten, hat die Bundesregierung mit der Wachstumsinitiative konkrete und systematische Maßnahmen zum Bürokratieabbau beschlossen. Der Abbau unnötiger Bürokratie wird daher weiterhin von der Bundesregierung mit Nachdruck angegangen. Auch Belastungen, die sich für die Wirtschaft aus dem EU-Recht ergeben und einen Großteil der laufenden Belastungen für die Wirtschaft ausmachen, werden von der Bundesregierung adressiert. Einen ersten größeren Impuls für Bürokratieabbau auf EU-Ebene hat die Deutsch-Französische Entlastungsinitiative gesetzt. Gegenüber der Europäischen Kommission wurde außerdem mit einem Ministerschreiben für eine deutliche Reduzierung der sehr umfangreichen Vorgaben der Nachhaltigkeitsberichterstattung nach der EU-Richtlinie zur Unternehmens-Nachhaltigkeitsberichterstattung (Corporate Sustainability Reporting Directive) geworben.

Wenngleich sich die wirtschaftliche Stagnation der vergangenen zwei Jahre auch auf den Arbeitsmarkt auswirkt, drohen Fachkräfteengpässe zu einem weiter zunehmenden Hemmnis für die wirtschaftliche Dynamik der kommenden Jahre zu werden. Um die Wirtschaft mit Blick auf die Fachkräftesicherung zu stärken, hat die Bundesregierung in der gesamten Legislaturperiode wichtige Maßnahmen umgesetzt. Um das Fachkräfteangebot zu erhöhen, hat die Bundesregierung Voraussetzungen für eine erleichterte und beschleunigte Einwanderung für qualifizierte Erwerbspersonen aus dem Ausland geschaffen. Zur Stärkung des Arbeitsangebots hat die Bundesregierung zudem in den quantitativen und qualitativen Ausbau und die Qualität der Kita-Betreuung investiert. Mit dem Aus- und Weiterbildungsgesetz wurde ein wichtiger Beitrag zur Sicherung der inländischen Fachkräftepotenziale und zur Unterstützung der Unternehmen in der Transformation geleistet. Insbesondere im Rahmen der Wachstumsinitiative wurden zudem viele Maßnahmen zur weiteren Aktivierung und Erschließung inländischer Erwerbspotenziale sowie für die qualifizierte Erwerbsmigration vorgesehen; sie konnten jedoch nicht mehr umgesetzt werden.

Entscheidend für neue wirtschaftliche Dynamik sind die Steigerung von Innovationsfähigkeit und Produktivität. Um diese Potenziale zu nutzen, arbeitet die Bundesregierung intensiv an einem innovationsfreundlichen Rechtsrahmen. Um die Entwicklungstätigkeit von Unternehmen zu erhöhen, stärkte die Bundesregierung im Rahmen des Wachstumschancengesetzes auch die steuerliche Forschungsförderung. Mit der Start-up-Strategie wurden die Rahmenbedingungen für junge, innovative Unternehmen verbessert und das Start-up­-Ökosystem gestärkt. Die Digitalisierung ist ein zentraler Aspekt des technologischen Wandels und ein Querschnittsthema, das eine Schlüsselrolle bei der Stärkung der Innovationskraft und Erhöhung der Produktivität innehat. Mit der Umsetzung der Digitalstrategie schafft die Bundesregierung die Voraussetzungen für ein digitales und zukunftsfähiges Deutschland. Ziel der Bundesregierung ist es zudem, Deutschland und Europa zu einem führenden Standort für die Erforschung, Entwicklung und Anwendung von Künstlicher Intelligenz (KI) zu machen und dabei eine innovationsfreundliche, verantwortungsvolle und gemeinwohlorientierte Entwicklung und Anwendung von KI sicherzustellen. Dafür schafft die Bundesregierung wichtige Rahmenbedingungen und unterstützt den Einsatz von KI in der Wirtschaft.

