Das Detlev-Rohwedder-Haus, im historischen Regierungsviertel Berlins an der Wilhelmstraße gelegen, ist seit August 1999 Hauptsitz des Bundesministeriums der Finanzen. Wie kaum ein anderes Gebäude in der Hauptstadt spiegelt es die wechselvolle Geschichte Deutschlands wider.
Nach Plänen des Architekten Ernst Sagebiel in den Jahren 1935/36 erbaut, war das Haus eine der Prestigebauten des nationalsozialistischen Regimes in Berlin. Hier residierte bis Kriegsende das Reichsluftfahrtministerium; hier war das Machtzentrum Hermann Görings.
Doch auch Widerstand regte sich hier: Bis zu ihrer Enttarnung war das Haus Wirkungsstätte von Mitgliedern der Widerstandsgruppe Rote Kapelle. Heute erinnert eine Gedenkstätte in der Eingangshalle an die Widerstandskämpfer. Sie wurden 1942 hingerichtet.
Sagebiel hatte den fünf- bis siebenstöckigen Stahlskelettbau als symmetrische Flügelanlage konzipiert, mit einem Ehrenhof zur Wilhelmstraße, zwei großen Innenhöfen, sowie einem Wirtschaftshof. Mit einer Bruttogeschossfläche von 112.000 Quadratmetern und einer Nutzfläche von 56.000 Quadratmetern war und ist der Bau einer der größten Bürokomplexe Berlins. Mehr als 2.100 Innenräume sind über 6,8 Kilometer Flure, 17 Treppenhäuser, vier Aufzüge und drei Paternoster zu erreichen.
Obwohl das Reichsluftfahrtministerium ein kriegswichtiges Gebäude war, überstand es den Krieg nahezu unversehrt.
Sofort nach Ende des Krieges kam dem Gebäude erneut eine zentrale Funktion zu. Bis 1948 nutzte die sowjetische Militäradministration das Haus als Hauptquartier; im Jahr 1947 wurde hier die Deutsche Wirtschaftskommission als zentrale Verwaltungsorganisation für die sowjetische Besatzungszone gegründet.
Für die Geschichte der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) wurde das Haus mit dem 7. Oktober 1949 zu einem zentralen Schauplatz. An diesem Tag erklärte sich hier der Deutsche Volksrat, eine Art Ersatzparlament der sowjetischen Besatzungszone, zur provisorischen Volkskammer und setzte die Verfassung der DDR in Kraft.
Damit war die Teilung Deutschlands juristisch vollzogen. Nach dem Auszug der Volkskammer diente das Gebäude als „Haus der Ministerien“ der DDR.
Als ein Zentrum der Regierungsgewalt wurde es am 16. Juni 1953 zum Ziel der demonstrierenden Bauarbeiter und stand im Mittelpunkt des Volksaufstands vom 17. Juni 1953.
Nach der deutschen Wiedervereinigung vom 3. Oktober 1990 bezogen das Bundesministerium der Finanzen und der Bundesrechnungshof mit ihren Außenstellen das Gebäude.
Die übrigen Räume nutzte die Treuhandanstalt, die in der Zeit von 1991 bis 1995 hier ihren Sitz hatte. Nach der Ermordung des ersten Präsidenten der Treuhandanstalt, Detlev Rohwedder, erhielt das Gebäude am 1. April 1992 seinen Namen: Detlev-Rohwedder-Haus.
Im Jahr 1999 zog das Bundesministerium der Finanzen im Rahmen des allgemeinen Regierungsumzugs mit seinem Hauptsitz von Bonn nach Berlin.
Das Bundesministerium der Finanzen hat die historische Herausforderung angenommen, die mit diesem Gebäude verbunden ist.
Bewusst wurde die Entscheidung getroffen, nicht den auf Abbruch drängenden Gutachten zu folgen, sondern den gesamten Baukomplex zu sanieren und für die Öffentlichkeit zu erhalten. Allein die Weiternutzung des Gebäudes bot die Chance, die eigene Geschichte als Mahnung und Erinnerung für die nächsten Generationen lebendig zu erhalten.
Als Hauptsitz des Bundesministeriums der Finanzen musste das Detlev-Rohwedder-Haus umfangreich saniert und umgebaut werden. Dabei wurde der ursprüngliche Zustand jedoch im Wesentlichen bewahrt.
Die historische Raumabfolge, die Natursteinverkleidung der Fassaden, die Außenanlagen und das Wandbild von Max Lingner blieben erhalten. Konferenz-, Presse- und Besucherräume wurden neu gestaltet und mit moderner Konferenztechnik sowie Klimatisierung ausgestattet.
Am 26. August 2011 wurde der Große Saal des Detlev-Rohwedder-Hauses in „Matthias-Erzberger-Saal“ umbenannt. Der neue Namensgeber des größten und repräsentativsten Saales des Berliner BMF-Dienstsitzes bekleidete in der Zeit der Weimarer Republik das Amt des Reichsfinanzministers. Am 26. August 1921 wurde Erzberger von ehemaligen Freikorpsoffizieren ermordet. Ihm zu Ehren und um seiner zu gedenken, fand im Beisein von Persönlichkeiten aus Politik und Wissenschaft, sowie Mitgliedern der Familie Erzberger die feierliche Umbenennung statt.
Das BMF nahm den 60. Jahrestag des Volksaufstandes vom 17. Juni 1953 zum Anlass, mit Unterstützung von Opferverbänden, Aufarbeitungsinstitutionen und Berliner Behörden den Vorplatz vor dem Eingangsbereich Leipziger Straße in „Platz des Volksaufstandes von 1953“ umzubenennen. Neben den bereits im Januar 2013 mit der Bundesstiftung Aufarbeitung an gleicher Stelle installierten Ausstellungstafeln zum 17. Juni erinnert der „Platz des Volksaufstandes von 1953“ nunmehr dauerhaft an das Streben der Aufständischen nach Freiheit und Selbstbestimmung.