Leistungsfähige Kapitalmärkte und ein adäquater Zugang zu privatem Kapital sind Voraussetzungen für eine Belebung der Investitionsdynamik. Die Bundesregierung hat daher Maßnahmen ergriffen, um das Ökosystem für Wagniskapital zu stärken und somit den Zugang zu Kapital für innovative Start-ups zu erleichtern. So hat die Bundesregierung national mit dem Zukunftsfinanzierungsgesetz I die Rahmenbedingungen am Finanzstandort Deutschland erheblich verbessert. Im Regierungsentwurf für ein Zukunftsfinanzierungsgesetz II und mit der Initiative „Wachstums- und Innovationskapital für Deutschland“ sind weitere erhebliche Verbesserungen vorgesehen. Die Bundesregierung setzt sich auch mit großem Nachdruck für eine Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des deutschen und europäischen Finanzmarkts ein. Daher macht sie sich auch auf europäischer Ebene für die Vertiefung der EU-Kapitalmarktunion stark, denn nur mit einem starken Kapitalmarkt bleibt die EU international wettbewerbsfähig. Die Bundesregierung setzt sich deshalb auch in diesem Rahmen für den konsequenten Abbau bürokratischer Hürden ein.

Maßnahmen in Europa inklusive Kapitalmarkt


Die EU und ihre Mitgliedstaaten verfügen über erhebliche strukturelle Stärken, darunter hohe Standards in Bildung, Gesundheit und sozialer Sicherung, eine leistungsfähige Forschungslandschaft sowie vergleichsweise geringe materielle Ungleichheit. Der Binnenmarkt mit fast 450 Millionen Menschen bietet ein enormes wirtschaftliches Potenzial, das jedoch durch strukturelle Herausforderungen begrenzt wird. Dazu zählen das verschlechterte internationale Sicherheitsumfeld, gestiegene Energiekosten, die Notwendigkeit höherer Verteidigungsausgaben sowie eine zunehmende Fragmentierung der Weltwirtschaft. Zudem steht die EU vor den Herausforderungen des demografischen Wandels, der Dekarbonisierung und einer übermäßigen bürokratischen Belastung, die ihre Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigt.

Die 2024 vorgelegten Berichte von Mario Draghi zur Wettbewerbsfähigkeit der EU und Enrico Letta zur Zukunft des Binnenmarkts betonen die Notwendigkeit weitreichender Reformen. Die Bundesregierung begrüßt diese Analysen und unterstützt eine ambitionierte Agenda zur Stärkung der Handlungsfähigkeit der EU. Prioritär ist dabei der Abbau bürokratischer Hürden, insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen, sowie die Vertiefung der Kapitalmarktunion, um die erheblichen Investitionsbedarfe der Transformation zu decken.

Darüber hinaus sieht die Bundesregierung Handlungsbedarf in der europäischen Industriepolitik, insbesondere durch eine enge Kooperation der Mitgliedstaaten, die Optimierung von Verkehrs- und Energieinfrastrukturen sowie gezielte Maßnahmen zur Fachkräftesicherung. Investitionen in europäische öffentliche Güter, insbesondere in den Bereichen Sicherheit und Verteidigung, sollen ebenfalls gestärkt werden. In diesem Kontext unterstützt die Bundesregierung die Entwicklung einer EU-Verteidigungsindustriepolitik sowie gemeinsame Beschaffungsmechanismen mit flexiblen Rahmenbedingungen.

Schließlich bekennt sich die Bundesregierung zu einem offenen und regelbasierten Welthandel und setzt sich für eine ambitionierte EU-Handelspolitik ein, um der Fragmentierung der Weltwirtschaft entgegenzuwirken. Der zügige Abschluss weiterer Handelsabkommen sowie die strategische Vertiefung der Handelsbeziehungen zu den USA werden als essenziell erachtet, um die globale Wettbewerbsfähigkeit der EU langfristig zu sichern.

Um die Transformation der Industrie zu unterstützen und die Resilienz des Standorts zu erhöhen, hat die Bundesregierung den Hochlauf neuer Technologien ermöglicht und Ansiedelungen in Schlüsseltechnologien forciert. Vor allem die energieintensiven Grundstoffindustrien spielen nicht nur eine wichtige Rolle für den Wohlstand in Deutschland, sondern tragen auch zur Resilienz deutscher und europäischer Wertschöpfungsketten bei. Die Bundesregierung setzt sich daher für den Erhalt energieintensiver Industrien am Standort Deutschland ein und hat zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Industrie im November 2023 das Strompreispaket beschlossen. Zudem verbessert die Bundesregierung die Bedingungen für die Dekarbonisierung der Industrie, u. a. durch Unterstützung bei der Produktionsumstellung und beim Hochlauf von Clean Tech. Auch auf EU-Ebene hat sich die Bundesregierung u. a. für einen starken europäischen Überbau eingesetzt, der den Hochlauf der Produktion von Clean Tech stärkt und eine zirkuläre Wirtschaft unterstützt. Darüber hinaus investiert die Bundesregierung gezielt in Schlüsseltechnologien wie Wasserstoff, Batteriezellfertigung, Mikroelektronik und Kommunikationstechnologien im Rahmen innovativer und großer sogenannter IPCEI-Projekte (Important Projects of Common European Interest, deutsch: wichtige Projekte von gemeinsamem europäischem Interesse). Ebenfalls unterstützt die Bundesregierung auf vielen Ebenen die Entwicklung datenbasierter Ökosysteme sowie die Anwendung und Verbreitung digitaler Lösungen.

Weitere im Jahreswirtschaftsbericht genannte Maßnahmen beziehen sich ebenfalls auf zentrale Handlungsfelder strukturell ausgerichteter Wirtschaftspolitik:

  • Jenseits der akuten Stabilisierungsmaßnahmen in der Energiepreiskrise hat die Bundesregierung die Grundlagen für eine deutlich stärkere Dynamik beim Ausbau von erneuerbaren Energien sowie der Netzinfrastruktur gelegt und zügig eine Infrastruktur für Flüssigerdgas (LNG) aufgebaut.
  • Im Zuge einer starken Erhöhung der investiven Ausgaben wurden die Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur signifikant gestärkt, insbesondere im Bereich der Schiene. Gleichzeitig konnten zuletzt deutliche Fortschritte bei der digitalen Infrastruktur erreicht werden.
  • Die Diversifikation der Außenhandelsbeziehungen ist vorangeschritten und neue Abkommen wie jenes mit den Mercosur-Staaten wurden ausverhandelt oder sind in Arbeit.
  • Beim Wohnungsneubau sowie bei der energetischen Sanierung steht neben der Klimafreundlichkeit vor allem die Bezahlbarkeit unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit im Fokus.

Bürokratiekostenindex


Die Bundesregierung hat für Folgekostenabschätzungen von Bundesregulierungen ein Werkzeug entwickelt. Zentrale Messgrößen sind Erfüllungsaufwand und Bürokratiekosten.

Die Bürokratiekosten sind eine Teilmenge des Erfüllungsaufwands und erfassen den klassischen „Papierkram“. Der Bürokratiekostenindex (BKI) des Statistischen Bundesamts bildet für die Wirtschaft die Entwicklung der Bürokratiekosten über die Zeit seit dem Jahr 2012 ab, die sich infolge gesetzlicher Änderungen ergeben. Seit Einführung (2012 = 100) des BKI ist dieser trendmäßig gesunken und liegt aktuell unter seinem Ausgangswert (09/2024 = 97,03).

Der BKI stellt ausschließlich auf Bundesregelungen ab, d. h. Folgekosten von Gesetzen auf Landesebene sowie unmittelbar wirksamer EU-Verordnungen werden nicht berücksichtigt (§ 2 Abs. 1, 2 Gesetz zur Einsetzung eines Nationalen Normenkontrollrates).

Die aktuell im Fokus stehenden Bürokratielasten können im Rahmen einer breiteren Wohlfahrtsbetrachtung relevant sein. Eine Berücksichtigung der Thematik im Rahmen der Wohlfahrtsindikatorik wird daher für zukünftige Jahreswirtschaftsberichte geprüft.

Fußnoten

1
Der vollständige Bericht findet sich hier.